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Barry

Barry ist ein Auftragskiller auf Sinnsuche. Bei einem Job gerät er zufällig in einer Schauspielschule auf die Bühne und glaubt, seine wahre Bestimmung gefunden zu haben. Seine Auftraggeber aber haben natürlich gänzlich andere Pläne mit ihm. Die famose Comedy mit tragikomischen Elementen von und mit Bill Hader ist gestern zu Ende gegangen. Und Mann, hat das gut getan, die zu sehen!

Barry. (Bild: HBO)
Barry. (Bild: HBO)

Einmal natürlich wegen der teils völlig hanebüchen-absurden Comedyszenen, die auch einigen der wunderbar gezeichneten Charakteren geschuldet ist. Zu vorderst natürlich der viel zu schnell unter Strom stehende Hauptcharakter, aber auch sein schriller Auftraggeber NoHo Hank, der seine Rolle als tschetschenischer Gangsterboss lieber dem modernen woken-veganen Lebensstil unterordnet. Eine Augenweide aber auch die Improvisationskünste von Barrys Mentor und vermeintlich bestem Freund Monroe Fuches (Running Gag: von allen Schurken kriegt immer nur er eine Abreibung). Sein Darsteller Stephen Root dürfte neben der von Anthony Carrigan (NoHo Hank) die eigentliche Entdeckung der Serie sein.

Das Gesamtprojekt ist allerdings mehr als nur richtig gute Comedy. Es geht tiefer als das, viel tiefer. So wird etwa Barrys Afghanistan-Einsatz immer wieder thematisiert und extrapoliert auf Amerikas Gewaltproblem, das auch aus bestens ausgebildeten, teils traumatisierten „Anti-Terror“-Veteranen besteht. Es geht daneben um häusliche Gewalt, Missbrauch und ganz allgemein die Frage, ob wir nicht alle irgendwo Schauspieler sind, die das moderne, komfortable Leben in Frieden genießen wollen, dafür aber bereit sind, so manches Eigenverschulden auf kleiner und großer Bühne einfach wegzuignorieren und ob wir nicht auch dadurch irgendwo alle eine dunkle Seite haben. Was in der Serie immer wieder pittoresk persifliert wird.

Die Szene etwa, in der Barry ein paar Gangster mit einer Bombe ins Jenseits befördern soll, Hank darauf besteht, dass er die neueste Version einer angesagten App dafür benutzt, dann aber stundenlang dort im Service in der Warteschlange hängt und schließlich als Tipp bekommt, WLAN an seinem Smartphone zu deaktivieren, damit Bluetooth funktioniert. Der ultracoole Inhaber der hippen Zimtschnecken-Bäckerei, der im Vorbeigehen die privaten Probleme seiner Kunden löst, was offenbar sonst keiner tut. Oder wie Barry von einer alten Freundin zum Essen eingeladen wird, nervös ist, weil er nicht gut mit Menschen kann, zur Beruhigung einen Song vor sich hinsummt und dann auf dem Weg dahin vor einer Motorradbande fliehen muss, die es auf ihn abgesehen hat. Immer wenn er glaubt, sie abgeschüttelt zu haben, summt er den Song einfach weiter, als wäre das ein ganz normaler Job. Pulp Fiction lässt grüßen.

Beste Folge – da ist sich das Internet ausnahmsweise mal mit mir einig – Episode S02 E05 – wo Barry versucht, den Kerl, den er eigentlich umlegen soll aber nicht will, davon zu überzeugen, abzuhauen und anderswo ein neues Leben anzufangen, aber der andere ist nicht so der gesprächige Typ… Lange Kamerafahrten, unglaublich viel Zeit, die die Macher auch Nebencharakteren widmen, immer wieder Szenen, in denen im Vordergrund ganz Normales passiert (z.B. Gast in einem Restaurant isst einen Burger, während im Hintergrund ein Informant im Kofferraum verstaut wird).

Dazwischen aber auch immer todernste Momente, die beinahe zu Tränen rühren. Etwa als Barry von seinem ersten Todesschuss in Afghanistan erzählen soll oder der Vater eines Opfers ihn zu fassen bekommt und eigentlich Rache nehmen will/kann/sollte? Eigentlich.

Einfach eine richtig tolle Serie, wunderbar kurzweilig. Findet schließlich ein rundes Ende und ist dennoch schade, dass es jetzt vorbei ist. Wer reinschauen mag: Gibt es aktuell noch auf WOW (Skys monatlich kündbaren Streaming-Dienst für nen Zehner im Monat).

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