Also, ich hab am Wochenende nette Menschen getroffen, spätnachts noch eine Party besucht, mal wieder in der Sieg gefloatet, die Füße in den Rhein gehalten, eine tolle Fotoausstellung gesehen, meinen Senior betreut, gelesen, um mich weiterzubilden, meine bald anstehende Reise ins Ausland geplant und einen Blick auf richtig spannende Fußballspiele geworfen.
Die Wahlen in Sachsen und Thüringen haben mich nicht interessiert. Die Ergebnisse habe ich mir angeschaut, ja. Sie waren wie erwartet. Und dann habe ich zum Sport runtergescrollt, Paralympics, Bundesliga, Regionalliga Nord… Ich sage das nicht aus Trotz, über die Phase bin ich längst hinweg. Ich sage das auch nicht, weil mir das gefällt oder ich die Gefahr nicht sehe, die von ihr ausgeht. Weiß ich alles. Ich habe mich nur lange genug empört, geärgert, echauffiert, gesorgt, es verstehen wollen, doch nicht verstanden. Und irgendwann ist der Kopf so weit, dass er sagt: „Weißte was: Ich kann mich dafür nicht mehr interessieren. Im Osten wählen die Leute rechts. Heult doch. Ossis do ossi things. Und was war heute sonst noch so los?“
Eine Ex-Freundin von mir sagte einmal: „Wenn es 50:50 steht und du überlegst, ob du etwas machen sollst, dann tu es!“
Na ja, aber was, wenn „es“ unter so ungünstigen Voraussetzungen daherkommt?
Letztes Wochenende zum Beispiel wollte ich eigentlich noch einmal auf Bikepacking-Tour gehen. Der Wetterdienst kündigte aber an, dass es zumindest den ganzen Samstag regnen würde. Tat es dann auch, Sonntag war aber wieder schön. Sollte ich noch gehen? Nur für einen Tag? Und bloß, um meinen neuen Campingkocher in the wild auszuprobieren, wohl wissend, dass ich am Montag wieder arbeiten musste und deswegen sehr früh morgens raus, wenn das alles klappen sollte?
Vor einer Woche, einem Sonntagnachmittag, war es irre heiß. Ich mag keine Freibäder, aber die Sieg eigentlich schon. Wäre eigentlich cool, sich da mal wieder reinzulegen. Aber ich hatte noch eine Verabredung um 1800 und kam nicht in die Gänge. Als ich so weit war, war es schon fast 1600. Jetzt echt noch losfahren?
Nachts am gleichen Sonntag war Perseidenregen, und endlich einmal sternenklarer Himmel. Aber hey, ich musste Montag arbeiten, und hatte doch im letzten Jahr schon welche gesehen. Sollte ich mich echt nochmal in den Garten legen,furchtbar spät nachts, nur um mir noch paar Dinge wünschen zu können und, na gut, ein paar hübsche Sternschnuppen zu sehen, dann aber am nächsten Tag voll müde zu sein?
Es hätte Gründe genug gegeben, in allen drei Fällen nein zu sagen.
Ich sagte: ja.
Und lernte so, dass man in der Sieg floaten kann – und es wunderbar angenehm ist, sich dort treiben zu lassen.
Zwanzig Minuten im Wasser reichten mir am Ende dicke. Dass meine Klamotten vom Uferschlamm nachher aussahen wie Sau, war mir egal. Ich hatte noch Zeit für eine Dusche, war rechtzeitig fertig für mein 1800 und die verschlammten Klamotten wanderten direkt in die Waschmaschine.
Um vier Sternschnuppen zu sehen, brauchte es am Ende nur etwa vierzig Minuten im Garten. Ich ließ mein Smartphone in der Wohnung, nahm im Liegestuhl Platz, hatte eine fulminante Sicht auf den Himmel und einen sehr chilligen Ausklang des Sonntagabends. Ich wünschte mir einiges, war danach so müde, dass ich – wieder in meiner Wohnung angekommen – sofort einschlief und am nächsten Tag nur so lala wach aus dem Bett kam. Also wie jeden Morgen halt.
Und ich fuhr zum Campen an den Laacher See, knipste unterwegs ein paar Bilder, wo einige Freunde mich via Status fragten: „Wo bitte ist DAS denn Hübsches?!“.
Rund zwei Stunden den Rhein entlang, dann bei Brohl hoch Richtung Maria Laach. Auf dem Weg dorthin kam mir der Vulkanexpress entgegen. Nach dem Einchecken am Campingplatz sah ich, dass sie dort auch Stand-up-Paddle-Boards vermieten. Ob ich noch schnell eins ausleihen könnte, fragte ich den Rezeptionisten eine Stunde vor seinem Feierabend. Wäre eigentlich schon was spät, maulte der, aber – na gut. So paddelte ich auf dem Laacher See, drehte danach bei wunderschönem Sonnenuntergang eine Runde drum herum, machte Halt beim Kloster Maria Laach und gönnte mir nach Einbruch der Dunkelheit einen schönen Abend im Campingstuhl im Wald.
So lauschig der Sonnenuntergang am Tag davor, so schön auch der Sonnenaufgang am nächsten. Ich weihte meinen Campingkocher ein, machte mir einen Kaffee (Tasse vergessen, aber egal, ich improvisierte mit der Trinkflasche), machte Frühsport mit dem Rad durch die Hügellandschaft, wurde am Nachbarort freundlich von einem buddhistischen Mönch gegrüßt (supercool am Morgen – wenn auch nicht so überraschend, wie es klingt, in Wassenach gibt es ein thailändisches Kloster, warum auch immer), segelte wahnwitzige Abhänge mit teils zwanzig Prozent Steigung hinab (yeehah!), sah zwei Rehe über die Straße hoppeln, nahm ein paar wunderschöne Bilder von der Rheinromantik am Morgen auf, kaufte mir in Bonn grad noch ein paar Brötchen fürs Frühstück und war pünktlich zum Arbeitsbeginn glückselig wieder zuhause.
Also, ja, ich bin Meister der Komfortzone. Warum was Neues ausprobieren, wenn sich das Alte doch bewährt hat?
Na ja, deshalb halt.
Am Ende lohnt es sich irgendwie immer, und ich freue mich über die Erfahrungen, die mich aufmuntern, die mir das Gefühl geben, noch lebendig zu sein, und von denen ich immer was erzählen kann.
Hätte nie gedacht, dass ich mal dahin kommen würde, dass es mir Spaß macht, neue Leute kennenzulernen.
Eventuell liegt das daran, dass es mich sehr viel Energie kostet, Energie, die ich in den kalten Monaten oft nicht habe, und dass ich zu allem Überfluss dazu tendiere, in stressigen Situationen zu schwitzen. Und da gehört das Kennenlernen unbekannter Menschen dazu. Klar, manchmal sind auch welche dabei, mit denen man weniger anfangen kann. Aber ich habe zuletzt die Erfahrung gemacht, dass es sich fast immer lohnt.
Für wenn es wieder Herbst wird und ich mich dann frage, warum ich unbedingt von der Couch aufstehen sollte, hier erneut eine Note to Self als Erinnerung:
Man kann von jedem etwas lernen
Viele haben spannende Geschichten zu erzählen
Und kennen tolle Urlaubsziele, haben Hobbys oder arbeiten für Organisationen, von denen du noch nie gehört hattest
Sie bringen andere Perspektiven in deinen Alltag (besonders Menschen aus einer anderen Generation und/oder einem anderen Kulturkreis)
Sie kennen weitere interessante Menschen (privat/beruflich) und können dich mit ihnen zusammenbringen
In fast jedem Land im Ausland, in dem ich war, waren die Menschen netter und aufgeschlossener zueinander als hier. Gerade Menschen im Ausland oder Menschen aus anderen Kulturkreisen hierzulande kann es sich lohnen anzusprechen.
Könnt ihr übrigens auch, wenn ihr bislang davor zurückschreckt. Und wenn doch mal jemand dabei ist, mit dem man nicht harmoniert (vielleicht sogar der ganzen Gruppe), dann einfach weitergehen.
Hab ich das alles nur geträumt, oder ist das wirklich passiert?
An einem Montagabend fahre ich in einem gar nicht mal so tollen Zustand los. Wahrscheinlich ist ein Urlaub längst überfällig gewesen. „Wohin“, fragt mein Nachbar, der mich zufällig vor meinem Haus mit Sack und Pack mit der Navi-App auf dem Handy stehen sieht, als ich gerade losfahren will. „Nach Westen“, sage ich, „Bis die Leute irgendwann anfangen Englisch zu sprechen.“
30 Kilometer später fällt mir auf, dass ich an alles gedacht habe: Offline-Navi, Ladekabel, Reisepass für England, Magnesium, Regenzeug – nur mein Portemonnaie liegt noch da, wo es immer liegt. Rufe Nicky in Portugal an, die immer spontan eine Lösung weiß – wenn es eine gibt. Vielleicht irgendwie die Kreditkarte noch auf Apple Pay einlernen und dann alles mit dem Handy bezahlen? „Und deine Versichertenkarte? Das klappt alles nicht“. Sie hat recht. Ich fluche und fahre zurück. Neustart am nächsten Tag.
Kurz vor Maastricht auf einen Bauernhof mit Campingplatz. Keine Lust mit irgendwem zu reden – außer mit der Bäuerin auf Niederländisch, die gleichzeitig ihr Deutsch verbessern will. Kilometerlang bei Gegenwind am Kanal weiter nach Antwerpen, wo mich das Navi plötzlich eine Rolltreppe runter in eine Art Elbtunnel schickt. Meine wundervollen Nebencamper aus England bitten liebst um mein Ladegerät – und bedanken sich später schriftlich dafür mit einer stattlichen Google-Translate-Übersetzung auf einer benutzen Serviette. Ein paar Bier vor der Liebfrauenkirche in Antwerpen, Broodjes und danach mitten in der Nacht die besten Fritten meines Lebens.
Ein Radfahrer, der minutenlang hinter mir klebt, als ich ihn überhole (spooky), Outdoor-Dusche in Brügge, ein französischer Motorradfahrer aus Bourges, ein Campingplatzbetreiber, der hier Ferien vom Lehrerberuf macht, kurzer Ausflug in die Innenstadt. Brügge jetzt zu oft gesehen, könnte bedenkenlos sterben. Stärkung an einem Automaten unterwegs, netter Plausch mit anderen Radfahrern auf der Bank davor. Mein Niederländisch wird langsam alltagsfähig! Mein erstes Nachmittagsbier kurz vor der Grenze in De Panne, weil die Belgier das auch (alle) so machen.
Bei sengender Hitze durch Dünkirchen, bis zum Ferry Port Dünkirchen in Loon-Plage sind es noch einmal fast 20 km auf einer grausigen Strecke. Hier wohnen wirklich Flüchtlinge im Busch, einen direkten Radweg gibt es nicht, Komoot und Google Maps versagen komplett. Komme völlig durchgeschwitzt bei der Passkontrolle an. „Cheers Mate“, sagt dann aber einfach nur der britische Grenzbeamte. Überfahrt an Deck, ich bin der einzige Radfahrer und komme als erster von Bord, weiß dann nicht wohin. Der roten Linie folgen, sagt ein Zuweiser, aber die ist unterbrochen.
Die Cliffs of Dover hinauf muss ich mein Rad Treppen hoch schieben. Niemand hilft, Ausblick dennoch magisch, haste zum Camingplatz, der bald zumacht (aber ich hatte vorher angerufen), werde aufgenommen, stehe völlig perplex vor der größten Campingwiese mit Meerblick aller Zeiten, lerne Claudio und Tobias aus Deutschland kennen, geselle mich dazu, trinke mit beiden später ein Bier im Pub, bekomme ein Lob, weil ich darauf bestehe, auch ein paar Worte mit den Locals zu wechseln.
Tobias lädt mich zum Frühstück aus dem Campingkocher ein, verabreden uns in Canterbury auf dem nächsten Zeltplatz. Komme auf dem Weg dahin in Deal und Sandwich vorbei und mit einer anderen Radfahrerin ins Gespräch, sie lädt mich zu einem Konzert ein. Ich weiß leider, dass ich es dazu nicht schaffen kann, aber frage nach ihrer Nummer, bekomme sie und melde mich am nächsten Tag. Treffen uns zum Dinner in Margate, habe einen kleinen Urlaubsflirt mit Abschiedskuss. 🙂 Trauen wir uns, diese Treppe ins Wasser hinunterzuklettern? „Only one way to find out“, sage ich. Stehe mit nasser Hose, sie mit nassem Kleid im Wasser, nehme ihre Hand. Dieses Hochhaus ziehe sie irgendwie magisch an, sagt sie. „Komm, da gehen wir hin“. Klingeln bei einem zufälligen Bewohner, die Mailbox springt an, sprechen die Botschaft darauf, dass er der beste Mensch ist, den die Welt je gesehen habe und dass wir ihn dafür lieben, wer er ist.
In Canterbury mit Tobias in einem Local Pub. Sehen den englischen Originalen beim Flirten zu. Ich spreche meine Thekennachbarin an, nur um ihren Akzent zu hören. Sie sagt, sie sei 20 und ihr Freund wäre heute nicht da. Das wäre okay, sage ich und dem Transvestiten, der neben ihr steht. Sie sollten nach Deutschland kommen, das würde ihnen gefallen. Frage die sehr hübsche Dame hinter der Theke, warum sie Kellnerin geworden sei. „I’m not a waitress“, sagt sie spielend entrüstet“, „I’m a bartender“. „Is there a huge difference“, frage ich. Die Antwort verstehe ich nicht, weil ich Engländer nur schlecht verstehe. Aber irgendwie muss sie auf ihren Studienplatz warten oder so etwas. Ein unfassbar gut gelaunter Südafrikaner stellt sich neben uns an die Theke, will uns kennenlernen. Er kommt mir schwul vor aber, aber es scheint gar kein Flirtversuch zu sein. Er will uns ein Bier ausgeben, tut das, dann will er sich verabschieben. „Are you real“, frage ich ihn. Er lacht sich scheckig, als ich das frage.
In Dover schiebe ich suchend mein Fahrrad durch die fast verwaiste Innenstadt. Eine alte Lady sieht das und kommt auf mich zu. „Do you need help, dear?“. Na ja, ich suche einen Ort, an dem ich etwas essen und trinken kann. Sie hält die nächstbesten Typen auf der Straße an und fragt, ob sie von hier kämen. „I’m about as far from Dover as you can imagine, love“, sagt der eine. Sie hält eine Frau mit pinken Haaren an, die sie flüchtig zu kennen scheint. Beide beraten kurz, denken über das eine Pub nach, raten mir dann eher zum anderen, schicken mich schließlich in die Biker-Kneipe, in der ich auch lande. Mit meinem Fahrrad hätte ich da eher das kleinste Bike, aber das wäre ja kein Problem, oder? Am Schluss frage ich die Frau noch, ob sie nicht selber auch aus Dover komme. „Darling, I’ve been living here 81 years, and to be honest: it is a shitty place.“ – „Then why d’you never leave?“ Da lacht sie nur und winkt ab.
Vor der Kneipe sitzt ein Mann, den ich auf den ersten Blick für obdachlos halte. Als ich wieder rauskomme, frage ich ihn, ob ihm ein Bier oder was zu essen ausgeben könne (in der Kneipe nicht teuer). Er bedankt sich: nein danke, er habe genug von allem auf. Aber ob ich mich nicht setzen wolle. Will ich dann kurz. Er hat ein so gepflegtes Äußeres, gibt mir Reisetipps, wir sprechen über die Wirtschaft, Englands Geschichte – dass ich kurz überlege, ob mich mein erster Eindruck nicht getäuscht haben könnte. Als er sich verabschiedet, frage ich ihn noch, wo er heute unterkäme. Würde sich schon was finden, sagt er.
Auf der Rückfahrt sind wir diesmal deutlich mehr Radfahrer auf der Fähre. Weil eine Engländerin und ich zu lange brauchen, unsere Taschen wieder aufzusatteln, müssen wir warten, bis alle anderen Motorräder, LKWs, und Autos von Bord sind. Leicht genervt erreichen wir das Tor zur EU – das sich nicht öffnet. Wir winken einer Gruppe von Grenzbeamten dahinter zu. Es tut sich minutenlang nichts. Dann endlich kommt ein Auto und das Tor öffnet sich. Wir fragen die französischen Grenzbeamten dahinter, was da los war. Es stellt sich raus, dass sich das Tor nur nach Gewicht öffnet, und wir zwei Radfahrer dafür zu leicht sind. Da kommste nicht in die EU, weil du kein Auto fährst. Ich finde das höchstamüsant, aber die Engländerin will sich lieber beschweren. Das kommt nicht gut an. „If you don’t elike it“, antwortet ein französischer Grenzbeamte, „you can drive in your country, non?“
Übernachtung nahe Oostende auf einem Campingplatz am Strand. Wunderbare Lichtstimmung zum Sonnenuntergang am Meer. Abends klaut man mir meine Powerbank und mein Ladegerät im Waschraum. Kurz hinter Brügge steuere ich am nächsten Tag ein Einkaufszentrum an, um mir beides neu zu kaufen. Kurz davor sehe ich einen älteren Radfahrer mit blutendem Bein am Boden liegen, eine Frau daneben mit ihm im Zwist. Sie spricht nur Flämisch, er nur Französisch. Sie war auf der Gegenfahrbahn, aber er hatte sie nicht gesehen, sie beteuert ihre Unschuld. Ich operiere mein Mini-Verbandsset aus meiner Tasche heraus. Als ich fertig bin, hat sich der Alte schon fluchend verabschiedet. Bekomme die letzte Powerbank in einem Fachgeschäft für Waschmaschinen. Die seien grundsätzlich leider nicht vorgeladen, sagt der Verkäufer. Ist sie dann aber doch.
Besuch bei Sven und Sarah in Dendermonde. Ich bin zum Abendessen eingeladen, und Sven gibt mir eine Stadtführung (<3). Seine Tochter zeigt mir, wie man einen Zauberwürfel löst (bestelle mir noch unterwegs einen) und spielt mir „Despacito“ auf ihrer Ukulele vor. Ich revanchiere mit mich „Kiss me“ von Sixpence None the Richer.
Noch mehr Fritten unterwegs, auf dem vorletzten Camingplatz treffe ich Ruben, 25, einen Klempner aus Brüssel. Er sei froh über seine Arbeit, sagt er, habe seit kurzem eine Freundin und baue sich gerade ein Haus. „Was? Mit 25 schon?“, frage ich. Ja, sagt er, teuer sei das immer, also warum nicht gleich jetzt eins bauen? Bis er mit seiner Freundin zusammengekommen war, seien drei Jahre vergangen, seit er. Das Haus baue er aber nicht für sie.
Regen, Hitze, der höchste Punkt der Niederlande, der gleich neben dem Dreiländerpunkt liegt, noch ein paar tolle Smalltalks unterwegs mit Radfahrern mit Rückenproblemen, einer Bikepackerin aus Amsterdam und einem Eisdielenbesitzer in Düren, der mir immer freundschaftlich auf die Schulter klopft. Und dann, plötzlich, bin ich wieder in Bonn.
Und, klar, man hätte auch zu Hause eine schöne Zeit haben können. Dann hätte ich meine alte Powerbank jetzt immer noch. 😉
Macht man auch nicht oft. Sich mitten ins Nadelöhr der Innenstadt setzen und dort ein Buch lesen. Habe ich heute Abend aber für eine halbe Stunde gemacht.
Weil ich im öffentlichen Bücherschrank am Stadthaus „Modern English Short Stories“ sah und es erst mitnehmen wollte, und dann dachte: Warum nicht gleich hier jetzt spontan on spot eine Kurzgeschichte lesen und das Buch dann wieder zurücklegen? Das tat ich dann.
Leute gingen vorbei, ich sah nur Beine und Füße, hörte vorbeisausende Fahrräder, Gesprächsfetzen, Busse, Straßenbahnen. Anfangs fiel es mir schwer, mich deswegen auf die Geschichte zu konzentrieren, eine von John Steinbeck. Je mehr ich las, desto besser gelang es mir aber.
Ich kam mir komisch vor, ein bisschen unkonventionell. Normal sitzt an der Stelle keiner, außer wenn er um Geld bettelt oder Crepes verkaufen will. Oder wenn da einer sitzt, schaut er aufs Handy, aber nicht in ein Buch. Nach einiger Zeit war es mir aber egal, was die Leute denken.
Ein Bekannter hielt an, grüßte und gab mir die Hand, erzählte von seinem geplanten Urlaub, und dass er jetzt zum ersten Mal im Leben fliegen würde. „Tatsächlich?“, fragte ich. „Ja“, sagte er, und er wäre ein bisschen aufgeregt. Müsse er aber nicht sein, sagte ich, da passiert nichts, aber das erste Mal ist wirklich ein wenig aufregend.
Ein Typ sprach uns beide an, er sah nicht aus wie jemand, der um Geld bettelt, zu gut gekleidet, zu gepflegt der Bart, zu cool die Sonnenbrille. Ob er uns was fragen dürfe. Was denn, fragte mein Kumpel. Kokain, sagte er. Nee, wir hätten keins, sagte ich. Erst später dämmerte mir, dass er vermutlich keins schnorren, sondern uns eher etwas anbieten wollte. Ist mir auch noch nicht passiert. Wobei, einmal doch. Vor Jahren im Nyx kam ich mit meinem Thekennachbarn ins Gespräch und irgendwann fragte er mich unverblümt, ob ich „was da“ hätte, ich wäre da der Typ für. Vielleicht eine neue Karrierechance, aber was mit Internet ist ja auch nicht schlecht und weniger gefährlich.
Der Typ jedenfalls verabschiedete sich, mein Kumpel wenig später auch. Ich las die Geschichte noch fertig – am Ende wird geschossen! – und ging dann auch. Hat sich beinahe wie ein Sozialexperiment angefühlt. Dabei hatte ich einfach nur öffentlich ein paar Seiten im Buch gelesen.
*
Geschichten erzählen
Das ist bisher das, was ich mit meiner Betreuungsperson mache. Ich frage ihn über sein Leben – er hat einiges erlebt – und hab die beiden Male, die wir uns bisher trafen, erstmal ein bisschen was von mir erzählt, um das Eis zu brechen. Und das ging. Ich dachte immer, ich könnte keine Geschichten erzählen. Aber oft liegt’s daran, dass mir die Ideen erst beim Erzählen kommen – oder vielleicht, dass nie einer zuhört, wenn ich was Spannendes zu erzählen hätte.
Zum Beispiel, wie ich damals vom Nordkap kam, nach Russland reinfuhr, alle 20km kontrolliert wurde, aber nichts verstand und den bewaffneten Streckenposten deswegen immer nur meinen Pass mit Visum unter die Nase hielt, wie ich Fotos von einem Panzerfriedhof machte und plötzlich ein grimmiger Soldat angelaufen kam, wie ich mit einem 100.000-Rubel-Schein die Supermarktkasse sprengte, weil ich mit dem Geld durcheinander kam und in Russland alle längst bargeldlos bezahlen. Oder wie mich in Singapur, in dem Wohnblock, wo ich mit meiner damaligen Freundin und ihren Eltern wohnte, die Leute für einen Mönch hielten.
Aber ja, angestachelt durch meine Geschichten kam er dann auch ins Erzählen von Kenia, von Portugal, von Spanien, von seinen zwei Ehen. Ich musste immer mal wieder nachhaken, weil er seit seinem Schlaganfall schnell abdriftet. Aber das soll man als Journalist ja. Jetzt muss ich noch bisschen was erleben, um noch mehr erzählen zu können – und so auch ihn zum Reden zu bekommen.
*
Urban Chicken Aventure
Montags mache ich Bodypump im Fitnessstudio und danach war ich jetzt schon ein paarmal in einem Grill am Bahnhof ein halbes Hähnchen essen. Weil man nach dem Kraftsport ja Eiweiß und ein halbes Hähnchen davon ganz viel…
Der Grill, in dem ich das immer tat, ist jetzt umgezogen, dahin, wo bis vor ein paar Wochen noch ein erstaunlich ähnlicher Laden mit erstaunlich ähnlichen Leuten war. Egal, ohnehin eine etwas zwielichtige Gegend – aber dat Hähnsche war top! Nur dass sie jetzt die Preise angezogen haben: 12,50 Euro statt vorher 8,50.
Ich frag den Kellner, ob Salat dabei wäre, er sagt nein, nur Pommes und Brot. Ich sage, okay, dann bitte halbes Hähnchen mit Brot und Salat statt Pommes. Er sagt: okay, und wenig später stellt er mir einen Teller Pommes und einen großen Teller Salat dahin. Ich so: Aber ich wollte doch ein halbes Hähnchen. „Halbes Hähnchen! Ist okay, bestelle ich noch.“ Wenig später kommt das halbe Hähnchen, eingepackt in Brot und mit Pommes. Hm. Da ist offenbar was schief gelaufen.
Als die Rechnung kommt, steht da: 24,50. Ich sag dem Kellner, ich wollte doch nur ein halbes Hähnchen. Ja, aber ich hätte noch Pommes und Salat bestellt. Nee, hätte ich nicht, ich wollte Salat statt den Pommes. Hätte ich aber nicht gesagt. Der Typ bleibt stur, sagt: Das ist die Rechnung. Ich sag: nee, war ein Missverständnis, bleibe auch stur, sehe unzufrieden aus. Der Typ beschwichtigt, sagt: okay, und holt seinen Chef.
Chef sieht aus wie ein Türsteher, volltätowiert und Stiernacken. Sie mussten ihn ein paar Minuten vorher zurückhalten, damit er nicht auf einen aus der Szene losgeht, der sich aufs Klo geschlichen hatte. (Vielleicht war auch bisschen Show dabei, nein Chef, nicht schon wieder…). Chef kommt an meinen Tisch, schaut grimmig und ich erinnere mich gerade noch: Lächeln kann helfen. Ich erklär ihm die Angelegenheit, lächle dabei. Er, supernett: „Kein Problem, nehmen wir den Salat raus! ❤️“
Dass ich den ganz aufgegessen hatte, habe ich da nicht noch mal erwähnt…
Der Kellner bringt die neue Rechnung. Da stehen nun 16,50 (wir einigten uns drauf, dass ich die Extra-Pommes übernehme). Ich schiebe ihm einen 20-Euro-Schein rüber. Er, begeistert. „Stimmt so?“ und zwinkert mir zu. Ich verdrehe die Augen, muss dann aber auch lachen. „Ja, stimmt so.“
Ich hab mich in Porto und Madrid sehr wohl gefühlt, kenne sogar ein paar tolle Leute jetzt da. Komme dann wieder und erfahre als erstes, dass meine Lieblingsnachbarn im Haus wahrscheinlich eine Wohnung gefunden haben. Meine anderen Lieblingsnachbarn wollen auch nicht mehr lange bleiben, weil ihre Wohnung auch wirklich in einem katastrophalen Zustand ist. Dann gibt es Tage, in denen ich mich selbst in meinen sozialen Zirkeln unverstanden fühle. Ich hab hier keine Beziehung, meine besten Freunde sind weggezogen, und so richtig zum Rheinländer geworden bin ich all die Jahre auch nicht.
An dem Punkt stand ich schon einmal, und immer mal wieder kommt der Gedanke, doch einfach wegzuziehen. Aber wohin. In Deutschland könnte ich mir eigentlich nur Berlin oder Hamburg vorstellen – na toll, noch anonymere Städte. Und Porto? Ist schon ein teures Pflaster, ich komme nicht darüber hinweg, dass der melancholische Portugiese kein lebenslustiger Spanier ist, auf die Bürokratie habe ich wenig Lust, und so schön es da ist: meine Traumstadt ist es trotz allem nicht.
Ich hab’s genau genommen ja sogar versucht mit Singapur und Berlin. Aber das hat nicht geklappt, weil die Beziehungen dort nicht geklappt haben.
Bleibt mir doch erstmal „nur“ die Selbstfindung (wobei ich da kurz vor dem Ende bin, vieles gefunden habe, was mir nicht gefällt, und damit wohl leben muss) und die anschließende Weltreise, bis ich meine Traumstadt (und -frau) gefunden habe.
So schlimm wäre das fei scho nicht. Hoffe nur, es findet sich da auch was.
Zum Beispiel…
*
Indien
Ich spielte heute Tischtennis mit einem Kumpel aus Indien, und wir kamen ein bisschen ins Gespräch:
„Das Leben in Indien ist viel umkämpfter als in Deutschland. Deswegen kam ich auch hierher.“
„Aber hier sind die Leute nicht gerade nett zueinander.“
„Aber es gibt hier viel mehr gute Jobs für alle. In Indien gibt es Millionen junger Leute, die zwei Jahre lang nur dafür lernen, um den Aufnahmetest an einer der großen Universitäten zu bestehen. Und qualifizierte Jobs gibt es dann nur für einige von denen. Das ist auch der Grund, warum so viele hochqualifizierte Inder auswandern.“
Das mal wieder zur Erinnerung daran, dass wir es hier eigentlich ziemlich gut haben. Warum nur sind dann alle so mies drauf?
Vielleicht weil…
*
Schwul
„SO’N BISSCHEN SCHWUL BIST DU SCHON AUCH!!“, brüllte mein schwuler Kumpel gerade durchs Haus, nachdem ich ihm erzählt hatte, dass ich in Porto bei der Pride Parade mitmarschiert bin.
Ganz ehrlich? Manchmal wollte ich, ich wär’s. Bei Schwulen weißt du wenigstens sofort, wie du dran bist. Die sagen dir, ob sie dich sexy oder cute finden. Frauen machen sowas nicht. Die gucken dich geringschätzig an und denken dann, sie haben dir doch Signale gesendet, warum reagiert der Typ denn nicht?
Dann allerdings ist er genauso Single wie ich, hat genauso Schwierigkeiten, jemanden kennenzulernen. Außer Frauen, die würden ihn oft ziemlich aggressiv anbaggern.
Das billige Hostel, das einen WhatsApp-Kontakt empfahl, damit der wunderbare Concierge dich kurz vor Mitternacht noch ins Taxi lotste, direkt am Eingang empfing und selbst dann noch auf der Touri-Karte alle Places of Interest für dich einkreiste, also quasi alle, damit du eine tolle Zeit vor Ort hast. Wieder einmal gemerkt, wie nett die Spanier sein können (und dass du auch deswegen damit leben könntest, wenn sie das Viertelfinale gewännen).
Den illegalen Flüchtling aus Gambia, dem du eventuell – vielleicht aber auch nicht, aber das ist egal – mit einer kleinen Geste eine neue Chance gegeben hast. Prima Churros und Tapas, auch wenn das ein Klischee ist, fantastische Paläste und Bauten, richtig heißes Wetter, Typen, die bei 35 Grad im Gorilla-Kostüm Geld verdienen müssen und sich herzlich bedanken, wenn du ihnen 1 Euro in den Topf schmeißt, schön verzierte Heißgertränke in einem koreanisch-kitschigen Plüschcafé.
Porto
Vielviel wunderbaren Deep Talk mit Nicky und Juan, Spaziergänge am Strand, Sonnenuntergänge in Gaia, ins kalte Wasser gehüpft, Porto Tonico getrunken, lecker Bifanha gegessen, mit wunderbaren Menschen Fußball geguckt, die gar kein Fußball mögen, aber den weiten Weg auf sich nehmen, nur weil sie dich vor einem Jahr mal kurz getroffen haben und unbedingt wiedersehen wollen. Mit besonderen Leuten und buntem Kranz um den Hals auf der Pride Parade mitmarschiert, weil du direkt nach Ankunft drei bekannte Schwule von Nicky getroffen hast, die dich herzlich begrüßt und dich beiläufig gefragt haben, ob du am Samstag mitläufst. Tat ich.
Menschen, die dir Komplimente machen und nachts Nachrichten schicken wie „Bleib doch hier“ oder „Es war sooo toll, dich nochmal zu sehen“, dass du fast meinen könntest, sie meinten das ernst (und sie tun es wahrscheinlich auch). Barbesitzer, die dir auch nachts um drei noch aufmerksam zuhören, den Laden schließen und fragen: Sollen wir noch einen zusammen rauchen?
Es war nicht alles krisenfrei, aber das hauptsächlich mal wieder dadurch begründet, dass es an beiden Orten viel zu viele schöne Frauen gibt, als dass du auch nur technisch dazu in der Lage wärst, einen Bruchteil davon zu daten.
Weil das alles in deinem Spatzenhirn irgendwie nicht gespeichert bleibt, hier noch einmal die Reassurance to Your Future Self:
DAS ALLES WAR EINE GUTE SACHE. ES TUT DIR RICHTIG GUT, HAB DA VIEL MEHR VON. SCHAU DIR DIE WELT AN!
Ich mag es, die Romanvorlagen von Serien zu lesen und dann die Unterschiede zu studieren. In „The Handmaid’s Tale“ sind diese gar nicht einmal so groß. Das Buch ist klasse, Margaret Atwood erschafft mit wenigen Worten die Welt, die man so ähnlich in der Serie erleben kann. Auch wenn die Beschreibungen der Hauptpersonen maßgeblich auf Dialogen basieren, hat man ein gutes Bild von ihnen und ihren Eigenschaften im Kopf. Hat ein bisschen gedauert, um reinzukommen, aber habe ich dann zum Ende hin weitestgehend verschlungen.
*
Heute habe ich offiziell ein Ehrenamt übernommen. Ich betreue für die Malteser alte Menschen und verbringe einfach nur ein wenig Zeit mit ihnen. Mein Klient ist Anfang 60, hatte einen Schlaganfall, ist bettlägerig und hat einen so unglaublich warmen Gesichtsausdruck, dass mir fast die Tränen kamen, ihn da so zu sehen. Vor dem Haus steht noch sein Motorrad, mit dem er bis zu seinem Schlaganfall unterwegs war. Jetzt will er sich zurück ins Leben kämpfen. Mir war es heute fast, als hätte er mit meiner Koordinatorin, die zur Vorstellung dabei war, nur mit Blicken ein wenig geflirtet. Und mir später tolle Geschichten von seiner großen Liebe erzählt. Ich dachte lange: Für so etwas habe ich nicht auch noch Zeit und Kraft. Aber ich glaube, ihm wird es gut tun, und ich werde einiges von ihm lernen können.
*
Es hat gedauert, aber das EM-Fieber hat jetzt auch mich gepackt. Schätze, das Viertelfinale wird der Knackpunkt oder sogar das vorgezogene Finale, weil dort die Spanier warten werden, also die beiden dann bis dahin besten Turniermannschaften aufeinandertreffen. Ich weiß noch nicht, wie wir die schlagen sollten. Tun wir das, gewinnen wir auch das Turnier, da bin ich mir fast sicher.
*
Werde nächste Woche einmal das Land verlassen. Urlaub ist es noch nicht wirklich. Sommer ist aber auch noch nicht da. Es sind höchst sonderbare Tage derzeit.
Ein Tag, der mit einer politischen Meinungsverschiedenheit auf WhatsApp beginnt. Wenn von einem, den ich eigentlich immer für recht intelligent gehalten habe, plötzlich Sprüche kommen wie: „Die Grünen gehören vor ein Gericht gestellt“ oder „Was ist so schlimm an rechts? Gehört für mich zum politischen Spektrum dazu: links, mitte, konservativ, rechts.“
Weil die Rechten dir genau das weiß machen wollen, merkt ihr das denn nicht?!
Abends auf dem Weg ins Kino erzähle ich einem anderen Freund davon, und er sagt gerade heraus: „Also, ich hab Grün gewählt, um es den ganzen AfD-Sympathisanten zu zeigen.“ – „Also eine Art Protestwahl?“ – „Sozusagen.“
Aus Protest die aktuelle Regierungspartei wählen. 😅 Ich hab mich köstlich amüsiert.
*
Furiosa
War schon toll! Sie haben wieder enorm viel aufgefahren (wenn auch nicht so viel wie in „Fury Road“, das merkt man schon). Diesmal gab es gleich noch ein paar Antagonisten mehr – Chris Hemsworth brilliert als „falscher Moses der Wüste“. Und überhaupt die überall christliche Symbolik von der verbotenen Frucht über die Verteibung aus dem Paradies bis hin zur Wiedergeburt. „Furiosa“ ist eine stimmige Hinleitung zum Hauptfilm. Vielleicht hat mir als letztes i-Tüpfelchen so eine Gallionsfigur gefehlt wie in „Fury Road“ der völllig überflüssige und deswegen immer so genial eingewobene Typ mit der E-Gitarre vor dem Truck:
Freitag beginnt die EM 2024, und ich habe zum Eröffnungsspiel ein paar Freunde zu mir eingeladen. In die Einladung schrieb ich als Programmpunkt:
20.55 Gemeinsames, feierliches Singen/Summen der Nationalhymne
Ich kann mir bei meinen Freunden sicher sein, dass sie die Ironie dahinter verstehen.
Bei vielen anderen Deutschen kann ich das nicht mehr.
Die Europawahl gestern hat ein tief gespaltenes Land offenbart. Es ist gar nicht mal, dass die drei Regierungsparteien abgestraft wurden – das macht der Bürger schon, solange es die Demokratie gibt – oder dass die AfD bundesweit auf 16 Prozent kommt – das hätte schlimmer kommen können. Es geht um dieses Ost-West-Gefälle. Die Grafik, die das Katapult-Magazin dazu erstellt hat, könnte eindrücklicher kaum sein:
Wo verlief bis 1990 noch einmal die deutsch-deutsche-Grenze? Schau auf die Wahlkarte, 34 (!) Jahre später.
Und das alles, nachdem bekannt wurde, wen diese Partei alles „remigrieren“ möchte, dass sie von Russland finanziert und gefördert wird, dass sie den französischen Rechten zu rechts ist und für China spioniert hat. Wer mit der aktuellen Bundesregierung unzufrieden ist, hatte zahlreiche andere Parteien zur Auswahl; sehr viele entschieden sich für die CDU/CSU. Wer eher links unterwegs ist und trotzdem etwas gegen die Migrationspolitik oder die Superwokeness der heutigen Gesellschaft hat, konnte beim Bündnis Sahra Wagenknecht Protest wählen.
Haben die 25-40 Prozent Wähler im Osten nicht gemacht, die die AfD dort in fast jedem Kreis zu stärksten Partei gemacht haben. Wer jetzt noch die AfD gewählt hat – da gibt es keine andere Erklärung mehr für – ist offen rechts und scheißt auf die Bundesrepublik Deutschland.
„Ja dann spaltet euch halt ab und macht euren eigenen Staat“, ruft die trotzige Stimme in einem. „Zahlt ihr uns aber dann die 2 Billionen (!) Euro zurück, die in euren Wiederaufbau geflossen sind, hier an allen Ecken und Enden gefehlt haben, den Sozialabbau erst notwendig gemacht und Notentscheidungen wie die De-Industrialisierung der Bahn in den 90ern befördert haben.“
Aber das täte mir zu sehr leid für die vielen tollen Menschen, die von dort kommen oder die ich da drüben kenne und die definitiv nicht rechts sind.
„Die da drüben“, denn das ist schon das, was ich mittlerweile so formulieren würde. Das da drüben wirkt auf mich zunehmend wie ein eigenes Land, das sich abschotten will, das keine Lust mehr auf irgendeinen Konsens hat, mit dem wir hier aber auch nicht mehr viel gemeinsam haben und einem langsam auch das Verständnis abgeht.
Wenn am Freitag die EM beginnt, bleibt das im Hinterkopf. Deutschland ist zwei Länder in einem. Bleibt einem der Jubel über die Tore, die es hoffentlich geben wird, da nicht irgendwo im Halse stecken?
*
Apple Intelligence
Es hat gedauert, aber Apple nailed it! Leider erst nur auf Englisch, für Mac ab M1-Chip und vorerst nur für das iPhone 15 Pro (Max). Hat sich der Kauf also doch noch gelohnt…
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