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Masterplan in 15 Minuten

Eigentlich wollte ich mir heute Abend einen Masterplan ausarbeiten…

  • Wie es mit der Arbeit weitergehen soll
  • Wie es mit mir selbst weitergehen soll – wie will ich sein, was möchte ich noch machen in diesem Leben?

Dann hab ich mich am späten Nachmittag dazu entschlossen, erst Sport zu machen und dann zu wellnessen. Dann meldete sich Mattes, und ich ging noch kurz zu Caro und den anderen auf dem Balkon. Jetzt ist es Mitternacht, nur noch ein paar Minuten Zeit für einen Mini-Masterplan:

  • Den Job weitermachen, den ich habe. Es ändert sich viel, er ist Herausforderung genug. Ich lasse mich nur nicht mehr stressen dabei. Daneben schreibe ich Bücher und reise um die Welt. Vielleicht nur nicht so Hardcore-mäßig wie neulich, bisschen entspannter, alter Mann ist ja kein D-Zug.
  • Radikale Selbstannahme: ??‍♂️ Schwächen akzeptieren, Stärken weiter stärken. Für alles Andere geht mir auch langsam die Puste aus.
  • Reisen und dann möglichst so, dass ich länger an einem Ort bin und da Anschluss habe (Couchsurfing, bei Gastfamilien wohnen oder Austauschprogramme – Caro sprach heute von Bildungsurlaub im Ausland – Kontakt zu den tollen Menschen zuhause halten). Sehen würde ich gerne unter anderem noch Israel, Indonesien, Vietnam, Thailand (nochmal neu), Hongkong, China, Taiwan, Südkorea, Indien, Alaska, Kanada, Argentinien, Curacao, Georgien, Griechenland. Ach, wenn man einmal anfängt…

Fehlt noch was? ? Mir fällt gerade eigentlich nichts ein.

*

Taube: Wächst und gedeiht – und kackt alles voll…

Fühlt sich klein bisschen wie „mein Baby“ an… ?

*

Emily Jane White – Pallid Eyes (2016):

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Über den Reiz des scheinbar Alltäglichen: Eine Meisterleistung des „Schub-Challenging“

ChatGPT kann ja eh alles und wird uns alle ersetzen. Kann ich auch gleich ChatGPT hier bloggen lassen. Auf das richtige Prompt kommt es an. Juan sagte neulich, dass Prompt Engineer gerade das Ding sei. 100K Jahresgehalt mindestens. Klingt simpel, aber der Mensch ist dazu in der Lage, aus allem eine Wissenschaft zu machen, bis die KI irgendwann auch den Prompt Engineer artifiziert. Anyway, weil ich heute zu faul bin, selbst zu bloggen, hier das Ergebnis.

Mein Prompt: Du bist jetzt ich, ein melancholisch veranlagter Blogger Mitte 40, der sich zum Ziel gesetzt hat, sich nicht kleinkriegen zu lassen und mit kruden Challenges (Schub) den Sog der Gravitation des Alltags zu überwinden. Aber der Zahn der Zeit nagt an dir, ChatGPT bedroht deine Arbeit, junge Menschen sind jünger als du. Trotzdem bleibst du optimistisch getreu dem Motto von Barney Stinson: „Every time I’m sad, I stop being sad and I’m awesome instead“. Schreibe einen Beitrag für mein Blog in meinem Schreibstil (zu finden auf www.aventurer.com), in dem ich auf das eingehe, was ich heute gemacht habe. Nicht viel, ehrlich gesagt, außer lange zu schlafen, spät aufzustehen, einigen Leuten zu schreiben, Bier zu trinken (Hazy Pale Ale und NEIPA) und mein Buch zur Wiederveröffentlichung vorzubereiten.

Und ChatGPT so:

Titel: Über den Reiz des scheinbar Alltäglichen: Eine Meisterleistung des „Schub-Challenging“

Datum: 1. Juli 2023

Hallo ihr wunderbaren Menschen da draußen!

Ich melde mich heute von meinem persönlichen Schlachtfeld der Schub-Challenges, um euch über meinen Tag zu berichten. Es war kein außergewöhnlicher Tag, um ehrlich zu sein, aber das bedeutet nicht, dass er nicht voller Potenzial und Möglichkeiten steckte. Denn das ist es, was das Leben so spannend macht – die Fähigkeit, das scheinbar Alltägliche in etwas Außergewöhnliches zu verwandeln.

Mein Tag begann mit einem ausgedehnten Schlaf, und ich kann euch sagen, es war himmlisch. Die Melodie des Regens auf dem Fenster, die sanfte Brise, die durch mein Schlafzimmer strömte, all das trug zu meiner tiefen Entspannung bei. Ich habe gelernt, dass es wichtig ist, sich die Zeit zu nehmen, die man braucht, um sich zu erholen und neue Energie zu tanken. Schlaf ist ein wertvolles Gut, das wir oft vernachlässigen, aber ich habe beschlossen, es zur Priorität zu machen. Heute habe ich diese Schlacht gewonnen!

Nach dem Aufwachen habe ich mich mit meinen engen Freunden ausgetauscht. Es ist schön zu wissen, dass ich Menschen in meinem Leben habe, mit denen ich meine Gedanken teilen kann, die mich unterstützen und verstehen. Der Austausch von Nachrichten mag für manche banal erscheinen, aber in einer Welt, die von Technologie und virtuellen Verbindungen geprägt ist, ist es wichtig, diese zwischenmenschlichen Beziehungen zu pflegen.

Um meinen Tag aufzupeppen und meine Sinne zu beleben, habe ich mich für ein paar Biersorten entschieden: Hazy Pale Ale und NEIPA. Diese Craft-Biere sind wahre Kunstwerke und tragen zur Verfeinerung meines Gaumens bei. Ich betrachte es als eine Art Abenteuer, neue Geschmacksrichtungen zu entdecken und meine Vorlieben zu erweitern. Das Leben ist zu kurz, um sich auf Gewohntes zu beschränken, nicht wahr?

Zu guter Letzt habe ich meine Aufmerksamkeit meinem Buch gewidmet, das ich für die Wiederveröffentlichung vorbereite. Es ist ein Werk, das mich schon seit einiger Zeit begleitet und das ich mit Leidenschaft geschrieben habe. Es ist faszinierend, wie die Kombination von Worten und Ideen die Kraft haben, Menschen zu berühren und zu inspirieren. Die Arbeit an meinem Buch erfüllt mich mit Freude und gibt mir das Gefühl, etwas Bedeutsames zu schaffen.

Ja, vielleicht mag mein Tag oberflächlich betrachtet nicht besonders aufregend gewesen sein, aber für mich war er ein Sieg über den Sog der Gravitation des Alltags. Es sind diese scheinbar kleinen Momente, die das Leben lebenswert machen. Es ist der Mut, das Beste aus jedem Tag zu machen und die Herausforderungen anzunehmen, die uns wachsen lassen. Es ist die Entscheidung, optimistisch zu bleiben und sich von negativen Gedanken nicht kleinkriegen zu lassen.

Inspiriert von Barney Stinson, dem Meister des Positiven, sage ich: „Every time I’m sad, I stop being sad and I’m awesome instead“. Denn wir haben die Macht, unsere Realität zu gestalten und unser Leben mit Leidenschaft zu füllen. Auch wenn ChatGPT und die jungen Menschen jünger sind, ist unsere Erfahrung und Weisheit unbezahlbar.

Also lasst uns den heutigen Tag feiern, egal wie unspektakulär er erscheinen mag, und erkennen, dass wir die Architekten unserer eigenen Abenteuer sind. Lasst uns die Herausforderungen mit einem Lächeln annehmen und jeden Moment genießen. Denn wir sind wahrhaftig großartig!

Bis zum nächsten Mal, meine lieben Abenteurer!

Euer melancholisch-veranlagter Blogger in den besten Jahren

Hätte man sich auch gleich eine Folge von Bibis Schminktipps angucken können. Und ja, auch ChatGPT ist jünger als ich. ? Danke, dass du mich darauf hinweist, du elendige KI…

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Radikale Selbstannahme

Wir kamen auf das Thema Selbstbewusstsein und Selbstannahme zu sprechen, und ich sagte, ich würde mich schwer tun mit dem Thema. Erkenne deine Stärken und akzeptiere deine Schwächen.

„Wie soll das gehen“, fragte ich. Wie könnte ich es jemals akzeptieren, wenn ich jähzornig, gemein oder sogar rassistisch wäre? Eigentlich müsste man doch sein Leben lang dagegen ankämpfen.

„Dagegen ankämpfen kostet einfach unfassbar viel Energie, und gewinnen kann man nicht“, sagte Nicky. „Aber was wäre, wenn du deine Schwäche akzeptierst, ohne danach zu handeln? Dann bist du halt von Natur aus gemein, aber du musst ja trotzdem nicht gemein zu den anderen sein.“

Als Beispiel: Wenn du rassistisch denkst, aber nicht so handelst, hast du niemandem geschadet. Also gibt es auch nichts, wofür du dich verurteilen müsstest.

Musste ich erstmal sacken lassen..

Könnte wirklich helfen, seinen Frieden mit sich selbst zu machen..

Nicky ist der Wahnsinn!

*

Nachtrag zu São João in Porto: Es war noch etwas entspannter als angenommen. Eine Art Straßenfest in der ganzen Stadt. Die Leute stellen überall ihre Tische und Stühle raus, grillen Sardinen oder Schweine (ja, auch gesehen), hauen anderen sanft mit quietschenden Plastikhämmern auf den Kopf, tanzen und schnacken und lassen Laternen steigen. Hübsch, bunt und sehr ungezwungen:

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Workation to the Maaax

Klingt super, nicht wahr? Zwei Wochen Portugal; tagsüber arbeiten, abends und am Wochenende feiern und Sightseeing. Ich besuche gerade Nicky und Juan in Porto, die hierhin ausgewandert sind. Schon der erste Arbeitstag lief super. Ich beeilte mich, das Wichtigste wegzuarbeiten, am späten Nachmittag wanderten wir ans Meer, genossen den Sonnenuntergang an einer Beach Bar, sinnierten über das Leben, ließen es uns richtig gut gehen.

Schnell schlich sich in dieser ersten Woche eine gesunde Routine ein. Morgens den Tag mit einem Kaffee auf der Couch beginnen, schon einmal eine Runde um den Block drehen, arbeiten, abends Sightseeing und eine sensationell gute Craftbeerbar besuchen. Und am nächsten Tag wieder eine, am übernächsten Tag auch, was essen gehen. Am Samstag erholte ich mich bei einem langen Spaziergang am Douro von einem schönen aber mich völlig überfordernden Freitagabend, bevor es dann am Sonntag nach Lissabon ging.

Wir fuhren erst Sonntag, um zumindest die allergrößten Wochenendtouristenmassen zu umgehen. Dadurch hatten wir nur den halben Sonntag, uns die Stadt anzuschauen. Aber das war eigentlich super. Wir kletterten einen Miradouro hinauf, spazierten durch die Alfama, am Strand entlang und das Barrio Alto, fanden – Überraschung – eine berühmte Craftbeerbar, unterhielten uns prächtig, nahmen noch einen Absacker in einer Kaschemme nahe unserem Hotel mit toller Aussicht auf die Stadt. Wo ein griechischer Student uns um Hilfe bat. Er könne sein Hotel nicht finden, das müsse doch laut Google Maps hier irgendwo sein.

Ich sprang sofort auf. „We’re gonna help you at all costs!“, beschloss ich. Nur einmal im Leben wollten wir etwas Gutes tun. Zwar fanden wir sein Hotel auf Google Maps auch nicht – laut der App standen wir direkt davor, aber da war nichts. Ich öffnete einen Hotspot für ihn, über den er seinen Freund anrufen konnte, der im gleichen Hotel abgestiegen war. Der Grieche bedankte sich freundlichst, sagte, er wüsste nun Bescheid, ging los und versprach wiederzukommen. Was er dann auch tat, und wir ihm noch ein Bier ausgaben. Erst um zwei lag ich im Bett.

Am nächsten Morgen, dem Montag, schaffte ich auf der Arbeit erstaunlich viel weg, beeilte mich wieder, um noch etwas Zeit für Sightseeing zu lassen. Nicky war da schon weniger produktiv, sagte sie. Aber wir zogen noch einmal voll durch durch die Stadt, sahen die berühmte Brücke des 25. April, gingen durchs Künstlerviertel und erhaschten einen wunderbaren Blick auf den Tejo am immerhin schon letzten Abend in Lissabon.

Am nächsten Tag, dem Dienstag, bekam ich gar nichts mehr auf die Reihe. Den für den Tag geplanten Videocall auf der Arbeit musste ich verlegen, weil auch das WLAN nicht so wollte wie ich. Jeder Handgriff dauerte länger als sonst. Ich bekam alles nur zur Hälfte fertig, verlegte die Hauptarbeit auf Rückfahrt im Zug am Nachmittag, wo wir 1. Klasse gebucht hatten (in Portugal gar nicht teuer), weil dort stabiles WLAN sein soll.

War auch, aber der Zug schaukelte dermaßen, dass ich nach anderthalb Stunden seekrank wurde. Ich musste das Arbeiten einstellen, Musik hören und ruhig aus dem Fenster gucken. Auch nach Ankunft erholte ich mich nur sehr langsam. Abends trafen wir dann sogar noch Kathrin und Michael, die mit dem Camper zufällig gerade in der Nähe waren und spontan nach Porto rüberkamen. Es gab ein paar Drinks in Gaia und unten am Douro. Der Plan war, dass wir uns am nächsten Abend wiedertreffen würden.

Am nächsten Tag, dem Mittwochmorgen, war ich dann komplett erschossen. Ich kam kaum aus dem Bett, und die Aussicht auf die sich türmenden Aufgaben machten mich nicht gerade produktiv. Ich kam mit kleinsten Dingen kaum hinterher, brauchte nach dem Call erst einmal einen langen Spaziergang am Fluss entlang, um wieder halbwegs klarzukommen. Aber so einsilbig und emotionslos hatten selbst Nicky und Juan mich wohl selten erlebt. Ich hatte das Gefühl, mein Endorphinspiegel wäre direkt auf null gesunken. Als es abends daran ging, Kathrin und Michael zu treffen, lag ich gerade auf dem Bett, um mich ein bisschen auszuruhen, und ich kam einfach nicht mehr hoch. ? Musste am Ende absagen. Mein Respekt, vor allem an Nicky, die trotzdem noch die Power hatte hinzugehen.

Heute beschlossen wir, einfach mal nur zu arbeiten und gar niemanden zu sehen, außer gerade noch uns selbst. Den anderen beiden ging es genauso wie mir, eindeutiger Social Overflow. Ich bekam die wichtigsten Sachen noch weggearbeitet oder zumindest auf kommende Woche verlegt. Mein Future-Self wird sich freuen…

Und jetzt ist mein Akku in etwa wieder zur Hälfte aufgeladen, aber ich habe starke Stimmungsschwankungen. Ein Spaziergang vorhin endete im Touristenviertel, und die vielen Menschen waren mir eigentlich schon wieder eine Nummer zu viel. Schnell weg da…

Und morgen ist dann São João, das Fest des Jahres in Porto. Die ganze Stadt soll im Ausnahmezustand sein, überall liegt der Geruch von gegrillten Sardinen in der Luft, man haut sich gegenseitig mit Plastikhämmern auf den Kopf, was jedes Mal ein lautes Quietschgeräusch verursacht, und wie man hört, wird sogar der sonst eher zurückhaltende Portuenser an diesem Tag laut und geht aus sich heraus und feiert die ganze Nacht durch. Es muss der Wahnsinn werden, und ich weiß jetzt schon, dass es mich komplett überfordern wird. ?

Dann haben wir den Samstag zum Ausruhen, Sonntag ist dann schon der letzte Abend und Montag ganz ganz früh, viel zu früh, geht es dann zurück ins heiße Deutschland.

Workation – my ass. ? Es gilt als DAS Ding, als die Befreiung, als große Chance, gerade für digitale Nomaden, die Welt zu bereisen, Arbeit und Urlaub zu verbinden. Aber eins von beiden leidet dann doch, oder am Ende du selbst. Ich feiere das Konzept, aber entweder bin ich da langsam zu alt für, oder es ist längst nicht so toll, wie es im Katalog steht. Ich hab zumindest die richtige Work-Travel-Balance dafür noch nicht gefunden…

*

Irgendwie ist meine Handynummer auf diversen Spamlisten gelandet, und jetzt bekomme ich andauernd sonderbare Nachrichten, entweder von Bitcoin-Tradern oder von – angeblich – jungen Frauen, die „aus Versehen“ eine Nachricht an meine Adresse geschickt haben. Etwa sowas:

Ich bin kein Papa und hab demzufolge keinen Sohn und keine Tochter.

Nach dem dritten Bier neulich meinte Juan mal: Antworte doch mal drauf! Und am ersten Abend in Lissabon tat ich das tatsächlich mal. Spoiler: eine Antwort kam dann nicht mehr, aber ich war erstaunt, wie die Worte aus mir herausflossen, ich verschiedene Ansätze kombinierte, die sich ich in 25 Jahren Junkmail gesammelt hatten, und gnadenlos zurückspamte:

Wird zu nichts führen, aber hat Spaß gemacht zu schreiben. 🙂

*

Und, ach ja, Lissabon. Vor genau zehn Jahren war ich zum ersten und bis jetzt einzigen Mal dort und kürte die Stadt damals – neben Florenz – zur schönsten Stadt der Welt. Ich wollte noch einmal hin, um zu sehen, ob ich das heute auch noch so sehen würde.

Und ja, trotz allem: wunderschön! „Trotz allem“ bedeutet: Trotz der Menschenmassen, trotz der Hektik, auch wenn die Lissaboner nicht ganz so zuvorkommend sind wie die Portuenser, auch wenn Tourihotspots teilweise schon ganz schön runtergerockt aussehen mittlerweile, man in die historischen Straßenbahnen nur noch per Touriticket einsteigen kann (Massenabfertigung, die Schlange davor ist hundert Meter lang), und eben an jeder Straßenecke einer mit ner Klampfe steht und amerikanischen Touristinnen mit „No woman, no cry“ die Herzen bricht, wonach sie in zwielichtigen Restaurant Tapas und Paella inhalieren, weil Portugal und Spanien ja dasselbe sind. ?

Aber doch, die helle Architektur, die Miradouros, die verwinkelten Gässchen, der Blick auf den Fluss, die Brücken, die Aufzüge, der Charme. Immer noch eine verdammt tolle Stadt! Ob die schönste der Welt – ich bin mit Superlativen mittlerweile vorsichtig. Schon deswegen, weil ich ja noch kaum was von der Welt gesehen habe. Aber ein paar schöne Bilder bekommt ihr trotzdem:

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Ordne dich niemandem unter

Was einem so durch den Kopf geht, wenn man mal kurz spazieren geht, was ich derzeit oft mache (da muss mal ein eigener Beitrag für her): Ordne dich niemandem unter.

Egal ob du dich zu dick fühlst, zu hässlich, zu unerfahren, zu schlecht in einem Metier, zu schwach, zu … irgendwas. Du bist so auf die Welt geschickt worden, du bist suchend, du bist ein Mensch. Niemand ist etwas Besseres oder Schlechteres als du. Handle deswegen auch danach. Lass dich von niemandem wie Luft behandeln, blöd anmachen, benutzen. Kniee vor niemandem nieder, krieche niemandem in den Arsch, kusche nicht einfach so, wenn jemand mit dem Finger schnippt. Triff jeden auf Augenhöhe.

Mach das alles natürlich umgekehrt auch mit niemand anderem. Hilf anderen, aber nicht bis zur Aufopferung, mach demjenigen klar, woher die Hilfe stammt. Lass mal jemanden vor, der es augenscheinlich sehr eilig hat und der gute Gründe dafür haben könnte. Lass aber nicht jeden vor. Du selbst bist auch noch da. Ordne dich niemandem unter.

So, und jetzt weiter im Text.

*

Na, ist die Apple Vision Pro jetzt wirklich die Zukunft? 🙂 Ach, ganz ehrlich: Das könnte spannend werden! Sieht wie die erste wirklich gelungene und angenehm zu tragende AR/VR-Brille aus. Und das mit dem Fingertippen als Eingabe könnte ein ähnlicher Erfolg werden wie Multitouch damals im ersten iPhone.

Bild: Apple

Vielleicht kaufen die Leute sie aber auch nur, weil sie mindestens 4.000 Euro kostet. Wenn das von Apple kommt und so teuer ist, dann muss es ja gut sein. 😉

*

Eine Erscheinung in Bonn, in etwa so selten wie eine offene Schranke, wenn man gerade eine braucht: eine Bahn der Linie 65:

Hab mich all die Jahre gefragt, was das eigentlich soll. Die fährt vom Endpunkt der Strecke der Linie 61 bis zu der der 62, aber nur ein paar Mal überhaupt am Tag, darunter ganz früh morgens, ganz spät abends und noch zweimal mittags.

Dabei geht es mittags tatsächlich darum, den Schülerverkehr zu entlasten. Die Fahrten ganz früh morgens und ganz spät abends sind Fahrten, um die Wagen aus dem Depot zu holen und an die Endpunkte zu bringen, wo sie für die Linien 61 und 62 gebraucht werden. Spät am Abend dann wieder ins Depot zurück. Wisster jetzt Bescheid. Ist bei anderen so seltenen Linien in anderen Städten wahrscheinlich auch so.

*

Das war mal ein Sonnenuntergang! Die Wolken standen so bestimmt ein paar Stunden lang. Völlig windstill:

*

Hab den Song neulich schon einmal erwähnt, weil er nach den Rolling Stones klingt, aber er ist schlicht Spitze. Ich wusste gar nicht, dass Puddle of Mudd so coole Songs aufgenommen hat:

Und es macht immer noch sooo fassungslos, dass solche Songs heute nicht mehr im Radio rauf und runter gespielt werden, die Jungs keine Hallen füllen und gerade mal 1 Million Aufrufe damit auf YouTube haben, und dafür Namika und so ein Schrott im Radio läuft.

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Putting the Pieces Back Together

Wenn das Puzzle falsch zusammengesetzt ist, könnte man es zerschlagen, damit man es besser neu zusammensetzen kann.

Oft hält man dennoch am Alten fest, weil es irgendwie ganz okay geht. Man ist einer halbwegs glücklichen Beziehung, man ist in einem halbwegs zufriedenstellenden Job, man ist ein halbwegs erfolgreicher Tischtennisspieler. Man hat zu viel Angst vor dem Verlust und dem Danach.

Für euch ausprobiert: Single werden macht keinen Spaß, aber man lernt daraus, und das Leben geht weiter, eröffnet plötzlich sogar Möglichkeiten, die man nie für möglich gehalten halt. Man wächst.

Für euch ebenfalls ausprobiert: Im Tischtennis völlig abkacken. Dazu müsst ihr wissen, dass es im Tischtennis eine Zahl gibt, die in etwa die Stärke eines Spielers angibt, ähnlich wie bei einem Handicap im Golf. Verlierst du ein Einzel, geht dieser Wert runter, bei einem Sieg entsprechend hoch. Diesen so genannten TTR-Wert hütet man wie seinen Augapfel. Man sieht zu, dass man immer weiter nach oben steigt und verlorene Punkte schnell wieder ausgleicht.

Bei mir sank dieser Wert schleichend seit Jahren. Trotz Trainings, trotz vieler Spiele. Das hat mir zu denken gegeben. Bin ich zu doof, bin ich zu alt, ist meine Zeit vorbei? Ich habe lange erfolglos versucht, den Wert wieder auszugleichen, wieder dahin zu kommen, wo ich einmal war. Lange vergebens. Bis ich neulich beschlossen habe, es komplett zu eskalieren. Ich will sehen, wie tief der Wert geht, ob es nur an mir liegt oder auch an den anderen. Und wie es einem eigentlich damit geht, wenn der gehütete Augapfel schutzlos daliegt.

In der letzten Woche habe ich 85 TTR-Punkte verloren. Das ist ein astronomischer Wert. Ich habe bei vier Turnieren mitgespielt und die meisten meiner Spiele verloren. Nicht absichtlich, aber mal abgesehen davon, dass ich derzeit extrem viele Fehler mache und einige Schläge verlernt zu haben scheine, habe ich nicht in jedem Spiel Vollgas gegeben, sondern versucht, es locker runterzuspielen. Das hat mir natürlich noch mehr Niederlagen eingebracht – drei Einzel gegen schwächere Gegner habe ich so aber auch gewonnen.

Meine Laune war anfangs am Boden, nach und nach wurde es weniger schlimm. Tatsache ist aber auch: Es fällt mir schwerer als gedacht zu verlieren. Warum, habe ich noch nicht ganz herausgefunden. Es ist ja eigentlich klar: Du kannst nur gewinnen oder verlieren, also verlierst du manchmal. Wieso ärgert eine Niederlage also derart? Welche andere Emotion liegt darunter? Das versuche ich gerade bei mir herauszubekommen. Auch hier ist natürlich jeder Spieler anders. Es gibt sehr viele, die nehmen es erstaunlich gelassen, während für andere der Tag gelaufen ist. Ich neigte bisher tatsächlich eher zur letzten Kategorie. Warum eigentlich?

Auf eine erstaunliche Art war das Verlieren der Punkte auch irgendwo befreiend. „Was soll jetzt noch passieren?“, dachte ich mir heute. „Tiefer kannst du eigentlich nicht mehr fallen.“ Nun, kann ich schon noch. Die Punkteskala geht noch um einiges tiefer. Aber es hat mir ein wenig den Druck genommen. Jetzt muss ich nicht mehr gewinnen, niemand erwartet das noch von mir, ich selbst muss es auch nicht.

Was noch ein wenig bleibt, ist der Neid. Man tendiert leider auch im Tischtennis (wie im restlichen Leben) dazu, sich mit anderen zu vergleichen. Was man tunlichst lassen sollte, raten Psychologen aller Orten. Trotzdem: Mir fällt es schwer zu akzeptieren, wenn jemand mit weniger Training besser wird als ich, weil er jünger ist, mehr Talent hat oder gar sich mit einem deutlich kleineren Repertoire erfolgreich durchmogelt. Also Neid, und was noch? Stolz. Ego. Und sogar irgendwo Dummheit. Warum es nicht einfach auch so machen wie derjenige, der mit weniger mehr schafft? Oder mal zu schauen oder sogar konstruktiv zu fragen, was der andere genau gemacht hat, um besser zu werden. Was ist sein Geheimrezept?

Mein Gefühl sagt mir, dass ich das Schlimmste zwar hinter mir habe, dass ich aber eigentlich gar noch ein bisschen tiefer fallen sollte. Um auf der anderen Seite mein Training zu verbessern und daran zu arbeiten, wirklich so gut zu werden, wie ich glaube, dass ich mal war. Ich glaube nämlich, da hatte ich mich in Wahrheit selbst nur hingemogelt. Auch eine Erkenntnis, die ich vorher noch nicht hatte.

Also ja, wenn man die Möglichkeit hat, das Puzzle zu zerschlagen und neu zusammenzusetzen, dann braucht es Mut – auch zur Selbstzerstörung. Bei Beziehungen kommt es manchmal, wie es kommt. Im Job sehe ich noch keine Veranlassung dafür. Und im Tischtennis – habe ich das jetzt eben mal forciert. Wie ein Fehler fühlt es sich nicht an. Selbst wenn ich nie wieder da lande, wo ich einmal war.

*

Tauben

Ein Taubenpärchen hält es für eine gute Idee, auf meinem Balkon hinter meinem Gummibaum ein Nest zu bauen. Vorgestern ging es los:

Ich will das nicht haben, habe es nach reiflicher Überlegung, recht schweren Herzens und Rücksprache mit meinem „Team“ einfach runtergekickt. Sie haben es dann noch einmal neu aufgebaut, ich hab es wieder entfernt.

Heute, als ich vom Wandern komme, dann das…

Fuck…

Und außerdem ist das doch kein tolles Nest jetzt so… Och Mensch…

*

Wandern

Warum fehlt der Wegweiser eigentlich immer da, wo gerade kein Netz ist? ?

Zum Wandern ist das Siebengebirge aber wieder einmal wunderschön gewesen.

*

Der Rheinsteig beginnt tatsächlich auf dem Bonner Marktplatz und geht dann, äh…

Bisschen staubig isser auch:

*

Begegnungen

Was mir selten passiert: Mit fremden Menschen ins Gespräch kommen.

Was mir noch seltener passiert: Dass andere Menschen auch mit mit ins Gespräch kommen wollen. ?

Heute aber passiert im Löwenburg-Biergarten. Die – ich vermute – gleichaltrige Frau hatte ihren Hund dabei. Ich fragte, ob ich mich an ihren Tisch setzen dürfte, wollte nur schnell mein alkoholfreies Radler trinken (war am verdursten, hatte zu wenig Wasser dabei), sofort bezahlen und dann weiter. Sie bestellte ebenfalls ein alkoholfreies Bier, wollte sofort zahlen und dann weiter. Und so kamen wir dann ins Gespräch. Und sie begann zu erzählen und zu erzählen.

Und ich fand’s eigentlich sehr charmant. Und irgendwie hat mir das gezeigt, dass ich zumindest nicht mehr der allerschlechteste Gesprächspartner der Welt bin (da war ich früher auf Platz 1, hands down) und dass ich das vielleicht sogar öfter mal versuchen sollte.

The camino provides, heißt es. Er gibt dir genau das, was du gerade brauchst.

Nur dass das gar nicht der Camino war, sondern halt der Rheinsteig. ?

Und dass ich dann wirklich los musste. Es wurden am Ende 42km im fast 9 Stunden. Musste mich beeilen, dass es nicht dunkel wird…

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Such-Maschine Google

Okay, die Erkenntnis ist nicht besonders revolutionär. Aber mir ist aufgefallen, dass ich bei tiefergehenden Fragen in letzter Zeit lieber ChatGPT benutze als Google. Das sind Fragen, von denen ich im Grunde schon vorher weiß, dass mir das Ergebnis bei Google nicht viel bringen wird. Als Beispiel:

  • Wie kann ich besser im Tischtennis werden? oder
  • Wie kann ich empathischer werden?

Google zeigt dir dann eine Wüste aus überoptimierten Seiten, Angeboten, schlecht beantworteten Fragen an und du musst dir das, was du willst, erst mühsam zusammensuchen. Also eigentlich das, was eine Suchmaschine eigentlich liefern sollte. Google wird dann zur Such-Maschine.

Während dessen liefert dir ChatGPT schlicht die Antwort und tut dabei nicht viel mehr, als verschiedene Quellen clever zu verbinden.

Ist nur eine von hunderttausend Möglichkeiten, was dieses Tool kann, aber zumindest eine Killerfunktion davon und ein echter Segen. Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass Google ausgerechnet dadurch Konkurrenz entstehen könnte?

*

Mein Spotify-Mix der Woche hat in letzter Zeit einen Lauf. In dieser Woche drei Songs direkt hintereinander, die wie ein Rock’n’Roll-Revival klingen.

Led Zeppelin! (eigentlich: Rival Sons)

Rolling Stones! (eigentlich: Puddle of Mudd)

Faith No More! (eigentlich: Peeping Tom ft. Rahzel & Dan the Automator. Erst beim Einbetten des Videos erfuhr ich, dass das ein Projekt von und mit Faith-No-More-Sänger Mike Patton ist. Dann hinkt der Vergleich natürlich bzw. ist gar keiner.)

Na ja, alle immerhin aus diesem Jahrtausend. Noch lieber wäre mir gewesen: aus diesem Jahrzehnt.

*

Oppenheimer von Nolan. Das sieht gut aus!

*

Der HSV tut mir langsam fast leid. Wird wohl jetzt auch im fünften Anlauf nichts mit dem Wiederaufstieg:

*

Dat ziet zo treurig eruit! ?

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Onkel Maynard

Wenn Onkel Maynard über die Straße geht, dann gucken die Menschen ganz sonderbar. Einige grüßen, andere tun so, als würden sie ihn nicht sehen. Onkel Maynard grüßt immer so, dass er nur mit dem Kopf nickt. Ich finde das ulkig. Es sei denn, er kennt jemanden besser. Dann gibt er auch die Hand. Er lächelt nie, aber ich mag Onkel Maynard, denn er weiß immer, was ich denke, und kann für mich sprechen, weil ich selbst es nicht kann.

Es ist spannend, Onkel Maynard zuzuhören, denn er ist gut darin, Worte zusammenzusetzen: „Diese linken Bazillen wollen unseren Staat zersetzen“, habe ich mal von ihm gehört, oder „Diesem Lump vom Premierminister müsste man das Dasein entziehen“. Ich verstehe nicht immer alles, was Onkel Maynard sagt. Aber ich weiß, dass er gut darin ist zu reden und dass die Leute ihm immer zuhören, wenn er etwas sagt. Manchmal wünsche ich mir, ich könnte das auch.

Wenn Onkel Maynard sich kämmt, dann kämmt er sich so eine durchsichtige Paste in die Haare und legt sich einen ganz strengen Scheitel an. „Es ist wichtig gut auszusehen“, sagt Onkel Maynard. „Nicht so, wie dieses einfältige Pack“, sagt er er dann. „Achte immer darauf, dass deine Sachen sauber sind, der Kragen gut sitzt und deine Haare gekämmt sind, Jojanne. Alles klar?“ Ja, alles klar, Onkel Maynard. Würde ich gerne sagen, aber kann ich ja nicht. Ich nicke dann nur und lächle. Onkel Maynard nickt zurück, aber er lächelt nie.

Onkel Maynard ist in einer Partei, sagt er. Es sei die schnellstwachsende Partei Europas, was immer das heißt. Hin und wieder kommen Freunde von Onkel Maynard vorbei. Sie treffen sich und trinken Bier. Auch die Freunde von Onkel Maynard sehen so aus wie er. Weiße Hemden, Hosenträger, Seitenscheitel. Sie beachten mich kaum, die Freunde von Onkel Maynard, und sie lächeln auch nicht viel.

Neulich war ich mit Onkel Maynard beim Kinderarzt, und wir haben uns Bilder auf so Folien angeschaut. „Da muss man doch was machen können“, hat Onkel Maynard zu dem Arzt gesagt. „Tun Sie was!“. Aber der Arzt hat mit dem Kopf geschüttelt und mich freundlich angelächelt. „Ich wollte es gäbe etwas“, hat der Arzt gesagt“, aber man wird bei dem Mädchen nichts machen können.“ Onkel Maynard ist dann aufsprungen, hat auf den Tisch gehauen und ist hinausgestürmt. Dabei hat er dem Arzt noch zugerufen: „Sie Schwein! Ich werde zusehen, dass Sie Ihren Job verlieren!“ Die Tür hat er hinter sich geknallt. Ganz verstanden habe ich nicht, warum Onkel Maynard so böse zu dem Arzt war, ich fand den eigentlich ganz nett. Der Arzt hat eine Weile erschrocken dagesessen und mich dann angelächelt. „Möchtest du einen Loli? Dein Onkel wartet sicher draußen auf dich, so schlimm ist es nicht.“ Ich habe auch gelächelt und meine Finger ausgestreckt, damit ich den Loli bekomme.

„Du darfst dir von niemandem etwas gefallen lassen, Jojanne, hörst du! Von niemandem!“, hat Onkel Maynard abends gesagt. „Und wenn dich jemand damit aufzieht, vielleicht sogar einer von diesen Zecken, dann haust du ihm eine, verstanden?“. Ich hatte verstanden, und nickte. Aber ich würde niemanden hauen, auch wenn Onkel Maynard das sagte. Ich wollte niemandem wehtun.

Eines Tages klingelte es an der Tür und Onkel Maynard öffnete. Draußen standen zwei Polizisten und eine Frau. Sie redeten miteinander. Onkel Maynard ist sehr wütend geworden und hat gegen den Türrahmen geschlagen, da haben die beiden Polizisten ihn runtergedrückt und ihm die Hände verbunden. Ich wollte schreien, als ich das gesehen habe, aber ich konnte nicht. Also habe ich geweint. Aber Onkel Maynard ist dann trotzdem mit den Polizisten mitgegangen. Zum Abschied hat er mich noch einmal angeguckt und mir zugerufen: „Von niemandem, Jojanne, verstehst du? Von niemandem!“ Ich habe geweint, aber auch genickt, weil ich glaube, dass Onkel Maynard das Mut gemacht hat, in diesem Moment.

Ich wohne jetzt nicht mehr bei Onkel Maynard, ich wohne jetzt in einer Gruppe mit anderen Kindern. Es geht mir eigentlich ganz gut hier, aber manchmal vermisse ich Onkel Maynard. Die meisten anderen Kinder sind nett zu mir. Einige versuchen mich zu ärgern, sie lachen über meine weißen Blusen und meine Hosenträger. „Es ist wichtig gut auszusehen“, hatte Onkel Maynard gesagt. Die anderen Kinder wundern sich, wenn ich nicht antworte, und dann tue ich so, als hätte ich sie nicht gehört. Dann lassen sie mich meist in Ruhe. Es gibt auch eine Leiterin, eine Erwachsene, und ich finde, die ist ganz nett. Sie lächelt sogar manchmal. Onkel Maynard hat nie gelächelt.

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Die Kaffee-Extraversion

„Logbuch 4-1703, bis hier höre ich die…

Ach nee, ich schweife ab. Stop. Die Lage ist dennoch ernst. Stop. Die Vorräte gehen zur Neige, und es ist nicht mehr auszuschließen – stop – dass sie nicht mehr bis Ende April reichen werden. Over!

Moment, eins habe ich noch vergessen. Stop. Wie die Außenwelt auf all das reagieren, wie die Nachwelt es bewerten wird – wenn es eine Nachwelt gibt, was wir nicht wissen. Stop. Lasst sie bitte wissen, dass ich Belle geliebt habe. Stop. Trotz allem, was sie heute Morgen über mich…“

„Alter, du weißt schon, dass ich hier neben dir sitze und dir zuhöre, wenn du dein so genanntes Log ins Telefon sprichst.“

„Smartphone nennt sich das, und es ist die Sprachrekorder-App.“

„Ändert nichts daran, dass ich das alles mitkriege. Und du nicht nach jedem zweiten Satz ‚Stop‘ sagen musst. Du hast sie doch nicht alle!“

„Aber du schon, oder was? Trinkst die dritte Tasse, als hätten wir’s dicke!“

„Weil ich es anders mit dir nicht aushalte“.

„Im verschlafenen Zustand, in dem du sonst immer bist?“

„DU schläfst doch den ganzen Tag“.

„Weil die Welt da draußen ja auch immerhin vor die Hunde geht.“

„Das hat dich noch nie gekümmert.“

„Aber jetzt ist es mir wichtig.“

„Ist klar.“

„Warte, wer hat hier jetzt eigentlich was gesagt?“

„Hört man doch in deinem so genannten Log.“

„Ja, aber wenn man das hier liest, kommt man durcheinander. Stop. So wie ich bei dir immer wieder durcheinander komme.“

„Hör auf ‚Stop‘ zu sagen!“

„Ich hab’s nur nett gemeint.“

„Dass ich dich durcheinander bringe?“

„Ja.“

„Hui!“

Danach wäre ich am liebsten über sie hergefallen, aber Belle stand einfach auf und ging aus dem Zimmer. Doch wohl nicht, um sich noch einen Frappuccino mit Sprühsahne und Hagelslag… Aber das wäre dann der vierte. Das würde selbst sie nicht aushalten.

Das hier sage ich tatsächlich jetzt off the record. Wenn es mit Belle auch anstrengend ist. Ich bin froh, dass ich sie bei mir habe in dieser Zeit. Seit Monaten zehren wir von den Vorräten, die man uns für diese Mission gegeben hat. 250 Gramm Sidamo-Espresso, Tansania, noch ungemalen, 500 Gramm Pamwamba, Malawi, fein gemahlen. Terazul aus Ecuador, 60-40-Mischung von einer Rösterei in der Südstadt, 500 Gramm. Dabei löst Robusta in mir Wahnvorstellungen aus. Ich versuche, es Belle unterzumischen.

„Zu viel Filterkaffee, zu wenig Espresso“, hatte sie sich beschwert.

„Dann stehen wir die Tage entspannter durch“, lobte ich die Mischung.

„Aber wir werden nicht richtig wach.“

„Wozu denn auch, wir müssen doch nur hier durchhalten und Videos gucken. Willst du den Plot von Sex/Life etwa mitkriegen?“

„Lieber Sex/Life haben“, lachte sie.

Ich lachte auch. Etwas lauter als sie.

Danach wäre ich nun wirklich gerne über sie… aber sie lachte nur und murmelte etwas von „heut Abend vielleicht“. Langsam kamen wir mit den Zeitebenen durcheinander. Das passiert, wenn man so lange hier eingesperrt ist, wie wir es sind.

Waren es sieben oder zehn Wochen? Ich konnte es nicht mehr sagen. Alleine, dass die Vorräte langsam zur Neige gingen, ließ sich nicht mehr leugnen. Und an das Danach wollte keiner von uns denken. Das Danach und das Dadraußen. Keiner konnte wissen, wie die Welt da draußen aussah, seit wir uns hier eingeschlossen hatten, notgedrungen eingeschlossen, sagte Belle, sage ich auch.

Ob nicht längst marodierende Zombies von Haus zu Haus gingen? Woran würde man das eigentlich merken, hier im vierten Stock? Der Strom lief noch, aber das Haus hatte Fotovoltaik, das Wasser auch noch, aber mit eigener Grundwasserspeisung und Pumpe – clever vorgesorgt hatte er, der Vermieter. Gott habe ihn selig. Wir hatten seit Wochen nichts von ihm gehört und mussten das Schlimmste annehmen.

Und eines Morgens war es dann so weit. Die weißen Papiere für den Filterkaffee gingen zur Neige. Ich musste lachen, als ich das sah, lange lachen, zu lange lachen, nie hätte ich gedacht, dass dieser Riesenberg an Filtern zur Neige gehen könnte. Niemals, nie!

„Werd nicht hysterisch!“, schalt mich Belle.

Du wirst hysterisch!“

„Dann holen wir halte neue!“

„Vom Supermarkt unten oder was? Mensch, siehst du denn nicht, was hier los ist? Die V60-Filter!“

„Die weißen?“

„Die weißen!“

„Oh“, sagte sie.

„Ja“, sagte ich.

Das Internet! Es müsste doch noch funktionieren, oder etwa nicht? Ich konnte an Belles Augen ablesen, dass sie dasselbe dachte. Wir sprinteten zum Rechner, beinahe stieß ich mich an der Tür, sie war erstaunlich schnell, ich hielt sie am Hemd fest (war das nicht meins?), riss es dabei kaputt.

„Das wirst du büßen“, keuchte sie. „Schon wieder!“

„Das war mein Hemd!“

„Mir steht es besser.“

„Das ist jetzt nicht wichtig.“

„Nein, wirklich nicht.“

„Nicht jetzt.“

Wir rannten weiter Richtung Laptop, fielen durcheinander, aufeinander, übereinander. „Sex?!“ dachte ich und sagte es wohl auch. Sie sah mich strafend an.

Ich war als erster am Laptop, setzte mich, atmete einmal kurz durch. Belle stoppte hinter mir. Langsam öffnete ich den Deckel. Würde er noch… Er funktionierte!

Amazon, V60-Filter, Minimalistenpackung, 100 Stück, Versand bis morgen, secure payment. Würde das reichen? Ich sah zu Belle hinauf. Sie nickte ernst. Ich drückte ab.

„Erledigt“, sagte ich und ließ meinen Kopf gegen ihr Becken sinken. Sie nahm ihn und streichelte ihn.

Du bist erledigt“.

„Sagst du so. Ich hab uns doch gerade gerettet.“

„Noch sind die Filter nicht hier.“

„Ich hab das Gefühl, die werden das hinkriegen.“

„Und wenn nicht?“

„Haben wir noch die Robusta-Mischung.“

„Die du seit letzter Woche versuchst mir untermischen.“

„Das hast du gemerkt?“

„Hallo, wir hausen seit Wochen zusammen auf 40 Quadratmetern.“

„Vielleicht sollten wir langsam mal rausgehen.“

„Glaubst du denn, dass es sicher ist?“

„Wie schlimm kann es sein?“

„Kaum schlimmer, als mit dir!“

„Du bist unglaublich.“

„Und du erst.“

„Hast du das denn eigentlich ernst gemeint?“

„Was?“

„Was du da vorhin in deinem komischen Log gesagt hast, dass du mich liebst, trotz allem.“

„Ich glaube schon. Und du?“

„Sonst wäre ich kaum noch hier.“

„Dann sage ich mal: danke.“

„Ja, du mich auch.“

„Logbuch 4-1706. Wir haben durchgehalten. Stop. Es ist Mai. Stop. Keine Frage, ob ich den Dolce e Gusto noch sehen kann. Doppel-Stop. Er wurde als Notfallkaffee gekauft. Wir können nur hoffen, dass das Dadraußen noch existiert mit seiner Abstra-, Akstra…“

„Abstraktion heißt das.“

„Danke, Abstraktion.“

„Was soll das überhaupt heißen?“

„Das geht dich nichts an, ich bin mitten in meinen Aufzeichnungen, das ist privat“.

„So privat, dass du dabei neben mir sitzt und ich nicht weghören kann.“

„Dann geh woanders hin, ins Schlafzimmer oder so.“

„Kommst du dann mit?“

„Erst wenn ich hier fertig bin.“

„Wann wirst du jemals fertig?“

„Wenn du mich in Ruhe lässt und da draußen…“

„Was soll da draußen eigentlich sein?“

„Nichts, wofür es wert wäre, da rauszugehen, finde ich.“

„Finde ich auch nicht.“

„Dann sehen wir uns im Schlafzimmer?“

„Wenn du das Licht ausmachst, dann nicht.“

„Mache ich dann lieber.“

Und sie ging.

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Als ich einmal einen Freund von mir verkuppeln wollte

Vielleicht kennt die eine oder der andere die TV-Serie „My Name is Earl“ (aktuell verfügbar auf Disney+). Earl ist ein Tunichtgut und Kleinkrimineller, der sich meist mit kleinen Diebstählen durchschlägt. Als er das Siegerlos zu einer Lotterie bei einem Autounfall verliert, wochenlang ins Krankenhaus kommt, seine Frau von einem Freund von ihm schwanger wird, beschließt er, etwas zu ändern. Er stellt eine Liste von all den schlechten Dingen auf, die er jemals gemacht hat und will sie wieder gut machen. Mit dem Wunsch, dass ihm selbst einmal etwas Gutes widerfährt. Karma eben.

Schon die erste Folge ist ebenso wunderbar komisch wie rührend. Earl beschließt, den Mann zu verkuppeln, den er in der Schule am meisten drangsaliert hat. Als der sich dann als Schwuler entpuppt und Earl natürlich auch noch Schwulenhasser ist, nimmt das Ganze noch mehr Dynamik auf, weil Earl sich an sein Wort gebunden fühlt.,,

Das Konzept wird nach einigen Folgen tatsächlich ein wenig langatmig, genauso wahrscheinlich, wie uns trotz gegenteiliger Beteuerungen rein positive Nachrichten nach einiger Zeit furchtbar langweilen würden. Aber ein paar davon kann man sich sehr gut einmal anschauen, von beidem.

Die Frage, die sich daraus ergibt, die ich derzeit auch mit einer Freundin diskutiere, ist: funktioniert das auch im echten Leben? Sicher, die anderen würden sich freuen, wenn man ihnen hülfe, aber würde einem damit automatisch Gutes widerfahren?

Ich habe ein Positivbeispiel in der Richtung. Ich war mal mit einem Freund ein Bier trinken, von dem ich wusste, dass er schon lange Single ist. Als ich dann in der gleichen Bar eine Bekannte mit Freunden an einem anderen Tisch sitzen sah, dachte ich: das könnte doch eigentlich passen… ?

Völlig wahnwitzige Idee eigentlich. Verkuppelungen klappen äußerst selten. Jedenfalls stellte ich die beiden einander vor, wir schmissen die beiden Partys dann zusammen, kamen rüber zu ihrem Tisch, und ich wurde nicht müde, meinen Freund in den höchsten Tönen zu loben und Gemeinsamkeiten der beiden zu unterstreichen.

Ich glaube, wir hatten gut Spaß, die beiden verstanden sich, wir lachten viel. Auch ich hatte eine gute Zeit. Irgendwann nahm meine Bekannte mich dann zur Seite und sagte: „Hör mal, Jürgen, das ist superlieb, was du hier machst. Du weißt aber schon, dass ich an deinem Kumpel nicht interessiert bin.“ – „Oh, das wusste ich nicht, warum denn nicht?“ – „Der ist nett, aber nicht mein Typ.“ – „Okay, und wer ist dein Typ?“ – „Na… du!“

Was angeblich Jahre schon der Fall war und sie sich bloß niemals getraut hatte mir zu sagen, kann durch so eine blöde Aktion erst ans Tageslicht. Obwohl oder vielleicht sogar gerade weil ich es wirklich gut mit den beiden gemeint hatte.

Der Punkt ist: Würde das wirklich auch im Alltag funktionieren? Dauerhaft? Auch in unserem hohen Alter noch? Und es ist ja heute nicht so, dass ich nur neidisch und missgünstig gegenüber anderen wäre oder sie sabotieren würde. Aber dieses aktive Unterstützen und ihnen etwas Gutes wollen – das kam vielleicht in letzter Zeit wirklich etwas kurz.

Ist es egoistisch, anderen zu helfen, nur mit dem Hintergedanken, dass einem selbst dann etwas Gutes widerfährt? Vielleicht, aber das ist Egoismus, der niemandem schadet, im Gegenteil, es wäre Win-Win für alle Seiten. So wie auch Earl in der Serie schon nach seiner ersten guten Tat sein Lotterielos wiederbekommt – und dann nicht aufhört, sondern das Geld investiert, um seine Liste abzuarbeiten.

Es könnte sich lohnen, das mal in der Praxis auszuprobieren.

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Alte Videos von sich beim Tischtennis wiederfinden…

(Screenshot)

Das ist mindestens fünf Jahre her. Und normal konnte ich mir sowas früher gar nicht anschauen… Wie sehe ich denn da aus, was habe ich da an, was mache ich da für komische Schläge, und dann ist das Video ganz nebenbei auch noch furchtbar gelbstichig.

Heute denke ich mir: Hey cool, wie du seitdem abgenommen, deinen Modegeschmack deutlich verbessert hast, und auch deine Schlagtechnik ist besser geworden. Gut, mal den Unterschied zu sehen!

Ganz abgesehen davon hatte ich schon wahrlich hässlichere Brillen als die, die ich da trage.

Also, ja, schaut euch ruhig mal alte Videos von euch an und lernt daraus. So schlimm ist es mitunter gar nicht.

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Hells yeah!

Das hat noch kein Bundesligist vor ihnen geschafft. Und dann der erste Titelgewinn überhaupt… Sollte jetzt etwa noch die Meisterschaft… Es wird spannend!

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War gestern Radfahren… Es war schön!

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Den Teufel werd ich tun!

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Und last but not least kann ich auch noch diese Zahnpasta empfehlen. Letzten Samstag war sie eigentlich leer, und zwar wirklich. Ich hab dann noch einmal nachgeschoben, und jetzt hält sie schon seit über einer Woche. Als ich die gekauft habe, war ich noch in einer Beziehung. ? Also lohnt sich, außer, ihr ihr habt Angst um eure Beziehung…