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  • Zu Fuß von Bonn nach Köln (Entry Level)

    Ich betrachte Köln und Bonn ja mittlerweile als eine Stadt, und so falsch ist das gar nicht. Zwar trennen die beiden Innenstadtkerne etwa 30km, und vom nördlichsten Worringen bis zum südlichsten Mehlem wären es gut 60 km. Aber fast die gesamte Strecke ist bebaut und die kürzeste Distanz zwischen beiden Städten ist deutlich kleiner. Ich bin sie heute in knapp 2 Stunden gelaufen.

    Nochmal zur Verdeutlichung:

    Die normale Strecke Bonner Münster bis Kölner Dom, Luftlinie etwa 25km, Laufstrecke etwas über 30km. Normal weit:

    Screenshot

    Bonn vom südlichsten Punkt Mehlems direkt an der Grenze zu Rheinland-Pfalz bis in Kölns äußerten Norden Worringens an der Grenze zu Dormagen: gut 60km. Ganz schön weit:

    Screenshot

    Und hier der Trick: Von Bonns nördlichstem Punkt, der Mondorfer Fähre in Graurheindorf bis zu Kölns südlichstem Stadtteil, dem rechtsrheinischen Libur, sind es nicht einmal 10km. Gar nicht weit:

    Screenshot

    Du setzt also einmal in Graurheindorf mit der Fähre über, durchquerst Mondorf, lässt Rheidt und Niederkassel im wahrsten Sinne des Wortes links liegen, gehst durch die Felder, auch an einem Golfplatz und einigen Baggergruben vorbei, passierst schöne Obstplantagen, Rollrasen- (!) und Rapsfelder, bis du in Uckendorf (nie zuvor gehört) wieder auf eine Ortschaft stößt und an dessem Ortsausgang schon der Liburer Weg beginnt.

    Das ist leider eine Landstraße ohne Bürgersteig, der du die letzten 2km noch folgen musst, auch über einen Kreisverkehr hinweg, bevor es zum Schluss rechts in die Pastor-Huthmacher-Straße einbiegst. An einem Feldkreuz vorbei kommt dann auch schon das Ortsschild mit der Aufschrift „Porz-Libur, Stadt Köln“, direkt gefolgt von der Hausnummer 32, dem dann wohl südlichsten Wohnhaus Kölns.

    Libur ist im Grunde nur ein Dorf mitten im Nichts mit etwas über 1.000 Einwohnern, einer großen Kirche, einem Gasthaus und sonst nicht viel mehr. Ein Wegweiser verrät es: Bis zur Kölner Innenstadt sind es von hier noch 18km, mehr als in die Bonner City. Aber, voilà, streng genommen bist du jetzt von Bonn nach Köln gelaufen. Meine Sportuhr zeigt 1:48h an und 9,04 km, gestoppt ab der Fähre in Mondorf.

    Das Ganze wozu? Um deinen Enkelkindern (oder Kegelbrüdern) aufs Brot zu schmieren, dass du mal wahrhaftig zu Fuß von Bonn nach Köln gelaufen bist.

    Aus Spaß an der Freud? Na ja, eigentlich nicht. Es gibt wirklich schönere Wanderstrecken, zumindest andere als diese kürzeste Version. Aber heute, an Karfreitag, war ja auch ein Tag der Buße.

    Ich würd’s wieder tun.

    *

    Mobile Payment

    Der älteren Frau hinter mir an der Kasse entfährt ein „Woa!“ und dann ein „Haben Sie gerade mit dem Handy bezahlt? Das geht?“. Ja, entgegne ich, das geht. Auch schon recht lange und mittlerweile sogar mit einer Uhr…

    Ein paar Augenblicke später beim Einpacken kommt die Frau noch einmal auf mich zu: „Und braucht man da eine App dafür, oder wie geht das?“ Ich erkläre es ihr, nicht zwingend eine App, aber die Freischaltung durch die Bank.

    „Ach so, und dann machen Sie wahrscheinlich auch Mobile Banking. Das mache ich nicht, ist mir zu unsicher.“ Auch nicht unsicherer als Papierüberweisungen, versuche ich ihr zu erklären. Und könne man sich ganz einfach für freischalten lassen. Aber sie winkt ab: „Nee. Nee, das mache ich nicht. Mit dem Handy… lieber nicht. Nachher wird das noch geklaut und alles…“

    Ja, aber selbst dann könnten die Diebe nicht viel damit… versuche ich ihn noch hinterherzurufen. Aber da hat sie sich schon verabschiedet.

    Also, mit dem Handy bezahlen ja, aber Online-Banking lieber nicht. Na gut. 😉 Schade.

    *

    Bea and her Business: Safety Net

    Ist ein netter Pop Song, mehr eigentlich nicht. Aber ich mag, wie sie ihre Musik Guerilla-Style promoted, hier mit einem extra angeheuerten Chor in der Londoner Metro. Die haben Spaß dabei!

  • Farbenblind

    Farbenblind

    Sie hält sich ein hellblaues Oberteil vor ihr Shirt. „Siehst du“, jetzt wirkt mein Gesicht eher blass“.

    Ich sehe es nicht.

    Dann hält sie sich ein dunkelrotes Oberteil vor die Brust: „Und jetzt leuchtet mein Gesicht eher. Siehst du den Unterschied?“

    Ich sehe ihn nicht.

    „Also stehen dir eher rötliche Farben?“
    „Kann man so auch wieder nicht sagen. Es kommt aufs Rot an.“
    „Und welche Farben würden mir stehen?“
    „Na ja, du könntest Schwarz tragen oder allgemein eher dunkle Farben.“
    „Aber immer nur dunkel ist doch langweilig und feige. Deswegen habe ich ja die Farbberatung gemacht. Damit doch mal bisschen Farbe reinkommt.“
    „Aber was spricht denn gegen Schwarz, wenn es dir steht?“
    „Dass ich manchmal gerne etwas Auffälligeres, Fröhlicheres tragen würde.“

    Ich war lange der Meinung, dass man fast alles lernen kann. Sprachen, Musik, selbst Biologie. Aber vielleicht sind einem bestimmte Dinge einfach nicht gegeben. So wie viele Deutsche nicht nur wegen schlechter Englischlehrer kein „th“ aussprechen können. Oder manche Leute einfach keine Töne treffen können.

    Ich scheine dafür farbenblind zu sein. Also nicht in dem Sinne einer Rot-Grün-Blindheit. Sondern dass ich nicht sehen kann, welche Farben mir oder anderen stehen und warum. Ich kann nur sagen, wenn ich finde, dass etwas gut aussieht oder jemand in etwas gut aussieht (aber auch das mache ich wohl eher selten).

    Interessanterweise kam aber auch bei oben genannter Farbberatung seinerzeit nichts Handfestes bei raus. Die Farbberaterin konnte mich nicht eindeutig einem Sommer- oder Winter-, Herbst- oder Frühlingstyp zuordnen. Sie sagte, das hatte sie so auch noch nie gehabt. Und weil sie mir am Ende irgendwas geben musste, gab sie mir einen Farbfächer für den Herbsttyp mit, der noch am ehesten passte, und sagte, bestimmte dunklere Grüntöne und Leberwurstbraun (ausgerechnet!) würden mir schon stehen. Genauer könnte sie es aber auch nicht sagen.

    Scheiß drauf, bin ich halt farbenblind. Dann muss mich beim Klamottenkaufen eben immer jemand beraten, so what. Andere Menschen sind die Lösung und so.

    Es wundert mich nur, dass jemand „farbenblind“ ist, dem selbst eine Farbberaterin auch keine Farbe wirklich sicher zuordnen kann. Zufall?

    *

    Lynyrd Skynyrd – Simple Man:

    Habe noch einiges an Rock- und Popgeschichte nachzuholen und diesen Klassiker kannte ich tatsächlich noch nicht (den Film aus dem Video schon):

  • Ich wohne in Kölnbonn

    Ich bin schon länger der Meinung, mit Bonn eigentlich durch zu sein. Derzeit zieht es mich stark nach Köln, was eher eine Stadt für halbwegs jung Gebliebene Mitte, Ende 40 ist. Wo auch einfach mehr los ist und sich schneller was bewegt.

    Okay, wenn das so ist, warum ziehe ich nicht langsam mal dahin? Mal abgesehen von meiner Bequemlichkeit ist es auch der Wohnungsmarkt. Du hast in Köln überhaupt nur über Tauschwohnungen überhaupt eine Chance. Und als Selbständiger gar nicht mal so gute Karten. Ich müsste mit mindestens 50% mehr Miete rechnen, als ich jetzt dank meines Altvertrags in Bonn zahle. Und das möchte ich mir im Moment nicht leisten.

    Wenn ich also nicht nach Köln ziehen kann, muss Köln halt zu mir kommen. Ich habe angefangen, Köln und Bonn als eine Stadt anzusehen:

    • Kulturell sowieso ähnlich. Der Standard-Bonner ist FC- und Haie-Fan, trinkt Kölsch, redet auch so ähnlich, feiert Karneval, geht am Wochenende in Köln raus.
    • Den äußersten Süden Kölns (Libur) trennen nicht einmal zehn Kilometer vom äußersten Norden Bonns (Graurheindorfer Fähre).
    • Wenn die Bahnen fahren, bist du in weniger als einer halben Stunde von einem HBF zum anderen gefahren.
    • Man könnte es als ähnliches Konstrukt wie das Ruhrgebiet betrachten oder wie Berlin, eine Stadt, die sich in der breitesten Ausdehnung über ca. 45 Kilometer erstreckt:
    • Kölnbonn wäre da sogar über 50 km groß:
    • Und nimmst du Düsseldorf oder gar das Ruhrgebiet noch dazu, wird eine Riesenstadt draus.

    Als ich Joachim neulich von der Idee erzählte, winkte er ab: „Das funktioniert nicht. Zwischen Köln und Bonn ist ein schwarzes Loch.“

    Ich weiß, was er meint. Klar liegen noch Städte wie Brühl, Bornheim, Wesseling, Hürth und Niederkassel dazwischen. Aber dann auch viel Land und gerade, wenn du nachts mal mit der 16 von Köln nach Bonn fährst, wirklich viel schwarzes Nichts.

    Davon abgesehen: Deutschlandticket für 60 Euro statt doppelte Miete, mich in zwei Städten heimisch fühlen, öfter mal rüberfahren oder das ganze Konstrukt sogar als eine Stadt begreifen. Zumindest, bis die Immobilienblase platzt, kann ich mit der Vorstellung gut leben.

  • Welthit auf Knopfdruck

    Welthit auf Knopfdruck

    Heute habe ich für Toolness ein wenig mit Riffusion rumgespielt. Einmal anmelden, einen Prompt abschicken, fertig ist der Song.

    Keine Ahnung, ich wollte was wie von Agnes Obel hören. Genau das zu prompten, ließen die Guidelines nicht zu – die Tools haben ja Ärger mit der Musikindustrie – also beschrieb ich, was ich wollte, und heraus kam dieser Welthit namens „Burn“:

    https://www.riffusion.com/song/a5d472fe-5116-41cd-b1bb-22f015bb8cd8

    Und seitdem zermartere ich mir den Kopf:

    • Ist das jetzt mein Hit?
    • Wer hat Anspruch darauf?
    • Wenn das ein Welthit würde, wer würde damit berühmt und reich?
    • Wie würde das überhaupt ein Hit? Steht ja kein Label oder irgendwas dahinter, kein Spotify und auch kein Radio wird den jemals spielen.
    • Es gibt also nicht nur keine Labels als Gatekeeper mehr, es gibt überhaupt keine Gates mehr.
    • Fällt Musik als verbindendes Element damit weg? „Was hörst du so?“ – „Mein eigenes KI-Zeug“.
    • Wenn das so einfach ist, einen Welthit zu prompten, warum macht das nicht jeder? Und immer? Und legt sich ganze Playlists davon an?
    • Ist da noch ein großer Unterschied zu diesen – auch von Musikforschern kritisierten – gleichförmigen Songs, die wir im Radio oder auf Spotify hören?
    • Was machen dann all die Musiker, die von Musik leben wollen und auch sollten. Wir reden hier nicht von den immergleichen Popsternchen, sondern Leuten, die es wirklich drauf haben, eigene Songs komponieren, mehrere Instrumente spielen und/oder singen können? Was wird aus denen?
    • Und was wird aus uns und mir? Irgendwann wird so eine KI wohl auch die Texte schreiben oder Videos in der Qualität produzieren können, die ich gerade produziere.

    Viele Fragen. Gibt es Antworten?

    Ja, von der KI (ChatGPT) selbst:

    „KI wird vieles automatisieren, aber kreative Menschen bleiben gefragt – besonders dort, wo Originalität, Emotionen und menschliche Erfahrungen zählen. Wer KI als Werkzeug nutzt, anstatt sie als Konkurrenz zu sehen, kann sogar profitieren.“

  • Growing-up-Challenge

    Growing-up-Challenge

    Jeden Tag 1 Sache tun, die ein Erwachsener tun würde. Eine neue Bankkarte beantragen, wenn die alte abgelaufen ist, sich seiner Steuer widmen, Vorsorgevollmacht für den Notfall einrichten, einen Termin ausmachen, um den Wagen zum längst überfälligen TÜV zu bringen, Notfallinformationen auf dem Handy hinterlegen. All sowas, solange, bis man sich deutlich erwachsener fühlt. Wer macht mit?

    *

    The Tallest Man on Earth: Dreamer

  • Wahlschlappe

    Ich habe versucht, dem Wahlergebnis etwas Gutes abzugewinnen. Aber es fällt mir schwer. Die schlechten Nachrichten zuerst:

    • Die AfD bei über 20 Prozent
    • Merz Kanzler
    • Eine dringend notwendige Umverteilung durch eine Reichensteuer wird also nicht kommen.
    • Wahrscheinlich wird es sowieso nur noch auf kurze Reaktionszeiten gegenüber Trump und Co. ankommen. Für nachhaltige Innenpolitik wird kaum Zeit bleiben.
    • Und dafür sind die knapp 29 Prozent für die CDU schon gar nicht mal so ein fulminantes Ergebnis. Einen strahlenden Sieger Friedrich Merz habe ich heute nicht gesehen.
    • Grüne und SPD abgestraft. Meines Erachtens in der Höhe zu Unrecht.

    Aber: All das war im Grunde schon vorher bekannt. Mein Entsetzen hält sich deswegen in Grenzen. Und wenn man der Wahl etwas Gutes abgewinnen mag:

    • Die AfD nur bei knapp über 20 Prozent. Sicher ist das zu viel, aber ich hatte mir die schlimmsten Szenarien von 24, 25, 26 Prozent ausgemalt. Die erste Hochrechnung, die ich kurz nach 1800 Uhr sah, nordete die AfD sogar bei unter 20 Prozent ein. Am Ende werden es bei ihr immer etwas mehr, aber auch hier hätte ich mit noch Schlimmerem gerechnet.
    • Im Grunde auch Merz abgestraft. Vielleicht für seine misslungene Aktion, einen Gesetzesentwurf mit Stimmen der AfD durch den Bundestag zu bringen? Zumindest liegt das Ergebnis der Union recht deutlich unter den Umfragewerten von zuletzt rund 32 Prozent.
    • Ein Merz ist kein Trump. Er schließt eine Koalition mit der AfD kategorisch aus, kündigte an, der Ukraine die Stange zu halten, verurteilte die Politik von Trump, Musk und Vance. Immerhin das.
    • Mit etwas Glück reicht es – zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar, das BSW limbot noch an der 5-Prozent-Hürde – zu einer Zwei-Parteien-Koalition. Wieder eine Dreier-Koalition, bei der Einigungen viel schwerer sind, bliebe uns damit erspart.
    • Die FDP zu Recht abgestraft und aus dem Bundestag raus. Trotzdem brach bei mir irgendwie kein Jubel aus, als Christian Lindner später seinen Rückzug verkündete.
    • Wahlbeteiligung bei 83 Prozent. Die Leute hatten Bock auf diese Wahl, sie haben sich für die Demokratie entschieden und sie haben erkannt, worum es geht.
    • Die Linken bei über 8 Prozent. Das ist die große Sensation, die mich nach all dem, was die letzten Wochen passiert ist, beinahe diebisch freut. Die Abspaltung des BSW hat den Linken offensichtlich gut getan, sie haben endlich erkannt, wofür sie eigentlich da sind (die kleinen Leute) und einen richtig guten Wahlkampf geführt. Man sah es schon, was im Büro der Linkspartei in meiner Nachbarschaft die letzten Wochen los war. Volle Bude an fast jedem Abend der Woche. Die Partei lebt wieder und sie hat sogar dem BSW den Rang abgelaufen, was in Umfragen lange Zeit genau umgekehrt ausgesehen hatte.
    • Auch generell ist Links lange noch nicht tot, auch wenn Merz gestern etwas anderes behauptet hatte. Zählt man die Stimmen von SPD, Grünen, Linken und BSW zusammen, haben 42 Prozent links gewählt. Und da sind die Kleinen, Volt und die Partei, noch nicht mal dabei.

    Trotzdem: In der Elefantenrunde heute auf ARD/ZDF habe ich fast nur Verlierer gesehen, selbst die, die eigentlich gewonnen hatten, saßen wie begossene Pudel da: Habeck, Scholz, Lindner, und irgendwie auch Merz und Söder. Weil sich Jan van Aken von der Linkspartei trotz des Sieges vornehm zurückhielt, stand eigentlich nur Alice Weidel als strahlende Siegerin auf dem Podest.

    Und man fühlt, dass sie nicht ganz Unrecht hat, wenn sie sagt, dass die Wähler eine Koalition zwischen CDU und AfD gewollt hatten. Ein großer Teil der Wähler nämlich eben schon. Und diese Partei, man ahnt es, wird bleiben und lässt sich nicht mehr so einfach wegignorieren. Denn die AfD steht im Gunste derer, die auf Demokratie, wie wir sie kennen, pfeifen. Schnelles, klares Handeln auf der Weltbühne ohne eine lästige Opposition. Das sind Russland, China und mittlerweile auch die USA. Kein Wunder, dass sie die AfD dabei hofieren.

    Ich fürchte nur: Wer es nach der alten Methode versucht, wird in diesem Zirkus verlieren. Die Zeichen der Zeit haben sich geändert. Die Zeit der großen Reden in der Weltpolitik, das Schließen von Kompromissen, scheint vorbei.

    Auch die Zeit der Demokratie? Ich will es nicht hoffen. Als Wahl-Rheinländer sage ich nur: Et hätt noch schlimmer kumme künne. Mir wäre es aber lieber gewesen, dat et besser hät gekütt.

    *

    „Trump-Administration“. Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Anglizismus in den letzten Tagen wieder gehört habe. Können wir bitte wieder einfach „Trump-Regierung“ dazu sagen, wie es eigentlich heißt?

  • Geschichte im Porzellanladen machen

    Die Nachrichten interessieren mich derzeit mehr als sonst. Jeden Morgen gucke ich auf tagesschau.de mit einem gewissen diebischen Interesse – ich geb’s zu – was die beiden Bengel da jetzt wieder ausgefressen haben. Heute war es vergleichsweise ruhig, ungewöhnlich ruhig. Muss man Trump und Musk nämlich lassen: Sie haben verstanden, wie sie in die Schlagzeilen kommen und irgendwo leider auch: wie sie Geschichte schreiben. Einfach mal machen, was einem gefällt und auf bestehende Konventionen scheißen. Der Rest der Welt muss dann Lösungen darum herumbauen.

    Und das ist leider das Problem. Randaliert der Elefant im Porzellanladen, dann konzentriert sich alles auf den Elefanten, nicht den Porzellanladen. Man versucht, ihn zu besänftigen, ihn zum Einlenken zu bringen, ihm Futter zuzuwerfen, um ihn abzulenken. Über diejenigen, die am Ende die Scherben aufkehren oder versuchen, nochmal zu kleben, was noch kleben ist, über die redet niemand.

    Jetzt könnte man sagen: lasst sie doch erstmal machen, vielleicht kommt ja am Ende was Brauchbares dabei heraus, zum Beispiel Frieden in der Ukraine.

    Na ja, man hat jetzt gesehen, was für ein Frieden das wäre, wenn Trump Selenskij die Schuld für den Krieg gibt. Muss man sich mal vorstellen: Man gibt demjenigen die Schuld am Konflikt, der angegriffen wurde, nicht kleinbei gibt und sich verteidigt.

    Gestern im Politikum-Podcast wurde das ziemlich gut aufgedröselt: Mit einem Trump/Vance/Musk-geführten Amerika, das die Ukraine fallen lässt und Europa sich selbst überlässt, gilt der Nato-Bündnisfall nicht mehr. Der große Bruder Amerika boxt uns nicht mehr raus, wenn Russland angreift. Endet der Krieg in der Ukraine, hätte Putin mit seiner Politik der Aggression gewonnen und könnte die rund 1 Million Soldaten, die er mobilisiert hat, auf das nächste Ziel lenken: Litauen, das sich längst auf den Ernstfall vorbereitet. Wo übrigens auch deutsche Soldaten stationiert sind und die Grenzen absichern sollen. Ohne Amerika als Schutzmacht, vielleicht sogar mit einem Amerika, das mit Putin gemeinsame Sache macht (Bodenschätze und Co.), wer genau soll Putin dann aufhalten?

    Gemessen daran, so war auch die Quintessenz im Podcast, wäre Europa derzeit am besten damit beraten, dass Putins Militärmacht in der Ukraine gebunden bleibt, sprich: dass der Ukraine-Krieg möglichst lange weitergeht. So bitter das ist. 🙁

  • Brüllen vor Lachen

    Trump, der Zelenskij die Schuld am Ukraine-Krieg gibt. Musk, der den öffentlichen Sektor der USA auflöst, die AfD voraussichtlich bei weit über 20 Prozent bei der Wahl am Sonntag…

    Das alles löst eine interessante Reaktion in mir aus: Ich könnte brüllen vor Lachen.

    Nein, nicht ironisch gemeint. Eher ein Anflug von Hysterie. Aber irgendwie auch nicht das. Mein Kopf ist überstimuliert mit Beunruhigungen, dass es sich anderen Dingen zuwendet. Schönen Dingen.

    Zum Beispiel hörte ich heute Abend im Auto eine Folge „Politikum“ auf WDR 5, ein richtig guter Podcast, toll moderiert von Max von Malotki, Wirtschaft und Politik wunderbar erklärt und trotz des nötigen Ernstes voller Humor. Und hier hörte ich zum ersten Mal den Begriff Broligarchy – ein Kofferwort aus Bro und Oligarchy. Eben das, was Trump, Musk, Bezos, Zuck und wie sie alle heißen, gerade eben mit Amerika machen. Und ehe das hier auch passiert, freue ich mich über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, WDR5 und solche Sendungen.

    Politik ist überschaubar geworden in diesen Tagen. Mir ist so klar wie lange nicht mehr, wen ich wählen werde. Ich muss nicht einmal, wie sonst, das kleine Übel wählen, sondern habe zwei Parteien, die ich voller Überzeugung wählen werde, und ich habe sogar ein gutes Gefühl dabei.

    Und nicht zuletzt stand ich neulich in der Küche, ließ den Spotify-Algorithmus laufen und kam von einem Song zum nächsten. Auf Eddie Vedder folgte interessanterweise Cher, dann erinnerte ich mich an den gemeinsamen Song von Cher und Beavis & Butthead und dann plötzlich fiel mir dieser eine Song wieder ein:

    Green Jelly: „Three Little Pigs“

    Aus einer Zeit, in der die Welt aus heutiger Sicht noch in Ordnung schien (war sie auch nicht. Es gab in der Zeit den Jugoslawien-Krieg und den Genozid in Ruanda). Okay, besser war die Welt nicht, aber sie wirkte überschaubarer. Und der Song und vor allem das ikonische Musikvideo, sind sie gut gealtert? Oh ja, kann ich mir heute fast besser anschauen und anhören als damals:

    Was ich fast am bemerkenswertesten finde: Wie so viele Bands von damals machen auch Green Jelly heute noch Musik. Das letzte Album ist von 2021, ich höre es gerade, während ich diese Zeilen schreibe, und es klingt ziemlich gut. Das ist doch absurd: Die Ikonen meiner Jugend sind heute die einzigen, die weiterhin Rock’n’Roll machen und keiner hört es noch. Nicht einmal ich, der musikalisch in den 90ern stehengeblieben ist.

  • Smells Like Teen Spirit

    Interessant, dass sich mein Coach für den Bodypump-Kurs am Montag ausgerechnet „Smells like teen Spirit“ von Nirvana als einen der Songs ausgesucht hatte. Der Rest der Auswahl ist für gewöhnlich sehr dancelastig. Oft werden in der modernen Popmusik ja irgendwelche alten Songs gesampelt und neu aufgelegt. Bei „Smells like teen spirit“ während der Liegestützen und Bizepsübungen am Montag war das nicht der Fall. Ich glaube, er verwendete ein Cover, das täuschend echt klang, nur von jemand anderem gesungen wurde. Ich weiß nicht genau, wie das mit den Gema-Gebühren ist, ob man für einen Coversong weniger zahlt als für ein Original. Aber ansonsten war der Song identisch. Ging gut ab, passte zu den Übungen und irgendwie auch in die heutige Zeit. Ist zeitlos (das Video übrigens auch), aber eine ganze Weile habe ich ihn nicht gut hören können. (Genau genommen mochte ich ihn auch sehr lange nicht, von der Nevermind mochte „In Bloom“, „Lithium“, „Breed“, „Territorial Pissings“ und „Something in the way“ immer am liebsten.)

    Und mehr gibt es dazu kaum zu sagen. Hört bei nächster Gelegenheit noch einmal „Smells like teen spirit“! Zum Beispiel hier und jetzt:

  • Januar

    Okay, das war ein Monat nach meinem Geschmack!

    Ich fand mich Anfang des Monats nach einer sehr coolen Silvesterparty in Portugal wieder, davon sogar bald bei teils 18 Grad an der Algarve, ich habe bisher jeden Tag des Jahres ohne Ausnahme an meinem Buch geschrieben, ich durchleuchte mein Leben mehr denn je und hatte einen Major Insight dabei, ich date wieder, und auf der Arbeit kommen gerade Dinge ins Rollen, die mir bei genauer Betrachtung eigentlich sehr gut gefallen, und ich bin mittendrin. Das Schattenkind hat sich vor etwa zwei Wochen in den Winterurlaub verabschiedet und dem Sonnenkind Platz gemacht. Meine Ungeschlagen-Serie im Tischtennis hält an. Ich lese gleich vier Bücher gleichzeitig gerade, vor allem beim mittlerweile zweiten Teil der Gereon-Rath-Reihe von Volker Kutscher („Babylon Berlin“-Buchvorlage) tauche ich vorübergehend in andere Welten ab. Und nicht einmal der elendige Wahlkampf tangiert mich besonders.

    Könnte ein Jahr der positiven Veränderungen werden. Kann gerne so weitergehen!

    *

    Gänsehaut…

    Haltet fest zusammen!