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Right

Eigentlich habe ich gar nichts gegen Smalltalk

Er muss nur von Herzen kommen.

Heute Abend war ich mit dem Vässla Bike in der Bonner City unterwegs, das ich gerade teste. Feines Ding, das lässt sich jetzt schon sagen:

Um ein Foto für meinen kommenden Testbericht zu machen, habe ich dann tatsächlich direkt an der Rheinpromenade gehalten, wohl wissend, dass das für Aufmerksamkeit sorgen würde. Aber das war mir heute mal egal. Vielleicht wollte ich das sogar mal ein wenig.

Früher habe ich mich bei sowas immer gerne versteckt aus einer latenten Angst heraus… Ich habe neulich mal versucht zu erörtern, was da eigentlich hinter steckt. Ich glaube, es ist nur die Angst, in dem Moment nicht schlagfertig zu sein und nichts Adäquates auf eventuelle Bemerkungen antworten zu können. Früher schwang auch immer die Angst mit, da könnte sich einer wegen irgendwas beschweren. Aber da würde ich heute einfach mit meinen zurechtgelegten Floskeln „tatsächlich?“, „ah ja?“ oder „habe ich nicht gewusst“ drauf reagieren.

Heute Abend dauerte es denn auch nicht lange, bis ein älterer Mann auf mich zu kam, und wir ein wenig über das Bike quatschten und darüber, dass E-Scooter eigentlich gar nicht so schlecht seien und die Leute bescheuert, die die Dinger einfach im nächsten Gewässer entsorgen würden.

Als der Mann kurz danach gegangen war und ich zur Rückfahrt aufbrechen wollte, kam noch eine Frau auf mich zu. Ich dachte erst, sie interessiere sich auch für das Bike, aber ihr ging es eher um den alten Mann, mit dem ich davor gesprochen hatte. Der würde seit 5 Tagen bei ihnen im Hof auf der Parkbank schlafen, auch in der prallen Sonne. Welchen Eindruck er auf mich gemacht hätte.

Wir redeten noch ein bisschen. Stellte sich heraus, dass sie sich nur Sorgen um ihn machte und ihm auch schon etwas zu trinken raus gestellt hatte. Ich sagte, der wäre mir sehr entspannt und gelassen vorgekommen. Sie wollte das mal weiter beobachten. Ich dankte ihr dafür, dass sie sich für den Mann interessierte und mich danach gefragt hatte.

Zwei nette Gespräche innerhalb von 5 Minuten. Also nicht viel mehr als Smalltalk, der aber jeweils von Herzen kam. Das mag ich, dann mag ich Menschen sogar. ? Und wenn sie nett sind und mich nicht irgendwie anstrengen, könnte ich das auch noch viel länger.

Würde ich gerne öfters probieren.

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Hm

Gelassener werden

Ich hadere noch etwas mit dem Älterwerden. Dabei hat das mehr gute Seiten, als ich gemeinhin wahrhaben will. Du weißt mittlerweile einiges über das Leben und den Beruf, kannst besser organisieren und dein Wissen weitergeben. Du müsstest es nur auch tun. Ich habe das Gefühl, ich mache noch zu viel Kleinkram selbst, organisiere zu wenig. Das möchte ich ändern, auch, weil ich da schon einmal weiter war.

Zum „Altern in Würde“ gehört aber auch eine gewisse Gelassenheit, die mir noch abgeht. Heute beim mittlerweile täglichen Ausdauertraining kraxelte ich mit dem Rad den Ippendorfer Berg hoch und überholte dabei eine andere Radfahrerin. Weil hinter mir auch noch Autos zum Überholmanöver ansetzten, schnitt ich die Dame wohl etwas zu knapp, worauf sie mir hinterher brüllte:

„WIE WÄR’S VIELLEICHT MAL MIT KLINGELN?!“

Ich brüllte zurück:

„WAS! WIESO?“

„NA, UM MICH VIELLEICHT MAL ZU WARNEN.“

„MUSS ICH NICHT.“

Und noch jeweils zwei gereizte Bemerkungen in die jeweils andere Richtung.

Lächerlich eigentlich, es tat mir auch schon eine Minute später leid. Auf der einen Seite bin ich froh. Früher als völlig verschüchterter junger Mann hätte ich wohl gar kein Wort raus gebracht und wäre verschämt eingeknickt. Heute ist mein erster Impuls immerhin mich zu wehren. Darüber bin ich eigentlich froh.

Es kommt mir nur so übertrieben vor. Besonders weise oder auch professionell ist das nicht. Gelassener wäre gewesen, einfach weiter zu fahren, sich maximal noch einmal verwundert umzuschauen und sonst nicht weiter darauf zu reagieren. Ein klassisches Nachvorneschauen statt all zu lange oder überhaupt zurückzublicken. Ich würde mir wünschen, dass das künftig mein erster Impuls wird. Bei solchen Situationen genau wie auch im Berufsleben und bei allem, was sonst noch so passiert. Vielleicht klappt das ja eher im Alter.

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Yeah

Nighthiking

Mir fehlt das Wandern. Und immer wenn ich zuletzt nachts spazieren war, dachte ich: Hey, das macht eigentlich auch Spaß und bietet ganz andere Perspektiven (oder eben gar keine, was Landschaft anbelangt).

Es gibt nur eine logische Lösung dafür: mal nachts wandern gehen, Nighthiking. Vielleicht dann doch hauptsächlich auf Asphalt statt auf Waldboden. Und vielleicht muss ich mir dafür dann doch mal eine dieser „neumodischen“ Stirn- und/oder Grubenlampen organisieren. Und vielleicht erstmal auf einer bekannten Strecke laufen.

Ich glaube, im Wald hätte ich auch Angst…

Vielleicht gerade deswegen da mal reingehen.

Mal sehen, wann sich das starten lässt. Kommt jemand mit?

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Right

Be Good to Your Future Self!

Heute nur kurz. Es ist Sommer, es ist EM, ich fahre viel Rad im Moment und war heute mal wieder ein wenig Stand-up-Paddlen. Das Leben kann auch in Corona-Zeiten manchmal schön sein.

Derzeit habe ich etwas Schwierigkeiten, das richtige Maß für etwas zu Essen zu finden. Es gibt Tage, da komme ich mit 1 Mahlzeit am Tag aus. Meistens sind es aber 2, weil ich zusätzlich weiterhin intervallfaste (16:8) und ich manchmal wirklich Schwierigkeiten habe, zwei Mahlzeiten in diesen 8 Stunden unterzubringen. So viel Hunger habe ich oft schlicht gar nicht mehr…

Der Körper ist inzwischen auf deutlich weniger eingestellt und manchmal wären 10 Stunden Essenszeit besser. Weiß ich, dass ich es wahrscheinlich bei 1 Mahlzeit am Tag belasse, haue ich bei der dann meistens richtig rein. Was dann natürlich blöd ist, denn so speichert der Körper die überschüssige Energie. Und die kann ich mittlerweile quasi in Skalen am Bauchfett ablesen. Cleverer wäre es, auch in der 1 Mahlzeit normal zu essen und es nicht zu übertreiben. Denn das rächt sich später.

Genauso wie es sich rächt, das 1 Bier mehr doch noch zu trinken, die leidige Aufgabe auf der Arbeit auf nächste Woche zu verschieben, heute keinen Sport zu machen, nicht zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen oder doch eben erst morgen Milch für den Kaffee zu kaufen, auch wenn dann am nächsten Morgen der Kaffee schwarz bleibt. Ausbaden musst du es selbst am nächsten Tag, der nächsten Woche oder ein paar Jahre später.

Ich bereue nichts™️. Aber ja, es wäre schon cleverer gewesen, wenn mein 20-jähriges Ich von Anfang weiter Sport gemacht und ein wenig auf seine Ernährung geachtet hätte. Genau wie mein 43-jähriges Ich vor einer Woche, der die zwei Scheiben Toast mehr dann doch noch gegessen hat, weil’s so lecker war. My point being?

Be good to your future self! Zumindest hin und wieder mal. Geh lieber vorher einen Schritt weiter als einen zu wenig, erledige Dinge sofort und lade keinen Müll auf dem ab, der das dann ein paar Tage später in Form von Sport wegräumen darf. Denn so viel weiß ich inzwischen: Es kann genug dazwischen kommen, warum der Sport doch nicht stattfinden kann (Termine, Verletzung, Wetter, Unlust, Fahrrad kaputt…). Besser, wenn du ihn gar nicht nötig hast.

Das alles nur als kleine Notiz an mein Zukunfts-Ich.

I’m sold!!! ???

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Möh

Mach doch, was du willst

Ich gehe ja selbst selten mal vor 0100 Uhr nachts schlafen, mein Biorhythmus ist halt ein anderer. Gestern war ich eh mit allem ein bisschen später dran (Arbeit, Essen…). Also ging’s wieder gegen 0100 in die Kiste.

Um die Zeit noch auf dem Frankbadplatz vor meiner Tür:

  • Leute (sie klangen was jünger) am Basketball spielen
  • während andere sie laut anfeuern
  • sich im Minutentakt gegenseitig laut Dinge zurufen, über den ganzen Platz hinweg
  • mit lauter Technomusik nebenan.
  • klirrenden Flaschen

Schlafen also wieder nur mit Ohropax.

Und das war noch einer der ruhigeren Abende der letzten Zeit.

Ich habe mir fest vorgenommen, nie einer dieser Spießertypen zu werden, die nachts das Ordnungsamt rufen, weil es zu laut ist. Aber den ganzen Sommer lang jetzt jeden Abend keinen Schlaf zu kriegen, weil irgendwelche Leute sich einen Scheißdreck um andere scheren? Auch keine schöne Vorstellung. Da muss ich echt noch mal überlegen…

Ich finde aber eine andere Erkenntnis viel interessanter: Denen passiert nichts. Da kommt keiner und sorgt für Ruhe, und wenn doch, dann sagen sie brav sorry und gehen nach Hause.

Ich selbst bin und war da anders. Vielleicht waren das auch andere Zeiten damals™. Ich habe mich von Haus aus immer ruhig und rücksichtsvoll verhalten, um niemandem auf die Nerven zu gehen, keinen Ärger zu verursachen und auch selbst keinen Ärger zu bekommen. Schlimmste Vorstellung: Die Bullen könnten kommen. Mit anderen Worten: Bloß nicht auffallen.

Ist auch noch gar nicht lange her, dass die Bonner Altstadt nach 2200 Uhr einem Friedhof glich. Da haben nämlich irgendwelche Nachbarn die Cops gerufen und den Frust bekloppterweise an Kneipenwirten ausgelassen. Neulich sprach ich noch mit dem Besitzer vom Nyx hier gegenüber und er erwähnte wie automatisch, dass er immer für Ruhe sorgen würde und der Lärm von woanders käme. Als ob ich das nicht längst wüsste.

Der Punkt ist aber der: Du kriegst immer erstmal einen Warnschuss. Und wenn ich mit ansehe, was sich manche Typen auf dem Frankenbadplatz so alles leisten, dann sehe ich: auch noch einige Warnschüsse mehr als einen. Die Bullen kommen zum deeskalieren. Du musst dir schon einiges ihnen gegenüber erlauben, bevor sie deine Personalien aufnehmen geschweige denn: dich mitnehmen.

Ich bin zu brav, ich war all die Jahre zu brav. Ich werde jetzt nicht hingehen und jeden Abend grölend und marodierend durch die Altstadt ziehen (so wie der „Digger“, der das gestern den ganzen Tag lang gemacht hat). Aber wenn ich das nächste Mal mit netten Leuten um die Häuser ziehe, die Nacht zum Tage mache (okay, kommt in meinem Alter nicht mehr oft vor) und eine gute Zeit habe: dann, wisst ihr was? Dann scheiß ich auch drauf. Dann werde ich so laut sein, wie ich will.

Und nach netten Wohnungen in etwas ruhigeren Gegenden oder zumindest mit Schlafzimmer Richtung Garten werde ich mich trotzdem mal umschauen.

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Right

Nur noch Sommer?

Bei warmen Temperaturen laufe ich meist auf Hochtouren, bin leistungsfähiger, brauche weniger Schlaf, bin allgemein wacher (wobei es eigentlich immer ein Nachmittagstief gibt, das mit einem starken Kaffee bekämpft werden muss) und besser gestimmt. Was die Frage aufwirft: Wie wäre das wohl, wenn man nur noch im Warmen leben würde?

Ein halbes Jahr lang habe ich das mal getestet, ein halbes Praxisjahr in Singapur. Das war schon extrem, weil jeden Tag in etwa die gleiche schwüle Hitze, vor der du dich immer irgendwie schützen musstest. Ich habe praktisch pausenlos geschwitzt. Und bei Übernachtungen unter Klimaanlagen ist die Luft meist doch nicht so gut. Nach dem halben Jahr war ich tatsächlich froh, erstmal keinen Sommer mehr zu haben und im späten Winter wieder in Deutschland aufzuschlagen.

Die dauernde Hitze ist vergleichbar mit einem eiskalten Winter, bei dem du immer vor der Kälte flüchten und die ganze Zeit bei Heizungsluft leben musst. Nur umgekehrt.

Aber ich kam morgens immer verdammt gut aus dem Bett, das weiß ich noch.

Wäre das was für immer? Für euch? Es gibt ja auch Länder mit moderaterer Wärme, sogar in der EU, in der wir Freizügigkeit haben. Ich muss mal überlegen…

Rente…

Mit anderen Worten: Blüm hatte Unrecht. Da ist gar nichts mehr sicher, und das Rentensystem ist krachend gescheitert. Wenn es jetzt schon der letzte Strohhalm ist, Selbstständige dieses Fass ohne Boden finanzieren zu lassen, die ohne Arbeitgeberanteil nichts, aber auch gar nichts davon haben, dann ist nichts anderes als eine Bankrotterklärung.

Download-Ordner aufräumen…

Wo Niederländisch am schönsten ist… 🙂

Hach. 🙂

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Yeah

Life back to (almost) normal

Bonn führt aktuell noch die „Inzidenzliga“ in NRW an. ?? Trotzdem scheint Corona hier mittlerweile fast vorbei. Wenn auch nicht ganz so „vorbei“ wie letzten Sommer. Biergärten haben wieder auf, die Leute tummeln sich draußen, in Geschäften kann man wieder ohne Termin oder Test einkaufen. Man sieht immer weniger Maskenträger im Alltag.

Auch Läden, von denen man es fast nicht mehr geglaubt hatte, haben wieder auf, als wäre nichts gewesen. Hier in meiner Hood etwa das Pawlow, das im Winter und Frühling nicht mal Außerhausverkauf erwogen hatte. Auch das Elefant in der Innenstadt und alle Restaurants auf dem Marktplatz locken wieder mit Außengastro.

Es hängen erste Konzertplakate an den bekannten Stellen, die neu scheinen und ausnahmsweise mal realistisch klingen: Jan Delay etwa am 25.8. in Bonn auf dem Kunstrasen. Das wird, Stand jetzt, tatsächlich stattfinden können.

Ich finde das alles gut, dann anders als im letzten Jahr kapieren die Leute, dass vorerst nur Außengastro geht, dass drinnen weiter Masken sinnvoll sind, dass draußen die Gefahr aber auch wirklich nicht so groß ist. Und diesmal besteht die Chance, dass wir mit dem Impfen bis zum Herbst zumindest so weit sind, dass die meisten Leute gefahrlos wieder reingehen und ihren täglichen Shizzle machen können.

Doch, das könnte gut werden.

Bin ernsthaft am überlegen, für nach der Impfung und so. Ein Niederländisch-Sprachkurs in der Karibik (die haben da noch „Überseegebiet“). Wäre gar nicht mal so furchtbar teuer… ?

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Hm

Unterfordert

… bin ich nicht gerade oft. Mittlerweile beherrsche ich fast alles, was für meinen Job wichtig ist, beinahe im Schlaf. Trotzdem ist jeder einzelne Text wieder anstrengend und eine Herausforderung. Vor allem, wenn der letzte Urlaub bald auch schon wieder ein halbes Jahr her ist.

Gestern – es war ein Sonntag – war ich zum ersten Mal seit langem unterfordert. Ich lag auf meiner Liege, habe zwei Bücher zu Ende gelesen, weiter Bilder aussortiert, die Bude aufgeräumt, mit Leuten gechattet, nebenbei etwas im Netz gelesen, weil zwischen ihren Antworten genug Zeit blieb, und mich dabei immer noch unterfordert gefühlt. Ich hätte noch mehr nebenbei machen können und wollen. Aber es war ja auch irgendwie Sonntag…

Unterfordert-sein fiel in dem Moment bei mir mit Tiefenentspannung zusammen. Ich habe am langen Wochenende hardcoregechillt, offenbar mit Erfolg, und das war auch mal bitter nötig. Ich werde aber auch das Gefühl nicht los, dass dieses kurzzeitige Unterfordert-sein ein wenig mit dem besseren Wetter zusammenhängt, damit dass ich mittlerweile beinahe täglich Rad fahre und auch täglich meditiere. Letzteres zeigt nicht immer einen kurzfristigen Erfolg, aber den langfristigen Effekt merke ich.

Na ja, und keine Sorge, lieber Brötchengeber: Es gibt immer genug zu tun, die Arbeit wird nicht knapp werden. Mit etwas Glück fällt sie an manchen Tagen nur etwas leichter von der Hand. Und die Herbstdepression kommt bestimmt…

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Argh

My Greatest Defeat

Wie das manchmal so ist. Kaum hast du dir den ganzen Frust von der Seele geschrieben, so wie ich gestern, geht es dir auch schon wieder besser.

Ich habe mich heute damit arrangiert, dass ich erst einmal keine Impfung bekomme, aber dass das kein Problem für mich ist. Das Leben ist halt nicht gerecht, Geduld auch eine Tugend. Ein paar Lektionen in Demut können ja auch nicht schaden. Ich würde, so der Plan, heute Nachmittag nur noch eben die Ärzte durchtelefonieren, bei denen ich angeblich schon auf der Liste stehe, und nachhorchen, ob das auch wirklich der Fall ist. Damit die Impfung dann wenigstens irgendwann kommt. Und dann gäbe ich Ruhe, versprochen.

Heute Mittag sitze ich bei der Arbeit, teste gerade ein Notebook, auf dem ich Ubuntu installiert habe, und versuche, meine AirPods damit zu koppeln. Für die Tonausgabe klappt das, ich höre ein wenig Musik auf Spotify, schreibe parallel dazu den Text runter.

Da fällt mein Blick auf mein Handy neben mir. Irgendeine Siri-Benachrichtung wegen der Telefon-App. Was ist das? Ah, ein verpasster Anruf, eine mir unbekannte Nummer mit Bonner Vorwahl. Ich bekomme nur noch selten überhaupt Anrufe oder rufe selbst jemanden an, außer mal Arztpraxen. Termine habe ich im Moment keine. Aus Bonn ist das eigentlich immer nur meine Steuerberaterin. Aber das ist nicht ihre Nummer. Und da ich selbst lange niemanden mehr angerufen habe, kann das eigentlich nur bedeuten…

FUCK!!!

Ich drücke sofort auf Rückwahl. Einmal, zweimal, dreimal, viermal. Es ist immer besetzt. Ich versuche, die Nummer zu googeln, aber die Suche findet nichts dazu. Ein fünftes Mal. Besetzt.

Beim sechsten Mal geht mein Lungenfacharzt dran – persönlich. Ja, das wisse er auch nicht, lacht er. Ihre Telefonanlage sei „wie ein Oktopus“, da komme das an allen möglichen Ecken und Enden raus. Vermutlich hätte seine Sprechstundenhilfe mich wegen eines Impftermins anrufen wollen, aber die meldeten sich bestimmt gleich noch einmal. Ihm gehe es übrigens gut.

Nachdem er auflegt, bin ich wie elektrisiert. Was soll ich jetzt daraus machen?! Geduld haben, abwarten? Ruft da wirklich gleich jemand zurück? Ich warte fünf Minuten, dann halte ich es nicht mehr aus, drücke auf Rückwahl. Besetzt. Wähle noch einmal – wieder mein Arzt. „Ja, hähä, Entschuldigung, ich wollte nur sicher gehen“ – „Keine Sorge, die rufen Sie sicher gleich zurück.“

Ach ja?!

Die Nummer der Praxis! Warum bin ich da nicht gleich drauf gekommen. Die lautet ganz anders als die, mit dem ich den Arzt direkt erreicht habe. Ich rufe an und komme sofort durch.

„Wie war Ihr Name? Und Sie rufen wegen einer Impfung an, ja?“

Na ja, denke ich zumindest. Sage ich auch so. Es klingt hoffnungsvoll. Meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Diese Woche plötzlich doch noch geimpft werden?! Das wäre es ja!

Sie schaut auf ihrer Liste nach. Im Hintergrund höre ich ihre Kollegin sagen: „Die Dosen für diese Woche sind weg.“ Die Dame am Telefon wiederholt: „Die Termine für heute haben wir jetzt alle schon vergeben, tut mir sehr leid. Sie können sich am Montag noch einmal melden und sich einen Termin geben lassen. Wir wissen leider immer erst in der Woche selbst, wie viel Impfstoff wir bekommen.“

Ich fühle, wie mir das Herz rausgerissen wird. Das kann doch jetzt nicht wahr sein! 30 Minuten sind seit dem Originalanruf vergangen, den ich knapp verpasst habe. Ich habe alles daran gesetzt, um mich sofort zurückzumelden.

„Was? Nein! Das gibt’s doch nicht. Ich hab sofort zurückgerufen.“

„Ja, die Termine sind immer sehr schnell weg. Tut mir sehr leid.“

„Können Sie mich nicht einfach noch einmal anrufen, wenn Sie nächste Woche neuen Impfstoff haben? Sie wissen doch jetzt, dass ich interessiert bin und dann gehe ich auch sofort dran.“

„Tut mir Leid, das geht leider nicht. Wir gehen streng nach der Liste vor. Aber Sie können sich ja am Montag einen Termin…“

Es klingt wie „FU, das wird nichts mehr mit uns! Du hattest 1 Chance und die hast du vertan.“

Ich knalle mein Handy in die Ecke (Sofa, alles okay), haue auf die Tischplatte, die ich am liebsten zertrampeln würde. So ein verfluchter Mist!!!!1!11

Für 5 Minuten stehe ich wie bräsig in der Gegend herum und weiß nicht, was ich tun soll. Würde am liebsten losheulen, aber es kommen keine Tränen. Dafür ist das alles zu absurd.

Hastig greife ich zum Telefon und rufe wahllos irgendwelche Ärzte an. Meinen Hausarzt, meine Augenärztin, eine Ärztin hier um die Ecke, von der eine Freundin meinte, „die impft alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, du musst nur ein bisschen rumheulen.“

Mache ich auch – aber die Sprechstundenhilfe wimmelt mich ab: „Wir haben schon eine sehr volle Liste und bekommen kaum Impfdosen. Und Frau Doktor ist nicht mehr die Jüngste…“

Bei meinem Hausarzt klingt es ähnlich: „Sie sind noch auf der Liste – zusammen mit 500 anderen. Wir bekommen nur ganz wenig Impfstoff gerade. Letzte Woche waren es 12 Dosen, diese Woche haben wir immerhin 27 bekommen. Da waren wir schon sehr glücklich.“

In meiner Not rufe ich die 116117 an und komme überraschend schnell durch. Nach meinem Hinweis, dass es in Bonn keinen Tropfen Impfstoff und keine freien Termine mehr gäbe und ich auch bereit wäre, 5 Stunden mit dem Auto irgendwohin zu fahren, checkt die freundliche Dame für mich sämtliche Kreise Nordrheins. „Hm, Euskirchen, Leverkusen, Düsseldorf… Nee, nirgendwo was frei. Am besten Sie rufen noch mal an.“

Das war’s, ich gebe mich geschlagen. Wenn ihr mich warten lassen wollt, gut. Wenn ihr keinen Impfstoff habt, okay. Aber lasst mir doch nicht das Herz aufgehen und reißt es mir dann raus!

Ich bin ein spiritueller Mensch. Was anders kann das bedeuten, als dass das Leben dir sagt: „Jaharr, Bürschchen. Du hast mit deinem Schicksal spielen wollen und jetzt siehst du, was du davon hast!“

So! Ein! Scheiß!!! ??

And then she said something I will never forget:

Und das hat mich am Ende ein wenig wieder aufgebaut. Die werden was von mir hören am nächsten Montag! So leicht gebe ich mich nicht geschlagen.

Und als Quintessenz bleibt: Wenn du nur 1 Chance hast und sie vermasselst – dann nutz halt die nächste…

Soll ja keiner sagen, aus Fehlern lerne man nichts… Mein Handy ist jetzt übrigens immer auf laut.

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Argh

Impfdepp

Laut Jens Spahn sind zwei Drittel der impfwilligen Erwachsenen mittlerweile mindestens einmal geimpft. Bis Mitte Juli sollen es 90 Prozent sein. Das sagte Spahn gestern bei „Anne Will“:

Und hier stehe ich, als Impfgruppe 3, und es ist noch nicht einmal ein Termin in Aussicht. Wem ich das erzähle, der rät mir, meinen Hausarzt und alle Fachärzte durchzuklingeln, bei denen ich jemals war (habe ich größtenteils). Oder er schickt mir einen Link zum Bonner Impfzentrum (den ich längst kenne). „Guck doch mal, ob du da nicht einen Termin bekommst! Bei mir hat das super geklappt“. Na klar doch, einem Termin beim Impfzentrum…

Ich werde morgen tun, was von mir verlangt wird, weil das System es so will. Ich werde noch einmal alle Ärzte abtelefonieren, bei denen ich jemals war und zusätzlich die, die mir empfohlen worden sind, weil sie „unkompliziert impfen“. Ich werde dabei das jeweilige Sprechstundenpersonal, das eh schon im Akkord arbeitet, weiter behelligen. Ich werde kritisch nachfragen müssen, ob denn wirklich kein Impfstoff mehr da ist, ich nicht kurzfristig auf irgendeine Warteliste kann und wer die 500 Leute sein sollen, die noch vor mir auf irgendwelchen Listen stehen und ob das wirklich alles die Gruppen 1, 2 und 3 sind. Ich werde ein wenig Druck machen müssen, um nicht mit einem „jaja, wir melden uns“ abgespeist zu werden. Ich werde die ohnehin schon völlig überlastete 116117 anrufen und dort fragen, zu welchen anderen Impfzentren in der Gegend ich gehen kann, weil das System das so vorsieht. WEIL ES DAS IST, WAS VON MIR VERLANGT WIRD.

Wen ich kenne, der schon geimpft ist, der hat das genauso gemacht. Der kannte jemanden, der hatte Beziehungen, der hat Druck gemacht, der hat sich irgendwie dazwischen gemogelt. (Ach so ja und ganz vereinzelt war auch mal jemand wirklich dran wegen Beruf, Krankheit oder Alter). Und zurück bleiben die „Deppen“, die das eben noch nicht gemacht haben.

Das ist die Ellenbogenmentalität, die wir eigentlich längst hinter uns haben wollten. Wer sich durchzusetzen weiß, gewinnt, kann im Sommer noch in den Süden fliegen und Bilder von sich am Strand auf Instagram posten. Wer brav wartet, bis er an der Reihe ist, wird auch im Herbst noch nicht geimpft sein. Weil das System ihn einfach vergessen wird. Und hier geht es nur um knappen Impfstoff. Wie soll das erst laufen, wenn irgendwann mal das Essen knapp wird?

Mir tut das mal ganz gut, auf etwas zu warten, so ist es nicht. Oder auch mal alle Anderen vorlassen zu müssen – eine sehr lehrreiche Erfahrung. Viele andere machen sie nicht und sind jetzt fein raus. Was mich aber am meisten ärgert, ist, dass diese Ellenbogenmentalität nach wie vor gefördert und gefordert wird. Dass das System so schlecht ist, dass massive Ressourcen bei all dem verschwendet werden. Wir sind als Gesellschaft kein Stück weiter gekommen in den letzten 50 Jahren.

Früher hingen da Party-Plakate und sahen auch so aus. Heute…

Und hier noch wenigstens ein bisschen was Schönes zum Abschluss: