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Stream of Portoness

Mein Flug geht um 0630, mein Uber-Fahrer ist um 0410 schon da. Ich möchte all die Airlines verfluchen, die nur so früh morgens eine Strecke bedienen. Um die Zeit kommt niemand irgendwo mit öffentlichem Nahverkehr zu einem Flughafen. Es wird immer teuer, und es ist mitten in der Nacht.

Umso erstaunlicher, dass der Portuenser Flughafen trotzdem schon gerappelt voll ist, als wir gegen 0445 dort aufschlagen. Die Schlange vor der Sicherheitsschleuse ist 100 Meter lang, als ich mich einreihe und wächst unaufhörlich weiter. Als ich die Schleuse passiere, geht die Schlange genau einmal komplett durch die Abflughalle, beginnt und endet vor der Schleuse. Verrückt.

Vor allem, dass ich mir vorkomme, als sähe ich als einziger zerrupft aus, alle anderen frisch und top gestyled. Wie machen die das um diese Zeit?!

Ich habe durchgemacht. Nicky, Juan und ich haben am letzten Abend noch ein wenig gefeiert, was gegessen, ein, zwei Bierchen getrunken, erst um kurz vor 0100 kommen wir nach Hause. Was jetzt, fragt Nicky: „Willst dich nochmal schlafen legen oder durchmachen?“ Ich denke kurz nach. Würde ich jetzt schlafen gehen, müsste ich zweieinhalb Stunden später schon wieder aufstehen, noch duschen, packen, alles, wäre ziemlich fertig.

Tu ich mal was Verrücktes, denke ich mir: ich mache durch. Seit meiner Erfahrung mit Alicante im März hat das Thema Durchmachen seinen Schrecken ohnehin verloren. Und zu meiner Überraschung machen Nicky und Juan mit. ? Der Wahnsinn an einem Sonntagabend! Gut, Juan hat am Tag danach frei, Nicky und ich sind Freelancer. Aber zu tun haben wir genug. Ich denke mir nur: Es macht jetzt keinen großen Unterschied mehr, ob ich durchmache oder nicht. Fit wäre ich um 0430, wenn das Taxi kommen soll, so oder so nicht. Dann lieber noch ein wenig Parteh machen.

Wir spielen Drawful, hören basslastige Musik, essen Snacks, trinken noch einen Portwein zusammen, tanzen, bestellen Bier und Chips über einen Lieferdienst. Die Zeit vergeht wie im Fluge, aber drei Stunden mitten in der Nacht können trotzdem verdammt lang sein. Zwischendurch verabschiede ich mich kurz zum Zähneputzen, machen mir um 0330 noch einen Kaffee. Frage den Uber-Fahrer, der sich um 0410 schon ankündigt, per App ob er noch 10 Minuten warten kann und ob er auch einen Kaffee möchte? Aber er versteht die Frage leider falsch.

Das Ganze erinnert mich an die alten Zeiten, als wir drei noch unter ganz anderen Voraussetzungen lange Abende auf dem Balkon hatten. Ein Gefühl von Freiheit, wie ich es lange nicht mehr gespürt habe. Meine besten Freunde wohnen in Porto. Das ist schade, aber sollte mir auch helfen, immer mal wieder rauszukommen, wenn mich der deutsche Alltag auffrisst.

Am Gate arbeite ich schonmal ein bisschen, im Flugzeug selbst kriege ich nicht viel hin. Lese mein Buch weiter, höre Musik, schaue eine Folge Big Little Lies auf dem iPhone, gucke mir die Leute an. Der Typ in der Bank vor mir ist eindeutig Portuenser. Ich sehe das, als er aufsteht, um seine Sitznachbarin durchzulassen, und sich in meine Richtung dreht. Er hat nicht dieses Lauernde, Nüchterne, Misstrauische, das ein Deutscher irgendwie hat. Wofür ich einem Deutschen aber auch nicht die Schuld geben würde; es ist die Gesellschaft, die einen dazu macht. Der Typ da jedenfalls guckt völlig arglos und nett, als könne ihm nichts irgendetwas anhaben.

Ich habe die Portuenser schätzen gelernt, die mittlerweile mehrere Male, die ich Porto jetzt besucht habe. Die Leute dort haben nicht viel Geld, sie haben es aber – wahrscheinlich gerade deswegen – überhaupt nicht eilig. Fleißig und hilfsbereit sind sie dennoch. Aber sie scheinen mir der Arbeit längst nicht alles unterzuordnen, auch nicht irgendwie neidisch auf diejenigen zu sein, die mehr Geld haben. Und das sind mittlerweile einige in der Stadt. Und dann vor allem immer dieses Zurückhaltende, Ehrliche, völlig Ungekünstelte. Sind tolle Menschen da. Ich habe zwar noch nicht verstanden, warum da außerdem diese Schwermut in den Menschen wohnt (Saudade!). Das hat der gemeine Spanier oder Italiener zum Beispiel nicht so, wenn wir jetzt mal ganz platt generalisieren.

Ich steige aus dem Flugzeug, und es klingelt sofort auf meinem gerade erst eingeschalteten Handy. Mathias ist dran. Der Mathias, mit dem ich vor Ewigkeiten mal zusammen gearbeitet habe, mit dem ich vor drei Jahren zum letzten Mal telefoniert hatte. Warum ruft er jetzt an? Er will mir einen Auftrag gleich heute Mittag überlassen, für den er selbst keine Zeit hat. Ah ja. 🙂 Ich denke tatsächlich kurz nach, Gelegenheiten beim Schopfe packen? Aber dann sage ich doch ab. Habe ja gerade die Nacht durchgemacht und will erstmal kurz ins Bett, und dann habe ich gerade mehr als genug zu tun. Aber interessant: Sowas passiert mir irgendwie immer nur, wenn ich verreise.

Aus dem Flughafenbus steige ich am Innenministerium aus und will in die Straßenbahn rein. Wäre zwar nicht weit zu laufen, aber ich habe mir gestern beim Wandern mit Nicky in Gaia ein wenig den Knöchel überreizt. Eine ältere Frau kommt auf mich zu, sieht mich da mit Rucksack und Rollkoffer stehen und fragt, ob ich zum Bahnhof wolle. Ich bin nach 24 Stunden auf den Beinen mittlerweile komplett verstrahlt und sage ja. Da kommt eine zweite, ältere Frau dazu, um mir ebenfalls zu helfen. „Also, wenn Sie zum Bahnhof wollen, dann müssen Sie umsteigen. Gerade fährt nur die 65 und die fährt nicht zum Bahnhof. Die 62 fährt gerade nicht. Die 65 fährt nach…“

Ich muss die beiden reizenden Damen bremsen. Ich kenne mich hier ja aus, will auch gar nicht wirklich zum Bahnhof, nur in sein Richtung. Das Missverständnis ist dann schnell geklärt. Ich bedanke mich herzlich, winke beiden zum Abschied auch noch einmal zu. Deutsche können nämlich durchaus auch nett und hilfsbereit sein, es wird ihnen nur nicht leicht gemacht – also muss man das fördern.

Um elf bin ich zuhause und lege mich ohne große Umschweife direkt schlafen. Eine Sukkulente in meinem Badezimmer hat’s erwischt (wieso ausgerechnet die ??) Alle anderen Pflanzen scheinen noch zu leben. Ich schlafe bis um zwei, dann startet mein Arbeitstag, ein bisschen später. Prima, ab jetzt dann also wieder Alltag. Habe ich tatsächlich ein klein wenig vermisst. Porto, Nicky und Juan vermisse ich aber auch schon ein jetzt. Waren tolle zwei Wochen gewesen. Gerne wieder!

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Radikale Selbstannahme

Wir kamen auf das Thema Selbstbewusstsein und Selbstannahme zu sprechen, und ich sagte, ich würde mich schwer tun mit dem Thema. Erkenne deine Stärken und akzeptiere deine Schwächen.

„Wie soll das gehen“, fragte ich. Wie könnte ich es jemals akzeptieren, wenn ich jähzornig, gemein oder sogar rassistisch wäre? Eigentlich müsste man doch sein Leben lang dagegen ankämpfen.

„Dagegen ankämpfen kostet einfach unfassbar viel Energie, und gewinnen kann man nicht“, sagte Nicky. „Aber was wäre, wenn du deine Schwäche akzeptierst, ohne danach zu handeln? Dann bist du halt von Natur aus gemein, aber du musst ja trotzdem nicht gemein zu den anderen sein.“

Als Beispiel: Wenn du rassistisch denkst, aber nicht so handelst, hast du niemandem geschadet. Also gibt es auch nichts, wofür du dich verurteilen müsstest.

Musste ich erstmal sacken lassen..

Könnte wirklich helfen, seinen Frieden mit sich selbst zu machen..

Nicky ist der Wahnsinn!

*

Nachtrag zu São João in Porto: Es war noch etwas entspannter als angenommen. Eine Art Straßenfest in der ganzen Stadt. Die Leute stellen überall ihre Tische und Stühle raus, grillen Sardinen oder Schweine (ja, auch gesehen), hauen anderen sanft mit quietschenden Plastikhämmern auf den Kopf, tanzen und schnacken und lassen Laternen steigen. Hübsch, bunt und sehr ungezwungen:

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Workation to the Maaax

Klingt super, nicht wahr? Zwei Wochen Portugal; tagsüber arbeiten, abends und am Wochenende feiern und Sightseeing. Ich besuche gerade Nicky und Juan in Porto, die hierhin ausgewandert sind. Schon der erste Arbeitstag lief super. Ich beeilte mich, das Wichtigste wegzuarbeiten, am späten Nachmittag wanderten wir ans Meer, genossen den Sonnenuntergang an einer Beach Bar, sinnierten über das Leben, ließen es uns richtig gut gehen.

Schnell schlich sich in dieser ersten Woche eine gesunde Routine ein. Morgens den Tag mit einem Kaffee auf der Couch beginnen, schon einmal eine Runde um den Block drehen, arbeiten, abends Sightseeing und eine sensationell gute Craftbeerbar besuchen. Und am nächsten Tag wieder eine, am übernächsten Tag auch, was essen gehen. Am Samstag erholte ich mich bei einem langen Spaziergang am Douro von einem schönen aber mich völlig überfordernden Freitagabend, bevor es dann am Sonntag nach Lissabon ging.

Wir fuhren erst Sonntag, um zumindest die allergrößten Wochenendtouristenmassen zu umgehen. Dadurch hatten wir nur den halben Sonntag, uns die Stadt anzuschauen. Aber das war eigentlich super. Wir kletterten einen Miradouro hinauf, spazierten durch die Alfama, am Strand entlang und das Barrio Alto, fanden – Überraschung – eine berühmte Craftbeerbar, unterhielten uns prächtig, nahmen noch einen Absacker in einer Kaschemme nahe unserem Hotel mit toller Aussicht auf die Stadt. Wo ein griechischer Student uns um Hilfe bat. Er könne sein Hotel nicht finden, das müsse doch laut Google Maps hier irgendwo sein.

Ich sprang sofort auf. „We’re gonna help you at all costs!“, beschloss ich. Nur einmal im Leben wollten wir etwas Gutes tun. Zwar fanden wir sein Hotel auf Google Maps auch nicht – laut der App standen wir direkt davor, aber da war nichts. Ich öffnete einen Hotspot für ihn, über den er seinen Freund anrufen konnte, der im gleichen Hotel abgestiegen war. Der Grieche bedankte sich freundlichst, sagte, er wüsste nun Bescheid, ging los und versprach wiederzukommen. Was er dann auch tat, und wir ihm noch ein Bier ausgaben. Erst um zwei lag ich im Bett.

Am nächsten Morgen, dem Montag, schaffte ich auf der Arbeit erstaunlich viel weg, beeilte mich wieder, um noch etwas Zeit für Sightseeing zu lassen. Nicky war da schon weniger produktiv, sagte sie. Aber wir zogen noch einmal voll durch durch die Stadt, sahen die berühmte Brücke des 25. April, gingen durchs Künstlerviertel und erhaschten einen wunderbaren Blick auf den Tejo am immerhin schon letzten Abend in Lissabon.

Am nächsten Tag, dem Dienstag, bekam ich gar nichts mehr auf die Reihe. Den für den Tag geplanten Videocall auf der Arbeit musste ich verlegen, weil auch das WLAN nicht so wollte wie ich. Jeder Handgriff dauerte länger als sonst. Ich bekam alles nur zur Hälfte fertig, verlegte die Hauptarbeit auf Rückfahrt im Zug am Nachmittag, wo wir 1. Klasse gebucht hatten (in Portugal gar nicht teuer), weil dort stabiles WLAN sein soll.

War auch, aber der Zug schaukelte dermaßen, dass ich nach anderthalb Stunden seekrank wurde. Ich musste das Arbeiten einstellen, Musik hören und ruhig aus dem Fenster gucken. Auch nach Ankunft erholte ich mich nur sehr langsam. Abends trafen wir dann sogar noch Kathrin und Michael, die mit dem Camper zufällig gerade in der Nähe waren und spontan nach Porto rüberkamen. Es gab ein paar Drinks in Gaia und unten am Douro. Der Plan war, dass wir uns am nächsten Abend wiedertreffen würden.

Am nächsten Tag, dem Mittwochmorgen, war ich dann komplett erschossen. Ich kam kaum aus dem Bett, und die Aussicht auf die sich türmenden Aufgaben machten mich nicht gerade produktiv. Ich kam mit kleinsten Dingen kaum hinterher, brauchte nach dem Call erst einmal einen langen Spaziergang am Fluss entlang, um wieder halbwegs klarzukommen. Aber so einsilbig und emotionslos hatten selbst Nicky und Juan mich wohl selten erlebt. Ich hatte das Gefühl, mein Endorphinspiegel wäre direkt auf null gesunken. Als es abends daran ging, Kathrin und Michael zu treffen, lag ich gerade auf dem Bett, um mich ein bisschen auszuruhen, und ich kam einfach nicht mehr hoch. ? Musste am Ende absagen. Mein Respekt, vor allem an Nicky, die trotzdem noch die Power hatte hinzugehen.

Heute beschlossen wir, einfach mal nur zu arbeiten und gar niemanden zu sehen, außer gerade noch uns selbst. Den anderen beiden ging es genauso wie mir, eindeutiger Social Overflow. Ich bekam die wichtigsten Sachen noch weggearbeitet oder zumindest auf kommende Woche verlegt. Mein Future-Self wird sich freuen…

Und jetzt ist mein Akku in etwa wieder zur Hälfte aufgeladen, aber ich habe starke Stimmungsschwankungen. Ein Spaziergang vorhin endete im Touristenviertel, und die vielen Menschen waren mir eigentlich schon wieder eine Nummer zu viel. Schnell weg da…

Und morgen ist dann São João, das Fest des Jahres in Porto. Die ganze Stadt soll im Ausnahmezustand sein, überall liegt der Geruch von gegrillten Sardinen in der Luft, man haut sich gegenseitig mit Plastikhämmern auf den Kopf, was jedes Mal ein lautes Quietschgeräusch verursacht, und wie man hört, wird sogar der sonst eher zurückhaltende Portuenser an diesem Tag laut und geht aus sich heraus und feiert die ganze Nacht durch. Es muss der Wahnsinn werden, und ich weiß jetzt schon, dass es mich komplett überfordern wird. ?

Dann haben wir den Samstag zum Ausruhen, Sonntag ist dann schon der letzte Abend und Montag ganz ganz früh, viel zu früh, geht es dann zurück ins heiße Deutschland.

Workation – my ass. ? Es gilt als DAS Ding, als die Befreiung, als große Chance, gerade für digitale Nomaden, die Welt zu bereisen, Arbeit und Urlaub zu verbinden. Aber eins von beiden leidet dann doch, oder am Ende du selbst. Ich feiere das Konzept, aber entweder bin ich da langsam zu alt für, oder es ist längst nicht so toll, wie es im Katalog steht. Ich hab zumindest die richtige Work-Travel-Balance dafür noch nicht gefunden…

*

Irgendwie ist meine Handynummer auf diversen Spamlisten gelandet, und jetzt bekomme ich andauernd sonderbare Nachrichten, entweder von Bitcoin-Tradern oder von – angeblich – jungen Frauen, die „aus Versehen“ eine Nachricht an meine Adresse geschickt haben. Etwa sowas:

Ich bin kein Papa und hab demzufolge keinen Sohn und keine Tochter.

Nach dem dritten Bier neulich meinte Juan mal: Antworte doch mal drauf! Und am ersten Abend in Lissabon tat ich das tatsächlich mal. Spoiler: eine Antwort kam dann nicht mehr, aber ich war erstaunt, wie die Worte aus mir herausflossen, ich verschiedene Ansätze kombinierte, die sich ich in 25 Jahren Junkmail gesammelt hatten, und gnadenlos zurückspamte:

Wird zu nichts führen, aber hat Spaß gemacht zu schreiben. 🙂

*

Und, ach ja, Lissabon. Vor genau zehn Jahren war ich zum ersten und bis jetzt einzigen Mal dort und kürte die Stadt damals – neben Florenz – zur schönsten Stadt der Welt. Ich wollte noch einmal hin, um zu sehen, ob ich das heute auch noch so sehen würde.

Und ja, trotz allem: wunderschön! „Trotz allem“ bedeutet: Trotz der Menschenmassen, trotz der Hektik, auch wenn die Lissaboner nicht ganz so zuvorkommend sind wie die Portuenser, auch wenn Tourihotspots teilweise schon ganz schön runtergerockt aussehen mittlerweile, man in die historischen Straßenbahnen nur noch per Touriticket einsteigen kann (Massenabfertigung, die Schlange davor ist hundert Meter lang), und eben an jeder Straßenecke einer mit ner Klampfe steht und amerikanischen Touristinnen mit „No woman, no cry“ die Herzen bricht, wonach sie in zwielichtigen Restaurant Tapas und Paella inhalieren, weil Portugal und Spanien ja dasselbe sind. ?

Aber doch, die helle Architektur, die Miradouros, die verwinkelten Gässchen, der Blick auf den Fluss, die Brücken, die Aufzüge, der Charme. Immer noch eine verdammt tolle Stadt! Ob die schönste der Welt – ich bin mit Superlativen mittlerweile vorsichtig. Schon deswegen, weil ich ja noch kaum was von der Welt gesehen habe. Aber ein paar schöne Bilder bekommt ihr trotzdem:

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Von Porto aus am Douro entlang

Bewegungsmangel kompensieren wollend brach ich heute Nachmittag in Porto auf und wollte immer am Douro entlang nach Südosten gehen, bis irgendwann diese eine Brücke kommt, und dann auf der anderen Seite zurück. Es endete nach einer 35-Kilometer-Tour mit steinernen Füßen. Vor allem zum Ende hin wurde mir langsam klar, dass Barfußschuhe auf Asphalt eben doch keine Wanderschuhe sind. ? Vor allem aber wurde die Gegend immer malerischer, je weiter ich ging. Zunächst schöne Strände, Beachbars, Strandpromenade, hübsche Villen an beiden Ufern des Douros. Meine Tour ragte am Ende schon eindeutig ins Dourotal rein. Der Blick auf Crestuma (Nicky, bitte merken! 😉 letztes Bild unten) war magisch. Über die Schleusenbrücke von Lever ging ich wieder zurück – passenderweise steckte just in dem Moment ein Kreuzfahrschiff drin. Der Rückweg hätte derweil noch etwas attraktiver sein können: es wurde langsam dunkel, ich wollte auf schnellstem Weg zurück, und Google Maps schickte mich 10 Kilometer durchs Gewerbegebiet von Gaia. Dabei ist das Ufer dort eigentlich besonders schön. Knapp die Hälfte meiner Tour ging dann – ohne Bürgersteig – über die Landstraße, mit vielen vorbeiflitzenden Autos und Motorrädern. Auch nicht gerade ideal, aber bisschen „Aventure“ muss ja schon auch rein auf diesem Blog. 😉 Okay, genug geschwafelt jetzt. Bilder!

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Überfordere dich

Heute ist klar: Wir würden auf das Craftbeer-Festival in Porto gehen und eine Menge neuer Leute kennenlernen. Okay, denke ich mir: Schwerstarbeit für einen Introvertierten, aber ich würde das schon ganz relaxed schaukeln – oder? Nicht ganz…

Es ist heiß, aus den Boxen dröhnt sehr laute Musik des DJ. Schon beim Bierholen treffen wir die ersten Bekannten von Nicky und Juan. Ein Pärchen aus Brasilien, einen Serben, einen Polen. Wir begrüßen uns nett, geben uns die Hand, ich stellte mich kurz vor, schaffe es aber kaum zu lächeln. Bin zu verkrampft.

Der Pole kommt kurz danach auf mich zu. Sehr freundliche Gestalt, ein Lächeln auf den Lippen, lange Haare, Surfer-Natur – passenderweise sagte er, dass er sich auch gerade ein Surfbrett gekauft habe und da jetzt Stunden nehmen würde. Er käme aus Posen, der Ort mit der wunderschönen Altstadt, hätte ein halbes Jahr in China studiert, würde jetzt was mit IT machen, hätte eine Brasilianerin geheiratet und wäre mit ihr nach Matosinhos gezogen, dem hippen Vorort von Porto direkt am Meer.

Und wow, denke ich, der Typ hat mal eben alles richtig gemacht, was man im Leben so richtig machen kann, und ist dabei auch noch super relaxed, gutaussehend und aufgeschlossen. Ich versuche Augenkontakt zu halten, mich nicht zu vergleichen, auch nett zu sein. Die Sonne wütet, die Mucke pulsiert in meinem Ohr, mir läuft die Soße den Rücken runter. Aber, klar, natürlich mag ich den Kerl. Als nächstes stellt sich mir Rob vor, der unvergleichlich entspannte Brasilianer mit der wunderhübschen Frau, die auch total entspannt und völlig unverstellt ist. Bemerkenswert.

Wir treffen anschließend eine ausgewanderte amerikanische Rentnerin und dann gleich noch eine und einen ausgewanderten amerikanischen Rentner, Ralph. Und alle sind supernett zu mir. Paula, die eine Rentnerin mit dem Hund, hat auch eine unglaublich gewinnende Art, sie ist mir auf Anhieb sympathisch, Ralph, der ausgewanderte Ex-Schauspieler ebenfalls. Es kommen noch drei weitere Brasilianer dazu und am Ende noch mehr Bekannte ihrer Bekannten.

Mit jedem Bier werde ich etwas entspannter, die laute Musik stört mich nicht mehr so (oder wird sie auch chilliger?). Ich versuche, mich mit jedem ein Stück weit einzeln zu unterhalten, die zurückhaltende deutsche Art zu erklären und das bisschen, was ich über Brasilien weiß, anzubringen – viel unkomplizierteres Kennenlernen, das Thema Sicherheit, Blumenau – es stößt auf Gelächter. Ja, so ungefähr wäre es wirklich.

Irgendwann sehe ich Nicky ein paar Ecken weiter alleine stehen. Ich gehe zu ihr und frage, ob alles in Ordnung sei. Ja, wäre es, sie hätte sich nur mal kurz rausziehen müssen aus dem Ganzen. Wäre einfach kurzzeitig zu viel geworden. Etwas Ähnliches sagt später auch Rob. Ja, zu viele Menschen auf einmal und zu viel Lautstärke. Wäre er eigentlich auch gar nicht der Typ für.

Irgendwann ist mir klar: Ich muss das komplett eskalieren lassen, anders kann ich das eh nicht mehr managen. Und es gelingt ganz gut. Am Ende splittet sich die große Gruppe in Dreier- und Vierergruppen auf, die beiden älteren Amerikanerinnen kommen nach ihrem Abendessen gar nicht mehr wieder. Jeder redet hauptsächlich mit demjenigen vor sich.

Mir wird aber auch klar: Sicher ist das hier anstrengend, aber irgendwie sind das alles tolle Menschen um mich herum, mit Bullshit kommt hier keiner weiter. Und wenn man die alle noch einmal einzeln oder zu zweit wiedertreffen würde, wäre das schon erheblich leichter und unverkrampfter, auf alle Fälle aber nett.

Manchmal muss man sich einfach einen Abend überfordern, um neue Bekanntschaften zu schließen. Es lohnt sich auf lange Sicht.

Und wenn man das ein paar Stunden gemacht hat, ist es auch gar nicht mehr so schlimm. Hat man halt mal ein wenig über seinen Schatten springen müssen. War anstrengend, ja, aber das ist ein 10-Kilometer-Lauf auch, und man macht ihn trotzdem einmal die Woche, um fit zu bleiben. Könnte und sollte man dann eigentlich auch mit fremden Menschen.

Belohnt wird man dann übrigens mitunter mit völlig leichtgängigen Bekanntschaften wie dem wunderbaren Georgier, den wir später noch vor einem Kiosk getroffen haben und den ich – wäre ich schwul – wahrscheinlich on the spot geheiratet hätte, wenn das möglich gewesen wäre. Neue Menschen kennenlernen kann sogar Spaß machen, wenn man es mal zulässt. Gerne wieder! Nicht unbedingt täglich, aber zu gegebener Zeit: immer wieder!

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Alright!

Das Glas ist halb

Wir waren in Köln in einer sehr netten Runde Tapas essen und das eine oder andere Getränk dabei trinken, als Mary sagte: „Das Glas ist halb“.

Wie, halb? Da fehlte doch noch was. Halb voll oder halb leer? Optimist oder Pessimist? Jeder kennt wohl den Vergleich. Aber wenn das Glas einfach nur halb ist…

Dann entspricht der Inhalt 50 Prozent der möglichen Füllmenge von 100 Prozent. ??‍♂️ 1/2. Rein mathematisch die Zahlen betrachtend. Nicht wertend.

Ist der Urlaub zur Hälfte rum, liegt dann noch eine tolle Hälfte vor dir oder ist der Urlaub einfach halb? Ist das Leben halb gut oder halb schlecht oder ist es einfach das Leben?

Ich mag die Idee, nicht zu werten. Es wird dazu geraten, nicht zu werten, auch wenn ein sehr, sehr schweres Unterfangen ist. Aber das mit dem halben Glas ist schon mal ein sehr guter Anfang.

Sehr cooler Gedanke! 🙂

*

Ach so und ach ja, in bin gerade mal wieder in Porto, und es ist hübsch hier:

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Der Abend am Meer

Auf dem Weg nach Porto zu Nicky und Juan traf es sich, dass ich das Buch „Die 4-Stunden-Woche“ noch einmal rausgekramt und angelesen habe. Eins der Bücher, die ich noch einmal lesen wollte, bevor ich sie wegminimiere. Doch es kam anders…

Ich las das Buch und ein seltsamer Schauer lief mir über den Rücken. Der Mann hat recht, dachte ich. Mit so vielen Dingen hat er recht. Vor zehn Jahren hatte ich das schon einmal gelesen, das meiste für gut befunden, eine 4-Stunden-Woche aber schlicht für zu radikal erachtet, um es in der Praxis umzusetzen. Ich war dabei, immerhin die 4-Tage-Woche recht erfolgreich umzusetzen. Mittlerweile ist aber auch das beinahe obsolet, oder einfach sehr schwer in der Praxis umzusetzen.

Weil es einfach die vorherrschende Idee ist, weil es einfach schwer ist, sich von dem Gedanken zu lösen, grundsätzlich anders zu sein als die Norm, die nun einmal vorsieht, montags bis freitags nine to five zu arbeiten. Und so dehnt sich meine Arbeit meist auch auf die vollen fünf Tage aus. Dass ich vier schaffe, ist eher die Ausnahme.

Als ich das Buch jetzt noch einmal in die Hand nahm und die ersten hundert Seiten direkt auf dem Flug verschlang, hatte ich teilweise Tränen in den Augen. Wie viel Bullshit wir Tag für Tag tun, weil wir meinen, den Arbeitstag eben ausfüllen zu müssen. Weil wir der Meinung sind, Arbeit müsse anstrengend sein, sonst wäre es keine Arbeit. Weil wir immer noch meinen, je länger wir arbeiten, desto besser wäre unsere Arbeit. Weil wir nicht diejenigen sein wollen, die als Faulpelze gelten, wenn wir weniger arbeiten als andere. Weil wir nicht delegieren können oder wollen, weil wir nur einen Sinn in unseren Leben finden, wenn wir eine Aufgabe haben, die so und so lange dauert. Wie wir uns mit Nebensächlichkeiten und endlosen Meetings herumschlagen, nur damit wir bei Feierabend sagen können: hey, heute habe ich ja viel geschafft.

So viel Dummheit, Tag für Tag, und doch machen wir da mit, weil wir eben denken, dass es so sein muss, dass das Aussteigertum auch dekadent wäre und das ja auch nicht jeder machen kann.

Es muss nicht am Ende wirklich eine 4-Stunden-Woche dabei herauskommen, aber so ein Buch zu lesen, kann ungemein Wirkung erzeugen.

Und wenn es nur das ist, dass ich mir heute zum Ziel gesetzt hatte, eine sehr wichtige E-Mail vorzubereiten, meinen Smartphone-Testbericht zu strukturieren, ein paar unwichtige Aufgaben wegzulassen und alles so geradlinig und schnörkellos anzugehen, dass ich heute um 1600 den Hammer hinlegen und nach Foz ans Meer laufen könnte.

Und mehr noch, ich war so begeistert von der Idee, dass ich das klar kommunizierte und mit dem Plan meine beiden Gastgeber:innen mit meinem Enthusiasmus ansteckte. Nicky war mehr oder weniger sofort dabei, sagte zwar: joa, morgen würde ihr zwar eigentlich besser passen mit einem Meerabend, aber what the heck, sie ist dabei. Juan hatte noch einen wichtigen anderen Termin vorher, aber es kam später nach.

Nicky und ich spazierten dann die gute Stunde ans Meer. Wir kamen an einem koreanischen Markt vorbei und Nicky meinte: „Ach ja, da wollte ich auch noch mit dir rein, während du hier bist. Wir müssen mal gucken, wann wir das am besten…“ Zack, Jürgen schon in den Laden reingelaufen, Nicky hinterher.

Wenig später kamen wir an einem Laden für Enchiladas vorbei. Ich hatte tatsächlich gerade ein wenig Hunger. Kurz Nicky gefragt, ob sie eins probieren würde. Zack, waren wir in dem Laden und haben jeder ein – durchaus leckeres – Enchilada probiert.

Als uns dann eine halbe Stunde später noch ein koreanischer Burgerladen über den Weg lief, in dem wir noch nie waren… you get the picture.

Einfach mal machen, woran man Spaß hat, statt immer nur im „Müssten wir mal“ zu bleiben. Warum ist man nach ein paar Monaten Alltag nur immer so festgefahren?

Als Juan später dazu kam und wir in einer Beachbar in Foz ein paar Drinks nahmen, am Meer saßen, den Sonnenuntergang begutachteten und was aßen, meinte Juan irgendwann: „Ist das nicht einfach schön hier?“. Und ja, das war es. Es wurde, relativ spontan, einer der coolsten Abende überhaupt.

Das könnten wir uns rein finanziell schon nicht jeden Tag leisten, und was für den einen Alltag ist für den anderen Urlaub, dann geht sowas manchmal.

Der Punkt ist: Zu all dem wäre es nicht gekommen, wenn ich das Buch auf dem Hinflug nicht angelesen und mir ein paar Ideen wie „Arbeit dehnt sich immer bis in die dafür zur Verfügung stehende Zeit aus, also setze frühe Deadlines“ nicht als Wiederauffrischung geholt hätte.

Zu all dem hat „Die 4-Stunden-Woche“ schon beigetragen. Ich bin erst auf Seite 120, aber ich kann jetzt schon sagen: Das Buch ist von 2007, aber verdammt gut gealtert. Taugt nur sehr gut dazu, einen zum Umdenken zu bewegen.

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50 km

Auf meiner Bucketlist steht immer noch Marathon, aber den hatte ich eigentlich aufgegeben, weil ich nach wenigen Kilometern nach wie vor Knieschmerzen bekomme. „Sie laufen falsch“, hat der Sportarzt damals gesagt. Ich habe versucht, meinen Laufstil anzupassen, aber das hat nichts gebracht. Bin ich halt nicht für lange Weiten gemacht, dachte ich. Schade, aber dann halt kein Marathon.

Was mich deswegen wundert, denn beim Wandern bekomme ich solche Knieschmerzen selten bis nie. Und da wäre ich nie auf die Idee gekommen, ernsthaft mal weiter als 30 km am Tag zu gehen. Bis ich neulich von Bonn nach Trier gepilgert bin, darunter mit mehreren 30er-Etappen, dabei gemerkt habe: Hey, das geht ja eigentlich ohne große Probleme. Und bis Joachim mir vom Megamarsch in Köln berichtet hat: 100 km marschieren in 24 Stunden.

Um das Ganze abzukürzen: Dazu haben wir uns angemeldet und darauf trainieren wir jetzt. Neulich wanderten wir 36 km, ich vergangenen Sonntag dann 42 km über den Rheinsteig (die Distanz eines Marathons), heute nahmen Joachim und ich uns zum ersten Mal 50 km vor, und wir nahmen noch Christoph dazu mit, der in Kürze mit Christian den Nimwegenmarsch gehen will (4x 50 km) und wofür ich beide damals noch für verrückt erklärt hatte (heute nicht mehr ganz so vehement ;).

Es war heute ein anstengender Tag, wir hatten 10 Stunden Laufzeit, kamen in zwei Gewitterschauer, hatten zur Abwechslung mehrere Stunden sengende Hitze oft ohne Schatten, und weil keiner von uns die Strecke so jemals gegangen war, gegen Ende ein paar Orientierungsprobleme. Jeder von uns hatte einmal einen kleinen oder größeren Durchhänger, einer ganz kurz vor dem Ende, ich selber etwa bei km 22, als ich eine Mittagspause forderte und wenig später im Biergarten am Bahnhof Kottenforst bekam.

Klar, am Ende in Rolandseck hatte die Bahn Verspätung, wir waren vom Regen so kalt, dass keiner mehr wirklich Lust hatte, im eigentlich angepeilten Biergarten noch Krüge zu stemmen. Wir aßen noch Pizza in einer italienischen Pommesbude und fuhren dann ohne viel Tamtam mit der Bahn heim.

Das alles ging aber ohne große Komplikationen, ohne Schmerzen, bei mir auch ohne Blasen an den Füßen. Klar, ich bin jetzt platt, meine Füße natürlich auch und meine Beine fühlen sich einen halben Zentner schwerer an. Aber ansonsten ging das, ich hätte sogar noch weiter gekonnt (wenn auch heute nicht mehr gewollt) und freue mich auf die nächste Tour.

Das eine (Laufen) scheint also mit dem anderen (Marschieren) nichts zu tun zu haben. Interessante Erfahrung! Ganz aufgegeben habe ich den Traum vom Marathon aber trotzdem noch nicht…

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Microwalks

Ja, man könnte sie auch einfach „Spaziergänge“ nennen, aber das wäre nicht so cool. Außerdem haben diese Microwalks einen Sinn: Sie helfen mir beim Nachdenken.

Auf der Arbeit ist derzeit viel Organisatorisches zu erledigen und da kommen mir die besten Ideen nicht am Schreibtisch. Genau genommen bringt mich das Sitzen am Schreibtisch bei manchen Entwicklungen auf die Palme. Ich muss dann raus…

Mittlerweile mache ich oft zwei Runden am Tag draus. Muss nicht lang sein. Einmal um den Block, 1.500 bis 2.500 Schritte. Mittlerweile oft schon vor der Arbeit. Es hilft mir einfach, Dinge zu sortieren. Und dann noch einmal während der Arbeit. Hilft mir, Ärger, der manchmal entsteht, zu halbieren und clevere Lösungen zu finden, statt sofort dem ersten Impuls zu folgen.

So ein Microwalk dauert nicht mehr als 15-20 Minuten. Und wirkt immer wieder Wunder. Würde ich gerne Ratschläge erteilen (und das tue ich ja eigentlich), würde ich das jedem Bürohengst empfehlen, irgendwie in die Arbeit einzubauen. Probiert das mal!

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Tapas Essen in Köln mit Christian, Jasmin, Mary, Inga, Pascal und Nicola. War sehr cool. Vor allem, wenn man dann im Gespräch rauskriegt, dass die Nebensitzer:innen Ähnliches denken. Unter Menschen gehen? Joa, auch nur, wenn es unbedingt muss. So ein Wochenende im Pyjama ist doch mindestens genauso schön. Corona-Lockdown? War eine ungemein relaxte Zeit, weil man keinerlei sozialen Druck hatte und einfach nichts musste. Ich bin also nicht der einzige, der die Zeit des Lockdowns in positiver Erinnerung behalten wird. Sehr angenehm!

*

Shakespeare’s Sister

Ja, die Assoziationskette im Kopf. Ich war heute Nachmittag kurz Radsporten und hab irgendwo an einem Lieferwagen für einen Bruchteil einer Sekunde einen Werbeslogan gesehen, der irgendwas „… yours“ hieß, was mein Gehirn auf die Idee brachte, das mit „Hormonally yours“ zu ergänzen. Und weil mein unnützes Wissen darin besteht, beinahe jeden Song und jedes Album aus den 1990ern zu kennen, weiß ich, dass das Album von Shakespeare’s Sister so hieß. Mich wundert das schon gar nicht mehr, mein Kopf arbeitet einfach so (euer auch? ?). Mich wundert dann eher, dass ich ich die Songs, die mir dadurch dann einfallen auch am liebsten sofort hören mag und sie nicht irgendwie über habe, weil damals schon zu oft gehört.

Bei Shakespeare’s Sister waren das natürlich die geniale Megaballade „Stay„, die ich immer schon geliebt habe. Der eigentliche Hit und mehr noch, der musikalische Evergreen, war aber eigentlich die übernächste Single „Hello, turn your radio on“.

Ein richtig cleverer Text voller Existentialismus:

„We’re bingo numbers and our names are obsolete
Why do I feel bitter when I should be feeling sweet?“

Ich übersetze mal: Wir sind alle im Grunde austauschbar: Was machen wir eigentlich hier? Warum schaffen wir dieses elendige Chaos, wenn nach 80-90 Jahren doch eh alles vorbei ist? Unterstützt vom Refrain:

„Life is a strange thing
Just when you think you learned how to use it it’s gone“

Der Witz ist ja, dass jedem das im Grunde klar ist und trotzdem jeder so tut, als wäre irgendwas Superwichtiges am Start und man müsse sich voll beeilen, was zu erreichen, obwohl ja nichts für die Ewigkeit ist.

Und weil jeder so tut, ist man verwirrt, weiß nicht, was eigentlich gespielt wird und muss sich hin und wieder vergewissern, ob man sie noch alle hat – als ob jemand das genau sagen könnte:

„Woke up this morning and my head was in a daze
A brave new world had dawned upon the human race
Where words are meaningless and everything’s surreal
Gonna have to reach my friends to find out how I feel.“

Und hey, das muss doch irgendjemand checken. Oder bin ich wirklich der einzige, der merkt, was los ist?

„Hello, hello, turn your radio on
Is there anybody out there?
Help me sing my song“

Nein, bin ich nicht, sonst wäre der Song nicht ein solcher Erfolg und so oft gecovert worden.

Und wenn dann noch das Gitarrensolo erklingt, das diesen Radiosong darstellen soll…

Hach, einfach ein toller Song. Zeitlos!

*

Wir gehen morgen die 50 km an und ich gehe dann besser mal schlafen…

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Right

Ordne dich niemandem unter

Was einem so durch den Kopf geht, wenn man mal kurz spazieren geht, was ich derzeit oft mache (da muss mal ein eigener Beitrag für her): Ordne dich niemandem unter.

Egal ob du dich zu dick fühlst, zu hässlich, zu unerfahren, zu schlecht in einem Metier, zu schwach, zu … irgendwas. Du bist so auf die Welt geschickt worden, du bist suchend, du bist ein Mensch. Niemand ist etwas Besseres oder Schlechteres als du. Handle deswegen auch danach. Lass dich von niemandem wie Luft behandeln, blöd anmachen, benutzen. Kniee vor niemandem nieder, krieche niemandem in den Arsch, kusche nicht einfach so, wenn jemand mit dem Finger schnippt. Triff jeden auf Augenhöhe.

Mach das alles natürlich umgekehrt auch mit niemand anderem. Hilf anderen, aber nicht bis zur Aufopferung, mach demjenigen klar, woher die Hilfe stammt. Lass mal jemanden vor, der es augenscheinlich sehr eilig hat und der gute Gründe dafür haben könnte. Lass aber nicht jeden vor. Du selbst bist auch noch da. Ordne dich niemandem unter.

So, und jetzt weiter im Text.

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Na, ist die Apple Vision Pro jetzt wirklich die Zukunft? 🙂 Ach, ganz ehrlich: Das könnte spannend werden! Sieht wie die erste wirklich gelungene und angenehm zu tragende AR/VR-Brille aus. Und das mit dem Fingertippen als Eingabe könnte ein ähnlicher Erfolg werden wie Multitouch damals im ersten iPhone.

Bild: Apple

Vielleicht kaufen die Leute sie aber auch nur, weil sie mindestens 4.000 Euro kostet. Wenn das von Apple kommt und so teuer ist, dann muss es ja gut sein. 😉

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Eine Erscheinung in Bonn, in etwa so selten wie eine offene Schranke, wenn man gerade eine braucht: eine Bahn der Linie 65:

Hab mich all die Jahre gefragt, was das eigentlich soll. Die fährt vom Endpunkt der Strecke der Linie 61 bis zu der der 62, aber nur ein paar Mal überhaupt am Tag, darunter ganz früh morgens, ganz spät abends und noch zweimal mittags.

Dabei geht es mittags tatsächlich darum, den Schülerverkehr zu entlasten. Die Fahrten ganz früh morgens und ganz spät abends sind Fahrten, um die Wagen aus dem Depot zu holen und an die Endpunkte zu bringen, wo sie für die Linien 61 und 62 gebraucht werden. Spät am Abend dann wieder ins Depot zurück. Wisster jetzt Bescheid. Ist bei anderen so seltenen Linien in anderen Städten wahrscheinlich auch so.

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Das war mal ein Sonnenuntergang! Die Wolken standen so bestimmt ein paar Stunden lang. Völlig windstill:

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Hab den Song neulich schon einmal erwähnt, weil er nach den Rolling Stones klingt, aber er ist schlicht Spitze. Ich wusste gar nicht, dass Puddle of Mudd so coole Songs aufgenommen hat:

Und es macht immer noch sooo fassungslos, dass solche Songs heute nicht mehr im Radio rauf und runter gespielt werden, die Jungs keine Hallen füllen und gerade mal 1 Million Aufrufe damit auf YouTube haben, und dafür Namika und so ein Schrott im Radio läuft.