Für letzten Samstag hatten sie Gewitter angekündigt, was in Bonn selten genug passiert. Der Deutsche Wetterdienst hatte vorab ein paar Warnmeldungen parat, die Apokalyptisches prophezeiten:
UNWETTERWARNUNG, Extreme Gewitter, heftiger Starkregen, schwere Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten bis 95 km/h, Hagel mit 2 cm dicken Hagelkörnern, zusätzliche Warnung vor starken Gewittern.
Da drohte die Hölle loszubrechen. 😱



Am Ende hat es – gewittert.
Und versteht mich nicht falsch: Die Ausmaße eines Gewitters sind vorher schwer abzuschätzen. Und die Katastrophe an der Ahr anno 2021 hat gezeigt, dass man lieber eine Warnung zu viel rausschickt als eine zu wenig. Und wenn das die Nachrichtenlage war, dann musste sie auch kommuniziert werden. Es war auch richtig, die Großveranstaltung Rhein in Flammen für die Dauer der Warnung zu unterbrechen.
Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass die Kommunikation sich verändert hat, dass wir auch zu einem normalen Gewitter jetzt lieber extremes (!!!1!11) Gewitter sagen, damit überhaupt noch jemand das Handy aus der Tasche holt und draufguckt. In der Effekthascherei des Alltags zwischen allen Breaking News und Schönheits-Reels nehmen wir ansonsten nichts mehr wahr.
Vielleicht wollen wir sogar, dass Dinge nicht so glatt laufen. So wie einige Abgeordnete Fritze Merz im ersten Wahlgang nicht zum Kanzler wählten, um die Sache spannender zu machen.
Ist ja auch irgendwo witzig, dass dem selbstgefälligen Haufen dadurch nochmal schnell ein Denkzettel verpasst wird. Nach dem Motto: Vergesst nicht, dass ihr eine Verantwortung habt und nicht jeden Blödsinn machen solltet, den ihr im Vorfeld schon mal angekündigt habt.
Dass der Mann damit schon zum zweiten Mal (nach der Wahlschlappe bei der Bundestagswahl) im Amt beschädigt ist und das alles der AfD in die Karten spielt, ist die Kehrseite der Medaille. Gabor Halasz fasst das für die Tagesschau treffend zusammen: für einen Denkzettel ist die Sache zu ernst. Sollte die Koalition jetzt auch wieder vorzeitig platzen, ist klar, wer dann stärkste Kraft wird: diejenigen, die einen radikalen Plan haben und ihn entschlossen durchpeitschen. Weil Radikalität eben auch leichter ist als immer wieder Kompromisse finden zu müssen. Die in einer komplexen Gesellschaft nun aber einmal sein müssen.
Irgendwer muss ja auch mal regieren. Und völlig daneben klingt mir der Koalitionsvertrag nicht. Also auch wenn wir nicht alle auf Merz (und noch weniger die CSUler in seinem Kabinett) stehen: er hat schon die Chance verdient, jetzt erst einmal zu machen. Was wäre denn auch die Alternative?
Aber dieser Start lässt trotzdem nicht viel Gutes für die Zukunft erahnen. Ein Stück weit passt es in die heutige Zeit und ein gutes Stück weit wollen wir das alles anscheinend auch nicht anders.
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