Kategorien
Yeah

Niemals aufhören geilen Scheiß zu machen

Eine Ex-Freundin von mir sagte einmal: „Wenn es 50:50 steht und du überlegst, ob du etwas machen sollst, dann tu es!“

Na ja, aber was, wenn „es“ unter so ungünstigen Voraussetzungen daherkommt?

Letztes Wochenende zum Beispiel wollte ich eigentlich noch einmal auf Bikepacking-Tour gehen. Der Wetterdienst kündigte aber an, dass es zumindest den ganzen Samstag regnen würde. Tat es dann auch, Sonntag war aber wieder schön. Sollte ich noch gehen? Nur für einen Tag? Und bloß, um meinen neuen Campingkocher in the wild auszuprobieren, wohl wissend, dass ich am Montag wieder arbeiten musste und deswegen sehr früh morgens raus, wenn das alles klappen sollte?

Vor einer Woche, einem Sonntagnachmittag, war es irre heiß. Ich mag keine Freibäder, aber die Sieg eigentlich schon. Wäre eigentlich cool, sich da mal wieder reinzulegen. Aber ich hatte noch eine Verabredung um 1800 und kam nicht in die Gänge. Als ich so weit war, war es schon fast 1600. Jetzt echt noch losfahren?

Nachts am gleichen Sonntag war Perseidenregen, und endlich einmal sternenklarer Himmel. Aber hey, ich musste Montag arbeiten, und hatte doch im letzten Jahr schon welche gesehen. Sollte ich mich echt nochmal in den Garten legen,furchtbar spät nachts, nur um mir noch paar Dinge wünschen zu können und, na gut, ein paar hübsche Sternschnuppen zu sehen, dann aber am nächsten Tag voll müde zu sein?

Es hätte Gründe genug gegeben, in allen drei Fällen nein zu sagen.

Ich sagte: ja.

Und lernte so, dass man in der Sieg floaten kann – und es wunderbar angenehm ist, sich dort treiben zu lassen.

Zwanzig Minuten im Wasser reichten mir am Ende dicke. Dass meine Klamotten vom Uferschlamm nachher aussahen wie Sau, war mir egal. Ich hatte noch Zeit für eine Dusche, war rechtzeitig fertig für mein 1800 und die verschlammten Klamotten wanderten direkt in die Waschmaschine.

Um vier Sternschnuppen zu sehen, brauchte es am Ende nur etwa vierzig Minuten im Garten. Ich ließ mein Smartphone in der Wohnung, nahm im Liegestuhl Platz, hatte eine fulminante Sicht auf den Himmel und einen sehr chilligen Ausklang des Sonntagabends. Ich wünschte mir einiges, war danach so müde, dass ich – wieder in meiner Wohnung angekommen – sofort einschlief und am nächsten Tag nur so lala wach aus dem Bett kam. Also wie jeden Morgen halt.

Und ich fuhr zum Campen an den Laacher See, knipste unterwegs ein paar Bilder, wo einige Freunde mich via Status fragten: „Wo bitte ist DAS denn Hübsches?!“.

Rund zwei Stunden den Rhein entlang, dann bei Brohl hoch Richtung Maria Laach. Auf dem Weg dorthin kam mir der Vulkanexpress entgegen. Nach dem Einchecken am Campingplatz sah ich, dass sie dort auch Stand-up-Paddle-Boards vermieten. Ob ich noch schnell eins ausleihen könnte, fragte ich den Rezeptionisten eine Stunde vor seinem Feierabend. Wäre eigentlich schon was spät, maulte der, aber – na gut. So paddelte ich auf dem Laacher See, drehte danach bei wunderschönem Sonnenuntergang eine Runde drum herum, machte Halt beim Kloster Maria Laach und gönnte mir nach Einbruch der Dunkelheit einen schönen Abend im Campingstuhl im Wald.

So lauschig der Sonnenuntergang am Tag davor, so schön auch der Sonnenaufgang am nächsten. Ich weihte meinen Campingkocher ein, machte mir einen Kaffee (Tasse vergessen, aber egal, ich improvisierte mit der Trinkflasche), machte Frühsport mit dem Rad durch die Hügellandschaft, wurde am Nachbarort freundlich von einem buddhistischen Mönch gegrüßt (supercool am Morgen – wenn auch nicht so überraschend, wie es klingt, in Wassenach gibt es ein thailändisches Kloster, warum auch immer), segelte wahnwitzige Abhänge mit teils zwanzig Prozent Steigung hinab (yeehah!), sah zwei Rehe über die Straße hoppeln, nahm ein paar wunderschöne Bilder von der Rheinromantik am Morgen auf, kaufte mir in Bonn grad noch ein paar Brötchen fürs Frühstück und war pünktlich zum Arbeitsbeginn glückselig wieder zuhause.

Also, ja, ich bin Meister der Komfortzone. Warum was Neues ausprobieren, wenn sich das Alte doch bewährt hat?

Na ja, deshalb halt.

Am Ende lohnt es sich irgendwie immer, und ich freue mich über die Erfahrungen, die mich aufmuntern, die mir das Gefühl geben, noch lebendig zu sein, und von denen ich immer was erzählen kann.

Meine Ex hatte also total Recht. Damit zumindest.

Kategorien
Yeah

Urlaub woanders

Hab ich das alles nur geträumt, oder ist das wirklich passiert?

An einem Montagabend fahre ich in einem gar nicht mal so tollen Zustand los. Wahrscheinlich ist ein Urlaub längst überfällig gewesen. „Wohin“, fragt mein Nachbar, der mich zufällig vor meinem Haus mit Sack und Pack mit der Navi-App auf dem Handy stehen sieht, als ich gerade losfahren will. „Nach Westen“, sage ich, „Bis die Leute irgendwann anfangen Englisch zu sprechen.“

Erftstadt-Lechenich

30 Kilometer später fällt mir auf, dass ich an alles gedacht habe: Offline-Navi, Ladekabel, Reisepass für England, Magnesium, Regenzeug – nur mein Portemonnaie liegt noch da, wo es immer liegt. Rufe Nicky in Portugal an, die immer spontan eine Lösung weiß – wenn es eine gibt. Vielleicht irgendwie die Kreditkarte noch auf Apple Pay einlernen und dann alles mit dem Handy bezahlen? „Und deine Versichertenkarte? Das klappt alles nicht“. Sie hat recht. Ich fluche und fahre zurück. Neustart am nächsten Tag.

Camping-Gestüt

Kurz vor Maastricht auf einen Bauernhof mit Campingplatz. Keine Lust mit irgendwem zu reden – außer mit der Bäuerin auf Niederländisch, die gleichzeitig ihr Deutsch verbessern will. Kilometerlang bei Gegenwind am Kanal weiter nach Antwerpen, wo mich das Navi plötzlich eine Rolltreppe runter in eine Art Elbtunnel schickt. Meine wundervollen Nebencamper aus England bitten liebst um mein Ladegerät – und bedanken sich später schriftlich dafür mit einer stattlichen Google-Translate-Übersetzung auf einer benutzen Serviette. Ein paar Bier vor der Liebfrauenkirche in Antwerpen, Broodjes und danach mitten in der Nacht die besten Fritten meines Lebens.

Nr.1 Frites in Antwerpen – they live up to their name!

Ein Radfahrer, der minutenlang hinter mir klebt, als ich ihn überhole (spooky), Outdoor-Dusche in Brügge, ein französischer Motorradfahrer aus Bourges, ein Campingplatzbetreiber, der hier Ferien vom Lehrerberuf macht, kurzer Ausflug in die Innenstadt. Brügge jetzt zu oft gesehen, könnte bedenkenlos sterben. Stärkung an einem Automaten unterwegs, netter Plausch mit anderen Radfahrern auf der Bank davor. Mein Niederländisch wird langsam alltagsfähig! Mein erstes Nachmittagsbier kurz vor der Grenze in De Panne, weil die Belgier das auch (alle) so machen.

Dankesschreiben meiner englischen Nebenzelter in Antwerpen.

Bei sengender Hitze durch Dünkirchen, bis zum Ferry Port Dünkirchen in Loon-Plage sind es noch einmal fast 20 km auf einer grausigen Strecke. Hier wohnen wirklich Flüchtlinge im Busch, einen direkten Radweg gibt es nicht, Komoot und Google Maps versagen komplett. Komme völlig durchgeschwitzt bei der Passkontrolle an. „Cheers Mate“, sagt dann aber einfach nur der britische Grenzbeamte. Überfahrt an Deck, ich bin der einzige Radfahrer und komme als erster von Bord, weiß dann nicht wohin. Der roten Linie folgen, sagt ein Zuweiser, aber die ist unterbrochen.

Belgische Küste

Die Cliffs of Dover hinauf muss ich mein Rad Treppen hoch schieben. Niemand hilft, Ausblick dennoch magisch, haste zum Camingplatz, der bald zumacht (aber ich hatte vorher angerufen), werde aufgenommen, stehe völlig perplex vor der größten Campingwiese mit Meerblick aller Zeiten, lerne Claudio und Tobias aus Deutschland kennen, geselle mich dazu, trinke mit beiden später ein Bier im Pub, bekomme ein Lob, weil ich darauf bestehe, auch ein paar Worte mit den Locals zu wechseln.

Kurz vor dem Ferry Terminal in Loon-Plage

Tobias lädt mich zum Frühstück aus dem Campingkocher ein, verabreden uns in Canterbury auf dem nächsten Zeltplatz. Komme auf dem Weg dahin in Deal und Sandwich vorbei und mit einer anderen Radfahrerin ins Gespräch, sie lädt mich zu einem Konzert ein. Ich weiß leider, dass ich es dazu nicht schaffen kann, aber frage nach ihrer Nummer, bekomme sie und melde mich am nächsten Tag. Treffen uns zum Dinner in Margate, habe einen kleinen Urlaubsflirt mit Abschiedskuss. 🙂 Trauen wir uns, diese Treppe ins Wasser hinunterzuklettern? „Only one way to find out“, sage ich. Stehe mit nasser Hose, sie mit nassem Kleid im Wasser, nehme ihre Hand. Dieses Hochhaus ziehe sie irgendwie magisch an, sagt sie. „Komm, da gehen wir hin“. Klingeln bei einem zufälligen Bewohner, die Mailbox springt an, sprechen die Botschaft darauf, dass er der beste Mensch ist, den die Welt je gesehen habe und dass wir ihn dafür lieben, wer er ist.

Cliffs of Dover

In Canterbury mit Tobias in einem Local Pub. Sehen den englischen Originalen beim Flirten zu. Ich spreche meine Thekennachbarin an, nur um ihren Akzent zu hören. Sie sagt, sie sei 20 und ihr Freund wäre heute nicht da. Das wäre okay, sage ich und dem Transvestiten, der neben ihr steht. Sie sollten nach Deutschland kommen, das würde ihnen gefallen. Frage die sehr hübsche Dame hinter der Theke, warum sie Kellnerin geworden sei. „I’m not a waitress“, sagt sie spielend entrüstet“, „I’m a bartender“. „Is there a huge difference“, frage ich. Die Antwort verstehe ich nicht, weil ich Engländer nur schlecht verstehe. Aber irgendwie muss sie auf ihren Studienplatz warten oder so etwas. Ein unfassbar gut gelaunter Südafrikaner stellt sich neben uns an die Theke, will uns kennenlernen. Er kommt mir schwul vor aber, aber es scheint gar kein Flirtversuch zu sein. Er will uns ein Bier ausgeben, tut das, dann will er sich verabschieben. „Are you real“, frage ich ihn. Er lacht sich scheckig, als ich das frage.

Mit Tobias und Claudio (nicht im Bild) in einem englischen Pub

In Dover schiebe ich suchend mein Fahrrad durch die fast verwaiste Innenstadt. Eine alte Lady sieht das und kommt auf mich zu. „Do you need help, dear?“. Na ja, ich suche einen Ort, an dem ich etwas essen und trinken kann. Sie hält die nächstbesten Typen auf der Straße an und fragt, ob sie von hier kämen. „I’m about as far from Dover as you can imagine, love“, sagt der eine. Sie hält eine Frau mit pinken Haaren an, die sie flüchtig zu kennen scheint. Beide beraten kurz, denken über das eine Pub nach, raten mir dann eher zum anderen, schicken mich schließlich in die Biker-Kneipe, in der ich auch lande. Mit meinem Fahrrad hätte ich da eher das kleinste Bike, aber das wäre ja kein Problem, oder? Am Schluss frage ich die Frau noch, ob sie nicht selber auch aus Dover komme. „Darling, I’ve been living here 81 years, and to be honest: it is a shitty place.“ – „Then why d’you never leave?“ Da lacht sie nur und winkt ab.

Deal & Sandwich Shooting School

Vor der Kneipe sitzt ein Mann, den ich auf den ersten Blick für obdachlos halte. Als ich wieder rauskomme, frage ich ihn, ob ihm ein Bier oder was zu essen ausgeben könne (in der Kneipe nicht teuer). Er bedankt sich: nein danke, er habe genug von allem auf. Aber ob ich mich nicht setzen wolle. Will ich dann kurz. Er hat ein so gepflegtes Äußeres, gibt mir Reisetipps, wir sprechen über die Wirtschaft, Englands Geschichte – dass ich kurz überlege, ob mich mein erster Eindruck nicht getäuscht haben könnte. Als er sich verabschiedet, frage ich ihn noch, wo er heute unterkäme. Würde sich schon was finden, sagt er.

Canterbury

Auf der Rückfahrt sind wir diesmal deutlich mehr Radfahrer auf der Fähre. Weil eine Engländerin und ich zu lange brauchen, unsere Taschen wieder aufzusatteln, müssen wir warten, bis alle anderen Motorräder, LKWs, und Autos von Bord sind. Leicht genervt erreichen wir das Tor zur EU – das sich nicht öffnet. Wir winken einer Gruppe von Grenzbeamten dahinter zu. Es tut sich minutenlang nichts. Dann endlich kommt ein Auto und das Tor öffnet sich. Wir fragen die französischen Grenzbeamten dahinter, was da los war. Es stellt sich raus, dass sich das Tor nur nach Gewicht öffnet, und wir zwei Radfahrer dafür zu leicht sind. Da kommste nicht in die EU, weil du kein Auto fährst. Ich finde das höchstamüsant, aber die Engländerin will sich lieber beschweren. Das kommt nicht gut an. „If you don’t elike it“, antwortet ein französischer Grenzbeamte, „you can drive in your country, non?“

Wenn du nicht in die EU kommst, weil dein Fahrrad zu leicht ist.

Übernachtung nahe Oostende auf einem Campingplatz am Strand. Wunderbare Lichtstimmung zum Sonnenuntergang am Meer. Abends klaut man mir meine Powerbank und mein Ladegerät im Waschraum. Kurz hinter Brügge steuere ich am nächsten Tag ein Einkaufszentrum an, um mir beides neu zu kaufen. Kurz davor sehe ich einen älteren Radfahrer mit blutendem Bein am Boden liegen, eine Frau daneben mit ihm im Zwist. Sie spricht nur Flämisch, er nur Französisch. Sie war auf der Gegenfahrbahn, aber er hatte sie nicht gesehen, sie beteuert ihre Unschuld. Ich operiere mein Mini-Verbandsset aus meiner Tasche heraus. Als ich fertig bin, hat sich der Alte schon fluchend verabschiedet. Bekomme die letzte Powerbank in einem Fachgeschäft für Waschmaschinen. Die seien grundsätzlich leider nicht vorgeladen, sagt der Verkäufer. Ist sie dann aber doch.

Auf ein Bier mit Tobias

Besuch bei Sven und Sarah in Dendermonde. Ich bin zum Abendessen eingeladen, und Sven gibt mir eine Stadtführung (<3). Seine Tochter zeigt mir, wie man einen Zauberwürfel löst (bestelle mir noch unterwegs einen) und spielt mir „Despacito“ auf ihrer Ukulele vor. Ich revanchiere mit mich „Kiss me“ von Sixpence None the Richer.

Sonnenuntergang an der belgischen Küste

Noch mehr Fritten unterwegs, auf dem vorletzten Camingplatz treffe ich Ruben, 25, einen Klempner aus Brüssel. Er sei froh über seine Arbeit, sagt er, habe seit kurzem eine Freundin und baue sich gerade ein Haus. „Was? Mit 25 schon?“, frage ich. Ja, sagt er, teuer sei das immer, also warum nicht gleich jetzt eins bauen? Bis er mit seiner Freundin zusammengekommen war, seien drei Jahre vergangen, seit er. Das Haus baue er aber nicht für sie.

Regen, Hitze, der höchste Punkt der Niederlande, der gleich neben dem Dreiländerpunkt liegt, noch ein paar tolle Smalltalks unterwegs mit Radfahrern mit Rückenproblemen, einer Bikepackerin aus Amsterdam und einem Eisdielenbesitzer in Düren, der mir immer freundschaftlich auf die Schulter klopft. Und dann, plötzlich, bin ich wieder in Bonn.

Dreiländerpunkt Vaals

Und, klar, man hätte auch zu Hause eine schöne Zeit haben können. Dann hätte ich meine alte Powerbank jetzt immer noch. 😉

Kategorien
Yeah

Being Abroad

Madrid

Das billige Hostel, das einen WhatsApp-Kontakt empfahl, damit der wunderbare Concierge dich kurz vor Mitternacht noch ins Taxi lotste, direkt am Eingang empfing und selbst dann noch auf der Touri-Karte alle Places of Interest für dich einkreiste, also quasi alle, damit du eine tolle Zeit vor Ort hast. Wieder einmal gemerkt, wie nett die Spanier sein können (und dass du auch deswegen damit leben könntest, wenn sie das Viertelfinale gewännen).

Den illegalen Flüchtling aus Gambia, dem du eventuell – vielleicht aber auch nicht, aber das ist egal – mit einer kleinen Geste eine neue Chance gegeben hast. Prima Churros und Tapas, auch wenn das ein Klischee ist, fantastische Paläste und Bauten, richtig heißes Wetter, Typen, die bei 35 Grad im Gorilla-Kostüm Geld verdienen müssen und sich herzlich bedanken, wenn du ihnen 1 Euro in den Topf schmeißt, schön verzierte Heißgertränke in einem koreanisch-kitschigen Plüschcafé.

Porto

Vielviel wunderbaren Deep Talk mit Nicky und Juan, Spaziergänge am Strand, Sonnenuntergänge in Gaia, ins kalte Wasser gehüpft, Porto Tonico getrunken, lecker Bifanha gegessen, mit wunderbaren Menschen Fußball geguckt, die gar kein Fußball mögen, aber den weiten Weg auf sich nehmen, nur weil sie dich vor einem Jahr mal kurz getroffen haben und unbedingt wiedersehen wollen. Mit besonderen Leuten und buntem Kranz um den Hals auf der Pride Parade mitmarschiert, weil du direkt nach Ankunft drei bekannte Schwule von Nicky getroffen hast, die dich herzlich begrüßt und dich beiläufig gefragt haben, ob du am Samstag mitläufst. Tat ich.

Menschen, die dir Komplimente machen und nachts Nachrichten schicken wie „Bleib doch hier“ oder „Es war sooo toll, dich nochmal zu sehen“, dass du fast meinen könntest, sie meinten das ernst (und sie tun es wahrscheinlich auch). Barbesitzer, die dir auch nachts um drei noch aufmerksam zuhören, den Laden schließen und fragen: Sollen wir noch einen zusammen rauchen?

Es war nicht alles krisenfrei, aber das hauptsächlich mal wieder dadurch begründet, dass es an beiden Orten viel zu viele schöne Frauen gibt, als dass du auch nur technisch dazu in der Lage wärst, einen Bruchteil davon zu daten.

Weil das alles in deinem Spatzenhirn irgendwie nicht gespeichert bleibt, hier noch einmal die Reassurance to Your Future Self:

DAS ALLES WAR EINE GUTE SACHE. ES TUT DIR RICHTIG GUT, HAB DA VIEL MEHR VON. SCHAU DIR DIE WELT AN!

Kategorien
Yeah

Die Sache mit dieser Selbstakzeptanz

Seit etwa Anfang des Jahres habe ich immer mal wieder Phasen, die ungewöhnlich für mich sind. In denen…

  • Ich mir fast alles zutraue
  • Fast keine Angst vor irgendwas habe
  • Völlig in mir selbst ruhe
  • Superentspannt bin
  • Mich nicht ständig selbst hinterfrage
  • Den Tag so gestalte, wie ich gerne möchte
  • Es mir egal ist, was andere von mir denken
  • In denen ich niemanden brauche, um glücklich zu sein
  • Schon gar keine Partnerschaft
  • Pannen und Probleme zwar passieren, aber mich nicht tangieren
  • Ich aus mir heraus lächele und einfach positiv gestimmt bin
  • Was dann auch auf andere wirkt, die dann zurücklächeln
  • Ich andere mit meinen Ideen mitreißen kann

Dann schmiede ich Pläne, die ich mir sonst nicht zutraue, etwa, jetzt doch mal um die Welt zu reisen. Normal schrecke ich davor zurück vor allem aus Angst vor Einsamkeit unterwegs. Aktuell überhaupt nicht.

Zweimal hatte ich diesen Anflug schon, und einige Tage später war das wieder vorbei. Diesmal hält es schon eine ganze Weile. Wenn ihr mich fragt, was das ist, würde ich sagen: ein gesundes Selbstbewusstsein, das mit Selbstannahme einher geht.

So ungefähr, stelle ich mir vor, kann das funktionieren mit einem glücklichen Leben, so könnte es Spaß machen, damit wäre auch der Welt gedient.

Nur hatte ich das irgendwie noch nie. Normal sind bei mir schreiend laute Selbstzweifel an allen Ecken und Enden die Regel. Wie ist denn das bei euch? Was ist da der Normalfall? Würde mich jetzt echt mal interessieren.

*

AI

Ich finde es hochspannend, was die Großkonzerne gerade zum Thema KI raushauen. Es macht mittlerweile allen Anschein, als könnte es unseren Alltag verbessern und weit weniger Arbeitsplätze kosten, als mal befürchtet.

Googles Project Astra letzte Woche sah schon sehr vielversprechend aus:

Microsofts Recall auf den neuen Copilot+-PCs gestern dann auch:

Und dann noch OpenAIs GPT-4o:

Problem ist hier nur, dass die Stimme „Sky“ doch etwas sehr nach Scarlett Johansson klingt, sogar das leicht heisere, das Scarlett in der Stimme hat. Die Stimme und vor allem die wahnsinnig gute Umsetzung der Sprachsteuerung erinnerten nicht wenige an den 2013er-Film „Her“ von Spike Jonze, in dem sich Joaquin Phoenix in die KI-Stimme von Scarlett Johansson verliebt (obwohl er auch Amy Adams in echt haben könnte 🙄):

Zehn Jahre später Realität geworden. Schon klein bisschen gruselig. Ich war schon von der Sprachsteuerung der ChatGPT-App mit der 3.5-Version begeistert, auch wenn ich da mit nem Dude spreche, der aber auch so Nachdenk-Ähs einbaut und damit täuschend echt klingt. GPT-4o soll das jetzt also noch besser hinkriegen. Ich würde es gerne mal ausprobieren, aber seit dem Upgrade kommt bei mir keine Verbindung mehr zustande.

Scarlett Johansson ist auch nicht amused. Zumal OpenAI sie wohl vergangenen Herbst kontaktiert hatte, um der KI ihre Stimme zu verleihen und sie abgelehnt hatte.

Kategorien
Yeah

Erinnerungen wiederherstellen

Da graute mir am meisten vor: Meine externe Festplatte noch einmal nach alten Erinnerungen durchsehen, die ich über die Jahre wahllos dort gespeichert hatte. Am Ende habe ich es mir einfach gemacht:

  • Alles, was nicht nach Arbeit aussah, habe ich mir noch einmal angeschaut
  • Alles, was ich ohne reichlich Aufwand nicht mehr hätte öffnen können, habe ich einfach gelöscht…

Zu letzterem gehörten vor allem alte E-Mails von vor über zwanzig Jahren. Wären sicher noch einige Schätze darunter gewesen, aber ohne Installation alter E-Mail-Programme und Wiederherstellen der Dateien nicht mehr lesbar. Good Riddance!

Und dann gab es auch noch ein paar schöne Erinnerungen. Tatsächlich ein Verzeichnis alter Bilder, von deren Existenz ich nichts mehr wusste. Der Prototyp für einen Podcast, den ich einmal produzieren wollte, von dem ich nicht dachte, ihn jemals aufgenommen zu haben, und der gar nicht einmal so schlecht klang.

Eine Zeitlang war ich mal in einem Chor und dachte mir damals: Wenn ich auch nur eine Sache aus dieser Zeit mitnehmen könnte, dann wäre das, wie wir „Tourdion“ singen. Und siehe da: Das scheine ich irgendwann tatsächlich mal aufgenommen zu haben. Womit weiß ich nicht mehr, eventuell mit meinem allerersten Smartphone? Man hört mich leider raus und besser wäre es gewesen, das Aufnahmegerät näher an den Sopran und Alt zu halten, die konnten das besser. Aber immerhin: Es gibt einen Mitschnitt dieser Erinnerung. 🙂

Ebenfalls behalten: ein paar alte Arbeitsproben und meine Diplomarbeit. Alle anderen Unterlagen aus dem Studium habe ich ausnahmslos gelöscht.

War eine schöne Erinnerung. Ich rate euch dazu, das auch einmal zu machen, am besten wenn ihr, wie ich heute Abend, in guter Stimmung seid. Dann bessert die sich noch weiter auf.

Kategorien
Yeah

Sei einfach du selbst

Nun, das erste Problem daran ist zu wissen, wer man denn überhaupt ist. Dauert ja etwas und verlangt auch einige Mühen, das herauszufinden. Ich bin seit einigen Jahrzehnten dabei.

Und dann ist da da Bürgerliche Gesetzbuch, das dir einige Dinge vorschreibt. Ich bin kein Jurist, aber ich vermute mal, des gesunden Miteinanders Willen. Ich kann zum Beispiel nicht, um die Überschrift hier mal wörtlich zu nehmen, einfach mal ich selbst sein und so auf die Straße rennen, wie Gott mich schuf. Gäb Ärger, es sei denn, er wäre Kunst, müsste dann aber vorher angemeldet werden.

Und dann ist da der moralische Komplex. Man brüllt nicht einfach mitten am Nachmittag laut in der Nachbarschaft herum oder trägt noch braune Cordhosen mit Schlag zum karierten Hemd.

Nein? Nun, Ersteres ist den Jungs, die da täglich auf dem Platz vor meiner Tür sitzen, herzlich egal, so wie ihnen fast alles egal ist. Letzteres ist fluid, kannst du schon tragen, wirst du nur eventuell sozial für ausgegrenzt, zumindest solange, bis es wieder in Mode kommt, und das passiert.

Hier sind wir auch beim eigentlichen Thema: Sich immer noch darum scheren, was man jetzt macht und was nicht, obwohl man sich schon gefunden hat, aufs BGB eingeschworen ist und sogar Mode mitmacht, soziale Normen mitspielt. Spätestens dann muss man eigentlich damit aufhören, sich in vorauseilendem Gehorsam selbst zu zensieren. Oder sich seinen Ängsten zu unterwerfen. Oder einer kruden Vorstellung davon, wie man selbst eigentlich zu sein hat.

Gar nicht mal so einfach, eigentlich. Aber ich werde das mal versuchen.

Danke, Nicky!

Kategorien
Yeah

Mentor yourself!

Manchmal steht man vor einer gravierenden Entscheidung, hat aber die Erfahrung nicht. Wohin jetzt gehen? Was jetzt tun? Links oder rechts, ja oder nein. Gut, wenn man einen Mentor dafür hat, der einem mit Rat und Tat zu Seite steht.

Ich finde viele Analogien zu Filmen. Einer meiner Lieblingsfilme ist mittlerweile Gravity: Selbstunsichere Astronautin muss ihre Selbstunsicherheit überwinden, um am Leben zu bleiben. Aber kein Ding, wenn man George Clooney als Mentor hat. Bis man ihn dann plötzlich nicht mehr hat und selbst entscheiden muss.

Wenn du einen Mentor hast: Gut so! Nutze die Chance, lerne von ihm, wachse an ihr. Sehr oft im Leben hat man allerdings keinen und ist auf sich alleine gestellt. Was dann tun?

Ich habe mir in solchen Situationen oft Rat von Freunden geholt, manche Entscheidungen Kollegen aufgebrummt, sie einfach vertagt oder gar nicht angegangen. Alles nur so semi-gute Ideen. Klar, manchmal lösen sich Probleme wahrlich von selbst, Freunde können gute Ratgeber sein, wenn sie etwas von dem verstehen, wonach du sie fragst. Und auch Kollegen wissen viel. Aber sehr oft habe ich Entscheidung einfach „outgesourct“, die ich zu feige war selbst zu treffen. Hätte ich doch nur einen Mentor gehabt…

Nun, hatte ich bei näherer Betrachtung, haben wir alle schon in uns eingebaut. Nennt sich: Bauchgefühl. Das Bauchgefühl, das uns meistens mitteilt, ob etwas richtig oder falsch ist. Mit ihm schaltet man den Kopf ja nicht aus. Der Kopf ist in das Gefühl schon eingearbeitet. Das funktioniert deutlich besser nach einigen Jahren Erfahrung, als wenn wir Neuling auf einem Gebiet sind. Aber mit ein paar Jahren Berufserfahrung? Bauch! Er trifft meist die richtigen Entscheidungen.

Nicht immer, klar. Niemand trifft immer die richtigen Entscheidungen. Das Risiko ist immer da, Fehler zu machen. Manchmal bekommen wir die Chance, eine falsche Entscheidung noch zu korrigieren, manchmal nicht. Aber eine Entscheidung müssen wir treffen. Zum Glück sind nicht alle so grav(ity)ierend, dass wir unseren Bauch dafür fragen müssen. Aber wenn doch, ist er der beste Mentor, den wir kriegen können. Nutze ihn!

*

Technik, die entgeistert

Zwei Stunden. Zwei Stunden heute am Mittag, um meine verdomden Bremsbeläge am Fahrrad auszutauschen. Weil man dafür nämlich das ganze Rad abschrauben muss, ja logo. Ey, es hat doch früher nicht so ewig gedauert, sein Fahrrad zu reparieren, oder etwa doch? Und da soll noch einer sagen, Technik würde unser Leben immer leichter machen.

Okay, früher habe ich alle Nasen lang Reifen flicken, die Kabel wieder in den Dynamo stecken, Ketten ölen oder Birnen austauschen müssen. Das ist heute zum Glück sehr viel seltener geworden. Dafür brauchst jetzt aber zwei Stunden, um Bremsbeläge zu tauschen, musst bei einer Nabe einen Ölwechsel machen oder – na gut, das war’s. Einfacher aber: nicht wirklich. Nur anders komplex.

Well worth it, though: Bremsbeläge getauscht, die Schutzblechhalterung vom freundlichen Fahrradmechaniker um die Ecke geradebiegen lassen, die Reifen mal wieder aufgepumpt (hatten noch 2 bar…), bisschen Staub abgeputzt, währenddessen mit Nachbarn geschnackt. Es fühlte sich danach wie ein neues Fahrrad an. Also ruhig mal bisschen Zeit investieren, um Dinge zu erledigen. Kann sich lohnen.

*

Im Auge des Sturms

Screenshot

Sieht vor Ort dann so aus:

*

Keiner will Bayern-Trainer werden

Eine wunderbare Anekdote in einer Saison, in der Bayern unter Umständen keinen Titel holt, Leverkusen Meister wird und die selbstgenügsame (und irgendwie viel zu groß geratene) Bank an Ehrenpräsidenten und sonstwelchen Entscheidungsträgern keinen Trainer überzeugt bekommt, das Pulverfass dort anzufassen und ein Jahr den Platzhalter für Xabi Alonso zu spielen, bevor der seine Mission bei Leverkusen beendet hat. Mir geht langsam das Popcorn aus. Einfach herrlisch!

*

Ren: Hi Ren

Abgefahrenste Mischung aus Song und Monodrama, das ich je gesehen habe. 9 Minuten, die deine Sicht auf Musik für immer verändern werden.

Kategorien
Yeah

Fallout

Wie grandios ist bitte Fallout, die Serie?!

Ich weiß, ich war von der ersten Folge noch nicht gerade überzeugt, nicht nur wegen der überzogenen Gewaltdarstellung. Für mich wirkte das anfangs noch wie ein erneuter Aklatsch von The Walking Dead/ The Last of Us gekreuzt mit Westworld und einer Prise Wayward Pines. Und auch Sci-Fi-Dystopien mit Experimenten perfekter Gesellschaften gab es schon. Vielleicht erinnert sich noch einer an die Serie Ascension.

Bei Fallout zeigt sich aber schon bald, dass es um mehr geht und dass sich die Macher um eine teuflisch spannende Geschichte und vielschichtige Charaktere bemüht haben. Die gutgläubige Lucy, die plötzlich Kämpfermentalitäten entwickelt, als ihr Bunker von Rebellen gestürmt wird. Knappe Maximus, ein Außenseiter, der die Chance erhält, Ritter zu werden. Und über allen der abscheuliche Kopfgeldjäger Cooper auf persönlichem Rachefeldzug – gegen wen bleibt lange unklar – der sicher nicht zufällig an den „Mann in Schwarz“ aus Westworld erinnert.

Mehr und mehr sickert Folge für Folge der Hintergrund der Geschichte ein und die Charaktere entwickeln eine erstaunliche Verwandlung. Ritter, die zu feigen Schweinen werden, indoktrinierte Bunkerbewohner, die auf der Suche nach der Wahrheit erstaunlichen Mut offenbaren und ein vermeintlicher Antagonist, dessen Rolle auf einmal gar nicht mehr so klar ist.

Schon das Setting der Hintergrundstory ist phänomenal. Die Gesellschaft in einer Art alternativem 1960 hat bereits einen Atomkrieg hinter sich, setzt auf Robotik und Technik wie eine Smartwatch-ähnliche Manschette und hat Rassenkonflikte überwunden. Drei Dinge allerdings nicht: Krieg, Unrecht und Kapitalismus. Und gegen jene rebelliert diese Serie letztlich auf eindrückliche Weise. Es wirkt vom Plot her alles stimmig, selbst die wenigen, aber äußerst brutalen Kampfszenen unterstreichen den Zweck. Und auch die Gesellschaftskritik ist nicht zu übersehen: Darf sich eine Elite (Europa/USA/westliche Demokratien) auf eine Insel der Glückseligkeit zurückziehen, wenn gerade wegen ihr die Welt um sie herum zusammenbricht?

Amazon Prime hatte mit der ersten Großproduktion Ringe der Macht wenig Glück. Mit Fallout ist dem Videodienst nun ein Volltreffer gelungen. Starke Geschichte, großartige Schauspieler, tolle Kulissen, Musik und Kostüme. Ich gucke kaum noch Serien und das ist auch gut so. Aber ich kann jetzt schon Staffel 2 (bereits angekündigt) kaum noch erwarten. Ich hoffe, es dauert nicht zu lange damit!

Und wer es noch nicht getan hat: unbedingt anschauen!

*

Xavier Rudd: Follow the Sun

Die Welt ausblenden und Xavier Rudd hören

Kategorien
Yeah

1:45 Minute

Sport bietet viele Lebensweisheiten. Man muss nur die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Was ich gestern Abend nicht tat.

Nach drei Stunden Tischtennis-Training, darunter zwei Stunden Einzeltraining, spielte ich noch eine Partie gegen Cedric und verlor recht klar. Cedric gab mir hinterher ein paar Tipps, was ich besser machen könnte. Unter anderem mit meinem Vorhand-Topspin. Den würde ich irgendwie nicht ganz richtig machen.

Du interessierst dich nicht für Tischtennis, das ist schade, aber in Ordnung. Wichtig ist hier nur zu wissen: Der Vorhand-Topspin ist so in etwa der wichtigste Angriffsschlag im Tischtennis, wenn nicht der wichtigste Schlag überhaupt. Vergleichbar vielleicht mit dem Dribbling beim Fußball oder dem Schalten beim Autofahren. Schwer zu lernen, aber sollte man schon können, wenn man in der Tätigkeit aktiv ist.

Cedric zeigte mir anhand einer Trockenübung, wie der Topspin wirklich geht. Ich versuchte ihn nachzuahmen, bekam es nicht hin…

– „Du hebst die Schulter zu sehr nach oben, lass den Arm nach vorne schwingen.“
– „So?“
– „Du ziehst wieder nach oben. Hol den Schwung aus der Schulter und dreh den Oberkörper dabei.“
– „So?“
– „Jetzt drehst du nur den Oberkörper. Hol den Schwung mehr aus der Hüfte.“
– „So?“
– „Nein, jetzt…“

Cedric hatte eine Engelsgeduld, aber ich bekam es nicht hin… Gut, ich hatte da schon dreieinhalb Stunden Training hinter mir, lechzte nach einem Schluck Wasser und mein Kopf war voll.

– „Ich werde es zuhause mit Trockenübungen vor dem Spiegel versuchen“, versprach ich.
– „Oder nimm dich dabei auf Video auf“, schlug Cedric noch vor.

Als ich wieder zuhause war, war ich zerknirscht. Seit über 30 Jahren spiele ich jetzt Tischtennis, hab nur ein leicht gehobenes Fortgeschrittenenniveau erreicht. Seit etwa einem halben Jahr nehme ich zudem gelegentlich Einzeltraining, den Vorhand-Topspin hatten wir natürlich da schon längst behandelt. Aber ich kann den Schlag immer noch nicht richtig.

Es ist zudem so, dass ich oft erstarre und gar nichts mehr hinkriege, wenn mir einer eine Übung vormacht. Das ist auch bei Kunst oder Musik so, und das war schon im Sportunterricht in der Schule so, wo ich selten mal über eine 3 hinauskam. Auch super, wenn jetzt plötzlich Erinnerungen daran und diesen besch* Sportlehrer hochkommen. Mir fehlen da anscheinend einfach Spiegelneuronen. Oder bin ich schlicht zu dumm dafür? Oder gar zu dumm für alles? Zu einer Karriere in Wirtschaft, Wissenschaft oder Politik hat es ja auch nicht gereicht.

Kurz kam mir dann gestern Abend der Gedanke, es zu akzeptieren und einfach so weiterzumachen. Dann bin ich halt zu doof und kann nicht jeden Schlag richtig. Von Tischtennis hängt zum Glück nicht das eigene Wohlbefinden und ganz selten nur das Wohl der Welt ab (eine erfreuliche Ausnahme war die Pingpong-Diplomatie). Ganz, ganz kurz kam mir dann auch die Idee, Tischtennis ganz dranzugeben, weil, wenn man sich in seinem Elend suhlt, man zu Übertreibungen neigt. Aber den Gedanken verwarf ich ganz schnell wieder.

Heute Abend schwang ich mich aufs Rad, was mir immer gut tut, fuhr ein paarmal den Berg rauf und wieder runter und kam recht gut gelaunt nach Hause. Das Badewasser lief bereits ein, da beschloss ich, die Energie zu nutzen, um noch schnell die Trockenübungen für den Vorhand-Topspin zu machen, wie Cedric versprochen.

Ich baute in meinem Schlafzimmer kurz das Stativ auf, klemmte das iPhone ein, drückte auf Play, schwang ein wenig den Arm und beobachtete mich dabei im Display. Hey, das sah schon gut aus. Noch etwas mehr ausholen. Wirklich schwingen lassen. Okay, jetzt, so könnte es gehen. Ich trat einen Schritt zurück, sah mich dann noch besser selbst im Display. Und schon Sekunden später gelang es mir: Ich hatte den nötigen Schwung raus, von hinten nach vorne, Oberkörper und Hüfte schwangen wie von selbst mit. Schnell! Kurz den Schläger ausgepackt und geschaut, ob es auch damit funktioniert. Jepp, noch bisschen anders, aber genauso einfach. Fünfmal geschwungen, dann sah es gut aus. Könnte ich das auch noch mit der Rückhand? Mal versuchen. Doch, sah ebenfalls gut aus, ein paarmal hörte ich sogar ein „Woosh“-Geräusch dabei, was wohl bedeutet, dass ich das dynamisch genug gemacht hatte. So könnte es gehen. Morgen und übermorgen nochmal, und dann das alles mal an der Platte mit Mitspielern/Gegnern ausprobieren. Aber genug, ich wollte ja ins Bad.

Ich ging zum iPhone und wollte die Aufnahme stoppen. Da sah ich die Anzeige im Display: 1:45 Minute. Das ganze Brimborium hatte nicht einmal 2 Minuten gedauert. 1:45 Minute, und ich kenne nun die Grundbewegung des Schlags, von dem ich dachte, ich wäre zu doof dafür, ich könne das einfach nicht, ich könne im Grunde gar nichts, ich sollte es doch einfach lassen.

1:45 Minute…

Ja, sicher, ich werde noch ein paar Minuten:45 mehr brauchen, um die Bewegung zu verinnerlichen, sie auch an der Platte umzusetzen und sie so zu verfeinern, dass meine Gegner reihenweise die Flucht ergreifen. 😉 Viel länger aber wahrscheinlich auch nicht…

1:45 min…

Ich muss euch nicht sagen, was diese Erkenntnis für dich, für mich, für alle bedeutet, tue es aber trotzdem: Du bist nicht zu doof dazu. Du lernst vielleicht nur anders und besser in einem anderen Umfeld als andere. Oft liegt es am Lehrer, den Mitschülern, deiner Verfassung an dem Tag und wie viel Aufmerksamkeit du gerade noch hast. Vielleicht lernst du auch anfangs besser alleine oder bist eher der Typ, der mit anderen Leuten besser lernen kann. Aber nein, gerade wenn du schon ein gewisses Level in etwas erreicht hast (und das hast du meist), dann bist du definitiv nicht zu doof.

1:45 min…

Kategorien
Yeah

Gar nicht erst depressiv werden

Man rät depressiven Menschen während einer Therapie unter anderem zu:

  • Viel Schlaf
  • Viel Bewegung
  • Gute Hydration
  • Gesunde Ernährung
  • Verzicht auf Alkohol
  • Vermeidung von Stress
  • Einnorden der Erwartungen an sich selbst. Du bist nur ein Mensch, du musst die Welt nicht alleine retten.

Also alles natürlich, sofern das möglich ist. Und erst sobald das toxische Umfeld verlassen ist, wenn eins vorliegt, klar.

Also wenn wir jetzt mal davon ausgehen, dass eine Depression bei jemandem nicht durch etwas anderes ausgelöst ist als Stress, ließe sie sich im Vorfeld vermeiden, wenn man die Punkte oben beachtet. Im Prinzip hat man alle davon selbst in der Hand, es ist nur sehr schwer, die meisten davon umzusetzen.

Das mit dem Alkohol zum Beispiel. 🙄

Aber im Ernst: Depressionen sind (längst nicht immer, aber) häufig stressbedingt, und sie werden dann kuriert. Es wird noch sehr wenig dafür getan, sie im Vorneherein zu vermeiden. Sollte man tun.

*

War ein Schnappschuss von der langsam nachlassenden Kirschblüte gestern Abend. Nix Filter und so, ich weiß auch noch nicht mal, wodurch auch der Hintergrund so fliederfarben geworden ist. Könnte aber ganz nebenbei eins der schönsten Landschaftsfotos sein, die ich je geschossen habe. 🤔🤷🏻‍♂️

*

Und hier wollte ich mal in Reel-Form lustig sein. Vielleicht hat’s ja funktioniert. (Einbetten ging leider nicht.)