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Yeah

Parallelland

Nicht weit von uns im Western, da liegt ein kleines Land liegt eine Art Parallelwelt zu Deutschland. Es leben Menschen dort, die sich eher mal auf der Straße einfach grüßen, die dabei eine Sprache sprechen, die irgendwie so ähnlich ist wie Deutsch und teils die gleichen Wörter verwendet, die aber etwas anders klingen oder etwas anderes bedeuten. Die Menschen dort etwa verknallen sich nicht in jemanden, sie verknallen das Essen, indem sie es zu lange im Backofen schmoren lassen. Die Luft im Industriegebiet ist nicht verpestet, sondern vervuild, anders als die Dinge auf dem Kompost, die nicht verfault sind, sondern vergaan. Verpesten kannst du dafür das Abendessen, wenn zu zu viel Salz reinkippst.

Es ist eine Welt, in der es eine hochmoderne Infrastruktur statt kreativer Ausreden für das Nichtvorhandensein einer solchen gibt. Man wirbt nicht mit dem besten mobilen 5G-Netz (dingdingdingDINGding), man hat es einfach – und macht nicht viel Gewese darum. Es gibt einen geregelten Bahnverkehr und irgendwie von jedem Fleck des Landes aus alle 15 Minuten eine Bahn, die von und nach Utrecht fährt. Vom weltbesten Fahrradwegenetz habe ich hier ohnehin schon oft vorgeschwärmt. Es ist ein Land, in dem auch viel über alles debattiert wird und jeder Vorschlag durch zwei Kammern laufen muss, der das dann aber meist recht solide übersteht und nicht in irgendwelchen faulen Kompromissen endet.

Man scheut sich auch nicht vor der Zukunft und – pardon, wenn ich mit meinem eigenen Land so hart ins Gericht gehe – der Gegenwart. Während in Bonn noch darüber diskutiert wird, ob man das Stadtbild mit einer Seilbahn und einem Hochhaus verschönern darf – aber dann bitte nicht bei mir im Garten und bitte nicht zu hoch, das Haus – haben Den Haag und Rotterdam jeweils atemberaubende, moderne, ja sogar schöne Skylines mit architektonischen Meisterwerken wie der Markthalle (Rotterdam) oder dem Amare in Den Haag (neem hier een kijkje 😉 hochgezogen.

Sorgen, Probleme, eine solide Grundunzufriedenheit? Haben die Menschen dort auch. Gepaart allerdings mit einem scheint’s einprogrammierten Optimismus und einer bemerkenswerten Geradlinigkeit. Natürlich nicht jeder, aber sehr viele Leute, die ich dort sah und traf, haben einfach mal gemacht. Darf ich das jetzt? Könnte das jemanden stören? Bin ich eventuell zu laut dabei? Fragen, die sich die Menschen dort für mein Verständnis deutlich seltener stellen als die Menschen in Deutschland.

Es gibt leider auch dort Mord und Totschlag. Neulich haben in Den Haag ein paar Ghetto-Kids einen Obdachlosen vor eine Straßenbahn gestoßen (tot), es gab eine Anschlagsserie auf polnische Supermärkte. Es gibt Clan-Kriminalität, die in dem traurigen Mord an dem Journalisten Peter de Vries oder Morddrohungen gegen Premier Mark Rutte gipfelten. Jener eigentlich für ausländische Augen hochsympatische Rutte übrigens, dessen Kabinett den unsäglichen Politskandal um die letztlich rassistische Toeslagenaffaire heraufbeschworen hat. Dann die „Gasbevingen“ in der Region Groningen, die mehrere zehntausend Menschen quasi obdachlos gemacht haben. Mieten und Häuser in der Randstad sind für kaum noch jemanden zu bezahlen, der neu irgendwo hinziehen möchte. Die Fremdenfeindlichkeit wächst, auch weil Expats und ausländische Studenten dazu beitragen, dass die Mieten immer weiter steigen.

Ein Land, in dem man angeblich aufgrund calvinistischer Tradition demütig, angepasst und obrigkeitstreu ist. Und auf der anderen Seite gewaltsam auf die Straße geht, wenn die Regierung aufgrund steigender Corona-Zahlen eine verhältnismäßig kurze Sperrstunde einführen will.

Und die Sache mit dem Fußball… große Rivalitäten mit der DFB-Elf gibt es eigentlich nicht mehr. Aber es gibt Vereine wie Feyenoord mit einer radikalen Anhängerschaft, die kürzlich erst Funktionäre des Gegners Union Berlin in der UEFA Conference League einer Bar in Rotterdam angegriffen haben, und von dem der Generalmanager nach Morddrohungen der eigenen Ultras letztlich das Handtuch warf.

Aber ohnehin – ging es um Deutschland, merkte ich in Gesprächen mit den Einheimischen eigentlich immer, dass ein gewisser Respekt mitschwang vor dem riesigen Bruderland da im Osten. Fast ein wenig, als spräche man da vor dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Während daheim alles so engstirnig und überregelt abliefe. Und alles, was da in Deutschland doch nicht gehe, das wäre schon für irgendwas gut oder würde sich schnell bessern. Vielleicht weil Deutschland dem Niederländer so groß und vielseitig erscheint – oder weil der Mensch einfach mehr Grün auf der anderen Seite sieht.

Dieses Parallelland, wohlgemerkt, das als erstes der Moderne weiche Drogen legalisiert hatte und in dem man an einem Samstagabend in einer beliebigen Innenstadt (außer der vom Amsterdam!) trotzdem nicht mehr Grasgeruch wahrnimmt als in der Bonner Altstadt. In der man sich gewappnet hat, mit gigantischen Deichen, Poldern oder den Deltawerken der Neeltje Jans gegen das, was da noch kommen wird beim real existierenden Klimawandel. Ein Land, das selbstkritisch mit der eigenen Geschichte umgeht, kürzlich etwa in zwei Kriegsfilmen dargestellt: Kollaborateure zur Zeit der deutschen Besetzung (The Forgotten Battle, Netflix) oder die unrühmlichen Kolonialkriege in Indonesien direkt danach (De Oost, Amazon Prime). Ein Land, das in den letzten 10 Jahren zwei Dutzend Gefängnisse geschlossen hat, weil es einfach zu wenig Delinquenten gab, die man dort hätte unterbringen können. Und in dem man deswegen trotzdem nicht restlos glücklich ist – weil das 2.000 Arbeitsplätze gekostet hat.

Ja, das Gras ist immer irgendwie grüner auf der anderen Seite – selbst wenn man mal an einer WM nicht teilnimmt oder denkt, dass das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ein anderes ist. Aber dieses Parallelland da im Westen, das macht schon einiges redelijk goed. Kan ik niet anders zeggen.

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:)

Gesund essen

Mal wieder Zeit eine für Challenge. 1 Monat lang nur gesund essen ist in Vorbereitung, mir gerade aber auch zeitlich zu anspruchsvoll. Die Vorstufe mache ich seit gestern: Jeden Tag zumindest etwas Gesundes essen. Und sei es nur, dass du dir ein paar Sprossen Alfalfa über die Pizza kippst (gestern so ähnlich gemacht).

Ich glaube, es wirkt auf jeden Fall. Im Rahmen einer Challenge bleibt der Gedanke zumindest im Hinterkopf, dass auf alles noch was Grünes drauf muss. Schaden wird’s schon nicht.

Freitag breche ich hier meine Zelte ab und Samstag führen die Niederlande wieder strengere Corona-Regeln ein. Was ich so lese, bekommt das Land damit so ungefähr deutsche Verhältnisse. Wieder Masken im Supermarkt tragen, mehr lüften, 3G-Nachweis in Innenräumen. Besser hätte ich meinen „Urlaub vor Corona“ wohl nicht timen können. Hartelijk bedankt voor deze vacantie, Koninkrijk der Nederlanden!

A la la la la long? ?

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Yeah

Mal kurz im Ausland leben

Klar, wenn man an einen belebten Ferienort zieht, der auch noch zufällig Teil einer weltoffenen Großstadt ist, die zufällig auch noch Hauptstadt eines sehr toleranten Landes ist, in dem praktisch jeder Englisch fast so gut spricht wie seine Muttersprache (falls die nicht sogar Englisch ist). Dann ist es immer noch einmal was Anderes, als sich irgendwo in der Pampa einzunisten.

Aber ja, die sieben Wochen hier, die jetzt leider zu Ende gehen, habe ich sehr genossen. Zum einen gefallen mir viele Dinge an diesem Ort, in diesem Land sehr gut. Zum anderen, und das will ich gar nicht verschweigen, hilft es auch, wenn man mal in seiner Rolle als Gast verbleibt. Das bedeutet, dass man nicht sooo tief in die politische Atmosphäre eintaucht, die anderen einfach mal machen lässt. Klar, ich lese hier auch hin und wieder die Zeitung, schaue fern und höre die Nachrichten. Aber als Gast halte ich es nicht für notwendig, noch tiefer einzusteigen. Heerlijk eigenlijk! Man kann einfach mal eine Runde gemakkelijk die Anderen machen lassen.

Aber auch sonst. Die Leute hier: Man lächelt einem Fremden tatsächlich eher mal zu, man sagt eher mal „Goedendag“, als dass man gar nichts sagt. In der Kneipe am Tresen wirst du nicht wegignoriert, wenn du da was bestellen willst. Du musst gar nicht die Ellenbogen ausfahren, dich vordrängeln oder sichergehen, dass du dich nicht an der falschen Seite angestellt hast. Man bedient dich auch so, und dann freundlich.

Hier ist alles ein Stück moderner – auch teurer, keine Frage. Aber du kannst selbst die 50 Cent vor der Drehtür kontaktlos bezahlen, du kannst fast jeden Termin online buchen. Du kannst beinahe vom Boden essen, überall schnell günstig mit dem Zug hinfahren. Oder mit dem Rad, denn das Wegnetzsystem sucht weltweit seinesgleichen.

Aber ja, vor allem schön, einfach mal rauszukommen, mal woanders zu wohnen, mal für ein paar Wochen oder Monate der deutschen Tristesse zu entfliehen und die Leichtigkeit zu genießen. Sehen, dass es auch anders geht. Jederzeit gerne wieder!

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Hm

Impfskeptiker, don’t let this be on you!

Wenn es ganz schlecht läuft (und danach sieht es gerade aus), steuern wir auf einen finalen Lockdown zu. Die Zahl der Infizierten ist so hoch wie seit Monaten nicht (obwohl Millionen geimpft sind), die Krankenhäuser sind voll. Die 4. Welle grassiert und längst zeichnet sich ab, dass die Zahlen weiter klettern werden, wenn wir nicht wieder das halbe Land dicht machen. Vergleicht man die Zahlen in Deutschland und den Niederlanden mit denen von Ländern wie Portugal, zeigt sich, dass eben diese 10, 20 fehlenden Prozent der nicht Geimpften den Unterschied machen. Autsch!

Joshua Kimmich ist der prominenteste Impfskeptiker der letzten Tage – nicht Impfgegner oder -verweigerer, das würde ich unterscheiden. Er ist nicht generell gegen die Impfung, er hat nur Bedenken, ob die Impfung nicht doch Nebenwirkungen oder Spätfolgen haben könnte, weil die (sozialen) Medien ziemlich viel Unfug darüber verbreitet und so letztlich bei vielen Menschen auch Unsicherheit geschürt haben. Bei einem Freund von mir ist es auch so. Und bei einer Frau, die Spiegel TV im Krankenhaus besucht hatte auch. Sie hatte irgendwie Angst vor dem Impfung und sie deswegen so lange vor sich hergeschoben, bis es zu spät war.

Passend dazu ist mir ein Zitat von John Gruber aus dem Frühjahr wieder in den Sinn gekommen. Als damals Trump-Anhänger das Capitol stürmten, mehrere Leute starben, viele verletzt wurden und das Ansehen der USA großen Schaden nahm, schrieb er schlicht, mit Hinweis auf Bilder vom Capitol: „If you voted for Trump, this is on you.“

Oder anders gesagt: Ganz egal, ob du im Leben benachteiligt bist, die Regierung verachtest, ob du viel über die große Weltverschwörung liest, viel in einschlägigen Telegram-Kanälen unterwegs bist, generell gegen das Impfen bist oder Bock auf das Flat Earth Movement hast. Am Ende geht es nur darum, dass du das Richtige tust. Dass du eben nicht nur an dich selbst denkst, sondern dir klar machst, dass alles, was du tust oder eben nicht tust, auch einen Einfluss auf die Gesellschaft hat.

Den 4. Lockdown wird man euch vorwerfen, Impfskeptiker, und zwar zu Recht. Und das wird hässlich werden. Also nutzt die letzte Chance und lasst euch impfen, wenn ihr nicht dazu gehören wollt.

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Möh

Jeetje!

Vijf weken ben ik al in Nederland en ik heb een klein beetje van de taal geleerd, meer is het wel niet. Nu blijven nog maar anderhalf weken met zes lessen en dan zouden we al klaar zijn, om conversatie met een moedertaalspreker te maken.

Dat zegt het leerboek: voer een gesprek, zonder dat de moedertaalspreker het grappig vindet of anders op jou reageerd. Dat kan ik helemaal niet! Ik denk ook niet dat ik dat in de vifj laatste colleges nog ga leren.

Nu dan, geen tijd om teleurgesteld te zijn! Dat enige wat ik nog kan doen, is meer zinnen af te maken. Zinnen, die ik al in een informele conversatie zou gebruiken. En ze vervolgens ook te spreken. En daarnaast zou ik eens kunnen weerkomen naar Nederland, om de rest te leren. Wat ik dan anders zou maken?

  • Ik zou dan vrijwilligerswerk doen. En daar zou ik oude mensen bezoeken en met hun praten, omdat ik oude mensen beter kan begrijpen.
  • Ik zou meer zinnen afmaken met hulp van de computer. Waarom heb ik dat nog nooit gedaan?
  • Meer televisie kijken. Dat is echt een heel goed instrument, om een taal te leren. Beter nog dan radio of podcasts, naar die ik veel heb geluisterd, of de krant, die ik veel heb gelezen. Mijn probleem was, dat ik het niet meer gewend war, „normale“ televisie te kijken. Ik heb een paar Nederlandse filmen gezien, maar televisie met lokale nieuws is het best. Ze hebben op de Rotterdamse locaal-TV zelfs een voetbal-stamtafel, die an degene van Ted Lasso herinnerd. En de ene gast lijkt zelfs op Roy Kent.
  • In een andere stad wonen. Den Haag is mooi, Den Haag is knap. Ik hou van Scheveningen, de zee en de centrum. Maar de rest is een beetje saai. Als dat kan, zou ik in Rotterdam, Utrecht of Groningen een taalcursus maken.
  • Een Nederlandse vriend vinden of alleen maar een Tandem-partner. Zowat ligt niet alleen in mijn macht. Maar het is belangrijker dan ik gedacht hadde en ik zou het enigszins verzoeken. Niets helpt meer dan conversatie te maken!

Ik heb veel gewerkt en het is nog steeds niet voldoende! Het is vermoeiend, om een taal te leren. Zelfs als deze taal zeer an jouw eigen taal herinnert en enorm veel overeenstemmingen had. Dat had ik zo niet verwacht. Hoe ben ik ooit vloeiend in het Engels geworden om niet te spreken van Duits! Het is leuk om hier te zijn, maar een taal te leren – jeetje!

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Tech

60 Euro mit der Bahn

Meine Mutter war mit der Bahn im Allgäu. 8:30 Stunden – und 60 Euro hin und zurück aus Nordwestdeutschland. „Kannste nicht meckern“, sagte sie. „Ja“, hätte ich beinahe geantwortet. „Für den Preis kannst du ja nicht mal fliegen“ …

Ich denke, dass wir uns nochmal ernsthaft mit dem Konzept Hyperloop beschäftigen sollten. Fliegen ist schnell und (noch) erschreckend billig, aber Gift für die Umwelt. Bahnreisen dauert ewig, nervt und ist nur mit Glück so billig wie die Fahrt ins Allgäu. Der Hyperloop wäre ein perfekter Kompromiss. Fast so schnell wie Fliegen, aber kaum schädlich für die Umwelt. Die Infrastruktur würde aber natürlich Abermilliarden kosten. Geht also nicht.

Warum eigentlich nicht? Das Bahnnetz haben unsere Vorfahren in den 1840ern und 1850ern maßgeblich aufgebaut. Reicher waren die Provinzregierungen damals auch nicht, Deutschland war noch nicht einmal ein Land. Es folgten in den Jahrzehnten danach Abermilliarden für die Elektrifizierung, für ein Straßennetz, für Wasser und Kupfernetze für die Telekommunikation. Aber wenn es heute darum geht, ein flächendeckendes Glasfaser- oder 5G-Mobilfunknetz, geschweige denn ein Hyperloop-Netz aufzubauen, sind plötzlich die Kosten zu hoch. Sonderbar.

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Yeah

Urlaub von Deutschland

Ich bin jetzt 1 Monat hier in Scheveningen und langsam wird’s hübsch. Das liegt gewissermaßen auch daran, dass ich meine Erwartungen komplett heruntergeschraubt habe. Ich arbeite immer noch fleißig, bin aufmerksam im Kurs, strebe rum, hab noch keine Hausaufgabe vergessen, lerne hunderte von Vokabeln. Aber nach 4 Wochen hier habe ich auch eingesehen, dass die geplanten 7 Wochen einfach nicht reichen werden, um flüssig in der Sprache zu werden – auch wenn die Fortschritte enorm sind.

Ich verwünsche dich, oh Caspar G., der du mir damals sagtest: „Ein Deutscher braucht sicher nicht mehr als 2-3 Monate, um Niederländisch zu lernen.“ Schön wär’s. Zeitunglesen auf Niederländisch und den Sinn verstehen ist das eine. Die Leute verstehen oder es gar selber sprechen, eine ganz andere Nummer…

Aber seit ich weiß, dass das halt nichts mehr wird, dass ich hier auch keine großen Freundschaften mehr schließe und gewissermaßen auch nichts muss, gehe ich es komplett entspannt an. Die letzten 3 Wochen möchte ich die rare Freizeit für ein bisschen Sightseeing nutzen. Und ein paar Besuche kommen ja auch noch vorbei.

Dies ist mein längster Auslandsaufenthalt seit dem Studium, und es ist phänomenal. Das Land rockt, die Gegend rockt, die Leute rocken. Vielleicht ist es auch schlicht toll, einfach mal nichts mitzukriegen von dem ewigen Hin und Her der Nachrichten aus Deutschland. Ob die designierte Ampelkoalition jetzt Sondierungs- oder Koalitionsgespräche führt, ob die 7-Tage-Inzidenz wieder gestiegen, ob in Bonn irgendeine Brücke gesperrt ist… scheißegal ist mir das, zumindest mal für ein paar Wochen.

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OK

Maid

„Hey, wann soll die Reinigungskraft diese Woche zu dir kommen? Sie ist da relativ flexibel.“

„Wann würde es ihr denn am besten passen?“

„Das ist egal, sie legt ihre Termine meist um die Termine der Leute herum.“

„Aber sie braucht echt nicht nur wegen mir zu kommen. Ich richte mich da gerne auch nach ihr.“

„Nein, das passt schon. Also: wann am liebsten?“

„Okay, dann morgen um 1100.“

„Hey hallo, na wie geht’s, was macht der Sprachkurs?“

„Danke, alles gut. Schön, Sie wiederzusehen! Wie geht es Ihnen?“

„Ja gut, eigentlich. Nur bisschen aus der Puste. Ich bin jetzt 40 Minuten mit dem Rad hierhin gefahren und es ist ganz schön windig heute.“

„Was, 40 Minuten nur wegen mir?! Das wusste ich nicht!“

„Neinein, das passt schon, ich richte mich da nach den Kunden. Und mein Mann ist auch mitgekommen. Der wartet so lange draußen und geht bisschen spazieren oder einkaufen.“

„Das ist echt toll. Aber bitte! Beim nächsten Mal legen Sie das doch so, dass Sie grad noch meine Wohnung mitmachen, wenn Sie sowieso schon hier im Haus arbeiten.“

„Neinein, wirklich, kein Problem.“

„Doch, bitte, machen Sie das so! Mir ist es egal und für Sie ist es viel vernünftiger.“

„Okay.“

Dass ich zuletzt die Serie „Maid“ auf Netflix gesehen habe, bei der eine junge Mutter sich als Reinigungskraft verdingen muss, von der Chefin quer durch die Gegend gehetzt wird, oft zu spät kommt, weil sie Arbeit, Wohnungssuche und Kinderbetreuung jonglieren muss, mal bezahlt wird und mal nicht und sowieso viel zu wenig verdient, um sich das teure Leben zu leisten, hat natürlich nicht zum Verlauf dieser Diskussionen beigetragen und Netflix-Gucken ist nur bloßer Zeitvertreib, der die Zuschauer unverändert zurücklässt. 😉

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Right

Stress und Einsamkeit

… scheinen verwandt zu sein. Vor ein paar Tagen fühlte ich mich plötzlich furchtbar allein hier und habe die halbe Welt verflucht. Zum zweiten Mal schon, seit ich hier bin. Dabei war eigentlich nichts passiert. Unsere Sprachlehrerin hatte einfach nur angekündigt, dass unser Mittwochkurs ausfallen, aber später nachgeholt würde. Ach so und ach ja, nächste Woche die Stunden voraussichtlich auch.

Ich wäre beinahe ausgerastet. Denn das hat meine Pläne ziemlich durcheinander gewürfelt. Ich mach das hier ja alles nicht zum Spaß, außerdem habe ich hier keinen, mit dem ich Niederländisch oder überhaupt reden kann. Fällt der Kurs aus, bringt mich das buchstäblich vom Kurs ab. Außerdem komme ich mit dem Vokabellernen nicht hinterher. Und mit allem anderen irgendwie auch nicht. Was mache ich hier eigentlich? Was will ich mir hier beweisen, außer dass ich noch nicht zum alten Eisen gehöre? Ich fühle mich alt und allein.

Dienstagabend bin ich dann irgendwann aus dem Haus, um den Kopf wieder frei zu kriegen. Die Luft war überraschend mild. Ich setzte einen Schritt vor den nächsten und dann noch einen. Und wurde immer langsamer und nachdenklicher dabei. Was mache ich hier eigentlich? Mache ich das richtig? Tut mir das gut? Bringt es irgendwem was, wenn ich derart unter Druck stehe? Wer macht mir den Druck überhaupt außer ich mir selbst? Wäre es klug, jetzt aufzuhören? Bin ich wirklich einsam oder einfach nur gestresst?

Ich fiel in einen tiefen, langen Schlaf und am nächsten Morgen war ich direkt dankbar, dass der Kurs ausfiel – sonst hätte ich gar nicht so lange schlafen können. Außerdem hatte ich dadurch plötzlich unfassbar viel Zeit. Erst einmal keine weiteren Aufgaben. Dafür Zeit, Vokabeln nachzulernen und mich in Ruhe der Arbeit zu widmen. Mich auch mal um ein paar private Dinge zu kümmern. Plötzlich sah das alles gar nicht mehr so schlimm aus. Den Druck hatte ich mir offenbar hauptsächlich selbst gemacht. Und statt mich über die unerwartete Pause zu freuen, hatte ich mich über sie geärgert.

Mittlerweile geht es mir wieder gut, bin ich auch plötzlich die Ruhe selbst. Drei Wochen bin ich noch hier, das ist gar nicht mal mehr so schrecklich viel. Und ich hab noch viel zu erledigen. In Delft war ich jetzt, aber in Leiden noch nicht. Amsterdam hat noch mal einen längeren Besuch verdient. Noch nicht einmal auf den Haagsen Markt (größter Markt der Niederlande) habe ich es bisher geschafft. Und mir fehlen noch Fischbrötchen, Frikandel und Bitterballen auf meiner kulinarischen Reiseliste. Übernächstes Wochenende kommt Besuch. Und ein bisschen Zeit für Vokabeln und weiteres Lesen und Hörverstehen bleibt natürlich auch noch. Es wird vielleicht nicht ganz reichen mit dem Fluent in 7 Weeks. Aber dann ist das halt so. Schließe mache ich das alles ja eigentlich zum Spaß…

Weniger Stress = weniger Einsamkeit. Da scheint durchaus was dran zu sein.

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Argh

Millionär – und dann?

Die gesetzliche Rente wird nicht reichen – so weit, so bekannt. Also musst du dir selbst was ansparen, wenn du im Alter nicht unter der Brücke schlafen und Flaschen sammeln willst. Aber: wie viel eigentlich?

Kann man nachrechen, etwa auf zinsen-berechnen.de. Und da wird schnell klar: Wenn du noch im halbwegs gesitteten Alter die Arbeit niederlegen willst und auch noch 20 Jahre was vom Leben haben, dann wird das teuer, auch mit den im Alter steigenden Gesundheitskosten. Mieten und Immobilienpreise klettern fröhlich weiter, Heizkosten auch. Lang verhaal koort: Du brauchst Kohle!

Wenn ich meinen Lebensstandard ungefähr halten will – ich hab’s mal nachgerechnet – brauche ich nach heutiger Kaufkraft etwa 400.000 Euro. 500.000 wären besser. Die Preise steigen aber noch munter weiter. Wer weiß, was noch alles kommt wegen Klimawandel, Wohnungsbedarf und so weiter. Die geringere Kaufkraft eingerechnet, sind wir dann eher bei 600.000. Mach 750.000 draus, wenn du im Alter sorgenfrei leben willst. Klar: Es kann sein, dass du nach 2 Jahren Rente den Löffel abgibst, dann hättest du so viel gar nicht gebraucht. Aber man will ja optimistisch bleiben.

750.000 Euro – da sind wir nicht mehr weit weg von 1 Million. Und da man sich ja höhere Ziele stecken soll, um dann wenigstens die kleinen zu erreichen, muss das eigentlich das verrückt anmutende Ziel für jeden sein: Millionär werden, bis du alt bist, damit du dir in diesem Lande (Deutschland) noch einen Lebensabend leisten kannst.

Ich finde, sich selbst einen ETF-Sparplan oder Ähnliches anzulegen, macht das ganze noch viel greifbarer als irgendeine Renten- oder Lebensversicherung. Da würdest du einen monatlichen Betrag an deine Versicherung zahlen und einfach darauf vertrauen, dass da am Ende was bei rumkommt. Sorgen los, Gedanken los (viel Geld los). Bei einem eigenen Sparplan, sieht du regelmäßig die Zahlen. Du siehst, was du schon angespart hast, wie viel Zinsen es schon gab – und du hoffst dir insgeheim natürlich, dass aus den 7,3 Prozent demnächst 8,4 Prozent werden. Denn es ist ja dein schönes Geld für den hoffentlich schönen Lebensabend.

Das macht etwas mit einem. Geld verdirbt, das steht für mich außer Frage. Oder sagen wir es so: Es lässt sich kaum vermeiden, dass deine Gedanken auch irgendwann um das Geld kreisen, dass du – notwendigerweise – anhäufst.

Beispiel: Das Verwahrentgelt, das viele Banken jetzt einführen. Das sind mehr oder weniger Kontoführungsgebühren, wenn du einen gewissen Freibetrag überschreitest. Es heißt nicht so, aber im Grunde sind das Negativzinsen. Dein Geld wird weniger statt mehr. Ich habe deswegen jetzt einen Teil meines Ersparten auf ein anderes Konto überwiesen, um diese Gebühren zu sparen. Das ist schon a rich guy’s move. Vor ein paar Jahren hätte ich mir – selbst wenn ich das Geld gehabt hätte – darüber keine Gedanken gemacht.

Ich bin kein Materialist, ich würde mein Geld nie in einen teuren Sportwagen oder Ähnliches stecken. Aber ich merke schon, dass sich mein Verhalten mit steigendem Kontostand verändert. Eine Wohnung für weit über 1.000 Euro im Monat in Den Haag oder Singapur? Klar! Für ein paar Monate geht das, die Seele will ja auch was Hübsches. Und von der Steuer lässt sich’s auch absetzen. A money-minded move!

Ein technisches Spielzeug wie meine jüngst erworbene Amazfit Neo für 30, 50 oder auch mal 100 Euro? Hätte ich vor 10 Jahren gar kein Geld für gehabt. Heute denke ich nicht groß nach, sondern mache einfach. Oder im Supermarkt. Klar kaufe ich nicht per se das teuerste, klar schaue ich vorher auf das Preisschild. Aber ich lade ein, was mir gefällt. Und ob dann an der Kasse am Ende 20 oder 30 Euro stehen, ist mir egal. Das macht für mich kaum einen Unterschied. So hätte ich vor 5 oder 10 Jahren schon nicht gedacht.

Neulich sprang meine alte Klapperkiste von Auto nicht an. Ich hatte ein paar Tage davor erst die Glühbirne am Rücklicht getauscht. Eventuell hat das etwas damit zu tun. Klima hat het auto’tje natürlich auch nicht. Warum tue ich mir das eigentlich an, dachte ich mir da kurz? Warum nicht einfach alles an Umweltboni und Finanzierung mitmachen und dir einen hübschen Cupra kaufen? Leisten könntest du ihn dir.

Weil ich ihn schlussendlich nicht brauche, aber selbst das sind Gedanken, die ich vor vier Jahren noch nicht hatte. Damals, als ich mein erstes Auto kaufte und damit zum Nordkap fuhr, um ein kleines Aventure zu erleben, war mir das herzlich egal. Hauptsache, es tut, was es soll. Dieses Gefühl von Freiheit – es schwindet beim Gedanken an Geld.

Der Prozess ist schleichend. Ich will das nicht, ich will nicht geld-orientiert leben. Ich will nicht so werden wie eine mir bekannte Person, die genervt ist, wenn man sie nur anruft, immer kurz angebunden, schrecklich oberflächlich, gehetzt wirkend, aber ein dickes Autos fahrend, immer getrieben von den eigenen Besitztümern und allem, was damit einhergeht.

Ich bin so nicht, aber ich weiß, dass ich irgendwie auch ständig von A nach B hetze, dass das alles irgendwie mit den vielen Dingen zu tun hat, die ich machen will und die letztendlich auch irgendwie mit Geld zu tun haben. Ich merke, dass es mir auf die Nerven geht, in der Fußgängerzone um Geld angebettelt zu werden und alle paar Meter jemanden sitzen zu sehen, der meine Kohle will. Ich habe weniger Mitleid mit den Leuten als vor 10 Jahren und ich gebe ihnen heute nicht mehr Geld als damals, auch wenn ich heute deutlich mehr habe.

Ich war nur einmal im Ahrtal helfen, andere sind da jede Woche oder – heute gehört – haben ihre Jobs aufgegeben und sind dauerhaft dahin gezogen, um beim Wiederaufbau zu helfen. Ich habe meine zwei Wochen Urlaub diesen Sommer lieber auf dem Rad und auf Zeltplätzen verbracht. Ich mache hier in den Niederlanden einen 7-wöchigen Sprachkurs, der mir beruflich wahrscheinlich nichts bringen wird (außer Begeisterung zu wecken, Lernfähigkeit zu stärken und den Kopf nochmal bisschen zu verjüngen). Ich hätte statt dessen auch in Bonn bleiben und mehrmals die Woche abends an die Ahr fahren können. Bedarf ist da. Aber, klar, ich habe genug Ausreden auf meiner Liste, warum das irgendwie nicht geht und ich da gerade nicht helfen kann und konnte. Gebrechen, keine Zeit, keine spezielle Erfahrung, bin außer Landes… Aber klar, wäre am Ende doch möglich gewesen. Wollte ich es nicht, weil mich das vom Geldverdienen abgelenkt hätte?

Wie bleibt man einerseits frei, bescheiden, hilfsbereit und glücklich? Und sichert sich andererseits bestmöglich finanziell ab, denkt ans Geld und schert sich trotzdem nicht darum? Wie geht das? Wie macht ihr das?