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Alleine Party machen

Ich schlafe sehr schlecht in letzter Zeit, und die Zeitumstellung hat nicht unbedingt dazu beigetragen, dass es besser wird. Das sorgt bei mir meistens für Stress, Unausgeglichenheit, Fernweh und den Wunsch, Party zu machen. Ist selten, aber passiert auch hin und wieder mal mit Mitte 40. Im Alltag stecke ich – wie jeder – in einigen Zwängen, dabei habe ich es ohne Kinder noch leicht. Aber ich muss zum Beispiel – wie jeder andere auch – auf meine Linie achten. Dafür habe ich mir Intervallfasten angewöhnt, aber die letzten Monate, in denen ich irgendwie mehr krank als gesund war, haben meiner Linie nicht gerade gut getan.

Diese Zwänge… Sie sind ja auch für was gut, aber wenn man tagein, taugaus immer unter ihnen steht, will man einfach mal alles abschütteln und nochmal kurz wieder frei sein… Alles tun, wonach einem ist. Jetzt ein leckeres Bier trinken zum Beispiel, obwohl eigentlich schon Fastenphase ist, nen fiesen Burger bei McDonald’s essen, einfach weil es so schnell geht und ein Stück weit Rebellion ist. Das Zeug ist Fraß und gar nicht gut für den eigenen Körper. Und wenn man es dann doch isst, dann scheißt man mal kurz auf diese elendige Korrektheit.

Ich kam heute auf einem Abendspaziergang nach der Arbeit in der Stadt vorbei. Ein Typ vor mir schob sich gerade im Gehen einen Mäcces-Burger rein, der Rewe am Friendsplatz hatte noch auf, ich sah Leute dank des warmen Wetters draußen im „Elefant“ sitzen. Da würde ich jetzt auch alles gerne, aber… Warum denn immer „aber“?

Noch während ich im Rewe eine Packung Treets und ein potentielles Wegbier kaufte, kamen mir Zweifel an meiner geplanten Aktion. Was könntest du damit erreichen? Wäre doch eigentlich für nichts gut. Aber wäre auch schon ein bisschen cool, zwanglos und frei. Ich überlegte noch eine Weile… Und was, wenn ich morgen vom LKW überfahren würde? Dann hätte ich es nie gemacht! Und wie so oft, wenn ich mir unsicher bin, könnte ich es ja auch einfach als Experiment deklarieren.

Und so nahm der Abend seinen Lauf:

  • Ich fiel im Mäcces ein. Einen McPlant hatte ich sowieso noch probieren wollen (geht so, schmeckt stark nach den anderen Zutaten als nach dem Fleischersatz).
  • Ich aß ihn draußen und schrieb Britta und Nicky, dass ich das jetzt durchziehen würde. Nicky verlangte sofort Fotos, sonst wäre es nicht real. Sie bekam welche:
  • Noch auf dem Weg zum nächsten Laden kamen mir Zweifel an meiner Aktion. „Bist du nicht viel zu alt dafür? Und wolltest du nicht morgen fit sein? Was machst du hier eigentlich?“ Ich schob die Bedenken erst einmal zur Seite.
  • Danach wollte ich ein Bier in der Bar Balthasar trinken, Bonns einziger Craftbeer-Bar. Ich bestellte 0,3l West Coast IPA nach draußen. Weil der Kellner zehn Minuten brauchte, um es mir rauszubringen, aß ich aus Protest meine mitgebrachte Packung Treets.
  • Direkt vor mir machten zwei Jungs mit einer interessanten Apparatur die Fenster des Geschäftshauses nebenan sauber. Weil ich sonst niemanden zum reden hatte, kam ich kurz mit dem einen Dude ins Gepräch. Sie arbeiten abends, weil dann weniger Betrieb in der Stadt ist. Und das Haus wäre noch gar nichts, bei anderen würden sie einen Kran brauchen.
  • Mittlerweile schrieb ich fleißig mit Britta, Nicky, außerdem Christian und kurz mit Mattes. Wenn man die Freunde virtuell „dabei“ hat, ist man nicht ganz so alleine.
  • Auf dem Weg zum nächsten Laden, „The Pub“, merkte ich, wie müde ich war. Irgendwie doch viel anstrengender, wenn man alleine unterwegs ist. Aber fürs Aufgeben wäre es noch zu früh.
  • Im Pub setzte ich mich an den Tresen, bestellte noch ein kleines Bier und smalltalkte ein wenig mit der Kellnerin, wie man es immer in den Filmen so sieht. Ging überraschend gut.
  • Und auch mit meinen virtuellen Gesprächspartner:innen wurden die Konversationen langsam deeper…
  • Der Weg danach in den Quiet Man kam mir erschreckend weit vor. Die Altstadt hat doch sehr lange Laufwege. Es war einiges los unterwegs, viele Menschen saßen zum ersten Mal in diesem Jahr draußen, jeder auf seine Weise:
  • Im Quiet Man war die letzte Runde dann schon gelaufen. Ich belaberte den Kellner aber, mir noch ein letztes, kleines Bier auszuschenken, bekam es und setzte mich auch dort an den Tresen.
  • Wir kamen ein wenig auf den Namen „Quiet Man“ zu sprechen. Der Kellner verwies auf einen Whiskey und einen Film gleichen Namens. Dann war mein Bier auch schon leer, und ich verabschiedete mich.

Tja, und jetzt?

Jetzt habe ich das durchgezogen.

Bei genauer Betrachtung bin ich halt nur alleine einen trinken gegangen, aber irgendwie hat mir das gut getan. Ich werde morgen deswegen nicht früher oder später aufwachen als sonst, aber ziemlich sicher nicht schlechter gelaunt. Hin und wieder mal was Spontanes tun – warum ist das so schwierig geworden?

Mit ein paar netten Leuten hätte es übrigens noch viel mehr Spaß gemacht. Vielleicht lässt sich das ja nochmal machen.

Mit besten Dank an Britta und Nicky, die bis zum Ende mit „dabei“ waren! <3

*

Gänsehautlied (und ja, kann sein, dass ich das schonmal gepostet habe):

Eine Antwort auf „Alleine Party machen“

Du musst überhaupt nicht auf deine Linie achten, du kannst auch einfach drauf scheissen, das ist schon eine Entscheidung, die bei dir liegt. Sogar noch viel mehr als die arbeiten zu gehen statt von Hartz 4 zu leben.
Wenn man sich bewusster macht dass das fast alles Entscheidungen sind, die man fûr sich trifft, lässt es sich mit den „Zwängen“ viel besser leben

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