Gestern war ich in der Kirche (ja, schlagt mich) und hab der Messe beigewohnt. Eigentlich wollte ich überhaupt nicht, bin dann aber doch. Und es gibt genug Gründe, nicht in die Kirche zu gehen. Der Verein wandelt sich halt nur seeehr langsam, und nach all den Missbrauchsskandalen ist der Ruf natürlich völlig lädiert. Ich zahle trotzdem noch Monat für Monat das „Abo“, und da will man ja auch mal was von haben. Jedes Mal, wenn ich dann da auf der Holzbank sitze, denke ich mir aber: Da könntste schon niemanden mit hinbringen, der nicht damit aufgewachsen ist. Dieser altertümliche Gesang, diese ständige Aufstehen und sich Setzen, Weihrauch für die Massen – es könnte auf Außenstehende unfreiwillig komisch wirken.
Nur dass es diesmal gar nicht so komisch war. Keine Orgel, sondern eine Keyboarderin. Und während der Kommunion spielte sie tatsächlich „Champagne Supernova“ von Oasis (kein Scheiß!). Ein Typ drei Reihen weiter grinste in sich hinein – er hatte es auch erkannt. Beim Rest der Anwesenden bin ich mir gar nicht so sicher.
Schönster Moment für mich aber: Beim Auszug setzte sie noch einen drauf und spielte „Halo“ von Beyoncé. Und um mich herum die meisten Leute setzten sich wieder, um noch eine Weile zuzuhören. Ich mich auch. Und als dann das Klaviersolo einsetze, hatte ich ein wenig mit den Tränen zu kämpfen. (Ja, die letzte Woche war nicht gerade leicht…) Als sie fertig war, applaudierten wir alle. Ich hatte das Bedürfnis, die Dame einfach zu umarmen. Habe ich natürlich (leider?) nicht gemacht.
The thing is: Seitdem gehen mir diese Szene und dieser Song nicht mehr aus dem Kopf. Aber leider genau so, wie die Keyboarderin ihn gespielt hat. Ich kann auf Spotify das Original hören oder auch Piano-Versionen „in the style of Halo“. Aber es wird diesen einen Moment nicht mehr zurückbringen. Ich muss ihn im Geiste festhalten oder – Achtung, jetzt wird’s bisschen cheesy – im Herzen tragen. Oder mich mit der Keyboarderin anfreunden und sie irgendwann mal bitten, dass sie das noch einmal für mich spielt. 🙂
Und der „Verein“ hat mich an diesem Abend ein wenig überrascht. Oasis und Beyoncé in einem Gottesdienst – way to go! Warum nicht immer so? Vielleicht macht es doch einen kleinen Unterschied, wer da in Rom auf dem Chefsessel sitzt. Franziskus gilt nicht als der geborene Leader, aber als entspannterer, moderner Zeitgenosse. Hätte es unter Benedikt wohl schon so nicht gegeben. Jetzt noch lückenlose Aufklärung der Missbrauchsfälle, Aufhebung des Zölibats, Frauen in Priesterberufen und Segnung von Homosexuellen, und der Laden hat in den nächsten 50 Jahren noch mal eine Chance. Come on, you can do it!
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