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Gib doch zu, dass du traurig bist!

Wenn man zu einem Treffen mit Freunden oder Bekannten geht, geht man da schon nicht traurig hin. Selbst wenn man es gerade ist. Dann wird die Trauer überspielt, beiseite geschoben oder bekämpft, zur Not sagt man noch kurzfristig ab. Kopfschmerzen, Arbeit, keinen Babysitter gefunden. Nein, wenn man Freunde, selbst gute Freunde trifft, hat man da gefälligst guter oder zumindest neutraler Stimmung zu sein, so verlangt es das soziale Gesetzbuch.

Warum eigentlich?

Trauer ist doch eine ganz natürliche menschliche Reaktion. Jemand, den ich gerne mag, geht; am Tag geht einfach alles schief, ich verliere mein Portemonnaie, mit tut etwas weh, bin verzweifelt. Ergo bin ich traurig. Genauso wie ich lache, wenn ich etwas Lustiges höre, sehe oder daran denke. Trotzdem versuchen die meisten von uns, eine Stimmung des Fröhlichseins aufrecht zu erhalten. Möglichst immer und zu aller Zeit.

Ist ja auch erstrebenswert. Fröhliche Menschen sind erfolgreich in mehreren Bereichen des Lebens: Ehe, Freundschaft, Einkommen, Arbeitsleistung und Gesundheit. Das geht aus einer 2005 veröffentlichten Studie unter anderem von Sonja Lyubomirsky von der University of California hervor. Die Pychologie-Professorin lehrt seit Jahrzehnten, warum Glücklichsein wichtig ist, warum einige Menschen glücklicher sind als andere und wie man Menschen, die es heute noch nicht sind, morgen glücklich sein können.

Ist ja auch schön und richtig. Im Großen und Ganzen will man meistens glücklich und fröhlich sein. Das funktioniert aber nicht, wenn man Trauer nicht zulässt oder zum Weinen in den Keller geht. Man sollte Trauer auch öffentlich zeigen und zulassen können, ohne sich dafür zu schämen. Freunde sollten sich gegenseitig trösten. Ist ja nämlich auch nicht so, dass man dann länger oder für immer traurig ist.

Ich war heute Abend traurig. Sagen wir, von zwei Weggefährt:innen der letzten Jahren oder Monate musste ich mich in dieser Woche verabschieden. Warum weiß ich nicht, aber meine erste Reaktion darauf war: Lenk dich mit was ab, betrink dich zur Not, nimm LSD oder das heute quasi legalisierte Cannabis, mache Sport oder sei awesome nicht sad.

Habe ich heute nicht gemacht. Ich habe die Trauer zugelassen. Mich auf die Couch gelegt, drüber nachgedacht, was mich warum traurig gemacht hat und ein paar Tränen vergossen, mit Nicky, die sich zufällig gerade meldete, geteilt, was los war.

War gar kein so schlimmes Gefühl.

Und danach war es auch nur noch halb so schlimm.

Traurig sein, um fröhlich sein zu können. Ich glaube das geht. Wir sollten uns gegenseitig trösten. Wie auch immer das eigentlich noch mal ging. 😉

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