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Gelassener werden

Ich hadere noch etwas mit dem Älterwerden. Dabei hat das mehr gute Seiten, als ich gemeinhin wahrhaben will. Du weißt mittlerweile einiges über das Leben und den Beruf, kannst besser organisieren und dein Wissen weitergeben. Du müsstest es nur auch tun. Ich habe das Gefühl, ich mache noch zu viel Kleinkram selbst, organisiere zu wenig. Das möchte ich ändern, auch, weil ich da schon einmal weiter war.

Zum „Altern in Würde“ gehört aber auch eine gewisse Gelassenheit, die mir noch abgeht. Heute beim mittlerweile täglichen Ausdauertraining kraxelte ich mit dem Rad den Ippendorfer Berg hoch und überholte dabei eine andere Radfahrerin. Weil hinter mir auch noch Autos zum Überholmanöver ansetzten, schnitt ich die Dame wohl etwas zu knapp, worauf sie mir hinterher brüllte:

„WIE WÄR’S VIELLEICHT MAL MIT KLINGELN?!“

Ich brüllte zurück:

„WAS! WIESO?“

„NA, UM MICH VIELLEICHT MAL ZU WARNEN.“

„MUSS ICH NICHT.“

Und noch jeweils zwei gereizte Bemerkungen in die jeweils andere Richtung.

Lächerlich eigentlich, es tat mir auch schon eine Minute später leid. Auf der einen Seite bin ich froh. Früher als völlig verschüchterter junger Mann hätte ich wohl gar kein Wort raus gebracht und wäre verschämt eingeknickt. Heute ist mein erster Impuls immerhin mich zu wehren. Darüber bin ich eigentlich froh.

Es kommt mir nur so übertrieben vor. Besonders weise oder auch professionell ist das nicht. Gelassener wäre gewesen, einfach weiter zu fahren, sich maximal noch einmal verwundert umzuschauen und sonst nicht weiter darauf zu reagieren. Ein klassisches Nachvorneschauen statt all zu lange oder überhaupt zurückzublicken. Ich würde mir wünschen, dass das künftig mein erster Impuls wird. Bei solchen Situationen genau wie auch im Berufsleben und bei allem, was sonst noch so passiert. Vielleicht klappt das ja eher im Alter.

3 Antworten auf „Gelassener werden“

Ich habe den Eindruck, dass Ältere (vor allem Rentner) eher weniger gelassen sind, als andere.
Ich denke, dass hängt erstens von deinem Typ ab und zweitens auch mit der Zufriedenheit, mit der du durchs Leben gehst.
Damit zwei Unterstellungen:
1. Rentner sind nicht mit sich zufrieden, weil sie vielleicht nichts sinnvolles mit sich anzufangen wissen.
2. Du stehst dir selbst im Weg, weil du unbedingt gelassener werden willst, aber das geht nicht auf Kommando.

Also einfach weniger grübeln und mehr genießen, zum Beispiel dass du auf den Beth hoch gefahren bist.

Selbst jetzt mit Anfang/Mitte 40 finde ich es schon bedrückend zu sehen, wie der Verfall begonnen hat, wie ich längst nicht mehr so schnell bin wie damals, wie du im Bad stehst und dir beim Waschen den Nacken verziehst (mir neulich wirklich passiert). Du hast eingesehen, dass du die Welt wahrscheinlich doch nicht verändern wirst, du wirst Jahr für Jahr hässlicher, betreibst einen Heidenaufwand, bei all den neuen Entwicklungen noch mitzuhalten, verstehst nicht mehr, was die Jugendlichen reden, wirst immer weniger leistungsfähig und niemand vom anderen Geschlecht beachtet dich noch. Und wenn das jetzt schon so frustrierend ist, wie schlimm muss das erst sein, wenn du doppelt so alt bist…

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