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Wo sind die anderen?

Fahre mit der U-Bahn zur Demo gegen Rechts. Die Bahn ist so voll, dass sie auf halbem Wege Höhe Telekom kollabiert. Der Fahrer gibt auf: „Bitte alle Fahrgäste aussteigen!“ Die Türen lassen sich nicht mehr schließen, es kommt niemand mehr rein noch raus. Böse Worte hört man keine. Viele sind zur Demo unterwegs, einige haben Transparente dabei, kommen mit Wildfremden ins Gespräch. Dass alle aussteigen müssen, sorgt für Heiterkeit.

Also zu Fuß weiter zum Marktplatz. Ein Demonstrant vor mir hat die Deutschlandflagge dabei und ein Transparent darunter, auf dem steht: „Das ist die Fahne der deutschen Demokratie. Lasst sie euch nicht wegnehmen von den Rechten.“ Ich beeile mich, um noch zu meinen Bekannten auf dem Marktplatz zu kommen, entschuldige mich, wenn ich an anderen vorbeieile. Sie lächeln, ich lächle.

Schon kurz vor dem Marktplatz kommen mir erste Demonstranten entgegen, die vor der Überfüllung kapituliert haben, eine Frau mit einem Kinderwagen wird von dem Umstehenden klaglos durchgelassen. Jeder zeigt sich hier von seiner besten, freundlichsten Seite. Man will klare Kante für etwas zeigen. Die Stimmung ist toll, die Demo friedlich, freundlich.

Man hat das Gefühl, dass das die Ausnahme geworden ist. Nett zueinander sein, Verständnis zeigen, Andersartigkeit zelebrieren, Wokeness. Es fühlt sich an, als wäre das eine Mode aus einer lange vergangenen Zeit. Aber wenn dem so ist: Warum eigentlich? Was ist passiert? Wenn so viele dann doch gegen Rechts sind, wer sind dann die anderen, wo kommen sie her und wo sind sie?

Im Wahljahr 2024 werden wir die Fahnen noch eine Weile hochhalten müssen. Leicht wird es nicht werden, aber der Anfang ist gemacht.

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Dünnes kulturelles Eis hier. Pur war eine Band, die man in den frühen 90ern mit 13 mal gehört hatte und ihre Texte voll deep fand. Sie sangen für Frieden, das schon, aber das auch auf eine so triefige Art und Weise. „Lass mich los, kapp die Nabelschnur“, „Hochprozentig Liebesrausch, den schlaf ich mit dir aus“, „Spürst du den Seiltänzertraum“. Geh mir wech mit deinen Funkelperlenaugen!

Ich weiß nicht, warum mir gestern der Song „Indianer“ plötzlich wieder einfiel. Simple Geschichte darüber, warum man wahre Freundschaft, Ehrlichkeit, Vertrauen, Füreinander einstehen, Versprechen und auch Ehre nur so schwer ins Erwachsenenalter mit rübernehmen kann. Gar nicht einmal soooo schlecht gealtert. So, und jetzt für immer wieder zu mit dem Kapitel.

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