Ich gehe ja fast jeden Tag spazieren, und das eben meistens im Dunkeln, weil ja gerade die dunkle Jahreszeit ist. Natürlich spazieren auch andere Menschen abends oder sind auf dem Heimweg. Viele junge Frauen, die mir dabei entgegen kommen, telefonieren dabei über ihre AirPods (oder andere Earplugs). Ich habe von mehreren Frauen gehört, dass sie das aus Sicherheitsgründen tun.
Vor zwei Jahren fragte Influencerin Isabell Gerstenberger (@btgasi) ihre Follower auf Instagram, was sie täten, wenn es das andere Geschlecht einen Tag lang nicht gäbe. Männer antworteten sinngemäß: „Ja, was schon? Euch vermissen!“ Sonst wie alles. Frauen gaben dafür Antworten wie:
„Nachts spazieren gehen“
„Abends alleine spazieren gehen“
„Nachts rausgehen ohne Angst, vergewaltigt oder entführt zu werden.“
„Die ganze Nacht mit meinen Freundinnen durch die Gegend laufen“
„Alles tragen, was ich will, und nachts rausgehen ohne Angst zu haben.“
Und in der Form immer weiter…
Oder auch: Autschn… Dass Gerstenberger nach dem Posting mehr als 500 Männer entfolgt sind, setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Was ist das bloß für eine Gesellschaft, in der Frauen (oder sonstwer, selbst als durchaus wehrhafter Mann schwingt ja immer ein wenig Angst mit) abends nicht vor die Tür gehen können, ohne sich ihres Lebens sicher zu sein?
Vorhin spazierte ich bei Dunkelheit durch die – neuerdings zur Einbahnstraße umfunktionierte – Bornheimer Straße. Bonns Grüne Bürgermeisterin macht die Stadt scheibchenweise autofrei. Und ich fühlte mich kurz an Basel erinnert und wie schön das mit einer autofreien Innenstadt eigentlich sein kann. Als mir dann noch eine telefonierende Frau entgegen kam, fiel es mir wie Schuppen von den Augen:
WIR BRAUCHEN EINE MÄNNERFREIE INNENSTADT!
Keine Ironie, kein Sarkasmus. Schafft eine Zone, in der Innenstadt, in der abends keine Männer zugelassen sind! Zumindest einmal im Monat, zum Beispiel an einem Freitag von 1800 bis 0600 Uhr. Polizistinnen kontrollieren das über eine Einlasskontrolle und Patrouillen. Männer, die in der Innenstadt wohnen, dürfen in ihre Wohnung, aber nicht raus und auch keinen männlichen Besuch empfangen. Es gäbe Sportangebote, nur für Frauen. Geschäfte, Kneipen, Restaurants, Clubs hätten nur für Frauen geöffnet. Das Personal dort: ausschließlich weiblich. ??♂️
Was wäre dann los, was würde passieren, würde das funktionieren? Was meint ihr?
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Ich warte am Bertha vor der Ampel und ein verranzter Typ steht neben mir. Im Anhänger seines klapprigen Fahrrads: jede Menge Schrott. Und dann sagt er diesen Satz, halb zu mir, halb vor sich hin: „Schlimm mit der Armut in diesem Land.“
Mein erster Impuls: wegignorieren, weitergehen, du kannst nicht jeden Verschwörungstheoretiker zur Raison bringen. So gesehen habe ich dann etwas Überraschendes getan: Ich habe mich kurz mit ihm unterhalten.
Habe gefragt, was er genau meine. Er kam auf das Gefälle zwischen Arm und Reich zu sprechen und den menschlichen Anteil daran: „Wissen Sie, da kämpfen Menschen für Gleichheit und Gerechtigkeit, und dann kommt am Ende einer wie Stalin.“
Da musste ich lächeln. Gar nicht so dumm, der Gedanke. Er hörte sich dann sogar noch meine politische Meinung an, dass die Gier im Menschen angelegt sei, während er das lieber differenzieren wollte, es gäbe schon noch welche, die anderen etwas wegnähmen und andere, die es nicht täten. Aber sehr oft setzten sich dann eben doch die Gierigen durch.
Und das war es dann auch schon, wir nickten uns lächelnd zu und verabschiedeten uns.
Und was war daran jetzt so schlimm? Einfach mal einem Fremden zuhören und ein Praatje (niederländisch für: kurzes Gespräch) halten.
Das Ganze hat übrigens eine Vorgeschichte. Vor ein paar Monaten traf ich einen Bekannten, der mir direkt seine politische Meinung zu Waffenlieferungen Deutschlands an die Ukraine an den Kopf warf: „Weißt du, Jürgen, sind 27 Millionen Russen nicht genug?“ Ich begann bereits mit ihm zu diskutieren. Dabei hätte meine Reaktion einfach sein sollen: lächeln. Und antworten: „Ja, das kann man durchaus so sehen.“
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„Chemie für Dummies“ durchgelesen, ca. 70-80% verstanden. Ist schon mal gut, reicht mir aber noch nicht. Ich gehe jetzt alles nochmal durch und recherchiere auch aus anderen Quellen. Die Chemie muss besiegt werden.
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Hätten sich die Grünen sicher auch nicht träumen lassen, dass sie mal als Anti-Klima-Partei wahrgenommen würden:


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Robert Plant: Rainbow (2014):
Beitragsbild via Dall-E2
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