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Nahweh

Seit einer Woche habe ich Urlaub, und ich bin immer noch in Bonn. ??‍♂️ Ich hätte in der Zeit schon den Kilimandscharo besteigen, in die Karibik jetten oder zumindest durch halb Europa mit dem Rad touren können. Aber irgendwie… war mir da nicht nach.

Statt dessen habe ich jetzt einfach gemacht, worauf ich Lust hatte, darunter:

  • Einen tollen Abend bei den Dropkick Murphys in sehr netter Begleitung verbringen
  • Ein Tischtennis-Workshop Aufschlag-Rückschlag besuchen
  • Ein Bierchen mit Christian trinken
  • Mit meiner Nachbarin ein Lagerfeuer machen und Sternschnuppen gucken
  • Ein neues Fahrrad kaufen und damit die Gegend erkunden
  • Endlich mal in der Pommesbude an der Fähre unten in Godesberg was essen
  • Laaaange schlafen
  • Viel, viel abhängen und dabei ein Handyspiel spielen
  • Einen Coming-of-Age-Roman lesen („Hard Land“ von Benedict Wells)
  • Idee für einen eigenen Coming-of-Age-Roman entwickeln. Muss ein Protagonist dafür unbedingt 15 sein? Warum nicht mal 45? ?
  • Zuhause Kaffee trinken, Kekse essen, alkoholfreien Aperol-Spritz trinken, mich wundern, wo die Nachmittage geblieben sind.
  • Dinge weiter wegminimieren. Freunden wie Jens dabei alte Bilder von der Oberstufenfahrt nach London rüberschicken.
  • Vergangenheitsbewältigung vorantreiben.
  • Den Bundesliga-Auftakt Werder-Bayern nebenher laufen lassen (0:4 – aber das habe ich auch nicht anders erwartet).

Heute war ich noch drauf und dran ins Kino zu gehen. Barbenheimer interessiert mich tatsächlich auch. Liefen aber keine passenden Vorstellungen.

Nachdem ich mit dem Rad durchs Siebengebirge, das Ahrtal, die Grafschaft und Wachtberg gefahren und dabei auch mehrfach nass geworden bin, muss ich sagen: Wow! Erstaunlich, was ich noch gar nicht gesehen hatte hier in der Gegend. Jetzt aber dafür so ziemlich alles.

Und ja, langsam könnte ich mir eigentlich auch noch mal was anderes anschauen. Es zieht mich in den Westerwald, auch wenn das anstrengend wird. Hab heute schon mal angefangen zu packen. Morgen könnte es losgehen.

Oder auch übermorgen…

Urlaub soll ja entspannen. Am Ende gibt man Kopf und Geist am besten das, was sie brauchen. Bei mir in diesem Jahr also eher Nahweh als Fernweh.

Fühlt sich aber alles andere als verbraten an, die Woche Urlaub.

Und gibt ja noch eine.

*

Schlafsack-Meditation

Bei der Hülle meines Schlafsacks war die Kordel aus der Öse. Also wieder reinfriemeln, das Ding, sonst kriegst du den nicht platzsparend verpackt. Es gibt den alten Trick mit einer Sicherheitsnadel oder zumindest Büroklammer. Tja, doof, wenn man die alle wegminimiert hat. Sicher, irgendwo fliegt bestimmt noch eine rum, oder ich hätte beim Nachbarn fragen können. Da fiel mir aber eine Übung ein, die der Andy von der Meditations-App Headspace in seinem Ashram mal machen musste: in brütender Hitze mit einer Schere den Rasen mähen.

Gut, brütende Hitze war in meinem Schlafzimmer zum Glück nicht, aber kühl war es auch nicht. Und die Kordel musste da schon wieder rein. Also beschloss ich, mich hinzusetzen und die ohne Hilfsmittel da in aller Ruhe wieder reinzubugsieren. Und nichts anderes dabei zu machen. Ein Geduldsspiel.

In den ersten Minuten lief mir die Soße. Ich war noch aufgeheizt vom hektischen Packen und Durchdiewohnungrennen. Und nun sollte ich mich hinsetzen und diesen Quatsch machen, der mit einem Hilfsmittel nur ein paar Augenblicke dauern würde.

Nach etwa drei Minuten hatte ich rund ein Viertel der Kordel zurück in die Schlaufe bekommen. Ich wollte aufspringen, rüber ins Wohnzimmer, den üblen Film anstellen und nebenher laufen lassen, den ich neulich angefangen habe zu streamen – um die Zeit irgendwie sinnvoll (?) zu nutzen. Ich riss mich zusammen und blieb auf der Bettkante sitzen.

Nach ein paar Minuten schossen mit Gedanken durch die Kopf, Musik, ich plante die Tour in den Westerwald und überlegte mir, wie ich meine Sachen am besten packen könnte, dachte an alte Freunde und überlegte mir, wie ich das Zurückfriemeln der Schnur weiter optimieren könnte.

Nach etwa zehn Minuten war ich deutlich ruhiger. Ich schwitzte nicht mehr, hatte keine Eile mehr. So, als wäre ich voll in der Tätigkeit aufgegangen. Ich will nicht sagen, es kamen Ruhe, Bestimmung und grenzenlose Zufriedenheit über mich, aber zumindest die Hektik war weg.

Zwanzig Minuten waren rum, da konnte ich das Ende der Kordel schließlich durch das andere Ende der Öse ziehen. Am Ende war ich zufrieden über das Erreichte, vor allem, dass ich es so durchgezogen und mich mit nichts anderem abgelenkt habe.

Moral von der Geschicht? Keine, aber machen kann man das ruhig mal so. War eine interessante Erfahrung.

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Was gibt es da zu lachen? ??

(Nichts ins Bild reinmontiert, übrigens, der Smiley ist wirklich da auf dem Anhänger.)

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Funny van Dannen: Wenn du zur Ruhe kommst (2022):

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1x Rückenwind bitte

Mister Ziellos war heute bei der Impfärztin und hat sich für eine Weltreise präparieren lassen. War schon jeck, wie wir da saßen.

  • „Indien und Indonesen, sagten Sie? Und auch richtig tief drin so ohne Luxushotels? Da gebe ich Ihnen auf jeden Fall Gelbfieber, Meningokokken, Typhus, und ich würde auch noch Tollwut empfehlen. Was ist mit Afrika?“
  • „Ja, nehme ich auch noch!“

So leicht wird da nie wieder dranzukommen sein. Vorletzte Woche erst den Termin gemacht, weil die Impfärztin zufällig die Urlaubsvertretung meines Hausarztes ist und ich ja mit kaputtem Fuß dahin musste. Da bot sich das irgendwie an, gleich mal was Vorausschauendes zu machen.

Drei Impfungen gab’s heute, zwei Impfstoffe hatten sie nicht mehr im Kühlschrank, ein paar andere kommen aus zeitlichen Gründen (Mehrfachimpfung) besser erst im September dran. Die Liste ist lang, und zu meiner Krankenkassen-Wahl (ich hatte noch nie eine andere) bekam ich ein Lob. Die würde das alles übernehmen, sonst hätte mich der Spaß mal eben locker 800 Euro gekostet.

Und das alles für einen, der überhaupt noch gar keine konkreten Weltreisepläne hat… Na ja, Indonesien ist wirklich geplant, das nächste Mal, wenn es nach Singapur geht, und das muss es ja schon aus Recherchegründen. Und ein bisschen Fernweh hat das heute schon alles erzeugt. Die aktuelle Wetterlage übrigens auch.

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Heute Abend war dann irgendwie Rückenwind. Lange habe ich mit mir gerungen, mich dann entschlossen, das Buch doch noch einmal zu überarbeiten und neu herauszubringen. Monatelang jetzt tatsächlich daran gearbeitet. Und heute Abend war es dann so weit. Die letzten Arbeiten an Cover und Satz für das Taschenbuch und das Ebook. Ich saß auf meiner Couch, schlürfte eine Portion Grießbrei, hörte zufällig richtig gute Musik auf Spotify und irgendwie dauerte alles recht lange, aber klappte dann auch.

Yee-hah!

Dauert jetzt nur noch bisschen, bis es auch verfügbar ist. Ich schreib dann separat noch mal was dazu.

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Netter Ansatz und irgendwie auch respektvoll, die Müllabfuhr „Team Orange“ zu nennen. ?

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Gestern in Buschhoven (Radtour, weil immer noch Fuß kaputt):

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Impala Ray: The Gambler (2015):

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Ängste und Schwächen an die Leine hängen

Andy von der Meditations-App Headspace sagte in einer Folge der sehr guten Netflix-Serie „A Guide To Meditation“ einmal, dass er sich seine Gedanken wie Autos auf einer Autobahn vorstelle. Er steht dabei auf einer Brücke und schaut sich das bunte Treiben an, das seine Gedanken sind, ohne sie sich dabei zu eigen zu machen.

Manchmal kann ich das auch, ich kann einfach von meinen Sorgen und Nöten abstrahieren. Dann bin ich ganz gechillt und stelle mir vor, ich würde meine Ängste und Schwächen einfach an die Wäscheleine im Garten hängen. Dann wäre ich sie vorübergehend los und müsste mir keine Gedanken um sie machen, während sie draußen hängen und erstmal „trocknen“ können. Wenn ich sie dann reinhole, sind sie schon gar nicht mehr so „nass“, also bedeutsam. Ich kann sie dann im Schrank verstauen, wo ich mich nur ab und an mal mit ihnen befassen muss. Oder sie tragen und der ganzen Welt offen zeigen. Dann merke ich vielleicht, dass sich gar nicht alle über mich und meine Schwächen lustig machen, sondern sie gar nicht beachten. Und ich sie dann irgendwann auch nicht mehr. Und wenn sie ausgedient haben, kommen sie einfach weg. ??‍♂️

Ich bin bei weitem noch nicht so weit, dass mir das immer gelänge. Aber es tut es tatsächlich manchmal, und dann fühle ich so frei, ich könnte die ganze Welt umarmen.

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42 km: Joachim und ich sind heute 42 km von Bonn-Tannenbusch über Weilerswist bis nach Köln (Sülz) gelaufen. Die ersten 15 km liefen bei mir noch ganz gut, aber dann bin ich zunehmend eingebrochen. Ich brauchte nach 20 km dringend eine Pause (am Swister Turm), nach 30 km nochmal eine (am Bleibtreusee) und hab mich von da eigentlich nur noch ins Ziel geschleppt.

Zumindest gefühlt. Die Daten sagen etwas anderes aus: Zwar waren wir am Anfang etwas schneller als am Schluss, komplett kollabiert sind wir (oder bin ich, Joachim war durchgehend fit) eigentlich nicht. Auch für die meisten Kilometer am Schluss hatten wir noch einen Schnitt über 5 km/h. Und insgesamt, Pausen mit eingerechnet, sind knapp 9 Stunden für 42 km eine immer noch ziemlich gute Zeit.

Das Ding ist nämlich: Es lief zwar nicht rund bei mir, aber ich hab weiter gemacht, so gut ich halt konnte. Und hab jetzt ein gutes Resultat (gäbe uns die Schulnote: 2) als Ergebnis. Nach einer Wanderung, bei der ich das Gefühl hatte, es wäre richtig mies gelaufen.

Hat man das nicht sogar öfter? Dass man denkt, etwas wäre die Vollkatastrophe gewesen, aber dann beschwert sich keiner, keiner lacht, die anderen haben vielleicht noch Nachfragen, mehr aber auch nicht. Vom Chef gibt’s kein Lob, aber auch keinen Tadel, und alles läuft weiter wie gehabt. Achtet mal drauf, so schlecht ist die Basisversion von uns gar nicht. Und dass man völlig und komplett ein Desaster vom Zaun bricht, ist die absolute Ausnahme.

Ganz nebenbei bin ich übrigens sogar recht froh, dass es heute mal nicht so lief. Zwei Monate bleiben noch, und ich weiß jetzt unter anderem, dass ich nochmal ein paar andere Schuhe testen sollte und an welchen Stellschrauben ich noch drehen kann.

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Swister Turm:

Bleibtreusee:

Köln (Symbolfoto):

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Tauben: Die haben gar noch ein Nest gebaut und ein Ei reingelegt. Das habe ich jetzt aber noch entfernt. Ein Küken, das süß ist und dabei alles vollkackt, ist genug. Dürfte auch langsam flügge werden. Ich finde, das reicht als mein Beitrag für den Fortbestand der umstrittenen Spezies.

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You Lousy Bunch of Nonconformists!

Wenn ich mal schaue, mit wem ich eigentlich so befreundet oder besser bekannt bin, sehe ich aber auch gar keine:n klassische:n Karrierist:in darunter. Mit überwiegender Mehrheit sind es (seid ihr!) Menschen, die nicht den geraden Weg gehen oder gegangen sind. Und selbst die, die hochqualifizierte Berufsabschlüsse gemacht haben und jetzt in einer Behörde arbeiten oder in einem angesagten Unternehmen eine wichtige Rolle spielen, nehmen den Job nicht ernster, als man es muss.

Ich sehe viele Profis auf ihrem Gebiet, wieder einmal beinahe ausnahmslos Menschen, die ihre Sache gewissenhaft und sehr gut machen, einige, die auch gut dabei verdienen oder recht viel arbeiten. Und nicht selten auch jemand, der seine Arbeit durchaus gerne macht. Aber für kaum jemanden ist es mehr als das: eine Arbeit, ein Job, maximal ein Stück weit Leidenschaft. Aber nichts, woraus alleine das Leben bestünde. In meinem Freundes- und näheren Bekanntenkreis fällt mir schlicht kein einziger Karrierist ein. Ihr seid ein lausiger Haufen von Nonkonformisten!

Wie angenehm.

Kann man sich höchstens die Frage stellen, warum ich nur mit solchen Menschen befreundet bin. Weil ich selbst auch so bin? Klar. Weil Karrieristen mir meine eigenen Unzulänglichkeiten vor Augen führen würden und ich das nicht mag? Sicher auch. Aber schon hauptsächlich, weil Nonkonformisten für mich die interessanteren Menschen sind. Menschen mit Herz, Ecken und Kanten, die die Schönheit in etwas anderem suchen als im Mammon oder auf der Karriereleiter.

Und noch einmal: Wie angenehm!

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Ich war schon lange nicht mehr am Rhein. Genau genommen noch gar nicht, seit ich aus Portugal zurück bin. Gibt auch gar nicht so viel zu sehen gerade, vom Fluss ist wenig da. Aber schön ist’s da schon immer wieder noch:

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Hollow Coves: The Woods (2017)

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Stream of Portoness

Mein Flug geht um 0630, mein Uber-Fahrer ist um 0410 schon da. Ich möchte all die Airlines verfluchen, die nur so früh morgens eine Strecke bedienen. Um die Zeit kommt niemand irgendwo mit öffentlichem Nahverkehr zu einem Flughafen. Es wird immer teuer, und es ist mitten in der Nacht.

Umso erstaunlicher, dass der Portuenser Flughafen trotzdem schon gerappelt voll ist, als wir gegen 0445 dort aufschlagen. Die Schlange vor der Sicherheitsschleuse ist 100 Meter lang, als ich mich einreihe und wächst unaufhörlich weiter. Als ich die Schleuse passiere, geht die Schlange genau einmal komplett durch die Abflughalle, beginnt und endet vor der Schleuse. Verrückt.

Vor allem, dass ich mir vorkomme, als sähe ich als einziger zerrupft aus, alle anderen frisch und top gestyled. Wie machen die das um diese Zeit?!

Ich habe durchgemacht. Nicky, Juan und ich haben am letzten Abend noch ein wenig gefeiert, was gegessen, ein, zwei Bierchen getrunken, erst um kurz vor 0100 kommen wir nach Hause. Was jetzt, fragt Nicky: „Willst dich nochmal schlafen legen oder durchmachen?“ Ich denke kurz nach. Würde ich jetzt schlafen gehen, müsste ich zweieinhalb Stunden später schon wieder aufstehen, noch duschen, packen, alles, wäre ziemlich fertig.

Tu ich mal was Verrücktes, denke ich mir: ich mache durch. Seit meiner Erfahrung mit Alicante im März hat das Thema Durchmachen seinen Schrecken ohnehin verloren. Und zu meiner Überraschung machen Nicky und Juan mit. ? Der Wahnsinn an einem Sonntagabend! Gut, Juan hat am Tag danach frei, Nicky und ich sind Freelancer. Aber zu tun haben wir genug. Ich denke mir nur: Es macht jetzt keinen großen Unterschied mehr, ob ich durchmache oder nicht. Fit wäre ich um 0430, wenn das Taxi kommen soll, so oder so nicht. Dann lieber noch ein wenig Parteh machen.

Wir spielen Drawful, hören basslastige Musik, essen Snacks, trinken noch einen Portwein zusammen, tanzen, bestellen Bier und Chips über einen Lieferdienst. Die Zeit vergeht wie im Fluge, aber drei Stunden mitten in der Nacht können trotzdem verdammt lang sein. Zwischendurch verabschiede ich mich kurz zum Zähneputzen, machen mir um 0330 noch einen Kaffee. Frage den Uber-Fahrer, der sich um 0410 schon ankündigt, per App ob er noch 10 Minuten warten kann und ob er auch einen Kaffee möchte? Aber er versteht die Frage leider falsch.

Das Ganze erinnert mich an die alten Zeiten, als wir drei noch unter ganz anderen Voraussetzungen lange Abende auf dem Balkon hatten. Ein Gefühl von Freiheit, wie ich es lange nicht mehr gespürt habe. Meine besten Freunde wohnen in Porto. Das ist schade, aber sollte mir auch helfen, immer mal wieder rauszukommen, wenn mich der deutsche Alltag auffrisst.

Am Gate arbeite ich schonmal ein bisschen, im Flugzeug selbst kriege ich nicht viel hin. Lese mein Buch weiter, höre Musik, schaue eine Folge Big Little Lies auf dem iPhone, gucke mir die Leute an. Der Typ in der Bank vor mir ist eindeutig Portuenser. Ich sehe das, als er aufsteht, um seine Sitznachbarin durchzulassen, und sich in meine Richtung dreht. Er hat nicht dieses Lauernde, Nüchterne, Misstrauische, das ein Deutscher irgendwie hat. Wofür ich einem Deutschen aber auch nicht die Schuld geben würde; es ist die Gesellschaft, die einen dazu macht. Der Typ da jedenfalls guckt völlig arglos und nett, als könne ihm nichts irgendetwas anhaben.

Ich habe die Portuenser schätzen gelernt, die mittlerweile mehrere Male, die ich Porto jetzt besucht habe. Die Leute dort haben nicht viel Geld, sie haben es aber – wahrscheinlich gerade deswegen – überhaupt nicht eilig. Fleißig und hilfsbereit sind sie dennoch. Aber sie scheinen mir der Arbeit längst nicht alles unterzuordnen, auch nicht irgendwie neidisch auf diejenigen zu sein, die mehr Geld haben. Und das sind mittlerweile einige in der Stadt. Und dann vor allem immer dieses Zurückhaltende, Ehrliche, völlig Ungekünstelte. Sind tolle Menschen da. Ich habe zwar noch nicht verstanden, warum da außerdem diese Schwermut in den Menschen wohnt (Saudade!). Das hat der gemeine Spanier oder Italiener zum Beispiel nicht so, wenn wir jetzt mal ganz platt generalisieren.

Ich steige aus dem Flugzeug, und es klingelt sofort auf meinem gerade erst eingeschalteten Handy. Mathias ist dran. Der Mathias, mit dem ich vor Ewigkeiten mal zusammen gearbeitet habe, mit dem ich vor drei Jahren zum letzten Mal telefoniert hatte. Warum ruft er jetzt an? Er will mir einen Auftrag gleich heute Mittag überlassen, für den er selbst keine Zeit hat. Ah ja. 🙂 Ich denke tatsächlich kurz nach, Gelegenheiten beim Schopfe packen? Aber dann sage ich doch ab. Habe ja gerade die Nacht durchgemacht und will erstmal kurz ins Bett, und dann habe ich gerade mehr als genug zu tun. Aber interessant: Sowas passiert mir irgendwie immer nur, wenn ich verreise.

Aus dem Flughafenbus steige ich am Innenministerium aus und will in die Straßenbahn rein. Wäre zwar nicht weit zu laufen, aber ich habe mir gestern beim Wandern mit Nicky in Gaia ein wenig den Knöchel überreizt. Eine ältere Frau kommt auf mich zu, sieht mich da mit Rucksack und Rollkoffer stehen und fragt, ob ich zum Bahnhof wolle. Ich bin nach 24 Stunden auf den Beinen mittlerweile komplett verstrahlt und sage ja. Da kommt eine zweite, ältere Frau dazu, um mir ebenfalls zu helfen. „Also, wenn Sie zum Bahnhof wollen, dann müssen Sie umsteigen. Gerade fährt nur die 65 und die fährt nicht zum Bahnhof. Die 62 fährt gerade nicht. Die 65 fährt nach…“

Ich muss die beiden reizenden Damen bremsen. Ich kenne mich hier ja aus, will auch gar nicht wirklich zum Bahnhof, nur in sein Richtung. Das Missverständnis ist dann schnell geklärt. Ich bedanke mich herzlich, winke beiden zum Abschied auch noch einmal zu. Deutsche können nämlich durchaus auch nett und hilfsbereit sein, es wird ihnen nur nicht leicht gemacht – also muss man das fördern.

Um elf bin ich zuhause und lege mich ohne große Umschweife direkt schlafen. Eine Sukkulente in meinem Badezimmer hat’s erwischt (wieso ausgerechnet die ??) Alle anderen Pflanzen scheinen noch zu leben. Ich schlafe bis um zwei, dann startet mein Arbeitstag, ein bisschen später. Prima, ab jetzt dann also wieder Alltag. Habe ich tatsächlich ein klein wenig vermisst. Porto, Nicky und Juan vermisse ich aber auch schon ein jetzt. Waren tolle zwei Wochen gewesen. Gerne wieder!

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Von Porto aus am Douro entlang

Bewegungsmangel kompensieren wollend brach ich heute Nachmittag in Porto auf und wollte immer am Douro entlang nach Südosten gehen, bis irgendwann diese eine Brücke kommt, und dann auf der anderen Seite zurück. Es endete nach einer 35-Kilometer-Tour mit steinernen Füßen. Vor allem zum Ende hin wurde mir langsam klar, dass Barfußschuhe auf Asphalt eben doch keine Wanderschuhe sind. ? Vor allem aber wurde die Gegend immer malerischer, je weiter ich ging. Zunächst schöne Strände, Beachbars, Strandpromenade, hübsche Villen an beiden Ufern des Douros. Meine Tour ragte am Ende schon eindeutig ins Dourotal rein. Der Blick auf Crestuma (Nicky, bitte merken! 😉 letztes Bild unten) war magisch. Über die Schleusenbrücke von Lever ging ich wieder zurück – passenderweise steckte just in dem Moment ein Kreuzfahrschiff drin. Der Rückweg hätte derweil noch etwas attraktiver sein können: es wurde langsam dunkel, ich wollte auf schnellstem Weg zurück, und Google Maps schickte mich 10 Kilometer durchs Gewerbegebiet von Gaia. Dabei ist das Ufer dort eigentlich besonders schön. Knapp die Hälfte meiner Tour ging dann – ohne Bürgersteig – über die Landstraße, mit vielen vorbeiflitzenden Autos und Motorrädern. Auch nicht gerade ideal, aber bisschen „Aventure“ muss ja schon auch rein auf diesem Blog. 😉 Okay, genug geschwafelt jetzt. Bilder!

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Überfordere dich

Heute ist klar: Wir würden auf das Craftbeer-Festival in Porto gehen und eine Menge neuer Leute kennenlernen. Okay, denke ich mir: Schwerstarbeit für einen Introvertierten, aber ich würde das schon ganz relaxed schaukeln – oder? Nicht ganz…

Es ist heiß, aus den Boxen dröhnt sehr laute Musik des DJ. Schon beim Bierholen treffen wir die ersten Bekannten von Nicky und Juan. Ein Pärchen aus Brasilien, einen Serben, einen Polen. Wir begrüßen uns nett, geben uns die Hand, ich stellte mich kurz vor, schaffe es aber kaum zu lächeln. Bin zu verkrampft.

Der Pole kommt kurz danach auf mich zu. Sehr freundliche Gestalt, ein Lächeln auf den Lippen, lange Haare, Surfer-Natur – passenderweise sagte er, dass er sich auch gerade ein Surfbrett gekauft habe und da jetzt Stunden nehmen würde. Er käme aus Posen, der Ort mit der wunderschönen Altstadt, hätte ein halbes Jahr in China studiert, würde jetzt was mit IT machen, hätte eine Brasilianerin geheiratet und wäre mit ihr nach Matosinhos gezogen, dem hippen Vorort von Porto direkt am Meer.

Und wow, denke ich, der Typ hat mal eben alles richtig gemacht, was man im Leben so richtig machen kann, und ist dabei auch noch super relaxed, gutaussehend und aufgeschlossen. Ich versuche Augenkontakt zu halten, mich nicht zu vergleichen, auch nett zu sein. Die Sonne wütet, die Mucke pulsiert in meinem Ohr, mir läuft die Soße den Rücken runter. Aber, klar, natürlich mag ich den Kerl. Als nächstes stellt sich mir Rob vor, der unvergleichlich entspannte Brasilianer mit der wunderhübschen Frau, die auch total entspannt und völlig unverstellt ist. Bemerkenswert.

Wir treffen anschließend eine ausgewanderte amerikanische Rentnerin und dann gleich noch eine und einen ausgewanderten amerikanischen Rentner, Ralph. Und alle sind supernett zu mir. Paula, die eine Rentnerin mit dem Hund, hat auch eine unglaublich gewinnende Art, sie ist mir auf Anhieb sympathisch, Ralph, der ausgewanderte Ex-Schauspieler ebenfalls. Es kommen noch drei weitere Brasilianer dazu und am Ende noch mehr Bekannte ihrer Bekannten.

Mit jedem Bier werde ich etwas entspannter, die laute Musik stört mich nicht mehr so (oder wird sie auch chilliger?). Ich versuche, mich mit jedem ein Stück weit einzeln zu unterhalten, die zurückhaltende deutsche Art zu erklären und das bisschen, was ich über Brasilien weiß, anzubringen – viel unkomplizierteres Kennenlernen, das Thema Sicherheit, Blumenau – es stößt auf Gelächter. Ja, so ungefähr wäre es wirklich.

Irgendwann sehe ich Nicky ein paar Ecken weiter alleine stehen. Ich gehe zu ihr und frage, ob alles in Ordnung sei. Ja, wäre es, sie hätte sich nur mal kurz rausziehen müssen aus dem Ganzen. Wäre einfach kurzzeitig zu viel geworden. Etwas Ähnliches sagt später auch Rob. Ja, zu viele Menschen auf einmal und zu viel Lautstärke. Wäre er eigentlich auch gar nicht der Typ für.

Irgendwann ist mir klar: Ich muss das komplett eskalieren lassen, anders kann ich das eh nicht mehr managen. Und es gelingt ganz gut. Am Ende splittet sich die große Gruppe in Dreier- und Vierergruppen auf, die beiden älteren Amerikanerinnen kommen nach ihrem Abendessen gar nicht mehr wieder. Jeder redet hauptsächlich mit demjenigen vor sich.

Mir wird aber auch klar: Sicher ist das hier anstrengend, aber irgendwie sind das alles tolle Menschen um mich herum, mit Bullshit kommt hier keiner weiter. Und wenn man die alle noch einmal einzeln oder zu zweit wiedertreffen würde, wäre das schon erheblich leichter und unverkrampfter, auf alle Fälle aber nett.

Manchmal muss man sich einfach einen Abend überfordern, um neue Bekanntschaften zu schließen. Es lohnt sich auf lange Sicht.

Und wenn man das ein paar Stunden gemacht hat, ist es auch gar nicht mehr so schlimm. Hat man halt mal ein wenig über seinen Schatten springen müssen. War anstrengend, ja, aber das ist ein 10-Kilometer-Lauf auch, und man macht ihn trotzdem einmal die Woche, um fit zu bleiben. Könnte und sollte man dann eigentlich auch mit fremden Menschen.

Belohnt wird man dann übrigens mitunter mit völlig leichtgängigen Bekanntschaften wie dem wunderbaren Georgier, den wir später noch vor einem Kiosk getroffen haben und den ich – wäre ich schwul – wahrscheinlich on the spot geheiratet hätte, wenn das möglich gewesen wäre. Neue Menschen kennenlernen kann sogar Spaß machen, wenn man es mal zulässt. Gerne wieder! Nicht unbedingt täglich, aber zu gegebener Zeit: immer wieder!

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Der Abend am Meer

Auf dem Weg nach Porto zu Nicky und Juan traf es sich, dass ich das Buch „Die 4-Stunden-Woche“ noch einmal rausgekramt und angelesen habe. Eins der Bücher, die ich noch einmal lesen wollte, bevor ich sie wegminimiere. Doch es kam anders…

Ich las das Buch und ein seltsamer Schauer lief mir über den Rücken. Der Mann hat recht, dachte ich. Mit so vielen Dingen hat er recht. Vor zehn Jahren hatte ich das schon einmal gelesen, das meiste für gut befunden, eine 4-Stunden-Woche aber schlicht für zu radikal erachtet, um es in der Praxis umzusetzen. Ich war dabei, immerhin die 4-Tage-Woche recht erfolgreich umzusetzen. Mittlerweile ist aber auch das beinahe obsolet, oder einfach sehr schwer in der Praxis umzusetzen.

Weil es einfach die vorherrschende Idee ist, weil es einfach schwer ist, sich von dem Gedanken zu lösen, grundsätzlich anders zu sein als die Norm, die nun einmal vorsieht, montags bis freitags nine to five zu arbeiten. Und so dehnt sich meine Arbeit meist auch auf die vollen fünf Tage aus. Dass ich vier schaffe, ist eher die Ausnahme.

Als ich das Buch jetzt noch einmal in die Hand nahm und die ersten hundert Seiten direkt auf dem Flug verschlang, hatte ich teilweise Tränen in den Augen. Wie viel Bullshit wir Tag für Tag tun, weil wir meinen, den Arbeitstag eben ausfüllen zu müssen. Weil wir der Meinung sind, Arbeit müsse anstrengend sein, sonst wäre es keine Arbeit. Weil wir immer noch meinen, je länger wir arbeiten, desto besser wäre unsere Arbeit. Weil wir nicht diejenigen sein wollen, die als Faulpelze gelten, wenn wir weniger arbeiten als andere. Weil wir nicht delegieren können oder wollen, weil wir nur einen Sinn in unseren Leben finden, wenn wir eine Aufgabe haben, die so und so lange dauert. Wie wir uns mit Nebensächlichkeiten und endlosen Meetings herumschlagen, nur damit wir bei Feierabend sagen können: hey, heute habe ich ja viel geschafft.

So viel Dummheit, Tag für Tag, und doch machen wir da mit, weil wir eben denken, dass es so sein muss, dass das Aussteigertum auch dekadent wäre und das ja auch nicht jeder machen kann.

Es muss nicht am Ende wirklich eine 4-Stunden-Woche dabei herauskommen, aber so ein Buch zu lesen, kann ungemein Wirkung erzeugen.

Und wenn es nur das ist, dass ich mir heute zum Ziel gesetzt hatte, eine sehr wichtige E-Mail vorzubereiten, meinen Smartphone-Testbericht zu strukturieren, ein paar unwichtige Aufgaben wegzulassen und alles so geradlinig und schnörkellos anzugehen, dass ich heute um 1600 den Hammer hinlegen und nach Foz ans Meer laufen könnte.

Und mehr noch, ich war so begeistert von der Idee, dass ich das klar kommunizierte und mit dem Plan meine beiden Gastgeber:innen mit meinem Enthusiasmus ansteckte. Nicky war mehr oder weniger sofort dabei, sagte zwar: joa, morgen würde ihr zwar eigentlich besser passen mit einem Meerabend, aber what the heck, sie ist dabei. Juan hatte noch einen wichtigen anderen Termin vorher, aber es kam später nach.

Nicky und ich spazierten dann die gute Stunde ans Meer. Wir kamen an einem koreanischen Markt vorbei und Nicky meinte: „Ach ja, da wollte ich auch noch mit dir rein, während du hier bist. Wir müssen mal gucken, wann wir das am besten…“ Zack, Jürgen schon in den Laden reingelaufen, Nicky hinterher.

Wenig später kamen wir an einem Laden für Enchiladas vorbei. Ich hatte tatsächlich gerade ein wenig Hunger. Kurz Nicky gefragt, ob sie eins probieren würde. Zack, waren wir in dem Laden und haben jeder ein – durchaus leckeres – Enchilada probiert.

Als uns dann eine halbe Stunde später noch ein koreanischer Burgerladen über den Weg lief, in dem wir noch nie waren… you get the picture.

Einfach mal machen, woran man Spaß hat, statt immer nur im „Müssten wir mal“ zu bleiben. Warum ist man nach ein paar Monaten Alltag nur immer so festgefahren?

Als Juan später dazu kam und wir in einer Beachbar in Foz ein paar Drinks nahmen, am Meer saßen, den Sonnenuntergang begutachteten und was aßen, meinte Juan irgendwann: „Ist das nicht einfach schön hier?“. Und ja, das war es. Es wurde, relativ spontan, einer der coolsten Abende überhaupt.

Das könnten wir uns rein finanziell schon nicht jeden Tag leisten, und was für den einen Alltag ist für den anderen Urlaub, dann geht sowas manchmal.

Der Punkt ist: Zu all dem wäre es nicht gekommen, wenn ich das Buch auf dem Hinflug nicht angelesen und mir ein paar Ideen wie „Arbeit dehnt sich immer bis in die dafür zur Verfügung stehende Zeit aus, also setze frühe Deadlines“ nicht als Wiederauffrischung geholt hätte.

Zu all dem hat „Die 4-Stunden-Woche“ schon beigetragen. Ich bin erst auf Seite 120, aber ich kann jetzt schon sagen: Das Buch ist von 2007, aber verdammt gut gealtert. Taugt nur sehr gut dazu, einen zum Umdenken zu bewegen.

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50 km

Auf meiner Bucketlist steht immer noch Marathon, aber den hatte ich eigentlich aufgegeben, weil ich nach wenigen Kilometern nach wie vor Knieschmerzen bekomme. „Sie laufen falsch“, hat der Sportarzt damals gesagt. Ich habe versucht, meinen Laufstil anzupassen, aber das hat nichts gebracht. Bin ich halt nicht für lange Weiten gemacht, dachte ich. Schade, aber dann halt kein Marathon.

Was mich deswegen wundert, denn beim Wandern bekomme ich solche Knieschmerzen selten bis nie. Und da wäre ich nie auf die Idee gekommen, ernsthaft mal weiter als 30 km am Tag zu gehen. Bis ich neulich von Bonn nach Trier gepilgert bin, darunter mit mehreren 30er-Etappen, dabei gemerkt habe: Hey, das geht ja eigentlich ohne große Probleme. Und bis Joachim mir vom Megamarsch in Köln berichtet hat: 100 km marschieren in 24 Stunden.

Um das Ganze abzukürzen: Dazu haben wir uns angemeldet und darauf trainieren wir jetzt. Neulich wanderten wir 36 km, ich vergangenen Sonntag dann 42 km über den Rheinsteig (die Distanz eines Marathons), heute nahmen Joachim und ich uns zum ersten Mal 50 km vor, und wir nahmen noch Christoph dazu mit, der in Kürze mit Christian den Nimwegenmarsch gehen will (4x 50 km) und wofür ich beide damals noch für verrückt erklärt hatte (heute nicht mehr ganz so vehement ;).

Es war heute ein anstengender Tag, wir hatten 10 Stunden Laufzeit, kamen in zwei Gewitterschauer, hatten zur Abwechslung mehrere Stunden sengende Hitze oft ohne Schatten, und weil keiner von uns die Strecke so jemals gegangen war, gegen Ende ein paar Orientierungsprobleme. Jeder von uns hatte einmal einen kleinen oder größeren Durchhänger, einer ganz kurz vor dem Ende, ich selber etwa bei km 22, als ich eine Mittagspause forderte und wenig später im Biergarten am Bahnhof Kottenforst bekam.

Klar, am Ende in Rolandseck hatte die Bahn Verspätung, wir waren vom Regen so kalt, dass keiner mehr wirklich Lust hatte, im eigentlich angepeilten Biergarten noch Krüge zu stemmen. Wir aßen noch Pizza in einer italienischen Pommesbude und fuhren dann ohne viel Tamtam mit der Bahn heim.

Das alles ging aber ohne große Komplikationen, ohne Schmerzen, bei mir auch ohne Blasen an den Füßen. Klar, ich bin jetzt platt, meine Füße natürlich auch und meine Beine fühlen sich einen halben Zentner schwerer an. Aber ansonsten ging das, ich hätte sogar noch weiter gekonnt (wenn auch heute nicht mehr gewollt) und freue mich auf die nächste Tour.

Das eine (Laufen) scheint also mit dem anderen (Marschieren) nichts zu tun zu haben. Interessante Erfahrung! Ganz aufgegeben habe ich den Traum vom Marathon aber trotzdem noch nicht…

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Microwalks

Ja, man könnte sie auch einfach „Spaziergänge“ nennen, aber das wäre nicht so cool. Außerdem haben diese Microwalks einen Sinn: Sie helfen mir beim Nachdenken.

Auf der Arbeit ist derzeit viel Organisatorisches zu erledigen und da kommen mir die besten Ideen nicht am Schreibtisch. Genau genommen bringt mich das Sitzen am Schreibtisch bei manchen Entwicklungen auf die Palme. Ich muss dann raus…

Mittlerweile mache ich oft zwei Runden am Tag draus. Muss nicht lang sein. Einmal um den Block, 1.500 bis 2.500 Schritte. Mittlerweile oft schon vor der Arbeit. Es hilft mir einfach, Dinge zu sortieren. Und dann noch einmal während der Arbeit. Hilft mir, Ärger, der manchmal entsteht, zu halbieren und clevere Lösungen zu finden, statt sofort dem ersten Impuls zu folgen.

So ein Microwalk dauert nicht mehr als 15-20 Minuten. Und wirkt immer wieder Wunder. Würde ich gerne Ratschläge erteilen (und das tue ich ja eigentlich), würde ich das jedem Bürohengst empfehlen, irgendwie in die Arbeit einzubauen. Probiert das mal!

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Tapas Essen in Köln mit Christian, Jasmin, Mary, Inga, Pascal und Nicola. War sehr cool. Vor allem, wenn man dann im Gespräch rauskriegt, dass die Nebensitzer:innen Ähnliches denken. Unter Menschen gehen? Joa, auch nur, wenn es unbedingt muss. So ein Wochenende im Pyjama ist doch mindestens genauso schön. Corona-Lockdown? War eine ungemein relaxte Zeit, weil man keinerlei sozialen Druck hatte und einfach nichts musste. Ich bin also nicht der einzige, der die Zeit des Lockdowns in positiver Erinnerung behalten wird. Sehr angenehm!

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Shakespeare’s Sister

Ja, die Assoziationskette im Kopf. Ich war heute Nachmittag kurz Radsporten und hab irgendwo an einem Lieferwagen für einen Bruchteil einer Sekunde einen Werbeslogan gesehen, der irgendwas „… yours“ hieß, was mein Gehirn auf die Idee brachte, das mit „Hormonally yours“ zu ergänzen. Und weil mein unnützes Wissen darin besteht, beinahe jeden Song und jedes Album aus den 1990ern zu kennen, weiß ich, dass das Album von Shakespeare’s Sister so hieß. Mich wundert das schon gar nicht mehr, mein Kopf arbeitet einfach so (euer auch? ?). Mich wundert dann eher, dass ich ich die Songs, die mir dadurch dann einfallen auch am liebsten sofort hören mag und sie nicht irgendwie über habe, weil damals schon zu oft gehört.

Bei Shakespeare’s Sister waren das natürlich die geniale Megaballade „Stay„, die ich immer schon geliebt habe. Der eigentliche Hit und mehr noch, der musikalische Evergreen, war aber eigentlich die übernächste Single „Hello, turn your radio on“.

Ein richtig cleverer Text voller Existentialismus:

„We’re bingo numbers and our names are obsolete
Why do I feel bitter when I should be feeling sweet?“

Ich übersetze mal: Wir sind alle im Grunde austauschbar: Was machen wir eigentlich hier? Warum schaffen wir dieses elendige Chaos, wenn nach 80-90 Jahren doch eh alles vorbei ist? Unterstützt vom Refrain:

„Life is a strange thing
Just when you think you learned how to use it it’s gone“

Der Witz ist ja, dass jedem das im Grunde klar ist und trotzdem jeder so tut, als wäre irgendwas Superwichtiges am Start und man müsse sich voll beeilen, was zu erreichen, obwohl ja nichts für die Ewigkeit ist.

Und weil jeder so tut, ist man verwirrt, weiß nicht, was eigentlich gespielt wird und muss sich hin und wieder vergewissern, ob man sie noch alle hat – als ob jemand das genau sagen könnte:

„Woke up this morning and my head was in a daze
A brave new world had dawned upon the human race
Where words are meaningless and everything’s surreal
Gonna have to reach my friends to find out how I feel.“

Und hey, das muss doch irgendjemand checken. Oder bin ich wirklich der einzige, der merkt, was los ist?

„Hello, hello, turn your radio on
Is there anybody out there?
Help me sing my song“

Nein, bin ich nicht, sonst wäre der Song nicht ein solcher Erfolg und so oft gecovert worden.

Und wenn dann noch das Gitarrensolo erklingt, das diesen Radiosong darstellen soll…

Hach, einfach ein toller Song. Zeitlos!

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Wir gehen morgen die 50 km an und ich gehe dann besser mal schlafen…