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Kein Arschloch sein

„Wir Menschen haben doch immer die Wahl, ob wir Gutes tun oder nicht.“

„Ich glaube, ganz so einfach ist das nicht.“

Wie bin ich in diesem Gespräch gelandet? Auf dieser Party, auf der ich eigentlich gar nicht sein wollte, weil ich mich nicht gut fühlte, aber trotzdem gegangen bin. Ich kannte nur den Gastgeber und seine Frau, deren Geburtstag wir feierten, aber die beiden waren natürlich beschäftigt. Eine halbe Stunde fühlte ich mich völlig fehl am Platze, der Typ neben mir sagte außer „hallo“ kein einziges Wort zu mir und wirkte auch nicht gerade begeistert über meine Anwesenheit. Doch dann kam dieser Typ und der Abend wurde noch lebendig. Seine Bestimmung sei es, Menschen zu helfen, sagte er. Das hätte er schon früh herausgefunden und seitdem helfe er.

Er hört sehr aufmerksam zu, fragt oft „warum?“ und geht auch auf Dinge ein, die man nur im Nebensatz sagt.

„Wir kennen uns jetzt erst seit zwanzig Minuten oder so“, sagt er dann. „Und du hast dich schon viermal klein gemacht. Spielst runter, was du tust. Sagst, dass du introvertiert seist, dabei hast du das Gespräch mit mir und dem Kerl neben uns angefangen. Das würde ein Intovertierter doch nicht tun. Warum machst du dich klein? Woher kommt das?“

Ja, woher kommt das. Er vermutet meine Eltern dahinter, aber das trifft es irgendwie nicht. Trotzdem, ja, bringt es mich in die Zeit der Jugend zurück, wo das Gefühl wohl begründet liegt, und es flossen ein paar Tränen. Einige sogar.

Kommt da einfach jemand um die Ecke und repariert mich… Ein Stück weit zumindest. Nicky sagte, das Leben gibt einem manchmal irgendwie genau das, was man braucht.

Oder man gibt dem Leben auch mal das, was es gerade braucht…

Aber um noch einmal auf die Arschloch-Sache zurückzukommen: Geht das? Wirklich? Immer? Kein Arschloch zu sein?

Jemand provoziert dich, ärgert dich, schnauzt dich an, lässt nicht locker. Du wehrst dich, und das geht wohl nur, wenn du selbst ein paar unflätige Dinge zurückwirfst, also gewissermaßen auch kurzzeitig ein Arschloch bist.

Jemand übervorteilt dich. Bleibst du wirklich immer cool und sagst nichts?

Jemand will immer was von dir, etwa dass du ihm Gefallen tust, obwohl du gar keine Zeit hast. Sagst du wirklich immer die Wahrheit, auch wenn du mal keine Lust hast zu helfen?

Es geht um Leben und Tod. Auf dem letzten Rettungsboot sind nur noch zehn Plätze frei, ihr seid aber noch zwanzig. Drängelst du wirklich nicht, um einen der letzten Plätze zu bekommen (was ziemlich arschlochig wäre), und lässt die anderen vor?

Ich find’s schwierig. Es liegt ja nicht nur an einem selbst, es ist auch die Gesellschaft, der man unterworfen ist. Zu keiner Zeit ein Arschloch zu sein, ist schwer, finde ich, vielleicht sogar beinahe unmöglich. Versuchen will ich’s trotzdem weiterhin.

*

Probleme

Gesprächspartner 1 auf der Party erzählt von seinem klein Häuschen, wie er es selbst hat dämmen müssen, weil die da Metallrohre verbaut hätten. Plastikrohre seien aber besser. Riesenproblem wäre, dass er zwar in einer ganz guten Gegend wohne, das aber die Postleitzahl von einem üblen Stadtteil hätte und er deswegen nur schwer einen Kredit bekäme und das Haus, sollte er es irgendwann mal verkaufen wollen, nur noch unter Wert losbekäme. Oha…

Gesprächspartner 2 erzählt davon, wie er in Äthiopien war, er aus dem Taxi vom Flughafen in die Stadt ausgestiegen ist, weil er (als KFZ-Mechatroniker) instinktiv wusste: Da fliegt gleich das Rad von der Achse! Er sagt das dem Taxifahrer, der zuckt die Achseln. „Nein, bitte halten Sie an!“ Taxi hält an, er steigt aus, Taxi braust weiter, fährt um die Kurve, das Rad springt ab, fliegt mit voller Wucht in einen Laden am Straßenrand, wo gerade drei Typen arbeiten, die nur haarscharf mit dem Leben davonkommen. Der Taxifahrer holt das Rad, steckt es wieder an und winkt ihm zu: komm wieder, wir können dann ja gleich weiterfahren! Auf Schritt und Tritt ist er in der Hauptstadt von aggressiven Bettlern verfolgt worden, einmal hat er einen nur noch mit den Fäusten davon abhalten können, ihn zu berauben. Dann kamen immerhin Passanten angelaufen und hätten ihm geholfen, wenig später auch die Polizei. Und die hätten den Dieb mit Knüppeln bearbeitet, bis der sich nicht mehr bewegt hätte. So ähnlich wie man da auch Leute am Straßenrand einfach liegen lässt, die einen Motorradunfall hatten – nichts mehr zu machen. Er hat den Bruder seiner Frau im Knast besuchen müssen, der da so eine Art Mafiaclanchef wäre, der wollte, dass er ihm eine deutsche Kreditkarte auf seinen Namen besorge. Achtmal haben sie zur Sicherheit das Hotel wechseln müssen, beklaut würde man dabei selbst in den Nobelhotels. Einmal waren sie abends im Club. Da wären Frauen kommentarlos auf ihn zu und hätten ihre Brüste vor ihm ausgepackt. Als Weißer wäre er eben ihre Fahrkarte da raus. Dass seine Frau da direkt neben ihm tanzte, hat die nicht interessiert. Riesenproblem sei dann gewesen, dass die Familie auf dem Land lange auf eine Ziege gespart habe, die man ihm zu Ehren schlachten wollte. Ihm oblag die Ehre, dem Tier mit einem stumpfen Messer die Kehle durchzuschneiden. Da hätte er nicht kneifen können, das wäre sehr unhöflich gewesen.

Äh, ja, die unterschiedlichen Probleme, die man halt hat, je nachdem, in welchem Teil der Welt man sich gerade aufhält…

*

Kuchen

Mein Erstlingswerk ist saftig geworden. Fast wie geplant und wie laut Rezept.

Learnings:

  • Schmand is the answer!
  • Genau auf die Rezeptangaben achten. Nicht einfach alles verrühren, sondern wenn da steht: Erst die Butter mit dem Zucker und dann die Eier langsam einrühren, dann hat das durchaus seinen Sinn.
  • Wurde außen etwas trocken, weil ich die Backzeit verlängern musste. Wie kann man das verhindern? ?
  • Wenn da steht: „100ml Sahne für die Kuvertüre“, dann nimm nicht 200. ?
  • Beim Ausschlecken der Teigschüssel vorher die Brille abnehmen!

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Niederländisch ist eine so höfliche Sprache! ?

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Powerzaun

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Bundesanzler

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Wahnsinnsfarben (no filter)

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Musik

Aus aktuellem Anlass (Aiwanger). Funny ist irgendwie doch auf Höhe der Zeit. Danke nochmal an Jens für diesen Liedtipp!

Und aus aktuellem Anlass auch das hier:

8 Antworten auf „Kein Arschloch sein“

Ich finde, er sieht ganz gut aus. Dass die Kruste trockener ist als die Krume ist normal – eventuell hätte er einen Moment früher rausgekonnt oder Ofen war 5 Grad zu warm. ?‍♀️

Thanks! Wird ausprobiert. Ich musste ihn etwas länger drinlassen als angegeben, weil die Mitte noch flüssig war. Bei 160 Grad das Ganze. Wird der bei weniger noch gebacken? ?

Eher nicht ? 160 Grad war wahrscheinlich Umluft, oder? Kannst ja mal auf 180 Grad Ober-/Unterhitze gehen, vielleicht klappt das besser. Und alle Zutaten zimmerwarm, das hilft auch.

Der Mann, der Dir helfen will: schöne Geschichte! Und der Mann hat einen richtigen Punkt.

Gesprächspartner 2: hört sich sehr nach Hochstapler an. Es fällt mir sehr schwer, diese Story zu glauben.

Auffälliges: Dein immer wiederkehrendes Thema bzw. die Angst, ein Arschloch zu sein oder dich unmoralisch zu verhalten.
Woher kommt das?

Ist vermutlich der innere Konflikt, mein Lieber. 😉 Wahrscheinlich wäre ich gerne ein Arschloch und bin es vielleicht im tiefsten meines Herzens sogar. ?Aber es verstößt gegen meine Ethik und das, wie ich mir ein funktionierendes Miteinander auf diesem Planeten vorstelle.

Ich habe das nicht all zu gut wiedergegeben, was mein Gesprächspartner erzählt hat. Aber wie er es erzählt hat und wie sein Nebenmann aus anderen Ländern Ähnliches berichtete, kam das glaubhaft rüber. Und manche Dinge wie das mit dem Rad denkt man sich nicht aus. Fahren wir nach Äthiopien und machen uns selbst ein Bild!

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