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Non-judgemental Walk

Ich war mal in der StudiVZ-Gruppe „Angeblich gucke ich immer böse, bin’s aber nicht“. So unnützes Zeug aus der Vergangenheit fiel mir gerade ein, als ich zum Abendspaziergang aufbrach. Ich glaube nämlich, ich gucke nicht nur böse, ich bin es manchmal auch. Vielleicht erinnert ihr euch an meinen Text von gestern, dass es mich auf die Palme bringt, wenn Leute vor mir auf dem Bürgersteig mich nicht herannahen hören. Ich bin für gewöhnlich recht flott unterwegs und muss an vielen Leuten vorbei. Und wenn die mir dann nicht ausweichen…

Mittlerweile sage ich mir oft: „Ruhig, Brauner, die können ja nichts dafür.“ Wenn ich mal genau in mich hinein horche, gucke ich aber auch andere Menschen auf der Straße böse an. Aus verschiedenen oder gar keinen Gründen. Vielleicht, weil mir bei dem einen das T-Shirt nicht gefällt, bei dem anderen ein schlimmes Tattoo (passiert mir in Deutschland leider oft), beim Dritten der ganze Aufzug und beim Vierten wasauchimmer.

Nicht werten, habe ich mal irgendwo gelesen. In Berlin gelingt mir das auch meist ganz gut. Da sieht sowieso jeder so verrückt aus, dass man aus dem Werten gar nicht mehr heraus käme. Bei meinem Abendspaziergang gerade habe ich das aber auch mal hier in Bonn versucht. A non-judgemental walk. Was mir dabei auffiel:

  • Es läuft sich tatsächlich entspannter. Ich bin selbst weniger verkrampft.
  • Mich gucken weniger Leute böse an. Vielleicht ist da was dran mit „Wie man in den Wald hineinruft…“
  • Ein paar Mädels haben mich angelächelt.
  • Eine Frau auf dem Fahrrad hielt an, um mich nach dem Weg zur nächsten Tankstelle zu fragen. (Ich habe sie aber nicht einfach dahin geschickt, sondern gefragt, was sie da eigentlich will. Sie wollte nur Flaschen abgeben. Ich hab sie statt dessen zum Friedensplatz-Rewe geschickt.)
  • Ein Gruppe von Leuten, die vor mir ging und die ich so schnell nicht überholt bekam, störte sich offenbar nicht daran, dass ich ein paar Schritte mit ihnen ging.
  • Insgesamt ein sehr entspannter Spaziergang.

Würde ich ab jetzt immer so machen, wenn es nur nicht so verdammt anstrengend wäre. ?

Daily sort-out: „Feeling Good“, Seiten 200-250.

Ich muss mal vorankommen hier mit dem finalen Ausmisten. Und wenn es erstmal Dinge sind, die ich eigentlich am Schluss machen wollte. Finales Ausmisten der Schränke. Behalten nur noch notwendiger Dinge und solcher, die ich ohne viel logistischen Aufwand und Platzbedarf bei einem Umzug schnell mitnehmen könnte.

Flurkommode vorher:

Ausgeräumt:

Nachher:

Prepper-Schublade in der Küche vorher:

Nachher:

Ich muss einen Plan machen, wie ich das hier beenden will. Alle Bücher noch einmal zu lesen, in denen noch etwas Interessantes stehen könnte, dauert zu lange. Dann lieber voll dekadent wegschmeißen und als Ebook neu kaufen, wenn die Zeit gekommen ist. Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an…

Kreislauf, i haz it. Kann natürlich an den Temperaturen liegen oder daran, dass ich heute Mittag bei 30 Grad ins Intervalltraining eingestiegen bin. 5km Joggen, davon sieben 30-Sekunden-Vollgas-Sprints (mit 1 Minute Pause dazwischen). Das soll die Fettverbrennung deutlich erhöhen.

Woran es liegt, weiß ich nicht, aber immer wenn ich Kreislauf habe, schreit mein Körper nach Kaffee – und nach Soft Cake. Ihr wisst schon, diese Kekse mit dem Orangenglibber in der Mitte. Konnte meinen Körper gerade noch davon abhalten, den Pennymarkt leerzukaufen.

Hand of God (Netflix): 90 Minuten lang ein richtig toller italienischer Coming-of-Age-Film. Lustig, traurig, sinnlich, schön! Aber dann finden sie kein Ende und es wird so komisch schwermütiger Kram, der überhaupt nicht zum Anfang passt. Deswegen kriegt der von mir nur eine 2-, leider. Ist auf jeden Fall viel lustiger als hier im Trailer dargestellt:

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Hochsensible Menschen erkennen

Ich habe mal einen Test gemacht, ob ich hochsensibel bin. Auf einer Skala von 0 bis 10 kam ich da auf eine 7 bis 8. Heißt: sensibler als der Durchschnitt, was ich inzwischen auch in einigen Alltagssituationen merke, auch wenn ich noch einige weit „krassere“ Fälle als mich kenne. Etwa den Bekannten, der nichts filtern kann, jeden Eindruck sofort kommentiert, aber auch als einziger merkt, wenn ich neue Schuhe trage oder nicht gut drauf bin, egal, wie sehr ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen.

Es gibt einen einfachen Trick herauszufinden, ob jemand hochsensibel ist oder nicht. Und seit einiger Zeit praktiziere ich den mit großem Interesse im Alltag. Der Test geht ganz einfach so: Gehe hinter jemandem auf dem Bürgersteig her und achte darauf, ob und wann er dich bemerkt und vorbei lässt, wenn du schneller bist als er.

Für mich war das irgendwie immer selbstverständlich: Ich bemerke jemanden hinter mir, der schnell näher kommt, ich rücke dann meist schon ein paar Meter vorher zur Seite, denn es gibt keinen Grund, ihn nicht vorbei zu lassen.

Die meisten anderen machen das nicht.

Ich konnte das selber kaum glauben, aber ich habe es jetzt oft genug ausprobiert und bin immer wieder überrascht, wie wenig feinfühlig andere Menschen da sind.

Oft genug muss ich Menschen erst ansprechen und bitten, mich vorbei zu lassen, weil sie mich schlicht nicht bemerkt haben. Das hat mich früher auf die Palme gebracht, weil ich dachte, es wäre normal, jemanden von weit herannahen zu hören. Ist es aber offenbar nicht. Die meisten meinen das gar nicht böse, ihnen fehlen schlicht die „Antennen“. Nicht umsonst setze ich mich seit Jahren für die Erfindung der Fußgängerklingel ein, aber die muss ich wohl selber auf den Markt bringen… ?

Die meisten Menschen merken es dann irgendwann, wenn ich zumindest einige Schritte hinter ihnen bin und mit irgendwas raschel, mit den Schuhen schlöre oder mich räuspere. Ich bin aber auch – ungelogen – schon einmal 30 Sekunden einen halben Schritt hinter einem Paar hergelaufen, das mich einfach nicht bemerkt hat. Ich wundere mich auch immer wieder, wie überrascht manche Leute reagieren, wenn ich ziemlich laut auftretend und schaufend angejoggt komme, dann plötzlich hinter ihnen bin und sie doch wieder bitten muss, mich eben durchzulassen. Mich nervt das, aber die Leute können schlicht gar nichts dafür.

Wenn euch das auch so interessiert wie mich: Probiert’s mal aus! Jemand Hochsensiblen erkennst du daran, wenn er (sofern er von nichts Anderem abgelenkt ist) dir schon einige Meter vorher Platz macht, weil er dich hat herannahen hören.

Wann hat man sich eigentlich zum letzten Mal einfach so auf eine Wiese in den Schatten gelegt und ein bisschen den Sommer genossen? Me today:

Keine fünf Minuten später bin ich dann aber auch schon weiter. Es kamen lästige Fliegen und Mücken und so geil war’s dann auch gar nicht. Ich wollte da wieder weg. ?

Daily sort-out: Bin auf Seite 203 von „Feeling Good“. Wenn das in diesem Tempo weiter geht mit dem finalen Ausmisten, bin ich mit 60 noch nicht fertig. Ich muss das irgendwie anders angehen…

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Bücher schreiben

Bücherschreiben ist mein Traumberuf. Denke ich zumindest. Ich hab bis jetzt noch nie ein Buch geschrieben bzw. ich schreibe jetzt am ersten. Und es zieht sich…

Ende April wollte ich fertig sein mit dem alternativen Singapur-Reiseführer. Jetzt mit gut anderthalb Monaten Verspätung habe ich zumindest die Rohtexte der 50 Kapitel fertig geschrieben (yeah!). Mir fällt bei jedem größeren Schritt ein ganzer Meilenstein vom Herzen. Aber es ist immer noch viel Arbeit.

Jetzt geht es ans Reduzieren, ans Finetuning der Texte, ans Kartengestalten, Bilderauswählen und schließlich auf Amazon Kindle Fertigformatieren.

Vielleicht ist auch der Grund, warum ich noch nie ein Buch geschrieben habe, dass das verdammt viel Arbeit ist, dass ich bisher noch gar nicht wusste, wie das eigentlich geht und was das alles mit sich bringt. Es macht schon Spaß, aber es schreibt sich eben auch nicht von selbst. Wie ich offenbar immer gedacht hatte.

Ich bin ein Riesenfan von Greenforce Food geworden. Das ist bisher der beste Fleischersatz, den ich getestet habe. Vor allem der Hackfleisch-Ersatz. Sieht auch roh, also angerührt, genauso aus wie echtes Hackfleisch, schmeckt aber fast besser. Soll’s auch bei Lidl geben. Probiert’s mal aus!

Daily sort-out: Lese weiter an „Feeling Good“. Gestern habe ich es noch bis Seite 146 geschafft, mal sehen, ob ich es heute Abend noch bis in die Nähe von Seite 200 schaffe. Bin ziemlich kaputt nach dem Ausflug gestern. Könnte auch einfach mal früher schlafen gehen.

Oh, gar kein Foto heute. Gibt so Tage… Dann heute eben nur einen kurzen Log.

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Aus Langeweile mit Menschen reden

Ich war heute den halben Tag in und auf dem Weg nach Wiesbaden, um ein Konzert von Agnes Obel zu sehen. Ich wollte ursprünglich mit Juan dorthin, aber der hat sich noch rechtzeitig vorher die Seuche geholt (Corona) und ein gleichwertiger Ersatz ließ sich kurzzeitig nicht auftreiben. Also erstmal niemanden zum Reden.

Ich arbeitete unterwegs, wurde mit meinem Testbericht fast fertig, organisierte noch einiges und war dann mit allem, auch dem Abendessen in einer Dönerbude, um 1900 fertig. Die Veranstaltungslocation, die Wiesbadener Ringkirche, war gleich nebenan. Ich ging hin und saß noch ein wenig in der Sonne, zückte mein Handy, schaute nach dringender Arbeit, es gab keine. Einlass sollte um 19:30 Uhr sein, der Pulk wartete davor, ich auch. Tatsächlicher Einlass: 19:50 Uhr.

Ich bekam einen guten Platz, saß und wartete. Dann wartete ich weiter. Es war ja eine katholische Kirche, ich hatte zwar keine Skrupel, meine Mütze aufgesetzt zu lassen (schlimmer Frevel, aber f* the system!), aber ein wenig innere Einkehr könnte ja nicht schaden. Ich saß, schloss die Augen, atmete tief ein und aus. Als ich damit fertig war, war es etwa 20:15 Uhr. Noch immer suchten sich Leute einen Platz, vom Künstlerensemble keine Spur. Ich checkte mein Handy, schrieb Freunden ein paar Nachrichten, graste meine E-Mails und Feeds ab (beide leer), hatte nichts mehr zu tun.

Langeweile ist ein Geschenk. Es macht dich kreativ. Ich kann mich auch tatsächlich nicht daran erinnern, wann mir zum letzten Mal langweilig war. Es gibt in meinem Leben eigentlich immer was zu tun. Es geht mir besser, wenn immer etwas zu tun ist. Jetzt war nichts mehr zu tun…

Es wurde 20:20 Uhr und dann 20:25 Uhr und noch immer keine Künstler auf der Bühne. Ich checkte ein paar Apps auf meinem Smartphone, die ich noch nie ausprobiert hatte (siehe da: Samsung Notes hat auch eine Art To-Do-Liste integriert!). Als ich jemanden mit einer Flasche Wasser an seinen Platz treten sah, erinnerte ich mich, dass meine Wasserreserven auch nahezu erschöpft waren und ich später noch drei Stunden Bahnfahrt vor mir haben würde. Ich sprang spontan auf, bat meine Nebensitzerin, meinen Platz zu verteidigen und ging an die Theke (VOR der Kirche, drinnen gab es keine, aber der eine oder andere hatte tatsächlich legal eine Dose Bier in der Hand, IN der Kirche!).

Als ich mit dem Wasser wieder an meinen Platz kam, sah ich, dass meine Nebensitzerin ihren Arm um meinen Hipster-Rucksack gelegt und sich im wahrsten Sinne des Wortes auf meinem Platz breit gemacht hatte. Alle Achtung! Sie hatte meinen Platz tatsächlich eisern verteidigt! Als ich ihr dankte, rückte sie aber wieder etwas weg zu ihrer Begleitung. Es wurde 20:30 Uhr und dann 20:40 Uhr. Noch immer keine Künstler auf der Bühne, noch immer nichts wegzuarbeiten, nichts mehr zu tun.

Mir fiel nichts Anderes mehr ein, was ich noch tun konnte, außer Gespräche mit Wildfremden anzuzetteln. Obwohl meine Nebensitzerin jetzt ja keine Wildfremde mehr war. Also fragte ich sie und ihren Begleiter, ob sie aus Wiesbaden kämen. „Nein nein, aus Münster und Aachen. Wir sind vorhin angereist und bleiben dann über Nacht“. Wir unterhielten uns ein wenig. Ich sagte, ich dachte ich wäre schon von weit her angereist, aber Münster wäre ja noch ein ganzes Stück weiter. Und dass ich eigentlich wissen wollte, ob Wiesbaden eine schöne Stadt sei. Das hörte die Frau vor uns, drehte sich um und erzählte uns von Wiesbaden. Dass es sehr schön sei, im Krieg kaum zerbombt, aber auch gewissermaßen tot.

Es überrascht mich, das zu sagen, aber das Gespräch gefiel mir. Es muss weit kommen, dass ich lieber mit Menschen rede als mich mit irgendwas Anderem zu beschäftigten. Aber wenn ich es mal tue, macht es fast immer Spaß und es geht mir danach besser. Warum ich das dann so selten tue? Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht. Tiefenpsychologisch bedingt wahrscheinlich die Angst, nicht schlagfertig genug zu sein.

Als das Konzert dann um 20:50 endlich begann, war ich sogar ein klein wenig traurig. Ich hätte mich gerne noch länger unterhalten.

Ach so, und das Konzert? Coole Location, der Sound ein klein wenig underwhelming, die Musikerinnen auf der Bühne (Agnes Obel nannte sie die „Band of Mothers“, weil sie alle inzwischen Mütter seien) sehr sehr gut. Schade nur, dass sie Fuel to Fire nicht gespielt haben. Alle anderen Hits aber eigentlich schon und auch so anspruchsvolles neues Zeug…

Mainz HBF. Meine S-Bahn nach Frankfurt-Flughafen soll laut App in 4 Minuten fahren, ist aber weder am Gleis noch auf der Anzeigentafel in der Bahnhofshalle angeschlagen. Hilfe!

Ich renne zur Information, aber, Mist, da kommt einer vor mir dran, ein Schwarzer, der es leider nicht so eilig hat. Er möchte mit dem 9-Euro-Ticket nach Köln, der Schaltermitarbeiter zu ihm: „Nein, nach Köln kommst du heute nicht mehr mit dem 9-Euro-Ticket, nur noch mit IC oder ICE.“ Druckt ihm was aus, wimmelt ihn irgendwie ab.

Ich komme dran, zeige dem Mitarbeiter mein Handy, auf der Gleis 5 und die S9 steht, erkläre mein Problem, dass das nirgendwo angeschlagen ist. „Oh doch, der kommt! Gehen Sie besser schnell runter. Der kommt, mit 90-prozentiger Sicherheit!“ Ich bedanke mich hastig, sprinte runter zum Gleis und tatsächlich: wenige Minuten später rollt die S9 ein, obwohl sie weit und breit nirgendwo angeschlagen wurde. Als ich einsteige, sehe ich, dass sich der Schwarze einen Vierersitz weiter setzt. Er nimmt die gleiche Bahn.

Der Bahn-Mitarbeiter hat ihn geduzt und mich gesiezt. Ich habe nichts gesagt, weil ich einfach zu sehr in Eile war und ehrlich gesagt auch nicht genau weiß, wie man so etwas de-eskalierend sagt. Aber das darf doch nicht sein. Wo kommt das überhaupt her, dass manche Leute Schwarze und Türkischstämmige einfach so duzen? So etwas muss aufhören!

Daily sort-out: Lese gerade noch einmal „Feeling Good“ von David D. Burns, eins der ersten Bücher über positive Psychologie. Bin überrascht, wie viel davon für mich längst alltäglich ist. Sein Kapitel darüber, wie man verbale Angreifer entwaffnet, ist beinahe amüsant.

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Forever Single?

Die Idee spukt jetzt schon eine ganze Weile in meinem Kopf rum, und sie ist natürlich auch nicht original von mir. Aber ich höre und lese immer mehr darüber sie klingt erfrischend: Wie wäre es, wenn man einfach den Rest seines Lebens ungebunden bleibt? Also nicht so selbstmitleidig, nach dem Motto: Buhuhu, keiner liebt mich, sondern gewollt. Und selbst die Chance auf sexuelle Abenteuer links liegen lässt, weil es einen einfach nicht mehr interessiert? Sofort melden sich die inneren Stimmen:

  1. Das darfst du nicht!
  2. Du musst dich fest binden!
  3. Alle anderen machen das auch.
  4. Das ist der natürliche Ritus des Menschen.
  5. Sonst bist du nichts wert.
  6. Nur gemeinsam ist der Mensch vollkommen.
  7. Nur als Frauenheld bist du begehrenswert.
  8. Sonst sind die anderen erfolgreicher als du.
  9. Alleinsein im Alter ist grausam.
  10. Du willst doch jemanden haben, der dich auf deinem Weg begleitet, der morgens neben dir aufwacht, mit dem du durch dick und dünn gehen kannst.

Die Stimmen 1 bis 6 können mich mittlerweile mal. Ich muss gar nichts, und da lobe ich mir die heutige Gesellschaft, in der praktisch jede Form von Sexualität akzeptiert ist, auch die Asexualität. Ich erinnere mich gerne an die gute Freundin von mir, die meinte, wenn sie sich zurückerinnere, war sie als Single immer glücklicher als in einer Beziehung.

Ich nicht unbedingt, aber auch mich haben viele Dinge an Beziehungen immer genervt. Unbedingt irgendwas zusammen machen müssen, auch wenn man gar keine Lust darauf hat. Mehr Nähe als einem lieb ist etc.

Punkt 7 und 8 haben mir tatsächlich lange zu schaffen gemacht. Andere sind begehrenswerter… Und wenn schon! Kann ich eh nicht ändern. Außerdem löst sich der Ärger darüber in Luft auf, wenn dich das Thema plötzlich nicht mehr interessiert und dir was anderes wichtiger ist. Wie du deine ganz persönliche Weltreise organisierst, zum Beispiel.

Punkt 9 und 10 – okay. Da werde ich sentimental. Tief in mir drin will ich jemanden haben, mit dem ich alles teile, dessen Nähe ich vermisse, wenn er (also sie) nicht da ist, der mich vollkommen macht, neben dem ich morgens aufwache, für den ich da bin, wenn es ihm (also ihr) schlecht geht, oder auch gut, und anders herum genauso. Ja, das will ich, das wäre meine 1a-Lösung, das steckt vielleicht in jedem von uns tief drin.

Aber wenn sich der passende Mensch für die 1a-Lösung gar nicht findet? Findet wirklich jeder den/die Partner/in, der/die genau das für ihn/sie ist? Welche elendigen Kompromisse geht man ein, um etwas zu bekommen, das nur so halb passt. Wer den Deckel auf dem Topf findet: sehr cool, meinen Glückwunsch! Aber wer nicht, wird der wirklich glücklich? Und was gibt man alles auf dafür, nur um semi-glücklich zu sein?

Natürlich bin auch ich nur ein Mensch, bei dem andere Menschen zu Weilen gewisse Reize auslösen, und ich dann entsprechend reagiere – also so:

Aber dann? Selbst wenn du denjenigen eroberst – was seltener passiert, als einem lieb ist – wie geht es dann weiter? Für einen kurzen Moment der Ego-Boost dass du jemand Attraktiven für dich gewonnen hast, dann die 6 Wochen Dopamin-Rausch des Verliebtseins, bevor dann die ewige Frage ansteht: Was machen wir denn heute? Isst du wirklich zwei Burger statt einen? Kannst du mal deine Socken wegräumen?! Wann fahren wir zu Onkel Walters Silberhochzeit?

Wie viel Energie habe ich in meinem Leben schon da rein gesteckt, jemandem gefallen zu wollen? Gebracht hat es genau genommen nichts.

Wenn das Schicksal sich entscheidet, dass da jemand meinen Weg kreuzt und beiden klar ist: das passt, dann: klar, ich bin bereit. Aber bis dahin versuche ich es einfach mal ohne. Und ich könnte mir denken, dass das ungeahnte Energien freisetzt.

Typ vor mir in der Bahn hat eine Maske auf, aber wird vom Kontrolleur ermahnt, weil er kein T-Shirt anhat. „Bitte anziehen, sind die Kleidervorschriften hier.“ Er fügt sich, widerwillig.

Hendrik hat Geburtstag. Alles Gute!

Düsseldorfer Altstadt, huiuiui…

Daily sort-out: Meine letzte Kladde mit Vokabeln, Sätzen aus meinen letzten Niederländisch- und Englisch-Kursen. Bin fertig damit. Es geht mit Babyschritten voran, aber der Gipfel rückt trotzdem langsam näher.

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Just random stuff

Hat funktioniert! Fairtiq hat mich gestern beim Überschreiten der 9-Euro-Schwelle automatisch auf das 9-Euro-Ticket migriert:

Und ja, irgendwer hat da schon wieder vergessen, ab Köln Mühlheim schon ein Ticket zu lösen und kam erst darauf, als der Zugchef durch die Lautsprecheranlage brüllte, dass in diesem Zug trotz des 9-Euro-Tickets weiter Maskenpflicht herrsche: „Wir sind hier nicht bei Aldi oder Lidl!“

Aber wie nutze ich das 9-Euro-Ticket dann?

Ja nun, aber das 9-Euro-Ticket einfach in der App zu haben und anzeigen zu lassen, wäre schon praktischer, als immer wieder swipen zu müssen. Und was ist, wenn ich mit dem 9-Euro-Ticket wohin fahren möchte, wo Fairtiq noch nicht gilt, also zum Beispiel nach Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz?

Mir scheint, das ist nicht ganz zu Ende gedacht.

Eine ziemliche Hammermeldung in meinen Augen, die heute fast ein bisschen untergegangen ist: Der Verband der Psychotherapeuthen rät dazu, den Verkauf von Alkohol deutlich zu erschweren und Cannabis endlich freizugeben.

Das Mindestalter für alle legalen Drogen solle bei 18 liegen. Und alle legalen Drogen sollten in lizenzierten Geschäften von Fachpersonal verkauft werden, das zum Thema Suchtprävention geschult ist. Mit anderen Worten: Liquor Stores und Koffieshops auch in Deutschland.

Finde ich gut, finde ich nur überraschend, dass sich die Bundespsychotherapeutenkammer da so klar positioniert. Sie raten übrigens generell von Suchtmitteln ab – auch von Cannabis, das Psychosen auslösen kann – sehen aber wohl ein, dass Erwachsene eine Art von Rausch wollen und brauchen. Aber auch nur die und auch nur hin und wieder, nicht so alltäglich, wie es bei Alkohol heute der Fall ist. Und wo durch diese Selbstverständlichkeit sehr viele Menschen zu Alkoholikern werden.

Daily sort-out: Meine Vorratsschublade in der Küche.

Vorher:

Nachher:

Wo der Unterschied ist, fragt ihr? Der ist subtil. ☝? Früher war mehr Chaos. Die Ordnung ist jetzt ganz klar unterteilt in Gewürze/Soßen (unten links), eigentliche Zutaten und Snacks (oben links), Backzutaten, Brofaufstriche (oben Mitte), Tee, Nahrungsergänzungsmittel und Fisherman’s Friends (unten Mitte), Kaffee (oben rechts) und Junkfood (unten rechts).

Man könnte eigentlich auch noch den Kaffee zum Tee… fällt mir gerade auf… Dann wäre mehr Platz für Junkfood. 🙂

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Zeitpaket

Heute Abend hatte ich die Chance, das letzte Play-off-Halbfinalspiel zwischen den Telekom Baskets und Bayern München zu sehen. Felix hätte eine Karte gehabt. Für einen kurzen Moment war die Abendplanung klar. Allerdings sagte Felix dann ab (hatte sich noch nicht freitesten können ?) und ich hätte alleine gehen müssen. Darauf hatte ich keine Lust.

Was macht man mit einem solchen Zeitpaket, einem Abend, der plötzlich frei wird? Ich entschied mich, endlich nochmal mein Buch in Angriff zu nehmen. Und zwar nicht erst dann, auch schon am Morgen für ein Kapitel, heute Nachmittag in der Bahn auf dem Weg nach Köln, wo ich eine Tesla-Probefahrt hatte (s.u.), und auch wieder auf dem Weg zurück. Dann noch einmal am Abend, unterbrochen nur von einem Spaziergang, was zu essen, meiner eigentlichen Arbeit (für die ich heute mal nur das Minimum gemacht habe) und ein paar Blicke auf den Liveticker vom Spiel (die Baskets haben leider verloren 🙁 ).

Ergebnis: 9 Kapitel neu geschrieben oder überarbeitet! Das war’s, jetzt bin ich endgültig über’m Berg. Damit fehlen nur noch 5 Kapitel, von denen ich auf 4 sogar richtig Lust habe. Dann aussortieren, alles noch einmal überarbeiten, Bilder sortieren und hinzufügen, Karten zeichnen, layouten, Korrektur lesen lassen und das ganze bei Amazon einstellen. Ja, ist schon noch viel Arbeit, aber jetzt ist das Schlimmste definitiv geschafft.

Eine Vermutung, eine völlig vage These, die sich kaum jemals beweisen lässt, deswegen formuliere ich sie als Frage und gebe sie an euch weiter:

Je größer eine Stadt, desto schöner die Menschen? Kann das sein? Wenn ja, warum ist das so?

Ein Technikjournalist, der im Jahr 2022 erstmals einen Tesla probefährt. Ja nun…

Ich kann jetzt zumindest verstehen, warum alle™️ darauf abgehen. Autofahren war noch nie so einfach und hat sich so wenig ums Autofahren selbst gedreht. Man braucht eigentlich nur noch das Gaspedal. Bremsen muss man nicht, weil die Rekuperation so hart eingestellt ist, dass der Wagen von selbst bremst, wenn du den Fuß vom Gas nimmst. Der Wagen flitzt davon, wenn du einmal aufs Pedal trittst, und schalten musst/kannst du bei einem Elektroauto bekanntlich auch nicht mehr. Das übertrumpft sogar die feinste Automatik eines Verbrenners. Highlights sind aber eh das riesige Touchdisplay mit den vielen Apps (auch Spotify, Netflix usw.) und der subtile Komfort. Das Auto „weiß“ zum Beispiel, dass du als sein Fahrer jetzt kommst und losfahren willst und auch wann du die Fahrt beendest. Einen Schlüssel brauchst du also nicht (Handy reicht) und du musst auch keine Zündung oder so betätigen, keinen Schlüssel drehen oder eine Ein-Aus-Taste drücken. Das geht alles von selbst. Also das ideale Fortbewegungsmittel für einen Minimalisten und, ja, man kann es schon das „iPhone für Autos“ nennen, der Vergleich passt. Apple kann sich in Sachen Minimalismus und Komfort sogar noch ein paar Scheiben von Tesla abschneiden.

Kaufen werde ich mir trotzdem keinen.

Wenn man erst einmal Pläne für eine Weltreise geschmiedet hat, gerät alles ein Stück weit in den Hintergrund. Wo ich unter anderem auch noch hin möchte:

  • Neufundland
  • Azoren
  • Polynesien
  • Noch irgendwo nach Afrika
  • Griechenland
  • Oman
  • Indien
  • Neuseeland
  • Philippinen
  • Vietnam
  • Indonesien (war ich noch nie so „richtig“, nur Bali, Batam und Bintan)
  • 1x durch die Eifel wandern (jaja!)

Daily sort-out: Alte Fotos in der Küche. Die neuen passen leider nicht, damn it. Wer hat denn da die falschen Maße bestellt? ?

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Yeah

Indestructable?

Mein chinesisches Horoskop hat mir für 2022 eigentlich keine gute Gesundheit vorausgesagt, dafür aber ein gutes Dating-Klima. Sagen wir, es kam bisher eher anders herum. Ich werde mich ganz sicher nicht über meine derzeit exzellente Gesundheit beschweren, noch wollen, dass daran etwas endet. Ich klopfe dreimal auf Holz.

Aber bisher habe ich keinen Anflug von Corona, auch wenn ich schon mehrmals morgens dachte: jetzt hat es dich auch erwischt. Nicky kam mit Kratzen im Hals von Rock am Ring zurück. Ich war gestern was platt und dann eine Stunde joggen, heute 2 Stunden beim TT. So fit habe ich mich im Übrigen seit Jahren nicht gefühlt. Neulich lief ich die 10km in 50 Minuten (vor ein paar Monaten noch: 60 Minuten). Im Tischtennis spiele ich offensiver und kraftvoller als noch vor ein paar Monaten. Es geht mir gut. Ich ernähre mich leider immer noch nicht besonders gesund, ich nehme nur Nahrungsergänzungsmittel statt vitaminreichem Essen und treibe halt viel Sport.

Rund um mich herum bekommen die Leute nach und nach Corona. Ich bin seit einiger Zeit nicht mehr sonderlich vorsichtig damit und bin bisher ohne Erkrankung davongekommen. Ob es mir geholfen hat, auf dem Festival auf Dixie-Klos – hauptsächlich gegen den Gestank – immer eine FFP2-Maske zu tragen? Ich weiß es nicht. Ich finde nur, so kann es gerne weitergehen. 🙂

Daily sort-out: Alte Island-Fotos, ausgedruckte. Fiel mir erstaunlich leicht, sie ins Altpapier zu geben (gehören sie da eigentlich hin?).

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Not a care in the world

Manchmal ist es ja gut, gar nicht so viel Zeit zu haben, sich auf etwas vorzubereiten. Ich nehme mir den Freitag frei, arbeite aber ansonsten normal in dieser Woche, komme nebenher gerade mal dazu, ein bisschen zu packen. Nicky kümmert sich dankenswerterweise um den Hauptteil der Orga.

Und dann geht’s auch schon los. Donnerstagabend mit meinem bis beinahe obenhin gefüllten VW Lupo Richtung Eifel: Rock am Ring! Zum ersten Mal in meinem Leben. Und ich muss gestehen: Je näher wir dem Geschehen kommen, desto nervöser werde ich. Keinerlei Ahnung, was uns Greenhorns dort erwartet. Wo müssen wir eigentlich genau hin, wie voll ist es, wie läuft das da alles ab und: kriegen wir wohl überhaupt noch einen Zeltplatz?

Wir verfahren uns einmal, müssen an einer Straßensperrung vorbei, sehen überhaupt nur ein Schild zu unserem Camping-Abschnitt, dann ziemlich lange keins mehr und sind auf einmal ziemlich lost. Irgendwann sehen wir eine Autoschlange am Straßenrand, wir fahren langsamer und Nicky fragt die beiden Insassen im letzten Auto in der Schlange, wofür sie anstehen. Als sie „Wir denken: Green Camping“ sagen, reihen wir uns spontan hinter ihnen ein – hier noch nicht ahnend, dass die beiden später unsere Nebenzelter und Festival-Buddies werden und wir auch gemeinsam zum Green-Day-Auftritt gehen würden.

Geparkt, die ersten Sachen aufgeladen und rüber zum Eingang des Zeltplatzes geschleppt. Kurze Taschenkontrolle durch einen Späthippie, dem alles ziemlich egal ist. Er gibt uns Chip und Bändchen und lässt uns rein. Kurz hinter dem Eingang spielt die erste Gruppe enthusiastisch Flunkyball, der Platz ist schon sehr voll und wir haben ein recht großes Zelt im Gepäck. Nicky und Ursula aus unserem Nachbarauto checken den ganzen Platz und finden schließlich eine noch kleine, freie Fläche in Mitten des Geschehens. Jan und ich hocken erst einmal ab und lernen uns ein wenig kennen. Immerhin: Die beiden anderen finden was!

Als ich mein Zeug aufschultere und die letzten hundert Meter des Weges gehen will, spricht mich ein junger Typ neben mir an: „Oh, das sieht schwer aus. Komm, ich helf dir!“. Trägt einfach mit mir zusammen die schwere Kiste bis zum Platz. Als wir die Zelte aufgebaut haben, lassen wir uns erstmal kurz in die Campingstühle fallen. Ich biete Jan ein Bier an. Als der Typ ein Zelt weiter davon hört, dass wir einen Gummihammer für die Heringe brauchen könnten, besorgt er uns prompt seinen und fragt, ob wir auch einen Blasebalg brauchen (tun wir nicht). Ein Dritter kommt mit einem Teller voll (feinstem!) Grillfreisch dazu und bittet (!) uns, den anzunehmen, sie hätten viel zu viel gegrillt und bekämen das im Leben nicht mehr auf.

Die erste Nacht wird dann weniger harmonisch. Zwei Zelte in unmittelbarer Nähe haben jeweils ihre Anlage bis zum Anschlag laufen, und so werden wir die halbe Nacht von links und rechts mit völlig unterschiedlicher Musik beschallt, was für das Gehirn kaum zu computen ist. An die verordnete Nachtruhe von 1 bis 8 Uhr halten sie sich natürlich auch nicht, und so wird die erste Nacht ziemlich kurz. Im Nachhinein denke ich, wir hätten einfach mitfeiern sollen, statt zu versuchen zu schlafen. Denn die nächsten Nächte werden deutlich ruhiger und der Körper holt sich irgendwann sowieso den Schlaf, den er braucht.

Am Freitag, unserem zweiten Tag, brechen wir nach bisschen Chillen und Organisieren zum Festivalgelände auf. Ich erwarte, dass das schon nicht so weit weg sein wird, aber am Ende sind es stolze 3 km vom Zelt bis zur ersten Bühne. Und das macht irgendwann keinen Spaß mehr. Dafür ist das Wetter top und wir sehen noch das Ende der Donots. Ich wundere mich noch, warum sie etwas von den Ärzten und den Toten Hosen spielen. Das liegt ganz einfach daran, dass die Hosen als Special Guest mit aufgetreten sind. Shit, leider nur gehört, nicht gesehen, aber passt schon. Zum minutenlangen „So long“ am Schluss singen wir mit.

Wir checken die Lage am Ring, essen und trinken was, gucken Weezer (ziemlich cool), Måneskin (sehr geil) und Offspring (slightly underwhelming), aber ich gehe in mein erstes Moshpit vor Ort. Nach „Self Esteem“ umarmen sich die drei Jungs und ich uns herzlich, mit denen ich am intensivsten gemosht habe. Die Leute haben echt was nachzuholen. Und dieses Gefühl zieht sich durchs ganze Festival. Es ist nicht das beste Line-up aller Zeiten, aber eigentlich alle Leute vor Ort, Bands wie Fans und Offizielle, haben richtig, richtig Bock, nach fast drei Jahren Zwangspause mal wieder richtig Gas zu geben.

Auf friedliche Art übrigens. Die Leute sind größtenteils nett zueinander, scherzen miteinander, feiern miteinander, die Bands propagieren Frieden und „Liebe für alle“. Die Welt kann doch manchmal ganz schön gut sein.

Abends gehen wir „kurz“ zurück ins Zelt, um uns was wärmer anzuziehen und kommen kurz mit unseren Buddies Jan und Ursula aus dem Nebenzelt ins Gespräch. Sie sind beide Anfang/Mitte 20, also fast 20 Jahre jünger als wir. Sie hören deutlich mehr Deutschrap als wir, aber ansonsten auch sehr gerne Rockmusik. „Wie kann das eigentlich sein?“, fragen wir. „Als wir in unserer Jugend Nirvana, Green Day und Co. gehört haben, wart ihr doch noch gar nicht auf der Welt“. Ja, sagen sie, aber sie hätten das schon als Kinder gehört, weil es halt im Radio lief. Und heute gebe es halt so gut wie keine neuen Rock-Acts mehr.

Was mich halt immer wieder wundert – und auch ärgert: der Bedarf ist da, der Altersdurchschnitt auf Festivals wie Rock am Ring liegt gefühlt bei unter 30. Trotzdem schafft heute kaum noch eine Rock-Combo den internationalen Durchbruch. Ich sehe da einen Großteil der Verantwortung auch schlicht bei Radiosendern wie – dem mittlerweile unterirdischen – 1live. Wenn man lieber nur noch schlechten Deutschrap spielt und jeden Furz als Popsensation bringt, den Rita Ora auf Insta raushaut, statt mal einen Musikredakteur nach ein paar aufstrebenden Rockbands suchen zu lassen, ist es ja irgendwo auch klar, dass es so gekommen ist.

Ich gehe mit Jan und Ursula danach noch zu Green Day – Nicky zieht einen Abend Pause bei einem Glas Wein am Zelt vor. Der Weg hinauf zum Festivalgelände nervt langsam, aber wir unterhalten uns unterwegs prima und schauen bei Ankunft zuerst noch ein paar Minuten Marteria. Und ich bin ehrlich überrascht, wie gut das klingt und wie genial die Bühnenshow ist – obwohl das eigentlich sonst so gar nicht meine Musik ist.

Und dann Green Day! Sie sehen aus, als wären sie schon auf der Bühne zur Welt gekommen, sie spielen sauber alle Hits, sie interagieren bei jedem Song mit dem Publikum, sie machen richtig Spaß. Billy Joe holt erst jemanden auf der Bühne, der einen Song mit ihm singt. Es kommen Basket Case, She, American Idiot und Wake me up when September ends. Jan und Ursula verabschieden sich plötzlich mittendrin, um noch beim Lidl Rockstore einzukaufen, bevor es zu spät wird – ich kann es kaum fassen. Ich bin plötzlich alleine in einem Pulk voller mir unbekannter Menschen. Aber ich fühle mich nicht alleine. Es ist, als wäre ich mit den drei Jungs auf der Bühne hier und mit den anderen Menschen wie auf einer gigantischen Party verbunden.

Billy Joe fragt dann plötzlich die Fans in der ersten Reihe, wer von ihnen Gitarre spielen kann. „Du? Du? Du! Ja, wirklich? Na gut. Kommt Leute, ich brauche einen oder eine, die Gitarre spielen kann. Sind nur drei Akkorde, mehr können wir auch nicht. Du?! Ja, klasse, dann rauf auf die Bühne.“

Eine junge Frau, die einen Sonnenhut trägt, wird auf die Bühne gehoben. Billy Joe drückt ihr eine Gitarre in die Hand und setzt sich selbst ihren Sonnenhut auf. Traumhafter Moment. Sie spielen tatsächlich einen Song zusammen, Billy Joe verabschiedet sie anschließend mit einem „Thank you, I love you!“, bevor er zum letzten Song anstimmt. Es kommt mein Green-Day-Lieblingslied „Time of my Life“ und für einen kurzen Moment bin ich der glücklichste Mensch auf dem ganzen Planeten.

Spätestens am dritten Tag bin ich auch endlich in der Festivalwelt angekommen. Die Nacht ist zwar wieder recht laut, aber – das kenne ich noch vom Bund – der Körper nimmt sich irgendwann den Schlaf, den er braucht.

Es kommt der Samstag und legen einen Chilltag ein. Uns interessieren erst die Bands, die abends spielen, also schlafen wir aus, tragen schon einmal in weiser Voraussicht ein paar Dinge ins Auto, die wir im Zelt nicht brauchen, damit wir das am letzten Tag nicht mehr müssen, besuchen den Lidl-Rockstore – eine fantastische Parallelwelt neben dem Festivalgelände mit eigener Chillout-Zone, halbbesoffenen Menschenmassen am Fließband und gängeweise Festivalbedarf – und klettern die nahe gelegene Nürburg hinauf. Schon ein toller Ausblick über Festival, Campingplatz und die Eifel in allen Richtungen.

Später sitzen wir mit einem Bier im Campingstuhl without a care in the world. Wir grillen, wir trinken gemütlich Bier, wir grüßen Wildfremde, die an unserem Zelt vorbei kommen und versuchen unsere überschüssigen Bratwürstchen loszuwerden – und dann geben wir noch mal Gas. Placebo, die Kassierer, Muse! Bei den Kassierern ist am einzigen Bierstand neben der Stage allen Ernstes das Bier alle – kannste dir nicht ausdenken. Muse ist handwerklich die wahrscheinlich beste Band, die ich je gesehen habe. Placebo sind auch richtig, richtig gut. Die Kassierer eine ganz andere Liga, aber ich mag ihren trockenen Humor: „Wir sind die einzige Band mit einem Song über Quantenphysik, und weil wir ihn jetzt spielen, habe ich mir mal den Text dazu ausgedruckt und mitgebracht“. ?

Als wir um kurz vor 2 Uhr nachts am Zelt ankommen, fällt uns ein: Wir müssen noch Dosen-Ravioli auf dem Campingkocher machen und essen! Sonst ist es nicht real! Gesagt getan. Die Luft ist kalt, es schmeckt schlimm, aber wir haben damit – außer Flunkyball – eigentlich alles erfüllt, was wir uns an Festival-Must-dos vorgenommen haben.

Und so fies ist das dort alles gar nicht. Zumindest auf dem Green Camping – vom General Camping kann ich nicht sprechen, da scheint ja allerhand möglich. Aber bei uns: erstaunlich zivilisierte Zustände. Dixie-Klos, die mehrmals täglich geleert und gereinigt werden, Trinkwasser, das ebenso oft wieder aufgefüllt wird, Duschkabinen in erstaunlich gutem Zustand, wenn auch mit gefühlten 120% Luftfeuchtigkeit – in der Umkleide davor immerhin geht die Party weiter, weil ein paar Jungs einfach ihre Anlage hier mit reingeschleppt haben. Keiner fällt einem besoffen aufs Zelt und kotzt danach noch rein. Keine überlaufenden oder umgestoßenen Dixies, während du drin sitzt. Beinahe schade…

Für den letzten Tag ist Regen angekündigt. Wir sind mittlerweile dann doch langsam mit der Energie am Ende, beschließen, spätestens abends zurück zu fahren. Die Verlockung auf das eigene Bett und einen Chilltag zu Hause, bis der Alltag wieder beginnt, sind verlockender als Volbeat, Beatsteaks und Billy Talent, die uns nur so halb interessieren. So packen wir gegen Mittag alles zusammen, treffen unsere Freunde vom Nachbarzelt am Parkplatz wieder, chillen noch ein wenig und checken den Wetterradar. Für mich fehlt noch etwas, wenn ich nicht mindestens einmal nass geworden bin und im Regenponcho getanzt habe, also breche ich ein wenig vor den anderen auf, werde zumindest ein klein wenig nass und werfe schon einmal einen Blick auf The Faim (ganz nice) und Skynd (abgefahren!), bis auch die anderen kommen und wir uns noch einmal zusammen Grandson anschauen.

Endlich fängt es wirklich einmal ein wenig an zu regnen, aus dem Moshpit fliegt ein gelber Gummistiefel auf die Bühne. Grandson sprintet rüber, zieht ihn sich an, bittet um das passende Gegenstück, bekommt es und zieht auch das an. In Gummistiefeln klettert er schließlich die Balustrade hoch und singt einfach von oben weiter. Schon eine coole Aktion und tolle Show, auch wenn die Akustik auf der kleinsten Bühne leider nur mäßig ist.

Und das war es dann. Unsere beiden Freunde wollen tatsächlich noch bis zum Ende bleiben, obwohl sie noch nach Bremen zurückfahren müssen und Ursula am nächsten Tag arbeiten muss (Respekt!). Wir Alten verabschieden uns und brausen wenig später als weit und breit einzige von dannen. Ich habe kaum noch Stimme, Nicky versucht auf der Rückfahrt auffällig emsig, mich in Gespräche zu verwickeln, weil ich offenbar schläfrig wirke und wir ja noch heil ankommen wollen. Es gelingt. Während ich in meiner Wohnung die Bilder, die in der Zwischenzeit angekommen sind, in meiner Küche in Rahmen stecke, streame ich die letzten Konzerte von Volbeat und Billy Talent und fühle mich noch einmal kurzzeitig wieder vor Ort. Klar, man hätte das jetzt auch noch mitnehmen können, aber ich bereue nichts. Denn es war schön, aber dann war auch gut.

War ein großartiges Erlebnis! Und ich könnte mir fast vorstellen, das trotz meines hohen Alters noch einmal zu machen. Auch wenn ein kürzeres Festival ebenso in Ordnung wäre.

Was würde ich beim nächsten Mal anders machen? Gar nicht so viel, aber ich würde wahrscheinlich noch aufgeschlossener den anderen Leuten dort gegenübertreten, mich vorstellen, mit ihnen zusammen feiern, noch mehr austauschen. Zum Beispiel haben wir die Clique im Nachbarzelt erst beim Abbauen kurz kennengelernt. Uns einfach ohne hi zu sagen am ersten Tag direkt vor ihre Nase zu setzen, war vielleicht auch nicht die feine englische Art.

Was nehme ich von dem Ganzen mit? Warum nicht einfach die ganze Welt von jetzt an als gigantisches Festivalgelände betrachten! ? Erst einmal nett zu allen sein, das Beste, nicht das Schlechteste annehmen, sich gegenseitig helfen, mit Fremden auf der Straße quatschen. Könnte man ja eigentlich einfach mal machen. Ohnehin ein Event wie die meisten meiner Reisen bisher: So etwas wie Vorfreude kenne ich nicht, ich kenne nur den Stress in der Woche vor dem Urlaub. Aber wenn ich dann da bin – egal ob am Urlaubsort oder auf dem Festivalgelände – blühe ich auf.

Sollte ich vielleicht mit der ganzen Welt an sich so machen. ?

Daily sort-out/Epilog: Ich habe meine alten Kladden noch einmal durchgearbeitet (da war noch Material von diversen Fortbildungen drin…) und bin mit einem Campingstuhl runter auf den Frankie, um bei einem Kaffee das Buch „500 einmalige Erlebnisse: Deutschland“ noch einmal durchzublättern, bevor ich es wegminimiere. Es fing an zu regnen. Ich bin demonstrativ sitzen geblieben.

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Festival-Mode

Morgen Abend geht es zu Rock am Ring. Es wird mein erstes großes Festival über 3 bis 4 Tage, mit Zelten, im Schlamm rumrobben und so. Und ziemlich sicher auch mein letztes in dieser Form. Denn eigentlich bin ich jetzt schon zu alt dafür. Aber weil noch nie gemacht, Bucket List und überhaupt. Nicky ist so nett, das Ganze mitzumachen (Kudos!). Einmal noch richtig Gas geben – und dann kann ich die adoleszente Phase meines Lebens auch langsam mal abschließen. Und die Midlife Crisis gleich mit. Es ist an der Zeit.

Aussortieren werde ich in der Zeit freilich nichts, habe ich auch heute im Grunde schon nicht. Ich bin halt schon im Festival-Mode. Aber die Bilder zum Aufhängen habe ich gestern noch bestellt. Darunter das. Warum gerade das? Ach, weiß ich auch nicht, gefiel mir einfach immer schon…

Bloggen werde ich in der Zeit nicht. Ich wünsche euch schöne Pfingsten!