Murmansk in Nordrussland war eine Stadt, die ich immer mal besuchen wollte. Und als ich dann die Chance hatte und gerade „in der Gegend“ (Nordkap) war, habe ich meinen ganzen Mut zusammengenommen und bin rübergefahren. Ich spreche so gut wie kein Wort Russisch, Russen in der Regel schlechtes bis gar kein Englisch. Aber trotzdem hat’s irgendwie geklappt. Und genial war’s! Die Stadt irgendwo zwischen Kommunismus und Moderne, und dann ging es weiter auf dem „Highway“ runter in Richtung Sankt Petersburg. Und weil ich an einem Tag hunderte Kilometer abriss und nichts als Straße sah, bog ich an einer Ausfahrt einfach mal ab, landete in ein Dorf, das aussah wie Bullerbü, sah eine alte Babuschka in türkisem Kleid in der Tür zu ihrem türkisen Haus stehen und lächeln – und stieg aus.
Es war das erste Mal seit dem Kindergarten, dass ich einem Menschen gegenüber stand, der keinerlei Argwohn in sich trug, null. Wir standen da, lächelten uns an, unterhielten uns bestimmt eine Viertelstunde lang mit Händen, Füßen und Google Translate über Ich-weiß-nicht-was und fühlten uns irgendwie verbunden.
Es ging danach noch weiter in einen kleinen Ort namens Kem, direkt am Weißen Meer gelegen, die einzige Übernachtungsmöglichkeit in hunderten Kilometern Umkreis, die sich auf Booking.com buchen ließ. Was dann auch die einzigen Worte waren, die mein russischer Gastgeber auf Englisch beherrschte: „Jürgen! … … … Booooking.com!“
Ich traf dort eine Russin, die fließend Englisch sprach und mir die Unterschiede zwischen Moskau und Sankt Petersburg erklärte, während ihr Mann daneben stand und einfach nur lächelte – ohne ein Wort sagen zu können. Für zwei Tage ging es dann noch nach Sankt Petersburg und seine atemberaubende Paläste, wo ich mich mit der sehr hübschen Verkäuferin eines Souvenirladens über Putin-Matruschkas und Putin-Kartenspielen unterhielt. Damals konnten wir noch darüber lachen. Ich ging in einen Supermarkt und sprengte die Bank, weil ich mit dem Geld durcheinander kam und meine Snacks mit einem 10.000- statt einem 1.000-Rubel-Schein bezahlte. Erst später fand ich raus, dass man in Russland eigentlich längst alles per Smartphone bezahlte. Die Verkäuferin murmelte etwas, ging ins Hinterstübchen und kam mit einem daumendicken Paket an Scheinen als Wechselgeld zurück, während die Leute hinter mir in der Schlange ohne einen Mucks seelenruhig warteten, bis wir so weit waren.
Die Erkenntnis, die blieb, jedenfalls: Was. Für. Tolle. Menschen. Dort!
Und das sollen jetzt unsere Feinde sein?
Okay, wir sehen das nicht so schwarz-weiß; Putin ist der Böse, die Russen nicht. Zumindest, solange wir ihnen nicht auf dem Schlachtfeld gegenüberstehen, was ich immer noch nicht für ganz ausgeschlossen halte…
Aber darum geht’s mir heute eigentlich gar nicht. Es geht mir darum, dass diese Reise heute so nicht mehr möglich wäre. Selbst wenn ich irgendwie doch noch nach Russland einreisen könnte, ein freies Bewegen wäre nicht mehr möglich, die Menschen würden anders auf mich reagieren, es wäre wahrscheinlich auch einfach keine gute Idee gerade, dorthin zu reisen.
Also dieses „Mache-ich-später-mal“ ist eine ganz schlechte Idee. Denn es kann und wird immer etwas dazwischen kommen. Mein weiser Rat also: Worauf ihr die Chance habt: tut es sofort, bevor es zu spät ist!
Speaking of which: Weltreise – why the hell not? Ich setze mir mal den 1.1.23 als Startdatum, denn es ist gut, klare Ziele vor Augen zu haben. Wenn es früher klappt: auch okay.
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Daily sort-out: Die Endauswahl steht. Yeah!
Sind nur leider 37 Bilder, die ich gerne aufhängen würde, aber nur 9 Rahmen frei.
Muss ich wohl noch bisschen Platz für mehr Bilder schaffen.
Eine Antwort auf „Solange es geht“
Der richtige Zeitpunkt ist immer der, in dem Du es machst!
Alles andere ist auch nur „was wäre wenn“, „hätte ich doch damals“ oder „das sollte ich mal“…
Eigentlich nie vergleichbar oder einschätzbar, ob es jetzt tatsächlich richtig war. ABER DU HAST ES DANN ZUMINDEST GEMACHT!