Wenn ich eine einzige Weisheit in diesem Leben weitergeben dürfte, dann wahrscheinlich diese hier: Wenn es dir mal nicht gut geht, weil die Welt mal wieder scheiße zu dir ist, dann verlange weniger von ihr und von dir selbst.
Deine Beziehung ist weit von einer echten Romanze entfernt? Ihr streitet euch nur noch? Der Chef macht Stress, die Arbeit nervt? An der Supermarktkasse hat sich einer vorgedrängelt? Du hast das Auto beim Einparken gegen die Stoßstange des Nebenparkers gesetzt? Du hast keine Perspektive, weißt nicht, was das alles soll?
Dann halte mal kurz inne und steige ein, zwei Stufen herab auf der Bedürfnispyramide. Jetzt ist vielleicht einfach nicht die Zeit für Selbstverwirklichung.
Sei froh, dass du eine Beziehung hast (wie viele Menschen haben keine oder hatten noch nie eine!). Hilft ein wenig Dankbarkeit dafür nicht vielleicht sogar, den nächsten Streit zu umgehen? Der Job ist öde, okay, aber du hast ihn! Er gibt dir Geld, um deine Rechnungen zu bezahlen. Das ist ja erst einmal das Wichtigste. Schau dich dann in Ruhe nach was Anderem um. Einer hat sich vorgedrängelt? Was soll’s. Du kommst dadurch 30 Sekunden später mit tollen Waren nach Hause, die du dir kaufen kannst, weil du im reichen Teil der Welt aufgewachsen bist. Die Stoßstange des Nebenautos ist beschädigt? Ätzend, aber wenigstens ist niemandem was passiert.
You get the picture.
Und ja, ich weiß, ist erstens schwer. Und zweitens sollen wir doch nach den Sternen greifen. You gotta kick it like a big bass drum, wie ein weiser Mann (Juan!) einst sagte.
Sicher, auf lange Sicht sollen wir das. Aber nicht zwingend immer und zu aller Zeit. Ich glaube, zum Meister wirst du auch nur, wenn du zuweilen eine Durststrecke und kleine Ungerechtigkeiten ertragen kannst. Strebe nach weniger, zumindest dann, wenn du gerade eine Krise hast. Dann löst sich die Krise schneller auf.
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Müsli-Boykott
Neulich stand ich im Supermarkt vor dem Müsli-Regal und dachte: „Ach komm! Du hast seit beinahe fünf Jahren kein Populär-Radio mit Werbung mehr gehört. Du kannst Seitenbacher für diese blöden Spots vergeben, die du immer gehasst hast, deinen Boykott beenden und das Zeug wieder kaufen. Am Ende war’s doch gar nicht soo schlimm, oder? Da hat halt einer geschwäbelt und ganz oft „Seitenbacher“ gesagt. Und wahrscheinlich macht der das schon lange nicht mehr.“
Vorhin auf dem Weg zu Ikea nach zehn Minuten auf 1live:
„WOASCHT, KARLE!“
Radio aus.
Nein, ich bin doch noch nicht so weit, und ich glaube, ich werde es auch niemals sein.
Was nicht ist, kann niemals sein!
4 Antworten auf „Strebe nach weniger“
Großartiger Blogpost!
Sehr weise und zudem bin ich dir dankbar dass du bei Seitenbacher stark geblieben bist. Ich war auch schon ein paar mal kurz davor schwach zu werden, aber wir müssen das durchziehen, selbst wenn es das letzte Müsli des Planeten ist!
Danke! Und ja, wir halten durch, bis der Typ endlich merkt, dass ihn niemand lustig findet.
Ja, sehr weise, was du da aufgeschrieben hast! Viel mehr Weisheiten braucht es fast nicht im Leben. Man muss für die Einsicht eon bestimmtes Alter erreichen, glaub ich. Ich hätte das mit 25 vielleicht nachvollziehen können, aber noch nicht spüren.
Danke, aber zu viel der Ehre. 😉