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102: Zweite Welle mit Ansage

Wenn jetzt alle wütend sind, wenn einige Hochzeit feiern und dabei so tun, als dass es Corona nicht gäbe, dann muss ich fragen: Was genau habt ihr denn eigentlich erwartet? Dass die Braut nicht mit ihrem Vater tanzt, keine Spiele stattfinden, keiner mal eine Zeitlang vergisst, dass es Corona nicht gibt?

Ich hab mich bei Zeiten schon genug darüber aufgeregt, jetzt tue ich es nicht mehr.

Auch darüber nicht.

Oder darüber.

Nee, bin tiefengechillt heute Abend. Wetter war auch gut, mein E-Bike läuft wieder, auch ganz ohne Reparatur. Mit „Felix Krull“ bin ich jetzt endlich durch, siehe gestern. Kann und mag mich über nichts beklagen.

Hrhr:

Hab seit Ewigkeiten keine Serien mehr geguckt. Werd das jetzt mal nachholen. Seht zu!

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90: Social Media

Jürgen, du musst Social Media benutzen, du verpasst sonst alle Trends, wirst abgehängt, vergessen, für Journalisten ist das wichtig, du musst wissen, was die Menschen bewegt, Kontakt zu deinem Netzwerk halten!

Oha, na gut.

Twitter-Account entstaubt, eingeloggt.

Die Timeline diskutiert über die Farbe, die das neue iPhone haben könnte (blau), ob am 15. wirklich iPhones vorgestellt werden oder doch nur Watches oder iPads. Viele Tweets, wo Leute, denen ich folge, einfach nur wem geantwortet haben, massig Werbung dazwischen. Eine fährt eine Runde Motorrad, einer trinkt ein Glas Gin, noch einer will unbedingt ein neues E-Auto leasen, jemand ärgert sich über seine Brille.

Der Hashtag #appleevent bekommt ein eigenes Icon, einige jubeln, dass die Sache damit offiziell wird. Viele (morgen wird sicher in einigen Online-Postillen stehen: „das Netz“) ärgern sich über den Wunsch von Verkehrsminister Scheuer, auch Verbrennungsmotoren staatlich zu fördern. Neben einem Bericht der Drogenbeauftragten der CSU trendet auch die Deutsche Bank. Im ersten Tweet, den ich dazu finde, steht:

https://twitter.com/janicepaulma/status/1303390972785684481

Aha.

Noch einmal die Timeline. Einer wirbt für sich selbst, ein anderer ärgert sich, dass es gar nicht 42 Corworking-Spaces in München gäbe, sondern nur 8, der Rest wären Shared Offices, Serviced Offices und Business Center. „WTF“.

Ja, in der Tat! WTF…

Jemand, an den ich mich nicht erinnere, schickt ein Bild mit Blättchen und Cannibis auf einem Tisch. Noch einer fordert, dass technische Schulden bezahlt werden müssten. Ein anderer stimmt ihm zu. Aber das wäre eh der Fall, wenn Consultants ins Spiel kämen.

Hm-mh.

Twitter wieder zu.

Joa, ich glaube, so viel habe ich vielleicht doch gar nicht verpasst und werde das auch in Zukunft nicht. Macht ihr mal! Ich bin dann solange gerne frei.

Zahnpasta-Verpackungen bei Alnatura. Noch kleinere Mengen, noch mehr Plastik. „Öko“ und „Bio“ sind doch ein Witz!

Vorsprung vor Technik (unfreiwilliger Werbe-Schnappschuss):

Bild des Tages, et Blömsche:

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88: Am Ende des Rheins

Irgendwann weit vor dem Wecker wache ich auf. Es ist irgendwas zwischen nicht mehr schlafen können und eigentlich fit genug sein. Meistens macht das Aufdieuhrgucken müde, deswegen stehe ich einfach auf und fang schonmal an zu packen, lüfte durch. Draußen auf dem Frankenbadplatz ist noch Party. Es muss also noch recht früh sein. Als ich fertig gepackt habe, gucke ich dann doch auf die Uhr: Es ist gerade mal 0400. Zeit für den ersten Powernap des Tages. 😉

Ich verstaue alle Taschen im Auto, mache mir einen schwarzen Kaffee, checke noch einmal die Route und den Parkplatz von ’s-Hertogenbosch, auf den ich möchte. Und dann kann’s eigentlich auch losgehen. Jetzt nur noch das Fahrrad in den Skoda Octavia, den ich mir am Vortag ausgeliefen habe. „Soll auf jeden Fall ein Kombi sein?“, hatte der Typ von Europcar gefragt. „Ja, ich möchte ein Fahrrad damit transportieren“. Und jetzt passt das Fahrrad nicht… Lenker und Vorderrad zusammen geben einen denkbar ungünstigen rechten Winkel. Doch nicht sowas jetzt…

Morgens um fünf ist noch nicht die Zeit für kreative Ideen. Ich beschließe, den Lenker abzumontieren. Das Werkzeug ist noch in meiner Wohnung. Dort angekommen nutze ich die Chance, um kurz das Internet nach „Fahrrad im Kombi transportieren“ zu fragen (warum nicht?). Und siehe da: Eine Seite schreibt ganz beiläufig: passt nicht immer, „manchmal muss man auch das Vorderrad abmontieren“. Ach cool, das hat doch einen Schnellspanner! Und 10 Minuten später sitze ich dann doch mit verstautem E-Bike im Auto. Kann losgehen. Muss es aber langsam auch, es ist bereits 05:30 Uhr.

Kurz hinter der Autobahnauffahrt erwartet mich ein gigantisches Blaulichtgewitter. Auf der Gegenspur scheint ein schwerer Unfall passiert zu sein, ich muss ganz schön schlucken.

Hinter Mönchengladbach schickt mich das Navi des Skoda plötzlich von der Autobahn runter. Ich solle Richtung Venlo jetzt über die Dörfer fahren. Ernsthaft, warum denn das? Aber okay, vielleicht kennt das Ding ja eine Abkürzung. Die Route kommt mir komisch vor. Das Navi schickt mich auf Straßen, in denen keinerlei Wegweiser mehr stehen, die Gegend wird immer ländlicher, es folgt ein Sackgassenschild. Ich fahre trotzdem rein, jetzt will ich’s wissen. Und plötzlich hört die Straße auf, gesperrt seit dem 20. Juli, sagt ein Schild. Hinter einem Abhang taucht ein Lichtermeer wie von fünf riesigen Frachtschiffen auf. Bin hier plötzlich am Rhein?

Als ich genauer schaue, stelle ich fest, dass es Bagger sind, monströs große Bagger. Ich bin mitten im Braunkohlerevier gelandet, ein ganz schön gespenstischer Anblick bei Dunkelheit. Als ich zurücksetze und einen weiteren Wagen mit auswärtigem Kennzeichen sehe, das etwas ratlos in der Gegend rumsteht, muss ich lachen: Da ist noch einer der Fehlinformation erlegen. Dem Navi traue ich jetzt auf jeden Fall nicht mehr blind.

Nach einer weiteren Pause mit dem zweiten Powernap des Tages auf einem KFC-Parkplatz komme ich schließlich in ’s-Hertogenbosch auf dem geplanten P+R-Parkplatz an. In wenigen Augenblicken habe ich alles startklar, auch das Vorderrad zurückmontiert, doch die Scheibenbremse schleift. Wieder geht eine Viertelstunde drauf, bis es die Ausrichtung stimmt. Dann, gegen 0830 Uhr kann es endlich losgehen.

Google Maps fand eine schöne Radstrecke, die nur 120 Kilometer lang sein soll. Die nehme ich jetzt und lasse mich einfach per Smartphone navigieren (was sich noch als Fehler herausstellen wird). Meinen Reserveakku habe ich dabei. Ohnehin ist der Plan, die letzte Etappe an einem Tag zurückzulegen. Ich hätte mehr Lust, am nächsten Tag auszuschlafen und auf der Couch zu liegen. Meine Campingsachen habe ich trotzdem für den Notfall dabei.

Ich sagte es schon einmal, ich sage es wieder (und ich werde nicht müde werden, es zu wiederholen): Die Niederlande haben das weltbeste Radverkehrsnetz. Du fährst wie auf der Autobahn auf bestens ausgebauten, breiten Wegen, auf denen du kaum jemals mit Autos ins Gehege kommst. Das System mit klar abgetrennten Fahrradspuren durchzieht nicht nur ein paar Gegenden und Städte, sondern das ganze Land. Es ist ein Traum. Du musst nur wissen, wohin du willst, dann wird die Reise zum Kinderspiel.

Und genau das ist das Problem mit Google Maps. Anfangs schiebe ich es noch auf meine eigene Schusseligkeit. Spätestens nach der Hälfte der Strecke ist aber klar: Es ist auch sehr, sehr oft die App. So gut Google Maps als Autonavi funktioniert, das Fahrradnavi schickt dich auf Gegenspuren, wo du den Ärger des Gegenverkehrs auf dich ziehst, auf Fußgängerwege, auch wenn 10 Meter daneben ein Radweg verläuft, kündigt vor Kreisverkehren nur die Straßennamen an, in die du fahren sollst, auch wenn es keine Straßenschilder gibt, schickt dich auf linker Seite am Kanal vorbei, und wenn du auf die rechte Seite wechselst, weil links eine Baustelle ist, soll der Weg plötzlich 8 Minuten länger sein… Es liegt daran, dass ich Komoot auch nicht besonders mag, weswegen ich immer wieder auf Maps hereinfalle.

Trotzdem komme ich eigentlich wunderbar voran. Dichte Bebauung und Wälder machen den eigentlich starken Gegenwind kaum spürbar. Die ersten 40km schaffe ich ohne Pause, danach fülle ich meine Trinkflasche zum Erstaunen der Anwesenden auf einem Friedhof kurz auf. Ich fahre die Route an der Maas entlang, die kurz vor Dordrecht in die Waal mündet (der Rhein heißt etwa ab der Grenze nicht mehr Rhein, sondern teilt sich in mehrere Arme auf, von der die Waal der größte ist). Erst kurz vor der gigantischen Waalbrücke vor Dordrecht schickt mich die App an den Fluss und es gibt reichlich Gegenwind. Ich fahre ein paar Kilometer tief nach vorne gebeugt, was mich gut und gerne 2 km/h schneller macht. Den Motor lasse ich auf Stufe 1/4, weil ich ahne, dass da später noch weit mehr Wind kommen könnte.

Hinter der Brücke geht es an Dordrecht vorbei, aber nicht direkt nach Rotterdam rein, sondern erst über eine Flussinsel zwischen neuer und alter Maas (das Gewirr an Flussarmen, Kanälen und Inseln ist gewaltig; schaut euch das mal auf einer Karte an!). Ich habe mittlerweile schon 70km hinter mir, als es Mittag wird, langsam schwinden meine Kräfte (ich hab noch gar nichts gegessen heute), die App schickt mich durch Tunnel und über Brücken, und wie es immer so ist: Wenn du ein Café oder eine Bäckerei suchst, kommt kilometerweit keine.

Ich bin schon kurz vor Rotterdam, als ich an einem Campingplatz vorbei komme und aus der Ferne das Wort „Pannekoekenhuis“ erspähe. Hin! Den (sehr leckeren) Pfannkuchen mit Vanilleeis und Sahne inhaliere ist fast, der Cappuccino dazu weckt Wunder. Auf der Toilette fülle ich noch einmal (mehr oder weniger) heimlich meine Trinkflasche auf, dann geht es gefühlt mit Siebenmeilenstiefeln weiter.

Und das muss es auch, denn der Wind weht langsam deutlich frischer. Es geht durch den Beneluxtunnel über die neue Maas endlich nach Rotterdam, beziehungsweise die Vororte. Hier ist keine Stadt mehr, hier ist eigentlich nur noch Hafen, kilometerweit. Und nach einem Hafen kommt noch ein Hafen und wieder ein Hafen. Das Ganze ist nicht unbedingt malerisch aber durchaus beeindruckend.

Wer immer bestimmt hat, dass die Rheinroute oder die offizielle Eurovelo 15 (deren Spur ich längst verloren habe) in Rotterdam enden soll, hat nicht ganz die Wahrheit gesagt. Denn was da als Fluss, Kanal oder was auch immer schließlich in die Nordsee fließt, tut das erst 30 Kilometer hinter Rotterdam bei Hoek van Holland.

Und 30 Kilometer können bei Gegenwind ganz schön lang sein. Zum Glück habe ich mir Akku aufgespart und kann nun etwas mehr in die Vollen gehen. Die Strecke ist nicht mehr die Allerhübscheste. Es geht durch eine Arbeitersiedlung, weitere Hafenanlagen… Es heißt zwar nicht mehr Rotterdam, aber der Hafen der Stadt geht hier nahtlos in weitere über. Ein Blick vom Deich auf den Fluss entschädigt aber für alle Strapazen.

Kurz vor dem Ziel gegen 1700 Uhr saust mir dann noch einmal richtig Wind um die Ohren. Der Himmel zieht sich langsam zu. Der Wetterbericht hält also Wort: Tagsüber trocken, abends Regen. Ich sehe zu, dass ich ans Ziel komme, und erreiche um 1730 schließlich den Strand von Hoek van Holland.

Hier warten natürlich kein Empfangskomitee oder eine Ziellinie, aber ein obligatorischer Wegweiser zu Orten wie Hamburg, New York oder Paris (der mir zu kitschig ist, um ihn zu fotografieren). Immerhin: ein paar Einheimische lächeln mich an, als sie mich in voller Montur kommen sehen.

So ganz alleine mache ich es denn auch kurz. Nehme ein paar Fotos und Selfies vom Ziel auf, gönne mir einen großen Schluck aus der Wasserpulle und gehe dann in der Fischbude um die Ecke (fantastische!) Fish and Chips essen. Das ist auch notwendig, mir ist ein bisschen kalt und ich bin erschöpft; schon das Reden fällt mir schwer. Der Imbissverkäufer wechselt freundlicherweise sofort auf Deutsch, nachdem ich ihm halb auf Niederländisch, halb auf Englisch meine Bestellung vornuschele (ich muss echt noch einmal an meinem Akzent arbeiten).

Dass ich mit meinem Motto („Irgendwie kommst du schon zurück“) diesmal gar nicht weit kommen würde, war mir vorher klar. Aber verschiedenste Apps zeigen mir einen absurden Weg von Hoek van Holland (wo es nur eine S-Bahn-Station gibt) zurück nach ’s-Hertogenbosch. Obwohl schon 125 km auf dem Tacho (ja, es werden immer mehr, als die Apps vorher ankündigen), entscheide ich mich schließlich, mich noch einmal aufs Rad zu schwingen und nach Den Haag zum Bahnhof zu fahren. Klingt furchtbar weit, sind aber nur 18 km, oder sollen es zumindest sein.

Denn hier versagt Google Maps schlussendlich völlig. Will mich quer über die Dünen schicken, weiß nicht, ob links oder rechts, schickt mich an der Gabelung rechts, um mich dann zurückzupfeifen: falsch abgebogen. Und am Ende sind es zum Bahnhof eher 24km. Ich verpasse deswegen meinen geplanten Zug und ärgere mich schwarz.

Allerdings nur fünf Minuten lang, als ich sehe, dass der nächste Zug nach Utrecht (da umsteigen nach ’s-Hertogenbosch) bloß 15 Minuten später fährt, der danach wieder 15 Minuten später und so weiter. Die Anschlüsse dann übrigens im selben Takt. Ich kann in aller Ruhe ein Ticket kaufen, meine FPP2-Maske aufsetzen und mein Fahrrad in den schon wartenden Zug einladen. Also ist nicht nur die Fahrradinfrastruktur in den Niederlanden Welten besser als in Deutschland, auch die Bahn.

Ach, mehr noch. Ich sehe an diesem Tag Menschen, die gemeinsam Sport machen, nicht nur Fußball, es gibt auch große Radfahrerpulks, Laufgruppen, Wanderer. Die Menschen unterwegs kommen mir insgesamt entspannt vor, der gesamte Straßenverkehr viel weniger ellenbogenartig, Radfahrer werden nicht von der Straße gewünscht, sondern auf ihrer eigenen Spur respektiert. Wie angenehm! (Note to self: Die Sprache lernen und überlegen, dahin auszuwandern.)

Von Den Haag sehe ich leider nicht mehr viel, nur kurz die Skyline und das Diplomatenviertel. Was ich sehe, erinnert mich an eine Planstadt. Ich komme durch zwei Straßen, in denen sich eine Botschaft an die nächste reiht, teilweise sogar thematisch gruppiert (hier etwa vier südostasische Länder direkt nebeneinander). Die Stadtplaner überlassen hier nichts dem Zufall.

Um kurz nach 9 kommt die Bahn in ’s-Hertogenbosch an. Ich rolle das Fahrrad nach draußen, stehe noch kurz vor dem Eingang und will die Navigation zum Parkplatz starten. Sofort kommen ein junger und ein alter Kerl arabischen Aussehens auf mich zugerannt. Ob sie eben mein Handy benutzen dürften, um jemanden anzurufen. Ich bin nicht überzeugt: „Actually no, I need my phone and I don’t even know you.“ Es wäre aber dringend, sie müssten einen Anruf tätigen um zu wissen, ob ihre Übernachtung klargehe. „Sorry, I don’t know. Maybe better ask a local to help you.“ Sie lassen nicht locker. Ob ich dann eine Nummer wählen könnte, die sie mir diktieren und dann auf Lautsprecher schalten. „Hm, okay, why not…“

Sie diktieren mir die lokale Nummer, ich wähle und schalte auf Lautsprecher, jemand hebt ab. Der Alte ruft einen kurzen Satz ins Telefon in einer Sprache, die ich nicht verstehe, die andere Seite antwortet mit einem Wort. Das war’s schon. Die beiden bedanken sich nicht übermäßig überschwänglich und gehen sofort ihren Weges. Sonderbare Begegnung… Sollte sich die nächsten Tage die Kripo bei mir melden, warum ich die Nummer eines internationalen Irgendwas-Händlerrings gewählt hätte, ich wäre nur mäßig überrascht.

Google Maps lotst mich durch die Innenstadt von ’s-Hertogenbosch (die hübscher ist als erwartet) zum Parkplatz. Ich verstaue Fahrrad und Sachen, sehe auf Google Maps dass ich gerade noch Zeit habe, einen Supermarkt zu besuchen, mache mich kurz dorthin, kaufe Käse, Milch im Kanister (jaja, ist nur Milch, aber damit fühle ich mich immer wie im Film), eine Flasche Wasser und um kurz vor 22 Uhr geht’s dann zurück.

Diesmal navigiere ich mit Google Maps statt dem Autonavi (dem traue ich nicht mehr, und KFZ-Navi kann Maps ja eigentlich) und lande auf einer Straße, auf der ich die ganze Zeit bis zur Grenze nur 80 fahren darf. Eindeutig eine andere Straße als die Autobahn, über die ich gekommen bin. Na ja, dann ist heute eben nicht Welttag der Navigationssysteme. Ich singe zu meiner Lieblingsplaylist, um mich wach zu halten, komme wieder an den schiffartigen Braunkohlebaggern vorbei und ansonsten ohne weitere Zwischenfälle um kurz vor Mitternacht zu Hause an. Packe noch aus, hänge meine Klamotten auf, dusche und falle gegen 0100 Uhr halbtot ins Bett. Was für ein Trip!

Ich bin den ganzen Rhein abgefahren. :)) In mehreren Zügen und Richtungen, klar, aber durch Wind und Wetter, über Stock und Stein. Erst von Bonn nach Koblenz, die eiskalte, erste Übernachtung auf dem Campingplatz, die regnerische Etappe gleich zu Anfang der Eurovelo 15 hinter Andermatt den Oberalppass hinauf, an der Rheinschlucht und dem Bodensee vorbei. Und schließlich am Niederrhein entlang durch die Niederlande. Die schönste Etappe? Tatsächlich die Mammutstrecke neulich linksrheinisch von Düsseldorf über Dusiburg, Moers, Krefeld, Xanten und so weiter bis nach und inklusive Arnheim. Ein richtig schönes Fleckchen Erde!

Und? Bin ich jetzt ein anderer Mensch? Ganz ehrlich: ja. Da hat sich etwas verändert in den letzten Wochen. Was das bedeutet und wie es nun weiter geht. Wir werden sehen. 🙂

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77: Es geht wieder los

Die Sachen sind gepackt, am Wochenende geht es los zum Endspurt Richtung Rotterdam. Wetter soll ganz okay werden. Diesmal nehme ich nur das Nötigste mit. Idee ist jetzt, mit teilweise Bahn, teilweise Rad wieder zurückzufahren. Paar bessere Masken versuche ich morgen noch aufzutreiben. Fühlt sich auf jeden Fall an wie ein guter Abschluss.

Ich hätte nicht gedacht, das mal zu sagen, aber eigentlich ist es ganz schön, dass es in diesen verrückten Zeiten wenigstens ein bisschen Fußball gibt. Auch das Abschlussturnier von Europa League und Champions League macht gerade sehr viel Spaß. Jeden Tag ein Topgame. Und in der CL wird’s jetzt zum Traumfinale Bayern – Paris kommen (Sonntag 2100 Uhr). Werde mal versuchen, bis dahin wieder da zu sein.

Für mich endet heute ein Lebensabschnitt und ein neuer beginnt. Weiß gar nicht, ob ich da hier näher drauf eingehen sollte, ist wohl zu privat. Aber ich schreibe hier ja irgendwie auch Tagebuch, um mich zu sortieren. Da wollte ich das wenigstens mal losgeworden sein. Und auf jeden Fall beginnt jetzt ein hervorragender Abschnitt!

Über meine neue Bialetti freue ich mich bislang jeden Tag. Merke aber auch: Der Kaffee ist um einiges stärker als der aus der French Press. Und starker Kaffee und ich, das ist überhaupt keine gute Kombination. Ich bin da nach mehreren Tagen meist nah an einer Psychose mit anschließender Depression. Muss mich da echt einschränken.

„Luft nach oben“, 3. Versuch. Ich sehe es selbst: Die Perspektive ist zu sehr Frosch, ich rede mal wieder zu schnell und ein Stativ könnte ich ruhig auch mal wieder benutzen. Schon gut, schon gut. 😉

Habe Bilder für meine große Wahlkampfanalyse gesammelt, aber gemerkt, dass man die besser tagsüber aufnimmt, wenn man sich über ihre schlechte Qualität lustig machen will. Kommt demnächst. Glaube übrigens alleine deswegen schon, dass die Bonner OB-Wahl entschieden ist, aber dazu dann mehr.

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.71: Urlaubslektüre

Drei Wochen Urlaub, acht Bücher insgesamt. Wollte kurz vorstellen, was ich da so gelesen habe.

  • Kurt Tucholsky: „Schloss Gripsholm“. Relativ seichte, halbautobiografische Sommer-Liebesgeschichte. Aber Tuchoslky verfügte wirklich über einen beneidenswerten Wortschatz.
  • Sun Tzu: „Die Kunst des Krieges“. Wollte ich immer schonmal lesen und interessierte mich vor allem, weil die beschriebenen Taktiken natürlich nicht nur militärisch zu verstehen sind. Aus unserem heutigen Verständnis ist das Buch wenig humanistisch, auch wenn Sun Tzu davon spricht, dass der kluge General einen Krieg nur als äußerstes Mittel einsetzt. Käme es doch dazu, solle man zusehen ihn nur im Ausland auszutragen und das auch auszuplündern…
  • Joey Kelly: „Hysterie des Körpers“. Das Mitglied der Kelly Family, das wohl den ungewöhnlichsten Weg gegangen ist, in einer Art Autobiografie. Kelly ist längst als Extremsportler unterwegs, kombinierte seine Wettkämpfe jahrelang mit musikalischen Auftritten und der Organisation der Kelly Family. In dem Buch beschreibt er, wie er seine Ängste besiegte und immer wieder über seine Grenzen ging, was ihn weiter brachte, als er sich jemals ausmalen konnte. Eine tolle Motivationshilfe, ohne die ich mir gar nicht mal sicher bin, ob ich zweimal den Gotthard passiert hätte.
  • Tim Krohn: „Nachts in Vals“. Ein Buch eines Schweizer Autors durfte natürlich nicht fehlen. Krohn hat sicher noch bessere im Angebot, die kurze Kurzgeschichtensammlung gefiel mir trotzdem vor allem wegen ihres schlanken Formats als Urlaubslektüre. Eigentlich haben alle Geschichten Spaß gemacht zu lesen, einen roten Faden zwischen ihnen vermisst man allenfalls.
  • Gerald Janssen: „Draußen unterwegs“. Eine kleine Einführung in das Leben draußen, mit schönen Illustrationen und vielen hilfreichen Tipps. Als „Outdoor-Survival-Guide“, wie es sich selbst nennt, ist es aber kaum ausreichend. Da bräuchte es genauere Tipps. Trotzdem eine schöne Einführung.
  • Val Williams: „Fotografie: 80 Meisterwerke verstehen“. Kaufte ich im Shop des Basler Kunstmuseums. Die Autorin geht 80 hübsche Bilder durch und beschreibt, was sie so besonders macht. Gab mir ein paar wertvolle Tipps und erzählte interessante Geschichten, aber ob ich mit allen Erklärungen so d’accord gehe, weiß ich nicht. Trotzdem angenehm zu lesen.

Dazu hatte ich noch den Schweiz-Reiseführer von Marc Engelhard (Marco Polo) dabei (ist in Ordnung!) und kaufte mir unterwegs den Veloguide für die Schweizer Nord-Süd-Route (bisschen mau, die Website dazu bot mehr Infos). All die Zeit zum Nachdenken auf dem Rad war zwar schön und hilfreich, aber irgendwann schrie mein Kopf dann auch nach Input.

Abgefahrene Idee, und schmeckt!

Ah-ah! Saviour of the universe:

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.70: Urlaubsgedanken

Drei Wochen Radreise und folgende Erkenntnisse:

  • Klassische Nachtmenschen können im Urlaub offenbar auch früh aufstehen. Im Schnitt kam ich gegen 0630 Uhr hoch. 0630!
  • Müde war ich dann eigentlich nur, wenn ich am Morgen kein klares Ziel vor Augen hatte und eben nicht so richtig wusste, wohin mit mir.
  • Ich fuhr im Schnitt fast 100 Kilometer am Tag, was einen ziemlichen Kalorienverbrauch bedeuten dürfte. Und trotzdem hatte ich nur wenige Male überhaupt Hunger. Wenn, dann war es meist Appetit. Mein Körper war genauso mit nichts zufrieden, wie wenn ich einen Burger mit Pommes (oder Rösti mit Bratwust) reinschob. Es war schlicht kein Unterschied.
  • Bei wenig Nahrungsaufnahme kam ich am nächsten Tag allenfalls langsamer voran, fühlte mich energieärmer. Das kann aber auch schlicht am Mangel von Vitaminen und Spurenelementen gelegen haben, von denen ich mangels Nahrung dann natürlich auch zu wenig aufnahm.
  • Wichtig war dennoch 1 Kaffee vor dem Start, durfte aber auch gerne ein schwarzer sein.
  • Rank und schlank bin ich übrigens trotzdem nicht geworden. Das scheint alles nichts damit zu tun zu haben.
  • Anfangs führte ich Smalltalks mit anderen Radreisenden noch enthusiastischer als am Ende, das stimmt schon. Aber alles in allem habe ich diese kurzen Kontakte und Erfahrungsaustausche sehr genossen. Einsam habe ich mich tatsächlich nur einmal kurzzeitig gefühlt, als ich in einer AirBnB-Wohnung untergekommen war.
  • Ich konnte es mir zwar anfangs nicht vorstellen, aber ich überlege jetzt, das E-Bike doch zu behalten. Berge und andere anspruchsvolle Strecken haben ihren Schrecken dadurch verloren. Das Weniger an Anstrengung im Vergleich zum nicht-motorisierten Radfahren dürfte sich damit ausgleichen, dass man doch eher geneigt ist, überhaupt mal eine Spritztour einzulegen und dann gleich etwas weiter zu fahren.
  • Schwiitzerdüütsch. Anfangs habe ich kein Wort verstanden, was meist kein Problem war. Die meisten Schweizer schalten sofort auf Schriftsprache um, sobald klar ist dass der Gesprächspartner der norddeutschen Tiefebene entstammt. Zum Schluss häuften sich die Fälle, wo die Schweizer einfach trotzdem weiter Schwiizerdüütsch mit mir sprachen. Sicher auch, weil sie dann merkten, dass ich das meiste verstand. Nehme ich mal als Kompliment.

Noch 300km oder drei Etappen, sagt Google Maps, dann hätte ich den ganzen Rhein abgefahren:

Mal sehen, wie am Wochenende so das Wetter wird. ?

Was Deutschland von der Schweiz lernen könnte:

  • Trinkbrunnen überall. Eine wunderbare Infrastruktur für Reisende, aber auch für Einheimische. Mal eben schnell sein Wässerchen wieder auffüllen. Für einen Deutschen ungewohnt: Solche Trinkbrunnen sind in der Schweiz für gewöhnlich von Schmierereien, Fäkalien und Vandalismus verschont.
  • Überhaupt erlebt man zumindest als Reisender wenig Vandalismus, Graffiti oder Schmierereien in den meisten Orten. Klar, der Deutschschweizer gilt gemeinhin als etwas konservativer, Graffiti ist eher ein Ausdruck des linken Spektrums. Oder es fehlt den Leuten einfach der in Deutschland offenkundige Hass auf den Staat. Warum zerstören, womit man im Großen und Ganzen zufrieden ist?
  • Der Umgang mit Geld. In der Schweiz ist eigentlich alles teurer als in Deutschland, teilweise sogar erheblich. Der Gegenwert ist allerdings auch eigentlich immer höher. Ich gebe zwar 25-30 Franken für ein Abendessen aus, aber ich kann mir dann sicher sein, dass es auch gut ist. Lange Zeit hatten die Schweizer bei den Supermärkten fast nur die Wahl zwischen Migros und Coop (vergleichbar mit Edeka vs. Rewe minus der Billig-Hausmarken), mittlerweile haben auch Aldi und Lidl dort Fuß gefasst. Gut gefiel mir die Mentalität, dass – anders als in Deutschland – nicht alles immer möglichst billig sein muss. Der Deutsche ist dann glücklich, wenn er für 10 Euro ein möglichst großes Essen bekommt, Geschmack erstmal zweitrangig. In der Schweiz schien es für mein Gefühl anders herum zu sein.
  • Das setzt sich auch in anderen Bereichen fort. Mir fielen zum Beispiel in der Schweiz gerade sehr viele modisch gekleidete Männer auf. Trendige Frisuren, elegante aber nicht angeberische Kleidung und sogar Tattoos, die irgendwie in das jeweilige Konzept passten. Und das sage ich, der Tattoos gemeinhein nichts abgewinnen kann. Deutsche gehen nach dem Motto vor: Alle haben ein Tattoo, also muss ich auch eins haben. Tattoostudio, zeig mal Katalog, was wird gerade viel genommen? Bunte Blumenvase mit Totenkopf drauf? Okay, dann nehm ich so eins, aber möglichst groß, damit es jeder sieht. Wo ist am meisten Platz? Die Wade ist noch frei, dann los…
    Bei 95% aller Tattoos, die ich an Deutschen so sehe, bin ich peinlich berührt. Du wolltest halt unbedingt eins haben und in 5 Jahren wird das ungefähr noch so cool sein wie heute ein Arschgeweih. In der Schweiz sah ich sehr oft, dass Tattoos der einen oder anderen Person richtig gut standen und im Gesamtkonzept des jeweiligen Stils aufgingen. Fand ich überraschend ansehnlich.

Vielleicht werde ich doch noch zum Radnarr. Seit ich wieder hier bin, fahre ich täglich Rad, was auch sehr gut gegen die Hitze ist. Direkt vor der Haustür is‘ nämlich auch ganz hübsch:

Und es gibt überrascht guckende Bäume:

Mehr als 1 Jahr vor der nächsten Bundestagswahl und damit viel zu früh nominiert die SPD einen lieben, netten Onkel zum Kanzlerkandidaten. Das erinnert mich irgendwie an etwas von vor ein paar Jahren, weiß nicht mehr genau was, aber es hat bestimmt gut funktioniert…

Problem ist aber hauptsächlich, dass die SPD noch immer nicht verinnerlicht hat, was vor drei Jahren schon der Fall war: Dass sie bloß noch eine etwas zu groß geratene Splitterpartei ist, die eine eigene Opposition gleich eingebaut hat und sich ständig selbst sabotiert. Die hat das Recht einen Kanzlerkandidaten zu stellen und darf es auch versuchen, wird aber mit der Taktik niemals gewinnen. In Bayern reibt sich gerade ein gewisser Landesfürst die Hände.

Demokratie nervt. Wie die Sau. Ja, alles andere bereits Existierende ist mindestens genauso schlecht, sagte schon Winston Churchill. Aber dann wird es langsam mal Zeit, etwas Besseres zu erfinden. Jemand ne Idee?

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.49: Deutsch

Jetzt fängt er hier schon an, Schopenhauer zu zitieren, ohne ihn jemals gelesen zu haben…

Schönes Zitat auf jeden Fall von Schopi (neulich im Radio gehört), in dem er den Nationalstolz als platteste Art des Stolzes bezeichnet:

Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen.

Oder auch: wow! Wer es schafft, in eine scharfe Kritik auch noch ein Kompliment einzubauen, hat eigentlich schon halb gewonnen. Das Problem ist in meinen Augen nur weit vielschichtiger. Und zwar, dass einige leider gar nicht so dumme Köpfe Nationalstolz als Machtmittel erkannt haben und sehr erfolgreich auf Bauernfängerei bei eben den (vielfach wirklich) armen Schweinen gehen, die in der Tat oft nichts Anderes mehr haben als das. Und die lassen das dann an den noch ärmeren Schweinen raus. Das macht mich schon irgendwie traurig.

Ich frage mich gerade ohnehin: Ist Stolz nicht sowieso gegenüber der Freude das schwächere Gefühl? Bedarf es dann überhaupt Stolz für irgend etwas? Ich kann stolz darauf sein, wenn ich mir ein eigenes Haus gebaut habe. Aber wäre es ein nicht viel schöneres Gefühl, sich über die Errungenschaft zu freuen? Jedes Mal wieder. In meinen Augen ja.

Mit „Deutsch“ im Titel meine ich allerdings eigentlich die deutsche Rechtschreibung. Mit einem Kollegen zusammen arbeiten wir sie gerade noch einmal auf. Und, heftigster Dude, ich sage euch: Wäre das ein Videospiel, dann wären die drei mächtigsten Bosse, in der Reihenfolge:

  • Kommasetzung
  • Zusammen- und Getrenntschreibung
  • Groß- und Kleinschreibung (Endgegner)

Ich arbeite seit 20 Jahren irgendwie journalistisch, aber ich würde wahrscheinlich in einem Diktat für die 10. Klasse bestenfalls mit einem Ausreichend bestehen.

Was ich daran interessant finde: Nicht nur ich, womöglich auch der Duden. Denn der hat nach eigener Aussage selbst teilweise davor kapituliert. Ich zitiere aus seinem Regelwerk zu Getrennt- und Zusammenschreibung:

Allerdings ist die Unterscheidung von Wortgruppen und Zusammensetzungen nicht immer eindeutig möglich.

Wegen der Komplexität der Getrennt- und Zusammenschreibung kann es allerdings Grenzfälle geben, die mit diesen Regeln nicht eindeutig zu klären sind. Wenn auch das Wörterverzeichnis nicht weiterhilft, stehen den Schreibenden gewisse Freiräume für eigene Entscheidungen offen.

Soso, „gewisse Freiräume für eigene Entscheidungen“. Sehr nett.

In Regel D51 geht es um Wörter wie „abhandenkommen“ und „übereinstimmen“, die man zusammenschreibt, „wenn der erste Bestandteil als frei vorkommendes Wort ungebräuchlich ist“.

„Ungebräuchlich“ ist aber auch schon wieder eine schwammige Aussage und dürfte im Auge des Betrachters liegen. Mir kommt oft etwas abhanden, ich finde das ziemlich gebräuchlich.

Laut Regel D54 schreibt man Zusammensetzungen, deren erster Teil ein Substantiv ist, normalerweise getrennt, also:

  • Auto fahren
  • Rad fahren

Aaaber nicht, wenn das „Substantiv als verblasst gilt“, was auch schon wieder im Auge des Betrachters liegt. Laut Duden sind das Wörter wie:

  • eislaufen
  • nottun

„Rad fahren“ also auseinander, „eislaufen“ zusammen? Ja, völlig logisch.

Oder frei nach Schopenhauer: Der arme Tropf, der nichts hat, hat wenigstens seine Rechtschreibung, an der er sich hochziehen und mit der er andere belehren kann, sonst würde er sehen können, was für ein Unsinn das teilweise ist.

Dummerweise ist genau das Teil meines Jobs…

Bild: ZDF

Weniger bissig als erwartet, aber trotzdem eine jecke Idee der „Anstalt“, eine Folge von „Ich bin Rassist, holt mich hier raus“ zu drehen. Spielt im „Dschungel“ mit zwei schwarzen Moderatoren und vier weißen Deutschen, die von sich behaupten, keine Alltagsrassisten zu sein und die ganze Aufregung um vermeintlichen Rassismus in Deutschland nicht verstehen, bis sie den Spiegel vorgehalten bekommen. Ich fand die Charaktere etwas unecht, aber bei der ersten Challenge, vor allem dem Date, hab ich mich weggeschmissen.

Banksy vandalisiert die Londoner U-Bahn. Aber Banksy darf das:

https://www.instagram.com/p/CCn800cFIbe/

That’s what I call a ride!

Schade, ich mochte den Laden. Aber ernsthaft. Ihr macht (laut Deko) den Megamonstersale, und alles, was ihr bietet, sind 10 Prozent?!

Langsam wird’s abstrakt…

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.48: Ruhe

Eine sehr ungewöhnliche Beobachtung gestern Nacht. Ich wache auf und bin komplett ruhig. Liege da und bin im Einklang mit, nunja, dem Kosmos. Nichts, das sagt, mach dies, mach das, leg dich wieder schlafen, du hast morgen einen harten Arbeitstag vor dir, in fünf Tagen fährst du in Urlaub, das Bad könnte auch mal wieder geputzt werden.

Ich glaube, das ist das, was Leute, die meditieren, als die höchste Stufe ansehen. Du bist komplett ruhig und keine Sorgen plagen dich mehr. Was nicht heißt, dass sie nicht da wären, aber sie sagen nichts mehr. Keine inneren Stimmen, die sich melden.

Falls ihr gerade sagt: Wie, what’s the big deal, ist bei mir immer so. Dann stelle ich euch mal das Gegenteil vor. Sorgen, die sich im Laufe des Tages melden: „Wie lange bleibt Corona noch, geht die Wirtschaft kaputt, wovon lebst du dann, was ist, wenn du dir selbst das Virus holst?“ Irgendwelche Selbstzweifel oder Herausforderungen, die überwunden werden wollen: „Ist das ein guter Text oder könnte der mir um die Ohren fliegen, warum bist du nicht mehr so und so, dann wärst du viel mehr ach und ach.“

Als Jugendlicher lag ich abends meist noch Stunden wach, weil mir die Ereignisse des Tages im Kopf herumgespukt waren und mir irgendwas Sorgen gemacht hatte.

Das habe ich heute nicht mehr so stark, aber irgendwelche inneren Stimmen melden sich für gewöhnlich doch noch täglich. Oder, technisch ausgedrückt: irgendwelche Prozesse laufen da unbewusst im Hintergrund, und selbst wenn du sie entdeckst, weißt du gar nicht, was sie bedeuten und wie du sie abschalten kannst.

Gestern Abend war das alles auf null runtergefahren. Da war nichts, keine Stimmen, keine Prozesse, nur tiefer Frieden. Keine Ahnung, wo der plötzlich herkam, aber es hat sich gut angefühlt. 🙂

Ich muss ja gestehen, das Einkaufen der Ausrüstung für den Urlaub war schon irgendwie der halbe Urlaub. Zum einen war’s auch so teuer wie ein halber Urlaub. 🙂 Zum anderen hat’s irgendwo sehr viel Spaß gemacht, sich nach passender Ausrüstung umzuschauen, zu informieren, zu vergleichen und dann am Ende geilen Scheiß zu bekommen, der lange bleiben könnte. So freue ich mich zum Beispiel sehr (ja, freue) auf meine neue Regenjacke, die nicht einfach nur eine Regenjacke, sondern eine ultraleichte, sehr atmungsaktive und dennoch wind- und regendichte Trailrunner-Jacke mit kleinem Packmaß sein wird.

Oder die (im dritten Anlauf endlich) passende Handyhalterung fürs Fahrrad, die ich schnell abnehmen und schnell wieder aufmontieren kann, die die Kamera nicht verdeckt, aber das Handy schnell für Fotos freigibt. Oder die regenfeste Fronttasche, die ganze, minikleine Campingausrüstung. Jetzt gibt’s auch praktisch gar kein Zurück mehr, jetzt wäre es nicht mehr wirtschaftlich, nichts in Urlaub zu fahren… Zum Glück habe ich noch Lust, auch wenn ich nicht mehr zu 1000% auf die Schweiz festgelegt bin.

Mehr habe ich heute gar nicht. Es war halt einfach ruhig. Ich hab nicht mal ein Foto gemacht. Deswegen hier noch ein Nachzügler von Sonntag.

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.46: Wo sind die radikalen Demokraten?

Nach einer Empfehlung bei „6 vor 9“ habe ich mir heute Abend mal „Get me Roger Stone!“ auf Netflix angeschaut. Im Prinzip geht es darum, wie der Politikberater Roger Stone schon in jungen Jahren erkannt hat, wie der Hase läuft, und sich seit der Wiederwahl für Richard Nixon 1972 in verschiedene Wahlkämpfe auf Seiten der Republikaner eingeschaltet und letztendlich auch Trump zum Wahlsieg verholfen hat.

Das Erfolgsrezept dafür: Ein hohes Maß an Selbstbewusstsein, Charisma, Chuzpe, rhetorischer Gewandtheit, Gier, Negativität und Arglist, sehr viel Arglist. Und dann natürlich jemanden, der sich dahinstellt und Willens ist, den Zirkus auf die Spitze zu treiben und bis ans Äußerste zu gehen, sprich: im Wahlkampf ganz vorne mitzumischen und am Ende sogar Präsident zu werden. Bei all dem kommt Stone gar nicht mal so unsympathisch rüber. Vielleicht ist das der Trick dahinter.

Was ich mich dabei immer frage, ist: Warum klappt das fast immer nur bei eher radikalen Kandidaten des rechten (und manchmal) linken Spektrums? Warum gibt es sowas eigentlich nicht in der politischen Mitte? Jemand, der mit aller Vehemenz für Verfassung, Recht und Gerechtigkeit kämpft. Wo sind die radikalen Demokraten?

Aus journalistischer Neugier habe ich mir bei der Gelegenheit mal die Postillen der neuen Rechten in den USA angeschaut, sprich: Breitbart und Infowars. Hätte ich eigentlich vor 5 Jahren schon mal machen sollen, aber irgendwie hat mich das bis jetzt nie gereizt.

Bei Infowars mit Alex Jones sind sie gegen alles, außer eigene Corona-Masken.

Kurz gesagt: Optisch tatsächlich cool gemacht, zumindest Infowars. Spricht einen an, holt einen ab, das Ganze ist sehr videozentriert. Alex Jones, der an sich ja eine echte Type ist, scheint da den halben Tag live auf Sendung zu sein. Und das Studio, in dem er sitzt, ist von einem, wie CNN es hat, kaum zu unterscheiden. Selbst inhaltlich fand ich es für 5 Minuten mal erfrischend, da reinzuschalten und eine ganz andere Perspektive durchaus professionell präsentiert zu bekommen.

Dann hat’s mir aber auch schon gereicht, denn: Die scheinen da auf einer Agenda zu sein und das alles ernst zu meinen. Black Lives Matter sei zwar vom Kern her eine gute Sache, aber von einer marxistischen Organisation gesteuert. Schwarze, die einfach nur „echte Amerikaner“ sein wollten, würden von linken Homosexuellen vergewaltigt (kein Scheiß, sagen die wirklich). Der „Deep State“ sei bis ins letzte Amt links und deswegen würden harmlose Bürger von der Polizei verfolgt, die etwa einen regenbogenfarbenen Zebrastreifen beschmutzt hätten.

Dieses Gegen-alles-Sein… Das muss einem als Moderator und Zuschauer doch irgendwann mal langweilig werden, sollte man meinen. Mich hat’s nach fünf Minuten angeödet. Zu durchschaubar auch, das Ganze.

Ich habe das Gefühl, den Amerikanern fehlt die Mitte. Die haben nur Sensationsnews, egal ob von CNN, FOX, MSNBC oder eben, unabhängiger, so etwas wie Infowars. Den fehlt etwas Nüchternes, Ruhiges wie die „Tagesschau“ oder das „Heute Journal“.

Freut euch und kämpft dafür, dass wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben! So langweilig der auch manchmal ist.

Volksverpetzer.de

In dem Zuge finde ich übrigens sehr interessant, was Volksverpetzer.de machen. Wehren sich gegen Rechts und gegen Verschwörungsmythiker, treten dabei aber laut auf und bedienen sich der durchaus effektheischerischer Mittel von Boulevard, Social Media und anderen „Lautsprechern“. Sprich: Sie legen den braunen Sumpf mit deren eigenen Waffen trocken. Ja. Vielleicht muss das genau so.

Das könnten die radikalen Demokraten sein, von denen ich oben sprach…

Breitbart schlachtet ein Thema aus.

Breitbart (oben) übrigens hat mich dann noch weniger tangiert. Die haben die (zugegeben höchst amüsante) Geschichte, dass in Georgia eine tote Katze eine Wahlbenachrichtigung bekommen hat, völlig ausgeschlachtet. Ziemlich suspekt allerdings, was sie mir dort als Werbung angezeigt haben (das riecht nach einer Verschwörung, da muss doch eine Verschwörung…):

Werbung auf Breitbart. Wird aber höchsten 250 Deutsche zu Millionären machen. 😉
dto

Seems it never rains in Southern Northrhine-Westfalia…

Als Kind im regnerischen Emsland hatte ich mir immer gewünscht, mal dort zu wohnen, wo es nie regnet. Das ist gerade in Bonn der Fall. Und so toll ist das bei genauerer Betrachtung auch wieder nicht. In diesem Jahr kann ich mich an drei verregnete Tage erinnern. Am letzten, in dieser Woche, hat es den ganzen Tag ein wenig genieselt, mehr aber auch nicht. Hin und wieder kommt mal ein kleiner Schauer runter, das war’s dann aber auch. Gewitter ziehen meist vorbei, Regenwolken in letzter Zeit irgendwie auch. Symptomatisch ein Bild von heute. Der Himmel in ein paar Kilometern Entfernung ist schwarz, das sogar für längere Zeit, aber es kommt kein Tropfen runter:

Da kütt nix.

Das ist schon bemerkenswert. Und irgendwie auch seltsam, denn so krass war das für mein Empfinden früher™ nicht. Der Boden ist staubtrocken, alles, was in diesem Jahr an Pollen hochgewirbelt worden ist, fliegt immer noch herum. Seit drei Jahren hat es kaum geregnet, und ich habe das Gefühl, dass das den Böden mal so gar nicht gut tut.

Kaum zu glauben, ich würde mir wünschen, dass es echt mal wieder ein paar Wochen durchregnet.

Natürlich erst nach meinem Urlaub!

Jedes Mal, wenn ich den Slogan lese, bin ich geneigt zu sagen: Come back when you’ve found it!

Das Ding (Asus ExpertBook B9, gerade im Test) macht aber auf jeden Fall einen sehr guten ersten Eindruck.

Der Rewe City hat das tatsächlich nur auf Englisch aufgehangen ?

Bilder:

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.45: Wo ist die App dafür?

Kaum zu glauben, eigentlich, aber um wenige Dinge habe ich mich zuletzt so sehr herumgedrückt wie meine Artikelserie über die Apple Watch. Monate habe ich das aufgeschoben. Schon der Gedanke daran sorgte dafür, dass sich in mir alles zusammenzog. Ich prokrastinierte, ärgerte mich, machte mir einen Heidenstress, war unausgeglichen, malte schwarz (siehe letzte Blogeinträge). Nun war der Zeitpunkt gekommen, da es sich nicht weiter aufschieben ließ…

Und jetzt im Nachhinein betrachtet, war es zwar ganz schön viel Arbeit, die Arbeit selbst dann so schlimm aber auch nicht. Der Hauptbeitrag ist jetzt geschrieben und er dürfte ganz gut geworden sein. Aber dieses Ding und ich, wir passen mal so gar nicht zusammen. Ich halte es für so überflüssig wie einen Kropf, und ich bin froh, wenn ich es wieder aus dem Haus habe. Alter…

Worauf ich aber eigentlich hinaus will: Nach der Arbeit fiel eine tonnenschwere Last von mir ab, ich spazierte durch die Straßen meiner Hood und muss gestrahlt haben wie ein Honigkuchenpferd. Selbst meine Steuer, die heute noch anstand, habe ich nebenbei größtenteils schon miterledigt, weil die mir nicht so schlimm vorkam.

Sollten derartige Errungenschaften nicht eigentlich belohnt werden? Warum gibt es noch keine App, die unliebsame Aufgaben gamifiziert? Morgens aufstehen: 5 Punkte. Waschen: 5 Punkte. Den Boden wischen: 10 Punkte. Steuervoranmeldung machen: 50 Punkte. Apple Watch testen: 100 Punkte…

Sammle Punkte, battle dich mit deinen Freunden, earne Badges, und wenn du 1.000 Punkte gesammelt hast, erlässt der Staat dir 1% deiner Steuern oder so.

Klar, die Herausforderung wird sein, glaubhafte Nachweise zu liefern. Kann ja jeder erzählen, dass er sich wirklich die Zähne geputzt hat. Erst ein olfaktorischer Test brächte den Beweis. Ob man eine Steuererklärung wirklich gemacht hat, ließe sich hingegen nachweisen, ein geschriebener Testbericht mit so und so vielen Wörtern eigentlich auch. Alles andere… muss noch geklärt werden. Wäre sonst eine ziemlich coole App, finde ich.

Viel mehr habe ich heute gar nicht. Das Chaos ist in der Welt, aber heute in der Post-Apple-Watch-Zeit ist mir das (erschreckend) egal. Nicht dass man am Ende vom eigenen Gefühl auf die Welt schließt. Werde das mal beobachten.

I’m addicted to this song!

Und noch ein Bild: