Und Basel ist mal richtig schön, vor allem das Großmünster in der Abendsonne, aber nicht nur:
Nur schade, dass morgen Montag ist und irgendwie alles zu hat. Mal sehen ob ich wenigstens ein paar Cafés zum Chillen und mich Sortieren finde. Sonst könnte ich eigentlich auch schon weiterfahren…
Nach 6 Tagen Zelten eine AirBnB-Wohnung kommt mir so seltsam vor… Es hat schon Sinn. Die Wäsche braucht mal eine richtige Maschine und… Na ja, und eigentlich ist es das auch schon. Für nichts Anderes bin ich im Grunde hier, auch weil Basel selbst keinen eigenen Campingplatz hat. Jetzt wo ich hier im Bett liege und das schreibe, denke ich mir: die Luma war fei schon auch bequem und draußen ist es schöner…
Zumindest solange Sommer ist und es nicht regnet. Das hat es gestern Nacht, das Zelt hielt dicht, und die Morgensonne hat dann die letzten Tropfen schon wieder verdampft. Würde es länger regnen, auch noch beim Abbauen, das wäre ätzend, weil die Sachen dann nicht trocknen können.
Ich vermisse das Campen, jetzt schon. Es ist weniger die Routine als dieses herrliche Improvisieren und die Smalltalks mit anderen Radreisenden… Ja, ausgerechnet ich, der Smalltalks nicht mag, eher kontaktscheu und introvertiert ist. Es ist verrückt…
Aber vielleicht auch nicht. Selbst wenn man mit den anderen Campern nichts zu tun hat (so wie gestern in Rust der Fall), so fühlt man sich doch irgendwie als Teil einer Gemeinschaft. In der AirBnB-Wohnung heute hat mich die Gastgeberin kurz freundlich begrüßt, mir alles gezeigt. Ihr Mann kam dazu und hat mir ein „Grüezi“ spendiert. Und dann waren beide auch schon wieder weg. Und ich habe mich zum ersten Mal auf der Reise ein wenig einsam gefühlt…
Aber auch nicht für lang, gottseidank, denn es galt ja auch noch Basel zu erkunden. Wie oben schon gesagt: sehr schöne Stadt. Was mir vielleicht am besten gefällt: die Innenstadt ist autofrei (was mir erst nach ein paar Stunden wirklich bewusst geworden ist). Ständig brettern Trams durch die Gegend, die meisten sind auf ihrem Velo unterwegs oder zu Fuß. Und das ist verdammt angenehm. Ich habe noch nie so entspannt eine Stadt erkundet und dabei, nun ja, so wenig geschwitzt. Es ist komplett stressfrei, ruhig, fast schon unwirklich. Für mich ist das die Weiterentwicklung der Fußgängerzone. Gerne auch überall anders einführen!
Die Fahrt heute war schon eine Tour de Force. Ich hab mich anfangs verfahren, dabei aber wenigstens schöne Orte gesehen. War es wert. Aber am Ende war ich auch froh als es vorbei war. Ein Tag Pause ist jetzt mal nicht schlecht.
Km 480, immer noch Rust im Hintergrund:
Km 490:
Km 500:
Km 510, dahinten! Der Kaiserstuhl!
Km 520, Breisach, ein unterschätzter Ort:
Km 530, der Rhein wird hier zunehmend laguniger:
Km 540, der Schwarzwald!
Km 550, der Rhein ist hier nur noch ein Flüsschen:
Wie bin ich jetzt bloß hier gelandet? Okay, der Reihe nach.
Ich kann machen, was ich will, ich komme jeden Tag um Punkt 9:48 Uhr los. Heute war ich in Rekordzeit mit dem Packen fertig, habe sogar die beiden Österreicher neben mir überholt (die übrigens den ganzen Rhein abfahren, diese Schlawiner). Ich wollte aber noch eine Unterkunft in Basel buchen (es wird eine kurze Auszeit vom Camping geben).
Um 0930 bin ich an der Rezeption zum Auschecken, und die ziemlich resolute Lady bittet um den Duschtürschlüssel. „Den Duschschlüssel, jaja, klar, den habe ich gleich… Moment mal eben.“
So an Seich! Die Duschen gönnt man doch eh seinen ärgsten Feind nicht. Warum Schlüssel dafür? Nachdem ich in der jetzt schon heißen Sonne mein halbes Zeug auseinandernehme und durchsuche, tauchen sie schließlich in meiner Kulturtasche wieder auf. Klar, wo sonst.
Ich fahre fast in einem bis Strasbourg durch. Ja, es gibt schöne Dörfer unterwegs, aber die meiste Zeit geht es an der Hauptstraße lang. Und ab Strasbourg warten 30km Schnellstraße. Klingt nicht unbedingt reizvoll.
Strasbourg selbst ist toll. Nicht nur die Innenstadt, die aber natürlich auch.
Auch diese moderne Vorstadt, die mich an die Speicherstadt in Hamburg erinnert.
Ich esse einen wirklich sehr leckeren Flammkuchen (der Teig ist irgendie porös-knusprig. Wie auch immer die das auf so wenigen Millimetern hinkriegen.
Nach dem Flammkuchen würde ich gerne weiterfahren. Aber ich weiß gar nicht wohin eigentlich. Ich hatte mich immer an den Schildern für die Veloroute 15 orientiert, aber plötzlich kommen keine mehr. Google Maps und Komoot helfen nicht wirklich weiter. Ich irre eine ganze Zeit durch die Stadt. Bis ich irgendwann feststelle: Das ist die Route schon, ⁰mehr oder weniger, sie ist nur einfach nicht mehr so hübsch.
In der Aussicht auf 30km Schnellstraße wechsle ich doch noch einmal die Rheinseite. Hello again Deutschland.
Die Seite gefällt mir besser. Ich schaue auf die Uhr und den Tacho. Es ist schon fast 1700 Uhr und ich bin bei 100km. Irgwndwie fehlen in meiner Rechnung 20km und 1-2 Stunden. Was haben die Aliens mit mir gemacht? Warum haben sie mich nicht näher an Basel heran gebracht?
Langsam schwinden mir die Kräfte. Es weht warmer, aber starker Gegenwind. Der hintere Reifen wirkt nach all den Strapazen etwas platt. Ich selbst auch. Zeit, es für heute zu beenden. Ich hatte eigentlich einen anderen Platz im Sinn, aber als ich das Hinweisschild „Rust“ sehe und mich erinnere, dass sie da am Europapark einen Campingplatz haben, gefällt mir die Idee plötzlich, mich da einzuquartieren. Ich rufe vorher an, ob das ohne Park-Ticket geht, und der Dude sagt: „Na ja, eigentlich nicht. Aber jetzt kommet se scho noa!“
Guter Mann!
Und so lande ich hier in der Westernstadt, gönne mit ein Teller Bohnen und ein paar Bier im Saloon und genieße den Abend am, nun ja, Teich.
Morgen sollte ich dann wirklich in Basel aufschlagen. Ich hab mir ein AirBnB gegönnt. Glaube, der Pöppes könnte ganz gut mal eine Pause vertragen, meine Klamotten lechzen nach einer echten Waschmaschine, Campingplätze gibt es in Basel selbst gar keine, und zum Stadterkunden ist das so einfacher. Spricht alles dafür!
Km 370, Fischen scheint am Rhein ein dickes Ding zu sein, und irgendwie sieht man auf französischer Seite nur deutsche KFZ-Kennzeichen. ?
Km 380, im Hintergrund der schöne Schwarzwald:
Km 390:
Km 400:
Km 410 geht doch!
Km 420, Strasbourg!
Und es geht noch hübscher:
Km 430, Strasbourg-Outskirts:
Km 440, zurück auf die deutsche Seite über die gefühlt höchste Brücke aller Zeiten:
Km 450:
Km 460:
Km 470, da kommen die ersten Berge:
Am Ziel für heute:
Strecke heute: ca. 115 km, Gefühl: ausgezeichnet. Noch 95km bis nach Basel. Kein dünnes Brett, aber bohrbar.
Der Tag verläuft unspektakulär, aber ich komme weiter, als ich dachte. Mein netter gestriger Nebenzelter legt mir die linksrheinische Route durch Frankreich nahe und die trete ich denn auch an. Dass ich heute schon dort landen würde, hatte ich gar nicht gedacht. Aber ich komme sehr gut vorwärts. Ich habe es mir mal „gemütlich“ gemacht, so gut das auf einem E-Bike überhaupt geht, und meist Stufe 2 von 4 genommen. Muss auch mal erlaubt sein. Zumal der Großteil der Strecke heute überraschend fad war.
Vor der Fahrt schaue ich den anderen beiden Bikepackern, die in die Gegenrichrung unterwegs sind, erstaunt zu, wie sie nach 45 Minuten abmarschbereit sind (ich brauche doppelt so lange). Und dann äußert die holländischische Nebenzelterin ihr großes Gefallen zunächst an meinem Zelt, dann meinem E-Bike, dann meiner Solarzelle.
Nun ja, was man heute halt so dabei hat als Bikepacker. Der vierte Nebenzelter kommt auch noch dazu, begibt sich auf Nabenhöhe und schaut sich 1 Minute lang die Hinterradnabe meines E-Bikes an. Nun ja, nen E-Bike halt.
Aber bisher eigentlich fast alles nette Leute, die man unterwegs so trifft.
Was mich am meisten wundert: Ich esse kaum was während der Fahrt, habe auch kaum Hunger, komme meist mit einer Mahlzeit hin. Mein Pöppes tut immer weniger weh. Ziel wahrscheinlich erreicht: einen Tag aufs Ganze gehen, dann wird es danach immer weniger schlimm. Heute kommt sogar erstmals ein Gefühl von Langeweile auf. Macht mir aber nichts, ich genieße das sogar.
Km 270:
Km 280: Speyer, I like!
Km 290, seufz…
Km 300, jetzt wenigstens mal mit Storch!
Km 310, tja…
Km 320. Immerhin mal ne Autobahn zwischendurch:
Km 330:
Km 340, nahe der Grenze:
Km 350: (Das kann doch nicht wahr sein, dass es in Frankreich ganz genauso aussieht…)
Km 360:
Am Ziel für heute:
Leider nicht mein Bulli. Auf der anderen Seite ist Deutschland:
Und sonst noch:
Und sie hatten beide etwas an, der Mann und das Weib, und sie schämten sich nicht.
Beim Aufwachen merke ich: Heute geht was! Dass sich die Reissverschlus-Enden vom neuen Schlafsack sich nicht mehr zusammenbringen lassen und er kaum noch zurück in die Hülle passt, das Zelt gefaltet diesmal irgendwie doppelt so groß ist, nichts mehr so wie es soll in die Radtaschen passt. Egal. Heute soll mich nichts aufhalten.
Km 140, der Rhein ist weg:
Km 150, nee, ist nicht das gleiche Foto. Entdeckt die auffälligen Unterschiede rechts und links:
Km 160, langsam vermisse ihn den Rhein ein bisschen:
Km 170, irgendwo im Mainzer Industriegebiet:
Km 180: Schon hübsche Gegend sonst:
Km 190, dafür jetzt Weinberge:
Km 200, da isser endlich wieder:
Wartet, da muss ich kurz runter:
Km 210:
Gönn dir!
Gegönnt:
Km 220:
Km 230, Worms scheint echt hübsch zu sein, aber ich will heute wirklich lieber ein bisschen Strecke gutmachen. Es läuft.
Km 240: Ab jetzt kommt Industrie:
Unser aller BASF:
Km 250, Zeit, die Rheinseite zu wechseln:
Km 260, am Ziel für heute ein Stück hinter der Mannheimer City am Stadtbad. Das ist mal ne Lage:
Zurückgelegte Strecke: ca. 120 km, Akku am Schluss: 27% Urlaubsstimmung: 100%. Fitness: wird so langsam. 🙂
Schon als ich gestern ins Zelt gehe, denke ich mir: Oha, das ist aber jetzt gut dzrchgelüftet, um nicht zu sagen: kalt hier drinnen. Aber im Schlafsack wird mir gleich bestimmt warm werden, oder, oder?
Leider nein. Nach einer halben Stunde ist klar: Das geht so nicht. Es sind 14 Grad, okay, ganz schön kalt für nen Jahrhundertsommer. Aber da ist der Schlafsack einfach nicht warm genug für.
Ich ziehe mir Socken, meine einzige lange Hose und mein Funktions-Oberteil an. Damit ist es gerade so auszuhalten. Und jetzt? Da werden noch andere kalte Nächte kommen, gerade in den Bergen.
Ich liege lange wach, teils wegen des Lärms (praktisch laufend fahren am Deutschen Ecke Güterzüge und Schiffe durch, die ganze Nacht. Im Hintergrund singt ein Opernsänger. Klar). Teils male ich mir aus, was ich jetzt mache. In 1 Stunde mit dem Zug wäre ich zuhause und könnte mir den anderen Schlafsack holen, das vergessene Ladegerät für das Handy und das größere Handtuch gleich mit. 3-4h und ich wäre wieder da. Aber ist der andere Schlafsack überhaupt so viel wärmer?
„Na, gute erste Nacht gehabt“, fragt mich mein Nebenzelter auf der Ligewiese am Morgen. Jaja, allenfalls bisschen frisch geworden, so später. „Ich geb dir einen Tipp“, fügt er an. „Zieh dir Socken an! Dann wird dir nicht so schnell kalt.“ Ah, danke. „Und hol dir so’n Stuhl (zeigt auf seinen), dann musst du nicht immer auf dem Boden rumhocken. „Du meinst so einen?“, entgegne ich und deute auf den gleichen Stuhl selben Fabrikats. Er hat mich offenbar nicht gesehen, wie ich gestern, genau wie er, vor dem Zelt saß. Anderthalb Stunden lang.
Um Punkt 1000 Uhr heute Morgen stehe ich in der „Biwakschachtel“ in Koblenz-Zentrum auf der Matte. „Was habt ihr noch so für Schlafsäcke? Nein, muss gar nicht superwarm sein, nur so 5 Grad rum“.
Warten, Beraten, Aussuchen, zufällig hat der Laden gegenüber Frühstück. Und wo entsorge ich eigentlich den alten Schlafsack, wo ist die Caritas, wenn man sie mal braucht? Ich toure durch halb Koblenz auf der Suche nach einem Altkleidercontainer und komme schon wieder sehr spät los.
Aber was für eine Strecke! Wenn von Rheinromantik die Rede ist, dann kann nur der Teil Koblenz-Bingen gemeint sein. Burg nach Burg nach Schloss nach Schloss, und dazwischen die Loreley und Oberwesel.
Ich bin immer noch nicht so richtig fit. Die Sonne brennt den ganzen Tag, mit brummt der Kopf. Den anderen Schlafsack entsorge ich mangels eines Altkleidercontainers unterwegs in einem passenden Mülleimer (sorry, Welt! 🙁 ). Ich schaffe 75km und schiffe mich auf dem Bingener Zeltplatz mit angeschlossenem Biergarten ein. Was für ein schönes Fleckchen Erde!
Km 70-140. Ich hab die genauen Punkte vergessen, es waren zu viele historische Gebäude, aber die Reihenfolge stimmt.
Ich wache völlig energielos auf. Oha, und jetzt auf Tour? Eigentlich alles ist gepackt, aber es ist verdammt viel, verdammt schwer, wo lade ich bloß mein E-Bike auf unterwegs und wie soll das eigentlich alles…
Wo ist die Euphorie vom Vortag hin? Ich schwanke den ganzen Morgen zwischen „gleich alles fertig“ und „ich komme hier nie mehr weg“. Was noch unbedingt mitnehmen, was dalassen, was improvisieren?
Irgendwann resigniere ich und gehe unten beim Caféroller einen Milchkaffee trinken, mich sortieren. Jetzt bin ich wach, jetzt kann es gleich losgehen.
Wieder zuhause wird das Aussortieren konkreter. Reicht das kleine Handtuch, muss ein schickes T-Shirt, die Hängematte, ein zweites Paar Schuhe?
Erstmal zum Tuscolo mittagessen. Vielleicht sorgt das ja für Urlaubsfeeling.
Zurück um 1230 fällt mir ein, dass ich nebenbei ein paar Folgen The Handmaid’s Tale für unterwegs herunterladen sollte. Staffel 3 ist leider nur noch bei MagentaTV zu haben. Die App hat eine 2,8 im Schnitt. Was soll schon passieren…
Die Hängematte bleibt da 🙁 Socken und Waschmittel verstaue ich im zweiten Paar Schuhe. Die MagentaTV-App schickt mich zur Anmeldung auf die Telekom-Startseite, wo ich angeblich schon ein Konto hätte. Die Passwortwiederherstellung will den Beruf meines Großvaters wissen.
Ich habe alles zusammen, sogar für die Solarzelle ist noch Platz, zwei volle Taschen trage ich schonmal runter. Ich merke, ich muss noch was für den Nacken tun, sonst hole ich mir bei dem Fahrtwind den Tod. Nichts hat einen wirklichen Kragen, ein Schal ist zu groß. Ich entscheide mich für Kinesio-Tape. Der nächste dm ist bestimmt einen Kilometer entfernt. Und wie da jetzt schnell hinkommen? Das E-Bike hat schon beladene Taschen.
Nach geschaffter Anmeldung darf ich in der MagentaTV-App erneut nach The Handmaid’s Tale suchen, jetzt ist neben jeder Folge sogar ein Download-Button zu sehen. Klicke ich darauf, beginnt die Folge zu laden. Dann die Aufforderung, eine Jugendschutz-Pin einzugeben. Öhö. 0000, wie immer? Nö, leider nicht. Hätte ich noch gar nicht festgelegt. Aber ganz einfach: Kannst du unter Jugendschutz-Pin anlegen. Aha, und wo?
Die Suche am Rechner, den ich eigentlich längst runtergefahren hatte, gibt mir Zeit, nach Kinesio-Tape zu googeln. Soll es auch beim Penny geben. Also los! Finde ich dort tatsächlich. Jetzt wird alles gut!
Mittlerweile ist es 1400 Uhr. Ich finde in den Einstellungen die Möglichkeit, eine Jugendschutz-Pin festzulegen. Möglichkeit 1: Klarna, gib deine Online-Banking-Logindaten ein. (Am Arsch!). Möglichkeit 2: Video-Ident-Verfahren. Na gut, was soll’s. Auf dem Handy passiert: nichts. Und nochmal: nichts. Ich krame den Rechner wieder raus, gebe alles, inklusive Geburtsdatum wieder ein. „Deine Internetverbindung ist zu langsam.“
What the shit? Aber tatsächlich. Auch andere Seiten laden langsam. Es hilft nichts, ich starte den Router neu, warte, packe nebenbei weiter, gehe runter zum Bike und bringe schonmal die Lenkertasche an, starte Ident noch einmal, gebe alles neu ein, ärgere mich schwarz. Da endlich, eine norddeutsche Stimme meldet sich: „Ist da Jürgen?“
Ich hatte eigentlich vor, ihn anzuraunzen, ihm betont sachlich meinen ganzen Frust über die blöde Magenta-App mit auf den Weg zu geben (mit dem Hinweis dass er persönlich nichts dafür kann). Aber keine Chance. Der Mann ist mir auf Anhieb sympathisch. „Ah, Bonn, da war ich neulich auch noch?“ – „Bei der Telekom?“ – „Nein, vor dem Arbeitsgericht, um die Telekom zu verklagen.“ <3
Er schaltet mich frei. Na endlich. Mittlerweile ist es 1430 Uhr. Ich kann eine Pin festlegen. 0000, 1111 oder 1234 gehen nicht. Wie immer, wenn Sicherheit vor Usability geht (Deutschland). Ich gehe wieder in die App, suche wieder nach The Handmaid’s Tale. „Du hast keine Pin vergeben“.
!@#$%^&!!!
Egal, los jetzt. Drei Folgen hat die App rubtergeladen, vielleicht kennt sie die Pin später. Ich bringe die schwere, orange Tasche runter. Vielleicht hätte ich vorher mal ausprobieren sollen, ob sie auch passt und hält. Aber, ja, sie tut es. Sie wird nur später ein wenig verrutschen.
Das Gepäck wiegt gut und gerne 15, das E-Bike an die 20 Kilo. Es ist ein halbes Motorrad, das ich da die Außentreppe hochwuchte. Vielleicht hätte ich vorher… Egal jetzt. Ich schiebe das ganze Paket Stufe für Stufe hoch und übe schonmal für eventuelle Bahnfahrten. Ein letztes Foto noch, dann los. Es ist 1450 Uhr.
Vor dem Römerkran kommt ein LKW den viel zu kleinen Weg hinauf. Ihm folgen drei (!) weitere Sprinter. „Was ist das denn jetzt?“, murmel ich vor mich hin. Was ist da los, was ist das für eine mysteriöse Kraft, die mich unbedingt in Bonn behalten will? Ein Typ, der nebenan mit einer Flasche Bier auf der Bank sitzt, klärt mich auf: „Der Biergarten da unten kann nur so beliefert werden. Dat Schänzchen, kennsse?“
Kenne ich. Und jetzt endlich geht es los. Ich bin am Rhein und die Tour beginnt. Und wenn et eeinmol lööf, dann lööf et. Nach fünf Minuten am Rhein bin ich die Ruhe selbst. Und alle Sorgen (welche Sorgen?) sind vergessen.
65 km später in Koblenz bin ich am Deutschen Eck. Es ist mittlerweile 1830. Ich muss ja noch Zelt und Co. aufbauen und die Muskeln meinen auch: Für den Anfang reicht das.
„1 Mann, 1 Nacht, 1 Zelt“, sagt die Dame am Empfang wissend, ohne dass ich etwas gesagt hätte. Ich nicke nur. „Sollen wir auch Ihren E-Bike-Akku hier aufladen?“ Sie tippt was an ihrem Computer rum, brummt und schüttelt den Kopf. „Ein ganzes Netz von Campingplätzen, aber nur 4 Server, mitten in der Hauptsaison. In Deutschland kriegen sie das mit der IT einfach nicht hin.“
Ich nicke, heftig.
Die Solarzelle lädt das Handy in der Abendsonne gar noch einmal voll. Ich baue nebenbei mein Nachtlager auf und mache mich anschließend in den Waschraum zum Duschen und Klamottenwaschen. Das wird die nächsten Wochen mein Alltag sein.
Egal, das Wetter ist gut, der Typ neben mir könnte auch ich sein: Alleinreisend, E-Bike, 1-Mann-Zelt, Klamotten zum Trocknen aufgehängt. Die Leute hier grüßen freundlich, hinter ein paar Wohnwagen sieht man das Deutsche Eck. Es ist das reinste Spießertum und ich muss gestehen: Ich mag das hier.
Ab morgen erstmal Urlaub. Ich weiß noch gar nicht genau, wann es eigentlich wann wohin geht. Erstmal anrollen lassen. Gerade auch, weil ich mir gerade den Nacken verzogen habe und es mit Reisen, vor allem auf dem Rad, im Moment eh was schwierig ist. Aber Urlaub kann und muss trotzdem. Ob ich hier was zum Besten gebe in der Zeit, weiß ich noch nicht. Hab im Urlaub selten Lust, irgendwas zu müssen, .50 ist auch schon ein ordentliches Zwischenziel, das man eine Weile so stehen lassen kann, und überhaupt. Auf der anderen Seite bin ich eigentlich viel zu geschwätzig, um hier drei Wochen lang gar nichts zu posten, zumal man ja im Urlaub meist Dinge erlebt. Wir werden sehen…
Meine Ausrüstung, um von hier bis zum Kilimandscharo zu fahren, ist jetzt jedenfalls fast komplett. Braucht es nur noch einen, der fit und motiviert ist, die Reise anzutreten. Wo kriegen wir den her?
Kinder, was freue ich mich über diese Regenjacke! Sparkt schon jetzt am meisten Joy von allen Dingen, die ich mir in diesem Jahr gekauft habe, alles Elektronische inklusive. Sitzt, atmet und hält dicht. Und ist dabei ziemlich orange.
Den ersten Nieselschauer hat sie dann auch erfolgreich bestanden. Jetzt kann nichts mehr schief gehen. 🙂
Im Urlaub wird meine Solar Challenge vorübergehend pausieren müssen. Jepp, ich habe mein Smartphone in diesem Jahr tatsächlich noch keinen Tag an einer Steckdose aufgeladen, und das ist jetzt auch schon immerhin ein halbes Jahr. Darauf bin ich fast ein bisschen Darüber freue ich mich wirklich sehr.
Aber unterwegs solar: Es geht einfach nicht. Es gibt kein Solarladegerät, das mein Smartphone oder gar die Powerbank unterwegs regelmäßig schnell und zuverlässig auflädt. Die Technik ist noch nicht so weit. Ich überlege mir jetzt, die versäumte Zeit hinten dran zu hängen. Aber das Jahr vollzumachen, wäre schon schöner.
Eigentlich wollte ich auch noch was dazu schreiben. Aber wisst ihr was? Mir egal, wie er das nun wirklich genannt hat, es ist rassistische Kackscheiße, bei Tatverdächtigen die Herkunft der Eltern zu recherchieren, ganz einfach. Ein Gesetz, das das verlangt, ist falsch.
Ist das jetzt Werbung, Kunst, Systemstörung oder wieder so eine Guerilla-Aktion? Bei diesen Ströer-Tafeln weiß man nie…
Erstmal Gulusch gegoogelt. Irgendwas mit Poker.
(Nö, wenn ihr so undeutlich schreibt, verstehe ich das absichtlich falsch.)
Jetzt fängt er hier schon an, Schopenhauer zu zitieren, ohne ihn jemals gelesen zu haben…
Schönes Zitat auf jeden Fall von Schopi (neulich im Radio gehört), in dem er den Nationalstolz als platteste Art des Stolzes bezeichnet:
Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen.
Oder auch: wow! Wer es schafft, in eine scharfe Kritik auch noch ein Kompliment einzubauen, hat eigentlich schon halb gewonnen. Das Problem ist in meinen Augen nur weit vielschichtiger. Und zwar, dass einige leider gar nicht so dumme Köpfe Nationalstolz als Machtmittel erkannt haben und sehr erfolgreich auf Bauernfängerei bei eben den (vielfach wirklich) armen Schweinen gehen, die in der Tat oft nichts Anderes mehr haben als das. Und die lassen das dann an den noch ärmeren Schweinen raus. Das macht mich schon irgendwie traurig.
Ich frage mich gerade ohnehin: Ist Stolz nicht sowieso gegenüber der Freude das schwächere Gefühl? Bedarf es dann überhaupt Stolz für irgend etwas? Ich kann stolz darauf sein, wenn ich mir ein eigenes Haus gebaut habe. Aber wäre es ein nicht viel schöneres Gefühl, sich über die Errungenschaft zu freuen? Jedes Mal wieder. In meinen Augen ja.
Mit „Deutsch“ im Titel meine ich allerdings eigentlich die deutsche Rechtschreibung. Mit einem Kollegen zusammen arbeiten wir sie gerade noch einmal auf. Und, heftigster Dude, ich sage euch: Wäre das ein Videospiel, dann wären die drei mächtigsten Bosse, in der Reihenfolge:
Kommasetzung
Zusammen- und Getrenntschreibung
Groß- und Kleinschreibung (Endgegner)
Ich arbeite seit 20 Jahren irgendwie journalistisch, aber ich würde wahrscheinlich in einem Diktat für die 10. Klasse bestenfalls mit einem Ausreichend bestehen.
Was ich daran interessant finde: Nicht nur ich, womöglich auch der Duden. Denn der hat nach eigener Aussage selbst teilweise davor kapituliert. Ich zitiere aus seinem Regelwerk zu Getrennt- und Zusammenschreibung:
Allerdings ist die Unterscheidung von Wortgruppen und Zusammensetzungen nicht immer eindeutig möglich.
Wegen der Komplexität der Getrennt- und Zusammenschreibung kann es allerdings Grenzfälle geben, die mit diesen Regeln nicht eindeutig zu klären sind. Wenn auch das Wörterverzeichnis nicht weiterhilft, stehen den Schreibenden gewisse Freiräume für eigene Entscheidungen offen.
Soso, „gewisse Freiräume für eigene Entscheidungen“. Sehr nett.
In Regel D51 geht es um Wörter wie „abhandenkommen“ und „übereinstimmen“, die man zusammenschreibt, „wenn der erste Bestandteil als frei vorkommendes Wort ungebräuchlich ist“.
„Ungebräuchlich“ ist aber auch schon wieder eine schwammige Aussage und dürfte im Auge des Betrachters liegen. Mir kommt oft etwas abhanden, ich finde das ziemlich gebräuchlich.
Laut Regel D54 schreibt man Zusammensetzungen, deren erster Teil ein Substantiv ist, normalerweise getrennt, also:
Auto fahren
Rad fahren
Aaaber nicht, wenn das „Substantiv als verblasst gilt“, was auch schon wieder im Auge des Betrachters liegt. Laut Duden sind das Wörter wie:
eislaufen
nottun
„Rad fahren“ also auseinander, „eislaufen“ zusammen? Ja, völlig logisch.
Oder frei nach Schopenhauer: Der arme Tropf, der nichts hat, hat wenigstens seine Rechtschreibung, an der er sich hochziehen und mit der er andere belehren kann, sonst würde er sehen können, was für ein Unsinn das teilweise ist.
Dummerweise ist genau das Teil meines Jobs…
Bild: ZDF
Weniger bissig als erwartet, aber trotzdem eine jecke Idee der „Anstalt“, eine Folge von „Ich bin Rassist, holt mich hier raus“ zu drehen. Spielt im „Dschungel“ mit zwei schwarzen Moderatoren und vier weißen Deutschen, die von sich behaupten, keine Alltagsrassisten zu sein und die ganze Aufregung um vermeintlichen Rassismus in Deutschland nicht verstehen, bis sie den Spiegel vorgehalten bekommen. Ich fand die Charaktere etwas unecht, aber bei der ersten Challenge, vor allem dem Date, hab ich mich weggeschmissen.
Banksy vandalisiert die Londoner U-Bahn. Aber Banksy darf das:
https://www.instagram.com/p/CCn800cFIbe/
That’s what I call a ride!
Schade, ich mochte den Laden. Aber ernsthaft. Ihr macht (laut Deko) den Megamonstersale, und alles, was ihr bietet, sind 10 Prozent?!
Eine sehr ungewöhnliche Beobachtung gestern Nacht. Ich wache auf und bin komplett ruhig. Liege da und bin im Einklang mit, nunja, dem Kosmos. Nichts, das sagt, mach dies, mach das, leg dich wieder schlafen, du hast morgen einen harten Arbeitstag vor dir, in fünf Tagen fährst du in Urlaub, das Bad könnte auch mal wieder geputzt werden.
Ich glaube, das ist das, was Leute, die meditieren, als die höchste Stufe ansehen. Du bist komplett ruhig und keine Sorgen plagen dich mehr. Was nicht heißt, dass sie nicht da wären, aber sie sagen nichts mehr. Keine inneren Stimmen, die sich melden.
Falls ihr gerade sagt: Wie, what’s the big deal, ist bei mir immer so. Dann stelle ich euch mal das Gegenteil vor. Sorgen, die sich im Laufe des Tages melden: „Wie lange bleibt Corona noch, geht die Wirtschaft kaputt, wovon lebst du dann, was ist, wenn du dir selbst das Virus holst?“ Irgendwelche Selbstzweifel oder Herausforderungen, die überwunden werden wollen: „Ist das ein guter Text oder könnte der mir um die Ohren fliegen, warum bist du nicht mehr so und so, dann wärst du viel mehr ach und ach.“
Als Jugendlicher lag ich abends meist noch Stunden wach, weil mir die Ereignisse des Tages im Kopf herumgespukt waren und mir irgendwas Sorgen gemacht hatte.
Das habe ich heute nicht mehr so stark, aber irgendwelche inneren Stimmen melden sich für gewöhnlich doch noch täglich. Oder, technisch ausgedrückt: irgendwelche Prozesse laufen da unbewusst im Hintergrund, und selbst wenn du sie entdeckst, weißt du gar nicht, was sie bedeuten und wie du sie abschalten kannst.
Gestern Abend war das alles auf null runtergefahren. Da war nichts, keine Stimmen, keine Prozesse, nur tiefer Frieden. Keine Ahnung, wo der plötzlich herkam, aber es hat sich gut angefühlt. 🙂
Ich muss ja gestehen, das Einkaufen der Ausrüstung für den Urlaub war schon irgendwie der halbe Urlaub. Zum einen war’s auch so teuer wie ein halber Urlaub. 🙂 Zum anderen hat’s irgendwo sehr viel Spaß gemacht, sich nach passender Ausrüstung umzuschauen, zu informieren, zu vergleichen und dann am Ende geilen Scheiß zu bekommen, der lange bleiben könnte. So freue ich mich zum Beispiel sehr (ja, freue) auf meine neue Regenjacke, die nicht einfach nur eine Regenjacke, sondern eine ultraleichte, sehr atmungsaktive und dennoch wind- und regendichte Trailrunner-Jacke mit kleinem Packmaß sein wird.
Oder die (im dritten Anlauf endlich) passende Handyhalterung fürs Fahrrad, die ich schnell abnehmen und schnell wieder aufmontieren kann, die die Kamera nicht verdeckt, aber das Handy schnell für Fotos freigibt. Oder die regenfeste Fronttasche, die ganze, minikleine Campingausrüstung. Jetzt gibt’s auch praktisch gar kein Zurück mehr, jetzt wäre es nicht mehr wirtschaftlich, nichts in Urlaub zu fahren… Zum Glück habe ich noch Lust, auch wenn ich nicht mehr zu 1000% auf die Schweiz festgelegt bin.
Mehr habe ich heute gar nicht. Es war halt einfach ruhig. Ich hab nicht mal ein Foto gemacht. Deswegen hier noch ein Nachzügler von Sonntag.
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