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Bikepacker ohne Bike (Etappe 3)

„Oh nein, das sieht gar nicht gut aus. Und wir haben da auch nicht das richtige Zeug für“, sagt der unfassbar nette, von oben bis unten tätowierte Fahrradmechaniker mit langen Haaren. „Aber es gibt da einen Laden, der dir vielleicht helfen kann. Sag denen, dass ich dich geschickt habe!“

Und so komme ich dann nach einem sehr langen Vormittag ungeplanterweise in Karlsruhe an.

Nachts raschelt es bedenklich auf dem Zeltplatz, und hin und wieder brummt auf dem Rhein ein Kahn vorbei. Aber sonst schlafe ich wie ein Baby. Am nächsten Morgen zeigt mir mein Nebenzelter Nico die Tafel Schokolade, die er nachts vor seinem Zelt vergessen hatte ?.

Es ist einer der schönsten Zeltplätze, die ich kenne und das Betreiber-Pärchen ist mit Herzblut bei der Sache. Aber das mit den Ratten… Na ja, solange sie dir nicht in den Schlafsack hüpfen…

Ich bin der Letzte auf dem Zeltplatz heute, hab es nicht ganz so eilig, verabschiede mich von Nico, der Familie und dem Betreiberpärchen und fahre dann ganz gemütlich los Richtung Stuttgart.

Last Man Camnping auf dem Zeltplatz

Nach etwa 20km treffe ich plötzlich Nico wieder, der vor einer Absperrung nicht weiter kommt. Wir dachten eigentlich, dass wir unterschiedliche Wege hätten, weil er nach Karlsruhe will und ich nach Stuttgart. Aber nun fahren wir ein Stück gemeinsam. Macht Spaß, mal mit jemandem zusammen zu fahren, auch wenn es nur 5 Kilometer sind.

Muss außerdem witzig wirken, wie unsere gleichzeitig eingeschalteten Navis immer leicht zeitversetzt dasselbe sagen. Bis sie es plötzlich nicht mehr tun und ich mich von Nico verabschieden muss.

In einem kleinen Ort sehe ich das Schild zu einem Fahrradgeschäft und fahre spontan hin. Seit Tagen suche ich eine Werkstatt, die mal einen Blick auf die Acht in meinem Hinterrad werfen könnte. Aber alle Radläden unterwegs haben gerade Mittagspause, generell geschlossen oder Sommerferien. Und der nun hat jetzt auch Mittagspause ab 1300. Es ist 1300 Uhr, ich rüttele an der Eingangstür, aber sie ist zu. Na dann, wie immer. Ich sattele auf und will davon rollen. Als sich die Tür dann plötzlich doch noch öffnet, der Besitzer rauskommt – und mein Verhängnis wird. Oder sagen wir lieber: Botschafter meines Verhängnisses.

Denn er wirft ganz entspannt und mit geübtem Auge einen Blick auf mein Hinterrad, bestätigt dass das eine veritable Acht habe und das anscheinend schon lange (wusste ich) und fügt en passant hinzu dass die Felge gerissen sei. „Die wird irgendwann ganz auseinander brechen. Das wird jetzt nur noch schlimmer.“ Bis Neuschwanstein käme ich damit eher nicht mehr, geschweige denn bis Sylt.

Felge gerissen

Und jetzt? Müsste repariert werden. Entweder neues Hinterrad – kostet zusammen mit Nabe um die 600 Euro und müsste erstmal jemand da haben, jetzt, wo gerade Ersatzteilkrise ist. Oder neue Felge und dann noch mal geraderichten. Kostet etwas über 100 Euro, aber dafür müsste man erstmal jemanden finden, der passendes Werkzeug und vor allem dafür Zeit hat. Er leider nicht.

Etwas niedergeschlagen bedanke und verabschiede ich mich, lasse ihm noch den Rest seiner Mittagspause und gönne mir selbst eine. Viel ist nicht los an dem Ort, aber es gibt einen Dönermann, bei dem ich etwas Vegetarisches bestelle, und eine Eisdiele.

Plötzlich kommt mir eine verrückte Idee: Im Grunde fällt mein Bike schon halb auseinander (etwas übertrieben gesprochen). Die Gangschaltung macht schon lange Probleme, der Bremsschlitten lässt sich nicht mehr ganz festziehen, der Ständer und die Klingel, dazu manchmal das Display…. Es sind hauptsächlich Kleinigkeiten, aber spätestens nach dem Trip hätte ich das E-Bike eh verkaufen wollen und wäre auf was ohne Motor umgestiegen. Warum nicht jetzt gleich Nägel mit Köpfen machen, das alte in Zahlung geben, ein neues kaufen?

Long story short: Um 1400 stehe ich erneut in seinem Laden und schlage ihm genau das vor. Even longer story even shorter: Wir finden nichts Passendes und er dafür etliche, leider stichhaltige Gründe, warum er mein E-Bike lieber nicht in Zahlung nehmen würde. Unter anderem, weil er seinen Laden in drei Wochen für immer schließen würde. Warum, möchte er lieber nicht sagen. Aber ich ziehe geschlagen von dannen, auch wenn die Idee bleibt. Und so setze ich mich, weil der kleine Ort immerhin einen S-Bahn-Anschluss hat, in die nächste Bahn in die nächste Großstadt, in der ich mir besten Fahrradservice erhoffe: Karlsruhe.

Und kaum bin ich da, gucke ich auf Booking.com nach einem Zimmer für die Nacht (Zeltplätze sind VIEL zu weit draußen), finde eins direkt am Bahnhof mit guten Bewertungen für nur 46 Euro und fahre direkt zum ersten Fahrradgeschäft, wo ich auf den liebenswerten, hippen Mechaniker treffe. Er sei mehr auf Fahrräder spezialisiert, mit denen man von einem Haus zum anderen springen könne. Ja, natürlich… Aber in Karlsruhe wären alle Radgeschäfte miteinander vernetzt und irgendjemand würde bestimmt helfen können. Wenn nicht, solle ich ihn nochmal anrufen. Unfassbar nett…

Der nächste Laden schickt mich auch direkt eins weiter. Erst der Dritte, ein Spezialist für Rennräder, erbarmt sich schließlich meiner. Er könnte mir anbieten, das bis Ende der Woche „auszuwuchten“. Ende der Woche?! Wir haben gerade mal Dienstag. Aber ich habe mitbekommen, wie ausgelastet jede Radwerkstatt von hier bis zum Mississippi gerade ist. Und ich will nicht immer nein sagen, habe eh keine Alternative und sage erstmal zu.

Schon gut angeschwitzt durch die Fahrten durch die Stadt (dafür taugte das Rad gerade noch) schleppe ich dann meine Taschen vom Fahrradgeschäft bis zur Tram, frage eine alte Frau nach den Weg, muss umsteigen, erreiche meine Bleibe direkt am Bahnhof, gebe den Code ein, bekomme den Schlüssel, öffne die Tür und sehe, dass das Zimmer offensichtlich noch nicht gemacht worden ist:

Das nicht jetzt auch noch! Ich rufe den Vermieter an, der sofort erstaunlich hilfsbereit und emsig wird und sich vielmals entschuldigt. Und tatsächlich: binnen 5 Minuten die Lösung: ich werde kurzfristig auf das größere Nebenzimmer upgegradet, muss dafür nur eben den Schlüssel unten in der Eisdiele nebenan holen. Öh, okay.

Das tue ich dann auch noch, die Italiener sind sehr hilfsbereit und siehe, wenige Minuten später ziehe ich in ein präsidiales Zimmer in zentralster Lage. Für nur 46 Euro!

Dort liege ich jetzt und schreibe dieses Kapitel. Weil ich mich errinerte, dass Nico ja auch nach Karlsruhe wollte und wir Instagram-Kontakte ausgetauscht hatten, schreibe ich ihm und wir treffen uns noch. Trinken und essen was zusammen. Und Karlsruhe ist schon schön. Gefällt mir hier!

Und wie es jetzt weiter geht?

Ich habe noch nicht die leiseste Ahnung!

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Familie (Etappe 2)

Ich hatte zwei Möglichkeiten heute Abend. Mich mit einem Aperol Spritz am Mannheimer Stadtbad bei herrlicher Abendsonne an den Rhein zu setzen. Oder mit der Familie zu Abend essen, mit der ich mich bei meiner Ankunft angefreundet hatte. Etwas überraschend vielleicht habe letzteres gewählt:

Als ich nach 160 km heute endlich am Ziel ankomme, ist die Rezeption schon geschlossen. Öh. Und jetzt?!

„Kein Problem“, sagt der Camper, der mit seiner Familie direkt daneben auf der Zeltwiese sein Lager aufgeschlagen hat. „Schnapp dir einfach einen Platz und sag denen morgen Bescheid. Die schicken hier normal keine Radfahrer weg.“

Na gut, denke ich mir, das passt dann irgendwie auch zu diesem chaotischen Tag…

Die Nacht war laut und kurz, ich bin immer wieder hochgeschreckt. Und meistens war ein tuckernder Kahn auf dem Rhein die Ursache dafür. Oder ein Auto, oder ein Güterzug. Gleich hinter dem Campingplatz an der Loreley, die direkt am Rhein gelegen ist, führt die Schnellstraße B9 entlang, dahinter eine Bahntrasse. Und auf der gegenüberliegenden Seite, von der die Geräusche herüberhallen: noch einmal genau dasselbe.

Netto dürfte ich kaum Tiefschlaf abbekommen haben. Hat man dann davon, wenn man zu stolz ist, seine Ohrstöpsel zu verwenden. Um 0630 gebe ich auf und packe zusammen. Nur um dann festzustellen, dass mein quasi leeres Smartphone überhaupt nicht geladen hat. Es hat meine Powerbank über USB-C als Zubehör eingestuft und dann einfach nichts gemacht. Super!

Die Rezeption mit ihrem kleinen Campingshop hat noch geschlossen, ich fahre also auf gut Glück los, frage den Verkäufer einer Tankstelle, der mich zu einem Baumarkt weiter schickt, welcher aber noch geschlossen hat, als ich ankomme. Ein neues Ladekabel und ein paar Automatenbrötchen bekomme ich schließlich eine Ecke weiter in einem Rewe.

Irgendwie läuft heute alles schleppend. Alle paar Kilometer bremst mich was aus, ich finde den Weg nicht mehr, das Smartphone braucht 3 Stunden zum Laden und mein Rückrad eiert. Ja tatsächlich, da scheine ich eine Acht reingefahren zu haben, was natürlich sensationell ist…

Aber wenigstens das Frühstücksambiente ist dann ganz nett. 🙂

Und ein paar Kilometer weiter in Bingen komme ich zufällig an dem Zeltplatz mit Biergarten vorbei, an dem ich vor zwei Jahren abgestiegen war, und ich beschließe spontan, da meinen zweiten Kaffee zu trinken. Und weil mich erinnere, dass die das beste Helle haben, das ich je getrunken hatte, bestelle ich gleich eins mit. Biertrinken um 10 Uhr morgens?! Na ja, es ist Urlaub – und ich bin hier noch nicht einmal der einzige, der das tut. Ist an der Zeit, das mal auszuprobieren!

Stellt sich dann aber als keine so gute Idee heraus. Ich komme in schlechte Stimmung, meine Gedanken kreisen um negative Dinge. Und zu allem Übel gurke ich stundenlang in Mainz herum. Ich suche ein Fahrradgeschäft, das mir kurzfristig wegen des Rückrads helfen könnte, aber der Fahrradgroßhändler winkt ab: 2-3 Wochen Wartezeit auf einen Termin. Zwei kleine Radläden etwas außerhalb der Innenstadt: gerade Betriebsferien.

Ich esse was an einer Pommesbude und ärgere mich über mich selbst. Bisher habe ich noch kein einziges Vitamin zu mir genommen, seit ich losgefahren bin. Später suche ich einen Friedhof, um meine Wasserflasche wieder aufzufüllen, finde nur einen den Berg rauf und schalte zum ersten Mal auf der Reise meinen E-Bike-Motor an. Müde sinke ich wenig später am Rhein im Schatten auf eine Parkbank und mache erstmal ein Schläfchen:

Es ist schon 1530, als ich endlich aus Mainz rauskomme. Erst knapp 70 km habe ich geschafft. Doch dann gerate ich in den Nachmittagsflow, komme plötzlich besser voran und überlege mir kurz vor Worms, hier eigentlich Schluss für heute zu machen. Das Problem: es gibt keine Campingplätze in der Nähe, die zu erreichen wären. Der nächste ist tatsächlich erst der in Mannheim, auf dem ich vor zwei Jahren schon einmal war.

Eigentlich wollte ich an keinem Ort ein zweites Mal absteigen, aber den habe ich als gut in Erinnerung, und damals habe ich nette Leute dort kennengelernt. Und so lasse ich mich von Google Maps dahin leiten, fliege in einem Gewaltakt die letzten Kilometer nach Mannheim, schleppe mein Zeugs zwischendurch notgedrungen eine steile Brücke rauf und wieder runter, warte ewig vor einem Bahnübergang, nur um hinterher festzustellen, dass es die Brücke dahinter gerade gar nicht gibt:

Und erreiche schließlich um 19:56 die Rezeption, die eigentlich bis 2000 auf haben sollte. Na toll… Aber dann die unerwartete Hilfe durch den Familienvater.

Während ich mein Zelt aufbaue, erzählt mir sein Sohn ein bisschen was und erwähnt nebenbei, dass sie schon seit 3 Monaten unterwegs seien. Auf den Kanaren gestartet, dann über Marokko, Spanien und Frankreich mit dem Rad nach Deutschland zurück. Musstet ihr gar nicht in die Schule, frage ich? Nein, die Eltern hätten da Gesetze gewälzt und rausgefunden dass bis zu 2 Monate erlaubt sein. Der Rest dann Sommerferien. Die Schule hatte am Ende eingewilligt mit der Bitte, das nicht an die allergrößte Glocke zu hängen.

Oha, erst drei Monate die Freiheit gespürt und jetzt zurück in den deutschen Alltag… Beim Essen frage ich sie, ob sie sich darauf freuen. Die Kinder (ca. 11 und 14) so: „Jaaa!“ Die Eltern sagen nichts.

Sehr nette, sehr aufgeweckte Leute! Der Junge sagt, ihm sei aufgefallen, dass ich vor dem Aufpusten meiner Luftmatratze auf die Uhr geschaut hätte (in der Tat, ich wollte heute einfach mal wissen, wie lange ich dafür brauche, 1:30 min) und später, als mein E-Bike-Akku geladen ist, dass jetzt sogar die Leuchte am Ladegerät grün sei. Vorher habe sie orange geleuchtet. Aufmerksamer Typ das!

Ich hatte eine eigene Familie für mich eigentlich immer ausgeschlossen, weil ich mir im Geiste nicht ausmalen konnte, wie das ohne Trauer und Drama funktionieren könnte. Noch dazu habe ich sowas immer als Klotz am Bein gesehen; adé Freiheit. Aber ich sehe immer wieder Beispiele, gerade auf Campingplätzen, wo Familien eben doch gut funktionieren. Eine Familie zu haben, kann etwas richtig Schönes sein. Muss ich einfach mal anerkennen.

Während ich diese Zeilen schreibe, schnarchen hinter mir schon die ersten auf der Zeltwiese. Es ist nach Mitternacht, die Ratten quietschen. Ja, es gibt hier einige. Und ja, es stellt sich trotzdem wieder als der freundlichste Zeltplatz heraus, auf dem ich je war. Nach dem Abendessen mit der sportlichen Familie unterhalte ich mich noch eine Stunde sehr gut mit meinem Nebenzelter Nico aus Oldenburg. Sehr netter Kerl, und ich habe mir fest vorgenommen, gute Gespräche nie durch etwas wie Bloggen zu verkürzen. Aber jetzt Zeit zu schlafen. Weil morgen… hui, mal sehen!

Notizen

Es gibt sie wirklich:

Stadtbad Mannheim:

Ich habe den Kellerschlüssel, den ich neulich verloren habe und für den ich das Vorhängeschloss knacken musste, heute früh in meinem Portemonnaie wiedergefunden… ?

Fluss des sichelförmigen Mondes:

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Gevatter Rhein (Etappe 1)

Es ist Sonntag, und ich plane, um 1100 Uhr loszufahren. Es wird 1330. Das heißt, nein, eigentlich hatte ich mal geplant, am Freitagnachmittag schon loszufahren, aber die berühmte Woche vor dem Urlaub kam mir dazwischen. Und dann wollte ich auch noch einmal meine besten Freunde zum Abschied sehen. Das war Samstag.

Jetzt packe ich zu Ende, versuche noch einmal, den kaputten Ständer mit Panzertape aus dem Auto am Rad zu fixieren. Es klappt nicht, ich lasse ihn zu Hause. Ich frühstücke und fechte diverse Kämpfe mit meiner inneren Stimme aus: „Fahr erst morgen, ist doch jetzt eh schon zu spät. Was willst du da eigentlich? Es ist Hauptsaison, glaubst du ernsthaft, dass da noch Platz für dich auf nem Campingplatz ist? Weißt du, was unterwegs alles passieren kann? Chill doch lieber auf dem Balkon! Das ist eh alles eine Nummer zu groß für dich!“

Ach, halt doch die Schnauze, innere Stimme!

Aber die Frage treibt mich in der Tat um: Ist das nicht alles ein bisschen weit? Ist das in drei Wochen überhaupt zu schaffen? Ist es wirklich klug, ins Blaue zu fahren? Was ist, wenn…?

Denn es soll einmal durch das ganze Land gehen. Einmal von Süd nach Nord durch Deutschland, und weil ich in Bonn wohne und damit so ziemlich in der Mitte, muss ich natürlich erst einmal in den Süden kommen. Ich könnte die Bahn nehmen, es ist der Sommer des 9-Euro-Tickets, aber ich fühle mich wohler auf dem Rad.

Ich gehe noch einmal auf den Balkon, lasse mir den warmen Wind um die Ohren wehen und atme ein paar Mal tief durch. Im Hintergrund läuft Dido auf meinem Laptop: „There will be no white flag upon my door.“

Dann packe ich zusammen und fahre los:

Bonn zieht sich eine Ewigkeit, ich brauche fast eine Stunde, um aus der Stadt raus zu sein. Aber schön ist Bonn dann irgendwo doch da an der Promenade. Ach, Gevatter Rhein! Wie wenig du gerade von dir zeigst! Es hat seit Wochen kaum geregnet, es herrscht eine der schwersten Dürren in diesem Land seit Jahrzehnten, und davon werde ich unterwegs wohl noch einiges zu spüren bekommen.

Kurz hinter Remagen ist dann die Brücke über die Ahr weg. Die Flut vor fast genau einem Jahr hat sie, wie so vieles Andere, einfach mitgerissen. 140 Menschen starben in der Nacht in etwas, von dem wir dachten, dass es uns nicht mehr passieren könnte. Dabei dürften es erst die Vorboten dessen gewesen sein, was wohl traurige Realität werden wird: unsere Sorglosigkeit hat uns eingeholt.

Weil das Flussbett durch die Dürre fast ausgetrocknet ist, trippeln die Leute über eine Reihe von Steinen und schieben ihr Rad dabei. Das ist die improvisierte Brücke. Take it or leave it. Ich gehe natürlich auch darüber und hole mir dabei einen nassen Fuß. Aber es ist warm, das Wasser wie die Luft. Es macht nichts.

Der Weg dahinter ist holprig und eigentlich abgesperrt, aber was heißt das schon. Zwei Frauen und ich schlagen sich durch. Wir sind gerade aus dem Gehege raus, da kommt ein Mann von der Seite angefahren und ruft sehr laut: „Das scheint mir kein guter Weg nach Remagen zu sein!!!“

Ich habe mir vorgenommen, solchen Leuten nicht mehr zu antworten. Ist das einer von denen, die gerne Sheriff spielen wollen, will er Beserwisser spielen oder provozieren? Es klingt für mich so. Zumindest, bis er ein „Oder?“ hinterher schiebt. Vielleicht wollte er wirklich nur wissen, ob man da langfahren kann. Aber dann soll er danach fragen, wie jeder Andere auch!

Ich bin noch nicht ganz angekommen im Urlaub, scheint es, aber ich komme gut voran, die Gegend bin ich vor zwei Jahren auf dem Weg in die Schweiz schon einmal abgefahren. Aber ich bin nicht gut drauf, irgendwie emotional. Ich vermisse Kristine, mit der ich hier mal im Auto langfahren bin. Das ist alles grandios schief gegangen mit uns. Ach verdammt… Was, wenn meine innere Stimme doch recht hatte?

Aber Radfahren hilft und ich erinnere mich an frühere Fahrten. Zu Beginn das Gedankenchaos. Aber irgendwann, so nach 3-4 Stunden am 1. Tag, hört das für gewöhnlich auf.

Was auch mit der Grund dafür ist, dass ich noch weiterfahren möchte, als ich gegen 1700 Uhr bei Kilometer 70 schon Koblenz erreiche und am gleichen Zeltplatz vorbei komme, bei dem ich vor zwei Jahren abgestiegen war, direkt am Deutschen Eck:

Ich bin schon überraschend kaputt, doch das kann auch schlicht daran liegen, dass ich bis hierhin noch gar keine Pause eingelegt habe, wie mir jetzt erst auffällt. Die mache ich dann hier, schleiche mich kurz auf den Zeltplatz, um meine Wasserflasche wieder aufzufüllen. Dann fahre ich weiter. Es ist noch zu früh, um jetzt schon irgendwo anzukommen.

Im Süden von Koblenz verirre ich mich auf dem Weg zurück zum Rhein, finde den Radweg wieder und plötzlich kommen mir Scharen von Fußballfans entgegen, Bielefelder Fußballfans.

Am Stadion dann surreale Szenen. Das Spiel scheint sich dem Ende zu zu neigen, ich habe keine Ahnung wie es steht, aber die Bielefelder Fans mit T-Shirts, auf denen „Ultras“ steht, sind ruhig. Besoffen aber ruhig. Sie scheinen zu gewinnen. Etwa zehn Polizisten stehen in Zweierreihen abwartend daneben. Ich rolle langsam an dem bizarren Geschehen vorbei.

(Nachtrag: Es war der FV Engers 07, ein Fünftligist aus der Nähe, der sich für den DFB-Pokal qualifiziert und für das Spiel das Koblenzer Stadion ausgeliehen hatte. Der Zweitligist Bielefeld gewinnt allerdings erwartungsgemäß mit 7:1.)

Aber hier wird die Gegend dann richtig schön, denn es kommt die Burgenromantik. Ich mache viele kitschige Fotos vom UNESCO Weltkulturerbe:

Aber das Gedankenchaos kommt zurück: „Warum bist du immer alleine, warum vermasselst du alle deine Beziehungen, warum bist du immer so unschlüssig bei allem?“

Tja, wenn ich das wüsste…

Direkt unter der Lorelei ist ein Campingplatz, sehe ich auf Google Maps. Das wäre doch chefig und trashig zugleich, hier unterzukommen, denke ich mir. Ist bestimmt voll, aber fragen tust du!

Und siehe da: es ist noch massig Platz. „Sie können sich aussuchen, wo Sie das Zelt aufschlagen“, sagt der Rezeptionist, als ich gegen 1900 Uhr dort eintreffe. „Nur die erste Reihe ist reserviert.“

Hier reiht sich in der Tat Wohnmobil an Wohnmobil, in der Mehrzahl aus Nederland. Aber ich finde tatsächlich noch einen freien Platz auf einer einsamen Wiese mit direktem Loreley-Blick. Hier lasse ich mich nieder und schlage das Lager auf. Heute ist mir nicht nach Menschen:

Bis mir dann irgendwann doch noch nach Menschen ist. Nachdem ich alles aufgebaut und dabei das Deutschland-Spiel auf dem Handy gestreamt habe, nehme ich meinen ganzen Mut zusammen und spreche meine niederländischen Nachbarn (ein altes Ehepaar) auf Niederländisch an: „Goedenavond, hoe gaat het me jullie?“ Seit zwei Jahren nach einem kurzen Urlaub dort lerne ich die Sprache, aber ich komme nicht wirklich voran. Mir fehlt die Praxis. Aber Camper sind ja eigentlich meist offen, denke ich mir, und dass Niederländer oft auf Campingplätzen zu finden sind, ist mehr als ein Klischee. Es ist die Wahrheit.

Und dann wird es ein nettes Gespräch. Sie freuen sich offensichtlich, dass ich sie auf ihrer eigenen Sprache angesprochen habe, aber streamen nebenbei weiter das Finale auf dem Tablet. Wie übrigens die allermeisten hier auf dem Platz. Die deutschen Fußballfrauen erleben in diesen Tagen ihren medialen Durchbruch. Schon das Halbfinale verfolgten Millionen, und jetzt steht das Team von Martina Voss-Tecklenburg im Finale gegen England – und endlich mal fiebern alle mit.

Mit dem Mann komme ich aber doch noch ins Gespräch. Er merkt, dass ich nicht viel verstehe und verwendet einfachere Begriffe. Ich tue mich sehr schwer, aber schaffe es, ganz Sätze zu formulieren und verstehe auch das meiste, was er sagt. Irgendwann bedanke ich mich und versuche, den beiden noch einen schönen Abend zu wünschen, was misslingt, aber nichts macht.

Hinterher muss ich strahlen wie ein Honigkuchenpferd. Ich schlendere über den Platz und jeder Zweite grüßt mich freundlich. Grüßt man Menschen eher, wenn sie lächeln? ?

Deutschland verliert das Spiel in der Verlängerung (sehr schade). Ich beschließe, nur noch diesen Text zu schreiben und dann schlafen zu gehen. Und das tue ich dann auch.

Notizen:

Day-Challenge: mich nicht über andere Verkehrsteilnehmer aufregen, selbst wenn sie als Fußgänger zu viert nebeneinander auf dem Radweg laufen. War anstrengend aber hat funktionieren müssen, auch weil meine Klingel zwischendurch den Geist aufgibt und ich die Leute dann mündlich bitten muss zur Seite zu gehen.

Der Gerät: Ich mache auf dieser Tour alles mit dem Smartphone: Fotos, Bloggen, Musikhören, EM-Finale der Frauen live streamen, den Weg finden… Schade dass es langsam ist, aber zumindest der Akku scheint was zu taugen. Hat immer noch 25 Prozent.

Luma: Meine alte Luftmatratze hatte Rock am Ring nicht überlebt. Sie war schwer aufzupusten aber unfassbar komfortabel, deswegen habe ich sie mir noch einmal bestellt. Und siehe da: der Hersteller hat das Aufblasventil verbessert. Aufpusten geht jetzt binnen einer Minute statt vorher so drei bis vier. How cool is that!

Merino: Stinkt ja nicht oder erst nach Tagen. Überlege deswegen jetzt ernsthaft, das gleiche Shirt, das ich auf der Fahrt anhatte und jetzt tatsächlich immer noch trage, auch zum Schlafen anzuziehen. Vielleicht ist mir dafür aber alleine der Gedanke zu fies…

Könnte laut werden heute Nacht. Züge, Autos, Partyschiffe, vor allem aber Lastkähne brummen hier vorbei. Aber wird schon – ich bin todmüde.

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Einmal durch die tiefen Lande

Die letzten Tage sind so dahin geflogen. Mittwochmorgen war ich noch in Nordholland, mittlerweile bin ich schon wieder zu Hause. Und auf dem Weg dahin ging es von Alkmaar durch Amsterdam nach Rotterdam, durch Gouda und Utrecht nach Arnhem und von dort über Düsseldorf zurück nach Bonn. Ein wenig wollte ich dem Regen entfliehen, ein wenig war es mir am liebsten, einfach unterwegs zu sein. Letztendlich musste ich aber auch zurück. Bleibt erstmal nicht viel als eine Menge Eindrücke. Hier in Kurzfassung.

Alkmaar: Eine richtig schöne kleine Großstadt, in der man gefühlt vom Boden essen kann. Bremstet natürlich.

Amsterdam ohne Massentourismus ist so, wie es mal gedacht war. Hübsch, gemütlich, herrlich entspannt.

Rotterdam ist die wohl modernste Stadt Europas. Ich hatte nichts erwartet und bin vor Staunen fast von einem der zahlreichen Leihmofas umgenietet worden.

Gouda hat einen sehr urigen Markt und natürlich viel gleichnamigen Käse.

Utrecht und ich hatten keinen besonders guten Nachmittag zusammen. Aber die Stadt hat eindeutig Potenzial.

Arnheim ist eine stille Schönheit. Modern und chic wie alle anderen Städte, die ich in NL gesehen habe. Und dabei erstaunlich hügelig.

Düsseldorf. Liegt bekanntlich nicht in den Niederlanden. Aber irgendwie lande ich in den letzten Wochen immer wieder dort und es gefällt mir besser, als ich je gedacht hätte. So sehr sogar, dass ich mir vorstellen könnte, dorthin zu ziehen. Spinnerte Ideen, die einen halt so während des Urlaubs überkommen.

Oder?

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Aangekomen

Nederland is leuk. Ik geloof dat ik naar een paar dagen hier aangekomen ben. De mensen zijn vriendelijk en de landschap is mooi. Maar zie voor jezelf!

Also lasst mich das mal kurz zusammenfassen. 20 Jahre sind die USA und ihre Verbündeten (auch Deutschland) in Afghanistan, um die Welt vom den Taliban zu befreien, die Demokratie zu stärken und das Land in eine verheißungsvolle Zukunft zu entlassen. Dann beginnt Ende Mai der Abzug, weil es jetzt endlich so weit ist und dann dauert es gerade mal ein paar Wochen, bis die Taliban kapitulieren die Mehrheit des Landes wieder an sich reißen, Kabul quasi kampflos einnehmen und Afghanistan wieder beherrschen noch bevor der letzte US-Soldat überhaupt das Land verlassen hat?

Das ist nicht nur ein zweites Vietnam (das nicht einmal halb so lange gedauert hat), das ist eine der größten militärischen Niederlagen in der Geschichte. 20 Jahre für nichts und wieder nichts. Meine Güte, was für ein Desaster!

Der Müller Gerd (75) ist tot. 🙁 Und was mich daran am meisten schmerzt, ist, dass Lewy seinen Jahrhundertrekord (40 Tore in einer Saison) kurz vor seinem Tod noch gebrochen hat. Nichts dass ihn am Ende das noch ins Grab gebracht hat. Vergessen werden wir ihn trotzdem nie. ??

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On The Road Again

Ich kenne kein Gefühl, das dieses Unterwegssein beschreibt. Das Leben reduziert sich auf zwei simple Dinge: du und dein Rad (und okay: abends das Zelt). Es geht nur irgendwie darum, sicher von C nach D zu kommen. Andere Aufgaben hast du an einem Tag fast nicht. Und wohl auch deswegen kommst du so dazu, das Chaos in deinem Kopf zu sortieren. Besser noch: es sortiert sich von selbst.

Noch intensiver habe ich dieses Gefühl eigentlich nur beim Pilgern erlebt. Beim Radwandern rauschst du noch was schneller durch, nimmst alles anders intensiv wahr. Und doch gibt es Gelegenheiten, Menschen kennenzulernen. So gut es geht und so gut man sie auch eben kennenlernen will…

Heute gleich zwei Komplimente für mein Niederländisch bekommen. Das erste von einer Professorin (bestimmt 15 Jahre älter als ich), die mich auf den Rad ansprach und wir ein Stück zusammen fuhren, bevor sie mich hinter sich ließ. Das andere von der Rezeptionistin am Campingplatz. Ich habe mir vorgenommen, immer Niederländisch zu sprechen, wenn ich die Formulierung weiß, selbst wenn der/die andere mir zuliebe die Sprache wechselt.

Ich wollte ein Best of Bisher einfügen. Aber die WordPress-App wollte nur ein einziges Bild hochladen. Mein Selfie vor der Abfahrt. Na dann…

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Anpassen?

Wenn du mal durch die alte Heimatstadt streifst, Jahre nachdem du sie verlassen hast, und in Erinnerungen schwelgst, weniger guten, natürlich. Dann fällt dir auf…

Na, eigentlich nur zwei Dinge. Dass du langsam deinen Frieden mit dieser Stadt und den alten Zeiten gemacht hast, dass selbst ein Spaziergang über den Hof deiner alten Schule bei dir keine Beklemmungen mehr auslöst. Dass im nächsten Jahr aber auch das Jahr wird, in dem du länger in deiner neuen als deiner alten Heimat gewohnt haben wirst. Dann aber noch was anderes.

Dass dein Wunsch dazu zu gehören, von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Konnte nicht gelingen. War niemandes Schuld. Nicht deine, nicht die der Anderen.

Wie viel Energie verbrät ein Mensch eigentlich wohl im Laufe seines Lebens darauf dazu gehören zu wollen und Dinge zu tun, an denen er keinen Gefallen findet, nur um doch keine Anerkennung zu bekommen von den Leuten, die er eigentlich gar nicht mag? Was könnte er mit dieser Energie noch alles, Sinnvolles, anfangen?

Komplett nach vorne schauen etwa, sich von dem Gedanken lösen, dass der Weg, den die Anderen eingeschlagen haben, das Normale ist und dass du unterschwellig darauf hin arbeitest, es ihnen gleich zu tun. Dass du sein kannst wie und erreichen kannst, was du willst. Egal wo, auch oder gerade fernab dieser Stadt, in der du aufgewachsen bist. Weil du sie im Grunde trotz allem irgendwo liebst, ihr das Beste wünschst, ihr sogar das eine oder andere zu verdanken hast, ihr aber auch nichts schuldig bist. Nicht das geringste.

Woran du halt so denkst, wenn du nach Jahren mal wieder durch die alte Heimatstadt schlenderst…

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Campingplatz-Rezeptions-Aventure

Ich stehe mit vollgepacktem Rad vor dem Eingangshäuschen, das Rollo ist heruntergelassen. Ein anderer Camper kommt vorbei und weist auf ein Schild daneben, auf dem eine Telefonnummer steht. Da müsse ich anrufen, wenn ich den Rezeptionisten sprechen will.

Ich habe die Nummer noch nicht zu Ende eingetippt, da höre ich hinter dem Rollo jemanden telefonieren. „Nee, das mache ich heute nicht mehr. Das muss auch mal später.“ Und als ich schließlich die Nummer wähle, höre ich von hinter dem Rollo: „warte mal kurz, da ruft einer an.“

Ich stelle mich am Telefon kurz vor und teile ihm mit, was ich möchte und direkt vor seinem Rollo stehe. Warum da verrammelt ist, traue ich mich nicht zu fragen. Kurz darauf öffnet sich die Seitentür und ein kleines Männchen kommt heraus, mustert mich und mein Fahrrad und sagt dann: „Zelt und Fahrrad, hm? Na gut. Und wo kommst du her?“

Sein Tonfall ist nicht gerade charmant. Aber er scheint sich wenigstens zu interessieren. Er geht zurück in sein Häuschen, öffnet das Rollo und schiebt mir einen Meldebogen rüber, während er seinen Zigarettenrauch in meine Richtung bläst. „Hast du einen Test oder Impfnachweis, den du mir zeigen kannst?“

Ich beschließe, cool zu bleiben, lasse meine Maske auf, fülle ihm den Meldebogen aus, zeige ihm den CR-Code auf dem Handy und bleibe auch sonst betont sachlich. Das hier ist der Pott. Vielleicht redet man da einfach so miteinander. „Viel los im Moment?“, setze ich dann doch noch einmal zum Smalltalk an.

„Geht eigentlich“, antwortet er. Wir haben viele Dauercamper und nehmen sonst nur noch Zelte.“ – „Keine Camper?“, frage ich überrascht. „Mit denen hatten wir nur Ärger“, winkt er ab. Ich lache schwach und sage lieber nichts Falsches. Da scheine ich Glück gehabt zu haben.

Er bedeutet mir, hinter sich herzufahren, packt seinen nicht gerade furchteinflößend bellenden Schäferhund auf den Rücksitz seines Autos und fährt mit 10 km/h die geschätzten 250 Meter zu meinem Platz. „Strom haste da“, winkt er mir noch zu und braust davon.

Ich fange an abzusatteln und als erstes den Akku zu laden. Na toll! Die Steckdose passt nicht. Ich hab eigentlich keine Lust, mich noch einmal von ihm anmaunzen zu lassen, aber der E-Bike-Akku braucht Saft. Kurz gehe ich in das Sanitärhäuschen und überlege, ob ich da eine Steckdose für Rasierapparate zweckentfremden sollte. Aber wenn den Akku jemand findet, kassieren die den bestimmt den Akku ein und ich muss Lösegeld zahlen oder sowas. Ich trete den schweren Gang an und rufe ihn noch einmal auf seiner Nummer an.

„Ja,äh, tut mir Leid, aber der Stecker passt nicht. Ich brauche eine ganz normale Steckdose für so Schuco-Stecker.“ Er reagiert überraschend hilfsbereit: „Hm, das ist schlecht. Dann müssen wir den hier in der Rezeption laden. Komm doch in einer halben Stunde eben vorbei.“

Gesagt getan. Er bedeutet mir, das Gartentor zur Rezeption aufzumachen und in sein Reich einzutreten. Kleiner, leicht verwilderter Schottergarten neben dem Holzhäuschen. Wehte dort eine überdimensionale Deutschland-Flagge – ich wäre nicht überrascht. Sein Schäferhund bellt mich an, aber ich muss grinsen. Das ist so ein Bellen, das auch Lucy immer benutzt, wenn sie mich sieht. „Der tut nichts“, sagt sein Herrchen. „Einmal streicheln und dann ist gut.“ Und so ist es dann auch. Wie alt er ist, interessiert mich noch. 13, lautet die Antwort. Ein freundlicher Senior, wie schon gedacht.

Sein Herrchen schaut noch schnell ob alles läuft und fragt, wie lange der Akku laden muss. „Komm einfach vorbei, wann du willst. Ich bin sowieso 24 Stunden hier.“

Ein etwas eigensinniger, aber eigentlich ein ziemlich netter Kerl.

Ich lasse den Abend vor dem kleinen Bootshafen ausklingen. Es ist schön hier, aber ganz nebenbei habe ich nur hier auch wirklich mobilen Internetempfang. Ich bin nachdenklich. Es ist schön, wieder on Tour zu sein und ich komme langsam in den Modus. Kein Luxus mehr, nur die Natur und du. Es ist immer eine Umstellung. Aber es ist schön.

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83: Sag mir, wie weit willst du gehen

Ja, wie weit eigentlich. Ihr seht mich gerade hin- und hergerissen. Zum einen denke ich, man sollte es vielleicht mal langsam Fünfe gerade sein lassen, wegen des Virus‘ nicht alles komplett runterfahren.

Auf der anderen Seite würde ich gerne selbst entscheiden können, ob ich mich der Gefahr aussetze oder nicht, und die Entscheidung wird mir gerade von einem Sportverband abgenommen, der die Verantwortung auf das Land abschiebt und sich nicht die Mühe macht, zwischen drinnen und draußen zu unterscheiden.

Nein, kann ich so nicht akzeptieren.

Der Verband hat sich dagegen entschieden, aktiv zu werden. Mein Verein hat sich dagegen entschieden zu intervenieren. Ich muss es also selber tun. Ich habe einen Kommentar aus der Hüfte geschossen und ihn einer ersten, überregionalen Redaktion angeboten. Das war noch etwas wenig strategisch, aber es war ein weiterer Schritt nach Mails an den Verband und das zuständige Ministerium, worauf ich aufbauen kann.

Ich habe keine Ahnung, was ich sonst machen soll, denn vor so einem Problem stand ich noch nie. Die Gesetzeslage ist zu meinen Ungunsten, die Gefahr wird nicht als solche erkannt, meine Mitmenschen sind größtenteils Lemmige, die das tun, was die Masse vorlebt (muss ich mal so krass formulieren), die meisten Spieler freuen sich, dass sie wieder antreten dürfen, und ihnen gehen die Maßnahmen noch zu weit. Ich bin nun in der besonderen Lage, dass sie mir nicht weit genug gehen. An die Möglichkeit hat irgendwie keiner gedacht.

Bild des Tages: 1 Hund, 1 Sonnenuntergang

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73: Tipping Point

Heute Morgen direkt verschlafen und erst um 0900 aufgewacht (statt der geplanten 0630). Es bleibt dabei, es geht nicht. Frühes Aufstehen scheint bei mir nur beim Campen zu funktionieren. Urban ist alles zeitversetzt.

Zu viel Planen ist auch wieder nichts. Warum nicht einfach nach Rotterdam fahren und dann erstmal weiterschauen?

Weil eben auch Corona ist und damit einige Optionen wegfallen wie Flixbus, Stundenlang im Zug sitzen, unterwegs arbeiten und mich in Coworking-Spaces einmieten. Auch Mietwagen sind, des Preises wegen, nicht so richtig eine Option:

Das wäre eine Fahrt von Rotterdam nach Bonn. Klar, Ausland, mit Rückführung…

Aber man könnte von Rotterdam bis Arnheim mit dem Zug (nur gut 1h), mit dem Fahrrad rüber nach Emmerich und von da mit dem RE nach Bonn. Nur schade, dass der RE5 nicht mehr durchfährt und die Fahrt deswegen fast 3 Stunden dauert… Hm. Alles noch nicht ideal.

Da war wohl ganz schön was los in der Rheinaue gestern:

Wenn du deinen eigenen Schnaps hast, dann hast du’s irgendwo auch geschafft:

Ja. Heute nur kurz. War ein richtiggehend ereignisarmer Tag. Selbst zur Corona-Aufzeichnungs-Panne in Bayern habe ich nichts zu sagen. Ihr denn? 🙂 Gute Nacht!